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Allgemeine Zeitung. Nr. 101. Augsburg, 10. April 1840.

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Verhandlungen der Pariser Akademie im Verlaufe des Monats März.

Arago berichtete der Akademie über das Beleuchtungsgas von Selligue. Bekanntlich hat das bis jetzt angewendete Gas den Nachtheil, daß es nicht bloß einen sehr widerlichen Geruch nach Schwefelwasserstoffgas hinterläßt, sondern auch die Metalle und insbesondere vergoldete Gegenstände schwärzt, so zwar, daß man den Gebrauch desselben in mehreren Magazinen von Paris einzustellen gezwungen war. Nach langen und mühsamen Versuchen ist es nun Selligue gelungen, ein Gas darzustellen, welches vermittelst Wasser und eines bituminösen Oels gewonnen wird, das er wieder im Großen aus dem Brandschiefer auszieht, wovon Frankreich Lager von mehr als 40 Stunden im Umkreise besitzt. Der Apparat ist sehr einfach und besteht aus Metallcylindern, in welchen das Wasser sich zersetzt, während zu gleicher Zeit das Oel tropfenweise sich beimischt. Das Gas brennt mit dem schönsten Glanze und verbreitet nicht im mindesten schweflige Theile, weßwegen auch die Flamme vor silbernen Reverberen spielt, ohne sie je zu schwärzen. Zugleich kommt diese Beleuchtungsart bedeutend wohlfeiler, und ist in Dijon, Straßburg, Marseille, Antwerpen und theilweise in Paris seither eingeführt. Den einzigen Nachtheil hatte sie, daß das Gas bei großer Kälte einen Theil seines Kohlenstoffs abgibt, allein auch dieß scheint nur bei einem sehr hohen Grade statt zu finden, denn in Lyon hat das Gas den ganzen Winter hindurch durchaus keine Aenderung erlitten, obgleich die Kälte bedeutend war und das Gas mehr als 3000 Meter weit fortgeleitet wurde.

Von allen Modificationen, die seither mit dem Daguerreotyp vorgenommen worden sind, ist bloß ein Verfahren Gaudins, die Lichtbilder gegen alle Friction zu schützen, und Soleils Vereinfachung in der Uebertragung der Quecksilberdämpfe an die jodirte Silberplatte zu erwähnen. Derselbe bedient sich eines Amalgams aus 1 Theil Silber und 5 Theilen Quecksilber, womit er eine dünne Scheibe aus feinem Silber bestreicht, welche in den gewöhnlichen Apparat und zwar in die Nähe des Bodens gebracht wird, welcher aus Eisenblech besteht und mittelst einer Lampe immer gleichmäßig erhitzt wird, bis das Bild erscheint.

Dupin erstattete einen sehr günstigen Bericht über bedeutende Verbesserungen an Instrumenten für Ballistik, welche die Artillerieofficiere Piobert und Morin zu Metz ausgeführt haben. Der erstere setzte die Akademie außerdem von einer Aufbewahrungsmethode des Pulvers in Kenntniß, wodurch er die außerordentlichen Gefahren, welche das Auffliegen von Pulvermagazinen begleitet, großentheils zu beseitigen glaubt. Bekanntlich entzündet sich das pulverisirte Pulver bloß schichtenweise (in einer Secunde z. B. bloß eine Schichte von 12-13 Millimetres) während gekörntes Pulver sich fast sämmtlich in einer Zehntelsecunde entzündet und explodirt, da die einzelnen Pulverkörner immer Zwischenräume zwischen sich lassen, durch welche das Feuer sich augenblicklich mittheilt. Vermischt man nun das gekörnte Pulver mit gepulvertem in der Art, daß keine Zwischenräume mehr existiren, so entzündet es sich wie das gestoßene ohne bedeutende Explosion und läßt sich auch länger so bewahren - und, wenn es nöthig ist, in kurzem wieder in Körner und Pulver abscheiden.

Ein gewisser Penzold übergab der Akademie einen Apparat, um jede Art Stoffe binnen einigen Minuten zu trocknen, ohne Druck noch Wärme anzuwenden. Die Wäsche wird nämlich in eine Art Trommel gebracht, welche sich mit außerordentlicher Schnelligkeit, über 3000mal in der Minute, kreisförmig um einen fixen Punkt bewegt, und welche vermittelst einer Menge kleiner Löcher an ihrer Peripherie den einzelnen Wassertheilchen Ausgang verschafft - eine Idee, welche (ist sie neu?) von der Akademie günstig aufgenommen wurde.

Gasparin las eine Abhandlung über die Mittel, die Gränzen der Cultur des Maulbeerbaums und der Zucht der Seidenwürmer zu bestimmen. In diesem höchst interessanten Werke sind vorzüglich Notizen über eine Art Malaria bemerkenswerth, welche in einigen Gegenden Frankreichs herrscht und fast sämmtliche Seidenwürmer aufreibt. Gasparin hat während der Dauer solcher Epidemien den Nachtthau seit mehreren Jahren gesammelt und ihn immer ammoniakalisch und so giftig gefunden, daß kleinere Thiere, wie Kaninchen, damit bestrichen, binnen kurzem zu Grunde gingen.

Stanislaus Julien legte der Akademie Proben eines Zeuges vor, welcher in China aus den Fasern einer Pflanze bereitet wird. Dieser Stoff stammt von der Urtica nivea, wird von den Chinesen A - pu d. h. Sommerzeug genannt, und wegen seiner Weiße und Dauerhaftigkeit selbst der Seide vorgezogen. Adolph Brogniart bemerkte, daß der Same der aus China ihm zugekommenen urtica nivea schon aufgegangen sey, die Pflanze sich wenig von einer in den Gewächshäusern schon länger gezogenen Species unterscheide - aber, da letztere Pflanze nur selten blühe und fast niemals Samen zur Reife bringe, müsse er zweifeln, ob diese Pflanze jemals in Frankreich sich cultiviren lasse.

Demidoff gab eine Reihe von Beobachtungen, welche auf dem Observatorium angestellt wurden, das er am Abhange des Ural errichten ließ - so wie Mittheilungen über die Fortschritte, welche Jacobi's Galvanoplastik seitdem gemacht hat. Derselbe hat nunmehr alle Hindernisse überwunden, welche die Adhäsion zwischen Original und Copie - wenn sie aus demselben Metall bestanden - darbot. Außerdem bewiesen die dargelegten Proben, daß selbst Erhabenheiten, welche dem Tastsinn entgehen, wie z. B. jene Quecksilberkügelchen, sich abconterfeien, welche bei den Photographien bekannterweise die lichten Partien darstellen.

Serres theilte Bemerkungen mit über die rothe Färbung des Steinsalzes. Das Mikroskop nämlich hat ihn überzeugt, daß diese Färbung durch ähnliche kleine Thiere hervorgebracht wird, wie dieß in den Salzsümpfen der Fall ist.

Dutrochet übergab das Resultat seiner Versuche mit dem thermoelektrischen Apparate von Becquerel über die Eigenwärme der sogenannten kaltblütigen Thiere. In freier Luft scheinen sie weniger Wärme zu besitzen, als das sie umgebende Medium. In einer jedoch mit Feuchtigkeit geschwängerten Atmosphäre, wodurch die Verdünstungskälte aufgehoben wird, zeigten ihm der Frosch, die Kröte und die graue Eidechse eine Eigenwärme zwischen 2/100 - 25/100 eines hunderttheiligen Grades, während dieselbe den Fischen, Mollusken, Anneliden und Crustaceen gänzlich fehlte. Eigenwärme aber in geringerm Grade fand er dagegen bei mehreren Insecten.

Alexander v. Humboldt übersandte der Akademie ein Stück von einer filzartigen Substanz, welche in Schlesien nach einer Ueberschwemmung der Oder im vorigen Jahr auf dem Lande zurückblieb. Sie bedeckte über 300 Quadratfuß, und besteht nach den Untersuchungen Ehrenbergs aus den Fasern der conferva

Verhandlungen der Pariser Akademie im Verlaufe des Monats März.

Arago berichtete der Akademie über das Beleuchtungsgas von Selligue. Bekanntlich hat das bis jetzt angewendete Gas den Nachtheil, daß es nicht bloß einen sehr widerlichen Geruch nach Schwefelwasserstoffgas hinterläßt, sondern auch die Metalle und insbesondere vergoldete Gegenstände schwärzt, so zwar, daß man den Gebrauch desselben in mehreren Magazinen von Paris einzustellen gezwungen war. Nach langen und mühsamen Versuchen ist es nun Selligue gelungen, ein Gas darzustellen, welches vermittelst Wasser und eines bituminösen Oels gewonnen wird, das er wieder im Großen aus dem Brandschiefer auszieht, wovon Frankreich Lager von mehr als 40 Stunden im Umkreise besitzt. Der Apparat ist sehr einfach und besteht aus Metallcylindern, in welchen das Wasser sich zersetzt, während zu gleicher Zeit das Oel tropfenweise sich beimischt. Das Gas brennt mit dem schönsten Glanze und verbreitet nicht im mindesten schweflige Theile, weßwegen auch die Flamme vor silbernen Reverberen spielt, ohne sie je zu schwärzen. Zugleich kommt diese Beleuchtungsart bedeutend wohlfeiler, und ist in Dijon, Straßburg, Marseille, Antwerpen und theilweise in Paris seither eingeführt. Den einzigen Nachtheil hatte sie, daß das Gas bei großer Kälte einen Theil seines Kohlenstoffs abgibt, allein auch dieß scheint nur bei einem sehr hohen Grade statt zu finden, denn in Lyon hat das Gas den ganzen Winter hindurch durchaus keine Aenderung erlitten, obgleich die Kälte bedeutend war und das Gas mehr als 3000 Meter weit fortgeleitet wurde.

Von allen Modificationen, die seither mit dem Daguerréotyp vorgenommen worden sind, ist bloß ein Verfahren Gaudins, die Lichtbilder gegen alle Friction zu schützen, und Soleils Vereinfachung in der Uebertragung der Quecksilberdämpfe an die jodirte Silberplatte zu erwähnen. Derselbe bedient sich eines Amalgams aus 1 Theil Silber und 5 Theilen Quecksilber, womit er eine dünne Scheibe aus feinem Silber bestreicht, welche in den gewöhnlichen Apparat und zwar in die Nähe des Bodens gebracht wird, welcher aus Eisenblech besteht und mittelst einer Lampe immer gleichmäßig erhitzt wird, bis das Bild erscheint.

Dupin erstattete einen sehr günstigen Bericht über bedeutende Verbesserungen an Instrumenten für Ballistik, welche die Artillerieofficiere Piobert und Morin zu Metz ausgeführt haben. Der erstere setzte die Akademie außerdem von einer Aufbewahrungsmethode des Pulvers in Kenntniß, wodurch er die außerordentlichen Gefahren, welche das Auffliegen von Pulvermagazinen begleitet, großentheils zu beseitigen glaubt. Bekanntlich entzündet sich das pulverisirte Pulver bloß schichtenweise (in einer Secunde z. B. bloß eine Schichte von 12-13 Millimetres) während gekörntes Pulver sich fast sämmtlich in einer Zehntelsecunde entzündet und explodirt, da die einzelnen Pulverkörner immer Zwischenräume zwischen sich lassen, durch welche das Feuer sich augenblicklich mittheilt. Vermischt man nun das gekörnte Pulver mit gepulvertem in der Art, daß keine Zwischenräume mehr existiren, so entzündet es sich wie das gestoßene ohne bedeutende Explosion und läßt sich auch länger so bewahren – und, wenn es nöthig ist, in kurzem wieder in Körner und Pulver abscheiden.

Ein gewisser Penzold übergab der Akademie einen Apparat, um jede Art Stoffe binnen einigen Minuten zu trocknen, ohne Druck noch Wärme anzuwenden. Die Wäsche wird nämlich in eine Art Trommel gebracht, welche sich mit außerordentlicher Schnelligkeit, über 3000mal in der Minute, kreisförmig um einen fixen Punkt bewegt, und welche vermittelst einer Menge kleiner Löcher an ihrer Peripherie den einzelnen Wassertheilchen Ausgang verschafft – eine Idee, welche (ist sie neu?) von der Akademie günstig aufgenommen wurde.

Gasparin las eine Abhandlung über die Mittel, die Gränzen der Cultur des Maulbeerbaums und der Zucht der Seidenwürmer zu bestimmen. In diesem höchst interessanten Werke sind vorzüglich Notizen über eine Art Malaria bemerkenswerth, welche in einigen Gegenden Frankreichs herrscht und fast sämmtliche Seidenwürmer aufreibt. Gasparin hat während der Dauer solcher Epidemien den Nachtthau seit mehreren Jahren gesammelt und ihn immer ammoniakalisch und so giftig gefunden, daß kleinere Thiere, wie Kaninchen, damit bestrichen, binnen kurzem zu Grunde gingen.

Stanislaus Julien legte der Akademie Proben eines Zeuges vor, welcher in China aus den Fasern einer Pflanze bereitet wird. Dieser Stoff stammt von der Urtica nivea, wird von den Chinesen A - pu d. h. Sommerzeug genannt, und wegen seiner Weiße und Dauerhaftigkeit selbst der Seide vorgezogen. Adolph Brogniart bemerkte, daß der Same der aus China ihm zugekommenen urtica nivea schon aufgegangen sey, die Pflanze sich wenig von einer in den Gewächshäusern schon länger gezogenen Species unterscheide – aber, da letztere Pflanze nur selten blühe und fast niemals Samen zur Reife bringe, müsse er zweifeln, ob diese Pflanze jemals in Frankreich sich cultiviren lasse.

Demidoff gab eine Reihe von Beobachtungen, welche auf dem Observatorium angestellt wurden, das er am Abhange des Ural errichten ließ – so wie Mittheilungen über die Fortschritte, welche Jacobi's Galvanoplastik seitdem gemacht hat. Derselbe hat nunmehr alle Hindernisse überwunden, welche die Adhäsion zwischen Original und Copie – wenn sie aus demselben Metall bestanden – darbot. Außerdem bewiesen die dargelegten Proben, daß selbst Erhabenheiten, welche dem Tastsinn entgehen, wie z. B. jene Quecksilberkügelchen, sich abconterfeien, welche bei den Photographien bekannterweise die lichten Partien darstellen.

Serres theilte Bemerkungen mit über die rothe Färbung des Steinsalzes. Das Mikroskop nämlich hat ihn überzeugt, daß diese Färbung durch ähnliche kleine Thiere hervorgebracht wird, wie dieß in den Salzsümpfen der Fall ist.

Dutrochet übergab das Resultat seiner Versuche mit dem thermoelektrischen Apparate von Becquerel über die Eigenwärme der sogenannten kaltblütigen Thiere. In freier Luft scheinen sie weniger Wärme zu besitzen, als das sie umgebende Medium. In einer jedoch mit Feuchtigkeit geschwängerten Atmosphäre, wodurch die Verdünstungskälte aufgehoben wird, zeigten ihm der Frosch, die Kröte und die graue Eidechse eine Eigenwärme zwischen 2/100 - 25/100 eines hunderttheiligen Grades, während dieselbe den Fischen, Mollusken, Anneliden und Crustaceen gänzlich fehlte. Eigenwärme aber in geringerm Grade fand er dagegen bei mehreren Insecten.

Alexander v. Humboldt übersandte der Akademie ein Stück von einer filzartigen Substanz, welche in Schlesien nach einer Ueberschwemmung der Oder im vorigen Jahr auf dem Lande zurückblieb. Sie bedeckte über 300 Quadratfuß, und besteht nach den Untersuchungen Ehrenbergs aus den Fasern der conferva

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[0801/0009] Verhandlungen der Pariser Akademie im Verlaufe des Monats März. Arago berichtete der Akademie über das Beleuchtungsgas von Selligue. Bekanntlich hat das bis jetzt angewendete Gas den Nachtheil, daß es nicht bloß einen sehr widerlichen Geruch nach Schwefelwasserstoffgas hinterläßt, sondern auch die Metalle und insbesondere vergoldete Gegenstände schwärzt, so zwar, daß man den Gebrauch desselben in mehreren Magazinen von Paris einzustellen gezwungen war. Nach langen und mühsamen Versuchen ist es nun Selligue gelungen, ein Gas darzustellen, welches vermittelst Wasser und eines bituminösen Oels gewonnen wird, das er wieder im Großen aus dem Brandschiefer auszieht, wovon Frankreich Lager von mehr als 40 Stunden im Umkreise besitzt. Der Apparat ist sehr einfach und besteht aus Metallcylindern, in welchen das Wasser sich zersetzt, während zu gleicher Zeit das Oel tropfenweise sich beimischt. Das Gas brennt mit dem schönsten Glanze und verbreitet nicht im mindesten schweflige Theile, weßwegen auch die Flamme vor silbernen Reverberen spielt, ohne sie je zu schwärzen. Zugleich kommt diese Beleuchtungsart bedeutend wohlfeiler, und ist in Dijon, Straßburg, Marseille, Antwerpen und theilweise in Paris seither eingeführt. Den einzigen Nachtheil hatte sie, daß das Gas bei großer Kälte einen Theil seines Kohlenstoffs abgibt, allein auch dieß scheint nur bei einem sehr hohen Grade statt zu finden, denn in Lyon hat das Gas den ganzen Winter hindurch durchaus keine Aenderung erlitten, obgleich die Kälte bedeutend war und das Gas mehr als 3000 Meter weit fortgeleitet wurde. Von allen Modificationen, die seither mit dem Daguerréotyp vorgenommen worden sind, ist bloß ein Verfahren Gaudins, die Lichtbilder gegen alle Friction zu schützen, und Soleils Vereinfachung in der Uebertragung der Quecksilberdämpfe an die jodirte Silberplatte zu erwähnen. Derselbe bedient sich eines Amalgams aus 1 Theil Silber und 5 Theilen Quecksilber, womit er eine dünne Scheibe aus feinem Silber bestreicht, welche in den gewöhnlichen Apparat und zwar in die Nähe des Bodens gebracht wird, welcher aus Eisenblech besteht und mittelst einer Lampe immer gleichmäßig erhitzt wird, bis das Bild erscheint. Dupin erstattete einen sehr günstigen Bericht über bedeutende Verbesserungen an Instrumenten für Ballistik, welche die Artillerieofficiere Piobert und Morin zu Metz ausgeführt haben. Der erstere setzte die Akademie außerdem von einer Aufbewahrungsmethode des Pulvers in Kenntniß, wodurch er die außerordentlichen Gefahren, welche das Auffliegen von Pulvermagazinen begleitet, großentheils zu beseitigen glaubt. Bekanntlich entzündet sich das pulverisirte Pulver bloß schichtenweise (in einer Secunde z. B. bloß eine Schichte von 12-13 Millimetres) während gekörntes Pulver sich fast sämmtlich in einer Zehntelsecunde entzündet und explodirt, da die einzelnen Pulverkörner immer Zwischenräume zwischen sich lassen, durch welche das Feuer sich augenblicklich mittheilt. Vermischt man nun das gekörnte Pulver mit gepulvertem in der Art, daß keine Zwischenräume mehr existiren, so entzündet es sich wie das gestoßene ohne bedeutende Explosion und läßt sich auch länger so bewahren – und, wenn es nöthig ist, in kurzem wieder in Körner und Pulver abscheiden. Ein gewisser Penzold übergab der Akademie einen Apparat, um jede Art Stoffe binnen einigen Minuten zu trocknen, ohne Druck noch Wärme anzuwenden. Die Wäsche wird nämlich in eine Art Trommel gebracht, welche sich mit außerordentlicher Schnelligkeit, über 3000mal in der Minute, kreisförmig um einen fixen Punkt bewegt, und welche vermittelst einer Menge kleiner Löcher an ihrer Peripherie den einzelnen Wassertheilchen Ausgang verschafft – eine Idee, welche (ist sie neu?) von der Akademie günstig aufgenommen wurde. Gasparin las eine Abhandlung über die Mittel, die Gränzen der Cultur des Maulbeerbaums und der Zucht der Seidenwürmer zu bestimmen. In diesem höchst interessanten Werke sind vorzüglich Notizen über eine Art Malaria bemerkenswerth, welche in einigen Gegenden Frankreichs herrscht und fast sämmtliche Seidenwürmer aufreibt. Gasparin hat während der Dauer solcher Epidemien den Nachtthau seit mehreren Jahren gesammelt und ihn immer ammoniakalisch und so giftig gefunden, daß kleinere Thiere, wie Kaninchen, damit bestrichen, binnen kurzem zu Grunde gingen. Stanislaus Julien legte der Akademie Proben eines Zeuges vor, welcher in China aus den Fasern einer Pflanze bereitet wird. Dieser Stoff stammt von der Urtica nivea, wird von den Chinesen A - pu d. h. Sommerzeug genannt, und wegen seiner Weiße und Dauerhaftigkeit selbst der Seide vorgezogen. Adolph Brogniart bemerkte, daß der Same der aus China ihm zugekommenen urtica nivea schon aufgegangen sey, die Pflanze sich wenig von einer in den Gewächshäusern schon länger gezogenen Species unterscheide – aber, da letztere Pflanze nur selten blühe und fast niemals Samen zur Reife bringe, müsse er zweifeln, ob diese Pflanze jemals in Frankreich sich cultiviren lasse. Demidoff gab eine Reihe von Beobachtungen, welche auf dem Observatorium angestellt wurden, das er am Abhange des Ural errichten ließ – so wie Mittheilungen über die Fortschritte, welche Jacobi's Galvanoplastik seitdem gemacht hat. Derselbe hat nunmehr alle Hindernisse überwunden, welche die Adhäsion zwischen Original und Copie – wenn sie aus demselben Metall bestanden – darbot. Außerdem bewiesen die dargelegten Proben, daß selbst Erhabenheiten, welche dem Tastsinn entgehen, wie z. B. jene Quecksilberkügelchen, sich abconterfeien, welche bei den Photographien bekannterweise die lichten Partien darstellen. Serres theilte Bemerkungen mit über die rothe Färbung des Steinsalzes. Das Mikroskop nämlich hat ihn überzeugt, daß diese Färbung durch ähnliche kleine Thiere hervorgebracht wird, wie dieß in den Salzsümpfen der Fall ist. Dutrochet übergab das Resultat seiner Versuche mit dem thermoelektrischen Apparate von Becquerel über die Eigenwärme der sogenannten kaltblütigen Thiere. In freier Luft scheinen sie weniger Wärme zu besitzen, als das sie umgebende Medium. In einer jedoch mit Feuchtigkeit geschwängerten Atmosphäre, wodurch die Verdünstungskälte aufgehoben wird, zeigten ihm der Frosch, die Kröte und die graue Eidechse eine Eigenwärme zwischen 2/100 - 25/100 eines hunderttheiligen Grades, während dieselbe den Fischen, Mollusken, Anneliden und Crustaceen gänzlich fehlte. Eigenwärme aber in geringerm Grade fand er dagegen bei mehreren Insecten. Alexander v. Humboldt übersandte der Akademie ein Stück von einer filzartigen Substanz, welche in Schlesien nach einer Ueberschwemmung der Oder im vorigen Jahr auf dem Lande zurückblieb. Sie bedeckte über 300 Quadratfuß, und besteht nach den Untersuchungen Ehrenbergs aus den Fasern der conferva

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 101. Augsburg, 10. April 1840, S. 0801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_101_18400410/9>, abgerufen am 28.03.2024.