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Allgemeine Zeitung. Nr. 72. Augsburg, 12. März 1840.

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Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 72.
12 März 1840.

Großbritannien.

Am 3 März hatte die Deputation der Universität Oxford, den Kanzler Herzog v. Wellington an ihrer Spitze, die Ehre, auch dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent Glückwunschadressen zu überreichen. - Neben der Wellington-Caserne im St. James-Park wird für Prinz Albert ein neuer Marstall gebaut.

In der Sitzung des Hauses der Gemeinen am 4 März ward unter andern eine Petition gegen den Krieg mit China und um Abstellung des Opiumhandels übergeben. Für Helston ward ein neuer Wahlbefehl erlassen, da Viscount Cantilupe, einer der bisherigen Vertreter dieses Burgfleckens, die Chiltern Hundreds angenommen, d. h. seinen Austritt erklärt hat. Auf den Antrag Lord Mahons wurde dann, nach längerem Hin- und Herreden ein zweiter Arzt, Dr. Chambers, an die Schranken gerufen, um über den Gesundheitsstand des Sheriffs Hrn. Evans und den möglichen Einfluß einer längeren Gefangenschaft auf denselben befragt zu werden. Er sagte aus, eine längere Einsperrung könne auf Hrn. Evans' Constitution sehr nachtheilig einwirken, da Mangel an Bewegung ihm vermittelst behinderter Verdauung eine Leberkrankheit, am Ende vielleicht die Wassersucht zuziehen dürfte. (Der Tags zuvor vernommene Arzt meinte, eine Leberbeschwerde fange schon an sich bei dem Gefangenen zu bilden.) Auf diese ärztlichen Zeugnisse baute nun Lord Mahon die weitere Motion, Hrn. Evans sogleich in Freiheit zu setzen. Es entspann sich eine längere Discussion, in welcher alle Gegner des Ministeriums in der Privilegiumsfrage den Vorschlag unterstützten, die Vertheidiger des Privilegiums hingegen, darunter auch Sir J. Graham und Sir R. Peel einwarfen, es sey nirgends der Brauch, und könne es auch nicht seyn, eine gesetzlich verhängte Gefängnißstrafe wegen möglichen Schadens für die Gesundheit des Gefangenen aufzuheben. Jedoch meinte Lord Howick, es möchte vielleicht für Hrn. Evans' Gesundheit zuträglich seyn, ihn unter Aufsicht eines Parlamentsboten aufs Land zu senden. Sir R. Peel äußerte, von absoluter Freilassung könne keine Rede seyn, wohl aber erheische die Menschlichkeit, dem Sheriff täglich noch etwas mehr Bewegung in freier Luft zu gestatten, als er jetzt genieße. Lord Mahons Antrag wurde mit 125 gegen 84 Stimmen verworfen. Indeß zeigte Capitän Polhill an, daß er nächsten Tags vorschlagen werde, den Gefangenen gegen sein Ehrenwort, bis nach erfolgter Besserung seiner Gesundheit, zu entlassen. Am 5 Morgens sah man Hrn. Evans, unter Aufsicht, von seiner Familie und einem Alderman der Stadt begleitet, auf dem Bauplatz der neuen Parlamentshäuser spazieren gehen. Er sah, so versichert wenigstens der Standard, sehr krank aus. An demselben Morgen ward er von dem Herzog v. Somerset besucht. Die Theilnahme des Publicums an diesem Streite zwischen der Legislatur und der Justiz wird übrigens immer allgemeiner, und selbst aus den entlegensten Provinzen laufen Petitionen für und wider an das Parlament ein. - Am Schlusse der Sitzung fragte Hr. Ew. Tennent, wie es mit der so lange schwebenden Unterhandlung über den Schadensersatz stehe, welchen brittische Unterthanen für ihre bei dem Aufstand in Para im Jahr 1835 erlittenen Verluste an Brasilien zu fordern haben. Lord Palmerston erwiederte, eine Antwort der brasilischen Regierung sey eingetroffen, und zunächst dem Kronanwalt überwiesen worden. Auf Befragen von Lord Howard erklärte Lord Palmerston, die verlangten Berichte über den deutschen Zollverein sollten demnächst auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden; die Documente in Betreff Mehemed Ali's würden zur Mittheilung vorbereitet.

Das Haus der Lords hielt am 4 März (Mittwoch) keine Sitzung. In der Sitzung am 5 erörterte Lord Aberdeen den Patronatsstreit in der presbyterischen Kirche, worüber jetzt in Schottland so große Aufregung herrscht. Lord Teynham übergab eine Petition von 1500 achtbaren Bewohnern von Newport um Begnadigung der Deportirten Frost, Jones und Williams oder um weitere Milderung ihrer Strafe. Der edle Lord machte aufmerksam darauf, wie edel dieß von Bewohnern derselben Stadt gehandelt sey, gegen welche unter den genannten Anführern der Ueberfall der Chartisten stattgefunden. Er fügte bei, nach den Osterferien werde Lord Brougham diese Sache in seine Hand nehmen. Lord Normanby gab keine Hoffnung, daß weitere Verwendungen für die Verurtheilten etwas nützen

Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 72.
12 März 1840.

Großbritannien.

Am 3 März hatte die Deputation der Universität Oxford, den Kanzler Herzog v. Wellington an ihrer Spitze, die Ehre, auch dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent Glückwunschadressen zu überreichen. – Neben der Wellington-Caserne im St. James-Park wird für Prinz Albert ein neuer Marstall gebaut.

In der Sitzung des Hauses der Gemeinen am 4 März ward unter andern eine Petition gegen den Krieg mit China und um Abstellung des Opiumhandels übergeben. Für Helston ward ein neuer Wahlbefehl erlassen, da Viscount Cantilupe, einer der bisherigen Vertreter dieses Burgfleckens, die Chiltern Hundreds angenommen, d. h. seinen Austritt erklärt hat. Auf den Antrag Lord Mahons wurde dann, nach längerem Hin- und Herreden ein zweiter Arzt, Dr. Chambers, an die Schranken gerufen, um über den Gesundheitsstand des Sheriffs Hrn. Evans und den möglichen Einfluß einer längeren Gefangenschaft auf denselben befragt zu werden. Er sagte aus, eine längere Einsperrung könne auf Hrn. Evans' Constitution sehr nachtheilig einwirken, da Mangel an Bewegung ihm vermittelst behinderter Verdauung eine Leberkrankheit, am Ende vielleicht die Wassersucht zuziehen dürfte. (Der Tags zuvor vernommene Arzt meinte, eine Leberbeschwerde fange schon an sich bei dem Gefangenen zu bilden.) Auf diese ärztlichen Zeugnisse baute nun Lord Mahon die weitere Motion, Hrn. Evans sogleich in Freiheit zu setzen. Es entspann sich eine längere Discussion, in welcher alle Gegner des Ministeriums in der Privilegiumsfrage den Vorschlag unterstützten, die Vertheidiger des Privilegiums hingegen, darunter auch Sir J. Graham und Sir R. Peel einwarfen, es sey nirgends der Brauch, und könne es auch nicht seyn, eine gesetzlich verhängte Gefängnißstrafe wegen möglichen Schadens für die Gesundheit des Gefangenen aufzuheben. Jedoch meinte Lord Howick, es möchte vielleicht für Hrn. Evans' Gesundheit zuträglich seyn, ihn unter Aufsicht eines Parlamentsboten aufs Land zu senden. Sir R. Peel äußerte, von absoluter Freilassung könne keine Rede seyn, wohl aber erheische die Menschlichkeit, dem Sheriff täglich noch etwas mehr Bewegung in freier Luft zu gestatten, als er jetzt genieße. Lord Mahons Antrag wurde mit 125 gegen 84 Stimmen verworfen. Indeß zeigte Capitän Polhill an, daß er nächsten Tags vorschlagen werde, den Gefangenen gegen sein Ehrenwort, bis nach erfolgter Besserung seiner Gesundheit, zu entlassen. Am 5 Morgens sah man Hrn. Evans, unter Aufsicht, von seiner Familie und einem Alderman der Stadt begleitet, auf dem Bauplatz der neuen Parlamentshäuser spazieren gehen. Er sah, so versichert wenigstens der Standard, sehr krank aus. An demselben Morgen ward er von dem Herzog v. Somerset besucht. Die Theilnahme des Publicums an diesem Streite zwischen der Legislatur und der Justiz wird übrigens immer allgemeiner, und selbst aus den entlegensten Provinzen laufen Petitionen für und wider an das Parlament ein. – Am Schlusse der Sitzung fragte Hr. Ew. Tennent, wie es mit der so lange schwebenden Unterhandlung über den Schadensersatz stehe, welchen brittische Unterthanen für ihre bei dem Aufstand in Pará im Jahr 1835 erlittenen Verluste an Brasilien zu fordern haben. Lord Palmerston erwiederte, eine Antwort der brasilischen Regierung sey eingetroffen, und zunächst dem Kronanwalt überwiesen worden. Auf Befragen von Lord Howard erklärte Lord Palmerston, die verlangten Berichte über den deutschen Zollverein sollten demnächst auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden; die Documente in Betreff Mehemed Ali's würden zur Mittheilung vorbereitet.

Das Haus der Lords hielt am 4 März (Mittwoch) keine Sitzung. In der Sitzung am 5 erörterte Lord Aberdeen den Patronatsstreit in der presbyterischen Kirche, worüber jetzt in Schottland so große Aufregung herrscht. Lord Teynham übergab eine Petition von 1500 achtbaren Bewohnern von Newport um Begnadigung der Deportirten Frost, Jones und Williams oder um weitere Milderung ihrer Strafe. Der edle Lord machte aufmerksam darauf, wie edel dieß von Bewohnern derselben Stadt gehandelt sey, gegen welche unter den genannten Anführern der Ueberfall der Chartisten stattgefunden. Er fügte bei, nach den Osterferien werde Lord Brougham diese Sache in seine Hand nehmen. Lord Normanby gab keine Hoffnung, daß weitere Verwendungen für die Verurtheilten etwas nützen

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[0569/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Donnerstag Nr. 72. 12 März 1840. Großbritannien. _ London, 5 März. Am 3 März hatte die Deputation der Universität Oxford, den Kanzler Herzog v. Wellington an ihrer Spitze, die Ehre, auch dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent Glückwunschadressen zu überreichen. – Neben der Wellington-Caserne im St. James-Park wird für Prinz Albert ein neuer Marstall gebaut. In der Sitzung des Hauses der Gemeinen am 4 März ward unter andern eine Petition gegen den Krieg mit China und um Abstellung des Opiumhandels übergeben. Für Helston ward ein neuer Wahlbefehl erlassen, da Viscount Cantilupe, einer der bisherigen Vertreter dieses Burgfleckens, die Chiltern Hundreds angenommen, d. h. seinen Austritt erklärt hat. Auf den Antrag Lord Mahons wurde dann, nach längerem Hin- und Herreden ein zweiter Arzt, Dr. Chambers, an die Schranken gerufen, um über den Gesundheitsstand des Sheriffs Hrn. Evans und den möglichen Einfluß einer längeren Gefangenschaft auf denselben befragt zu werden. Er sagte aus, eine längere Einsperrung könne auf Hrn. Evans' Constitution sehr nachtheilig einwirken, da Mangel an Bewegung ihm vermittelst behinderter Verdauung eine Leberkrankheit, am Ende vielleicht die Wassersucht zuziehen dürfte. (Der Tags zuvor vernommene Arzt meinte, eine Leberbeschwerde fange schon an sich bei dem Gefangenen zu bilden.) Auf diese ärztlichen Zeugnisse baute nun Lord Mahon die weitere Motion, Hrn. Evans sogleich in Freiheit zu setzen. Es entspann sich eine längere Discussion, in welcher alle Gegner des Ministeriums in der Privilegiumsfrage den Vorschlag unterstützten, die Vertheidiger des Privilegiums hingegen, darunter auch Sir J. Graham und Sir R. Peel einwarfen, es sey nirgends der Brauch, und könne es auch nicht seyn, eine gesetzlich verhängte Gefängnißstrafe wegen möglichen Schadens für die Gesundheit des Gefangenen aufzuheben. Jedoch meinte Lord Howick, es möchte vielleicht für Hrn. Evans' Gesundheit zuträglich seyn, ihn unter Aufsicht eines Parlamentsboten aufs Land zu senden. Sir R. Peel äußerte, von absoluter Freilassung könne keine Rede seyn, wohl aber erheische die Menschlichkeit, dem Sheriff täglich noch etwas mehr Bewegung in freier Luft zu gestatten, als er jetzt genieße. Lord Mahons Antrag wurde mit 125 gegen 84 Stimmen verworfen. Indeß zeigte Capitän Polhill an, daß er nächsten Tags vorschlagen werde, den Gefangenen gegen sein Ehrenwort, bis nach erfolgter Besserung seiner Gesundheit, zu entlassen. Am 5 Morgens sah man Hrn. Evans, unter Aufsicht, von seiner Familie und einem Alderman der Stadt begleitet, auf dem Bauplatz der neuen Parlamentshäuser spazieren gehen. Er sah, so versichert wenigstens der Standard, sehr krank aus. An demselben Morgen ward er von dem Herzog v. Somerset besucht. Die Theilnahme des Publicums an diesem Streite zwischen der Legislatur und der Justiz wird übrigens immer allgemeiner, und selbst aus den entlegensten Provinzen laufen Petitionen für und wider an das Parlament ein. – Am Schlusse der Sitzung fragte Hr. Ew. Tennent, wie es mit der so lange schwebenden Unterhandlung über den Schadensersatz stehe, welchen brittische Unterthanen für ihre bei dem Aufstand in Pará im Jahr 1835 erlittenen Verluste an Brasilien zu fordern haben. Lord Palmerston erwiederte, eine Antwort der brasilischen Regierung sey eingetroffen, und zunächst dem Kronanwalt überwiesen worden. Auf Befragen von Lord Howard erklärte Lord Palmerston, die verlangten Berichte über den deutschen Zollverein sollten demnächst auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden; die Documente in Betreff Mehemed Ali's würden zur Mittheilung vorbereitet. Das Haus der Lords hielt am 4 März (Mittwoch) keine Sitzung. In der Sitzung am 5 erörterte Lord Aberdeen den Patronatsstreit in der presbyterischen Kirche, worüber jetzt in Schottland so große Aufregung herrscht. Lord Teynham übergab eine Petition von 1500 achtbaren Bewohnern von Newport um Begnadigung der Deportirten Frost, Jones und Williams oder um weitere Milderung ihrer Strafe. Der edle Lord machte aufmerksam darauf, wie edel dieß von Bewohnern derselben Stadt gehandelt sey, gegen welche unter den genannten Anführern der Ueberfall der Chartisten stattgefunden. Er fügte bei, nach den Osterferien werde Lord Brougham diese Sache in seine Hand nehmen. Lord Normanby gab keine Hoffnung, daß weitere Verwendungen für die Verurtheilten etwas nützen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 72. Augsburg, 12. März 1840, S. 0569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_072_18400312/1>, abgerufen am 28.03.2024.