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Allgemeine Zeitung. Nr. 60. Augsburg, 29. Februar 1840.

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scheint mir in diesem Punkte nicht sehr consequent zu seyn. Er will die Integrität und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs aufrecht erhalten, und darum den Frieden zwischen dem Sultan und Mehemed Ali wieder hergestellt wissen. Wie aber? Ei dadurch, daß der Sultan dem Pascha alle seine Forderungen bewillige, also durch die factische und rechtliche Abtretung eines großen Theils des Ländergebiets der Pforte. Wie steht es dann aber mit der "Integrität und Unabhängigkeit"? (Hört, hört!) Wenn einmal diese Frage zur nähern Erörterung kommt, werde ich in der Fassung seyn, dem Hause die Gerechtigkeit und Sachdiensamkeit unserer in dieser Frage befolgten Politik befriedigend zu beweisen - Ihnen zu beweisen, daß wir dabei unverwandt die Erhaltung der Integrität und Unabhängigkeit des türkischen Reichs im Auge hatten, verbunden mit der gebührenden Rücksicht auf Englands beste Interessen gegenüber von jenem Reiche. Weit entfernt zum Krieg zu führen oder darauf abzuzwecken, ist dieß die einzige Bahn, die wir verfolgen können, wenn wir verhindern wollen, daß die Ereignisse in jener Weltgegend einen großen, vielleicht allgemeinen europäischen Krieg entzünden. Es ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt, umfassender auf diese Frage einzugehen, ich wollte nur gegen die von meinem ehrenwerthen Freund aufgestellte Doctrin meine Verwahrung einlegen." Sir R. Peel erklärte seine Bereitwilligkeit, für den ganzen Antrag der Voranschläge zu stimmen (hört!), fand aber die Erklärung Palmerstons, daß die auswärtige Politik der Whigregierung so durchwegs glücklich gewesen sey, etwas ruhmredig. Wir kommen morgen darauf zurück, und heben nur noch die Schlußstelle von Lord Palmerstons Antwort heraus. Er erwähnte tadelnd die vielen aufreizenden Reden, die vorzüglich die Torypartei gegen Frankreich geführt, und schloß dann: "Indeß gibt es glücklicherweise viele wohl und tief begründete, auf die besten Interessen beider Länder begründete Anziehungspunkte, welche zur Erhaltung freundlicher Verhältnisse zwischen England und Frankreich wesentlich beitragen werden. Weit entfernt, der Anwesenheit von 15 französischen Linienschiffen im Mittelmeer irgend ein Gewicht beizulegen, darf ich zuversichtlich behaupten, daß fast jeder vernünftige Mensch in Frankreich von der Ueberzeugung durchdrungen ist, daß sowohl die Wahrung der Interessen beider Völker als die Erhaltung des Weltfriedens von der Fortdauer des Friedens zwischen England und Frankreich abhängen." Die Voranschläge der Regierung wurden einmüthig votirt.

(Sun.) Lord Strangford hat die Absicht, zu Anfang nächster Woche in Betreff der Störung des brittischen Handels in Südamerika durch die französische Blokade eine Motion zu stellen, die auf folgenden Brief aus Buenos-Ayres gegründet werden soll: "Hier in Buenos-Ayres allein, andere Häfen ungerechnet, verderben 218 Schiffsladungen auf dem Lager, lauter Eigenthum brittischer Unterthanen. Alle diese Ladungen wurden angekauft in dem sehr natürlichen Glauben, daheim eine Regierung zu haben, die uns schützen wolle und könne und dieser höchst gesetzwidrigen Blokade endlich ein Ziel setzen werde. Wir wollten, Lord Palmerston wäre hier."

Frankreich.

(Temps.) Man hat außerordentliche Couriere an alle unsere Gesandten abgeschickt, um sie von der Verwerfung des Dotationsgesetzes zu benachrichtigen, und ihnen die Instructionen zu überbringen, welche das Votum der Kammer nöthig machen mochte. Alle gegenwärtig in Paris befindlichen diplomatischen Agenten haben den Befehl erhalten, unverzüglich auf ihre Posten zurückzukehren.

(Temps.) Der Herzog v. Broglie ward heute (23) von dem König berufen und ihm die Mission zur Bildung eines Cabinets vorgeschlagen; der Herzog v. Broglie hat aber den förmlichen Entschluß an den Tag gelegt, den Staatsgeschäften fremd zu bleiben. Doch hat Hr. v. Broglie beigesetzt, daß wenn er als Vermittler zwischen den Politikern von einigem Nutzen seyn könne, er zur Verfügung des Königs stehe. (In Bezug auf alle andern Combinationen verweisen wir auf unsre Pariser Briefe.)

(Journal des Debats.) Man muß mit der Wiederbesetzung des Ministeriums eilen, darüber sind wir mit der ganzen Presse einig. Man muß sich beeilen, denn das verleumdete unvertheidigte Königthum liegt noch unter dem Schlage des letzten Votums; es hat mehr als jemals nöthig, vor den Kammern durch ein starkes Ministerium repräsentirt zu werden. Die Wunde wird lange nachbluten; sie sollte sich wenigstens nicht vergiften. Man muß sich beeilen; denn die Wiederholung ministerieller Krisen und ihre lange Dauer fängt an, das Land zu ermüden, dessen gesammte Interessen darunter leiden. Man fragt sich, was denn eine Regierung sey, deren Springfedern alljährlich in einer bestimmten Zeit still stehen und erlahmt zu seyn scheinen. Die Intriguen, die wir bei den ministeriellen Krisen sehen müssen; jene unaufhörlichen Hin- und Herfragen, die, anstatt die Schwierigkeiten zu lösen, sie nur noch mehr verwickeln; jene hartnäckigen Ausschließungen, welche die Zusammensetzung eines Cabinets fast unmöglich machen und mit denen die geringsten Parteifractionen sich wechselseitig verfolgen; jene Ansprüche von Einzelnen, die dem öffentlichen Interesse nichts opfern wollen, dieses ganze ermüdende Schauspiel von Kleinlichkeiten würde am Ende dem Lande das Vertrauen zu unserer Regierungsform entziehen, und unsere Institutionen entehren. Ja, man muß sich beeilen; denn die ministeriellen Krisen, die allen Nerv der Staatsgewalt erschlaffen, scheinen eine Aufmunterung und eine Herausforderung an die Thorheit und an die Verbrechen der Factionen. Wir sind nicht nur dem Lande schuldig, es ihrer Wuth nicht auszusetzen; wir sind auch ihnen selbst schuldig, so wahnsinnig sie auch sind, ihre stupiden Hoffnungen nicht zu begünstigen. Wir sagen ohne Anstand: es ist die Pflicht des Königs, so weit es von ihm abhängt, so schnell wie möglich ein Cabinet zu bilden, das Dauer verspricht.

Hr. Dugabe bat die Kammer in ihrer Sitzung am 22 Februar, sie möge ihm gestatten, an den Minister des Innern und den Siegelbewahrer über die traurigen Vorfälle in Foix Fragen zu stellen. Er habe vor vierzehn Tagen auf diesem Verlangen nicht bestehen wollen, jetzt aber könne er, da das Cabinet in Auflösung begriffen sey, nicht länger mehr warten; denn später würde nicht ein für seine Handlungen verantwortlicher Minister, sondern nur ein einfacher Deputirter ihm antworten können. Der Siegelbewahrer Hr. Teste erwiederte, er erwarte noch heute oder morgen das Resultat der gerichtlichen Untersuchung über diese Sache, und dann werde er auf der Stelle bereit seyn, auf jede Interpellation zu antworten. "Der ehrenwerthe Hr. Dugabe, äußerte Hr. Teste, erneuert seine Frage so dringend, weil er nach der vorgestrigen Kammersitzung fürchtet, der verantwortliche Minister werde ihm entgehen und in einen Deputirten sich verwandeln. (Gelächter.) Aber wenn man auch nicht mehr Minister ist, bleibt man gleichwohl für Acte verantwortlich, an denen man als Cabinetsmitglied Theil genommen hat. In Frankreich ist die Staatsgewalt nie vacant. Es sind zwar Dimissionen eingereicht worden, aber bis unsere Nachfolger als wirkliche Minister hier erscheinen, werden wir immer Minister bleiben und in keinem

scheint mir in diesem Punkte nicht sehr consequent zu seyn. Er will die Integrität und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs aufrecht erhalten, und darum den Frieden zwischen dem Sultan und Mehemed Ali wieder hergestellt wissen. Wie aber? Ei dadurch, daß der Sultan dem Pascha alle seine Forderungen bewillige, also durch die factische und rechtliche Abtretung eines großen Theils des Ländergebiets der Pforte. Wie steht es dann aber mit der „Integrität und Unabhängigkeit“? (Hört, hört!) Wenn einmal diese Frage zur nähern Erörterung kommt, werde ich in der Fassung seyn, dem Hause die Gerechtigkeit und Sachdiensamkeit unserer in dieser Frage befolgten Politik befriedigend zu beweisen – Ihnen zu beweisen, daß wir dabei unverwandt die Erhaltung der Integrität und Unabhängigkeit des türkischen Reichs im Auge hatten, verbunden mit der gebührenden Rücksicht auf Englands beste Interessen gegenüber von jenem Reiche. Weit entfernt zum Krieg zu führen oder darauf abzuzwecken, ist dieß die einzige Bahn, die wir verfolgen können, wenn wir verhindern wollen, daß die Ereignisse in jener Weltgegend einen großen, vielleicht allgemeinen europäischen Krieg entzünden. Es ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt, umfassender auf diese Frage einzugehen, ich wollte nur gegen die von meinem ehrenwerthen Freund aufgestellte Doctrin meine Verwahrung einlegen.“ Sir R. Peel erklärte seine Bereitwilligkeit, für den ganzen Antrag der Voranschläge zu stimmen (hört!), fand aber die Erklärung Palmerstons, daß die auswärtige Politik der Whigregierung so durchwegs glücklich gewesen sey, etwas ruhmredig. Wir kommen morgen darauf zurück, und heben nur noch die Schlußstelle von Lord Palmerstons Antwort heraus. Er erwähnte tadelnd die vielen aufreizenden Reden, die vorzüglich die Torypartei gegen Frankreich geführt, und schloß dann: „Indeß gibt es glücklicherweise viele wohl und tief begründete, auf die besten Interessen beider Länder begründete Anziehungspunkte, welche zur Erhaltung freundlicher Verhältnisse zwischen England und Frankreich wesentlich beitragen werden. Weit entfernt, der Anwesenheit von 15 französischen Linienschiffen im Mittelmeer irgend ein Gewicht beizulegen, darf ich zuversichtlich behaupten, daß fast jeder vernünftige Mensch in Frankreich von der Ueberzeugung durchdrungen ist, daß sowohl die Wahrung der Interessen beider Völker als die Erhaltung des Weltfriedens von der Fortdauer des Friedens zwischen England und Frankreich abhängen.“ Die Voranschläge der Regierung wurden einmüthig votirt.

(Sun.) Lord Strangford hat die Absicht, zu Anfang nächster Woche in Betreff der Störung des brittischen Handels in Südamerika durch die französische Blokade eine Motion zu stellen, die auf folgenden Brief aus Buenos-Ayres gegründet werden soll: „Hier in Buenos-Ayres allein, andere Häfen ungerechnet, verderben 218 Schiffsladungen auf dem Lager, lauter Eigenthum brittischer Unterthanen. Alle diese Ladungen wurden angekauft in dem sehr natürlichen Glauben, daheim eine Regierung zu haben, die uns schützen wolle und könne und dieser höchst gesetzwidrigen Blokade endlich ein Ziel setzen werde. Wir wollten, Lord Palmerston wäre hier.“

Frankreich.

(Temps.) Man hat außerordentliche Couriere an alle unsere Gesandten abgeschickt, um sie von der Verwerfung des Dotationsgesetzes zu benachrichtigen, und ihnen die Instructionen zu überbringen, welche das Votum der Kammer nöthig machen mochte. Alle gegenwärtig in Paris befindlichen diplomatischen Agenten haben den Befehl erhalten, unverzüglich auf ihre Posten zurückzukehren.

(Temps.) Der Herzog v. Broglie ward heute (23) von dem König berufen und ihm die Mission zur Bildung eines Cabinets vorgeschlagen; der Herzog v. Broglie hat aber den förmlichen Entschluß an den Tag gelegt, den Staatsgeschäften fremd zu bleiben. Doch hat Hr. v. Broglie beigesetzt, daß wenn er als Vermittler zwischen den Politikern von einigem Nutzen seyn könne, er zur Verfügung des Königs stehe. (In Bezug auf alle andern Combinationen verweisen wir auf unsre Pariser Briefe.)

(Journal des Débats.) Man muß mit der Wiederbesetzung des Ministeriums eilen, darüber sind wir mit der ganzen Presse einig. Man muß sich beeilen, denn das verleumdete unvertheidigte Königthum liegt noch unter dem Schlage des letzten Votums; es hat mehr als jemals nöthig, vor den Kammern durch ein starkes Ministerium repräsentirt zu werden. Die Wunde wird lange nachbluten; sie sollte sich wenigstens nicht vergiften. Man muß sich beeilen; denn die Wiederholung ministerieller Krisen und ihre lange Dauer fängt an, das Land zu ermüden, dessen gesammte Interessen darunter leiden. Man fragt sich, was denn eine Regierung sey, deren Springfedern alljährlich in einer bestimmten Zeit still stehen und erlahmt zu seyn scheinen. Die Intriguen, die wir bei den ministeriellen Krisen sehen müssen; jene unaufhörlichen Hin- und Herfragen, die, anstatt die Schwierigkeiten zu lösen, sie nur noch mehr verwickeln; jene hartnäckigen Ausschließungen, welche die Zusammensetzung eines Cabinets fast unmöglich machen und mit denen die geringsten Parteifractionen sich wechselseitig verfolgen; jene Ansprüche von Einzelnen, die dem öffentlichen Interesse nichts opfern wollen, dieses ganze ermüdende Schauspiel von Kleinlichkeiten würde am Ende dem Lande das Vertrauen zu unserer Regierungsform entziehen, und unsere Institutionen entehren. Ja, man muß sich beeilen; denn die ministeriellen Krisen, die allen Nerv der Staatsgewalt erschlaffen, scheinen eine Aufmunterung und eine Herausforderung an die Thorheit und an die Verbrechen der Factionen. Wir sind nicht nur dem Lande schuldig, es ihrer Wuth nicht auszusetzen; wir sind auch ihnen selbst schuldig, so wahnsinnig sie auch sind, ihre stupiden Hoffnungen nicht zu begünstigen. Wir sagen ohne Anstand: es ist die Pflicht des Königs, so weit es von ihm abhängt, so schnell wie möglich ein Cabinet zu bilden, das Dauer verspricht.

Hr. Dugabé bat die Kammer in ihrer Sitzung am 22 Februar, sie möge ihm gestatten, an den Minister des Innern und den Siegelbewahrer über die traurigen Vorfälle in Foix Fragen zu stellen. Er habe vor vierzehn Tagen auf diesem Verlangen nicht bestehen wollen, jetzt aber könne er, da das Cabinet in Auflösung begriffen sey, nicht länger mehr warten; denn später würde nicht ein für seine Handlungen verantwortlicher Minister, sondern nur ein einfacher Deputirter ihm antworten können. Der Siegelbewahrer Hr. Teste erwiederte, er erwarte noch heute oder morgen das Resultat der gerichtlichen Untersuchung über diese Sache, und dann werde er auf der Stelle bereit seyn, auf jede Interpellation zu antworten. „Der ehrenwerthe Hr. Dugabé, äußerte Hr. Teste, erneuert seine Frage so dringend, weil er nach der vorgestrigen Kammersitzung fürchtet, der verantwortliche Minister werde ihm entgehen und in einen Deputirten sich verwandeln. (Gelächter.) Aber wenn man auch nicht mehr Minister ist, bleibt man gleichwohl für Acte verantwortlich, an denen man als Cabinetsmitglied Theil genommen hat. In Frankreich ist die Staatsgewalt nie vacant. Es sind zwar Dimissionen eingereicht worden, aber bis unsere Nachfolger als wirkliche Minister hier erscheinen, werden wir immer Minister bleiben und in keinem

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[0475/0003] scheint mir in diesem Punkte nicht sehr consequent zu seyn. Er will die Integrität und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs aufrecht erhalten, und darum den Frieden zwischen dem Sultan und Mehemed Ali wieder hergestellt wissen. Wie aber? Ei dadurch, daß der Sultan dem Pascha alle seine Forderungen bewillige, also durch die factische und rechtliche Abtretung eines großen Theils des Ländergebiets der Pforte. Wie steht es dann aber mit der „Integrität und Unabhängigkeit“? (Hört, hört!) Wenn einmal diese Frage zur nähern Erörterung kommt, werde ich in der Fassung seyn, dem Hause die Gerechtigkeit und Sachdiensamkeit unserer in dieser Frage befolgten Politik befriedigend zu beweisen – Ihnen zu beweisen, daß wir dabei unverwandt die Erhaltung der Integrität und Unabhängigkeit des türkischen Reichs im Auge hatten, verbunden mit der gebührenden Rücksicht auf Englands beste Interessen gegenüber von jenem Reiche. Weit entfernt zum Krieg zu führen oder darauf abzuzwecken, ist dieß die einzige Bahn, die wir verfolgen können, wenn wir verhindern wollen, daß die Ereignisse in jener Weltgegend einen großen, vielleicht allgemeinen europäischen Krieg entzünden. Es ist jetzt nicht der rechte Zeitpunkt, umfassender auf diese Frage einzugehen, ich wollte nur gegen die von meinem ehrenwerthen Freund aufgestellte Doctrin meine Verwahrung einlegen.“ Sir R. Peel erklärte seine Bereitwilligkeit, für den ganzen Antrag der Voranschläge zu stimmen (hört!), fand aber die Erklärung Palmerstons, daß die auswärtige Politik der Whigregierung so durchwegs glücklich gewesen sey, etwas ruhmredig. Wir kommen morgen darauf zurück, und heben nur noch die Schlußstelle von Lord Palmerstons Antwort heraus. Er erwähnte tadelnd die vielen aufreizenden Reden, die vorzüglich die Torypartei gegen Frankreich geführt, und schloß dann: „Indeß gibt es glücklicherweise viele wohl und tief begründete, auf die besten Interessen beider Länder begründete Anziehungspunkte, welche zur Erhaltung freundlicher Verhältnisse zwischen England und Frankreich wesentlich beitragen werden. Weit entfernt, der Anwesenheit von 15 französischen Linienschiffen im Mittelmeer irgend ein Gewicht beizulegen, darf ich zuversichtlich behaupten, daß fast jeder vernünftige Mensch in Frankreich von der Ueberzeugung durchdrungen ist, daß sowohl die Wahrung der Interessen beider Völker als die Erhaltung des Weltfriedens von der Fortdauer des Friedens zwischen England und Frankreich abhängen.“ Die Voranschläge der Regierung wurden einmüthig votirt. (Sun.) Lord Strangford hat die Absicht, zu Anfang nächster Woche in Betreff der Störung des brittischen Handels in Südamerika durch die französische Blokade eine Motion zu stellen, die auf folgenden Brief aus Buenos-Ayres gegründet werden soll: „Hier in Buenos-Ayres allein, andere Häfen ungerechnet, verderben 218 Schiffsladungen auf dem Lager, lauter Eigenthum brittischer Unterthanen. Alle diese Ladungen wurden angekauft in dem sehr natürlichen Glauben, daheim eine Regierung zu haben, die uns schützen wolle und könne und dieser höchst gesetzwidrigen Blokade endlich ein Ziel setzen werde. Wir wollten, Lord Palmerston wäre hier.“ Frankreich. _ Paris, 24 Febr. (Temps.) Man hat außerordentliche Couriere an alle unsere Gesandten abgeschickt, um sie von der Verwerfung des Dotationsgesetzes zu benachrichtigen, und ihnen die Instructionen zu überbringen, welche das Votum der Kammer nöthig machen mochte. Alle gegenwärtig in Paris befindlichen diplomatischen Agenten haben den Befehl erhalten, unverzüglich auf ihre Posten zurückzukehren. (Temps.) Der Herzog v. Broglie ward heute (23) von dem König berufen und ihm die Mission zur Bildung eines Cabinets vorgeschlagen; der Herzog v. Broglie hat aber den förmlichen Entschluß an den Tag gelegt, den Staatsgeschäften fremd zu bleiben. Doch hat Hr. v. Broglie beigesetzt, daß wenn er als Vermittler zwischen den Politikern von einigem Nutzen seyn könne, er zur Verfügung des Königs stehe. (In Bezug auf alle andern Combinationen verweisen wir auf unsre Pariser Briefe.) (Journal des Débats.) Man muß mit der Wiederbesetzung des Ministeriums eilen, darüber sind wir mit der ganzen Presse einig. Man muß sich beeilen, denn das verleumdete unvertheidigte Königthum liegt noch unter dem Schlage des letzten Votums; es hat mehr als jemals nöthig, vor den Kammern durch ein starkes Ministerium repräsentirt zu werden. Die Wunde wird lange nachbluten; sie sollte sich wenigstens nicht vergiften. Man muß sich beeilen; denn die Wiederholung ministerieller Krisen und ihre lange Dauer fängt an, das Land zu ermüden, dessen gesammte Interessen darunter leiden. Man fragt sich, was denn eine Regierung sey, deren Springfedern alljährlich in einer bestimmten Zeit still stehen und erlahmt zu seyn scheinen. Die Intriguen, die wir bei den ministeriellen Krisen sehen müssen; jene unaufhörlichen Hin- und Herfragen, die, anstatt die Schwierigkeiten zu lösen, sie nur noch mehr verwickeln; jene hartnäckigen Ausschließungen, welche die Zusammensetzung eines Cabinets fast unmöglich machen und mit denen die geringsten Parteifractionen sich wechselseitig verfolgen; jene Ansprüche von Einzelnen, die dem öffentlichen Interesse nichts opfern wollen, dieses ganze ermüdende Schauspiel von Kleinlichkeiten würde am Ende dem Lande das Vertrauen zu unserer Regierungsform entziehen, und unsere Institutionen entehren. Ja, man muß sich beeilen; denn die ministeriellen Krisen, die allen Nerv der Staatsgewalt erschlaffen, scheinen eine Aufmunterung und eine Herausforderung an die Thorheit und an die Verbrechen der Factionen. Wir sind nicht nur dem Lande schuldig, es ihrer Wuth nicht auszusetzen; wir sind auch ihnen selbst schuldig, so wahnsinnig sie auch sind, ihre stupiden Hoffnungen nicht zu begünstigen. Wir sagen ohne Anstand: es ist die Pflicht des Königs, so weit es von ihm abhängt, so schnell wie möglich ein Cabinet zu bilden, das Dauer verspricht. Hr. Dugabé bat die Kammer in ihrer Sitzung am 22 Februar, sie möge ihm gestatten, an den Minister des Innern und den Siegelbewahrer über die traurigen Vorfälle in Foix Fragen zu stellen. Er habe vor vierzehn Tagen auf diesem Verlangen nicht bestehen wollen, jetzt aber könne er, da das Cabinet in Auflösung begriffen sey, nicht länger mehr warten; denn später würde nicht ein für seine Handlungen verantwortlicher Minister, sondern nur ein einfacher Deputirter ihm antworten können. Der Siegelbewahrer Hr. Teste erwiederte, er erwarte noch heute oder morgen das Resultat der gerichtlichen Untersuchung über diese Sache, und dann werde er auf der Stelle bereit seyn, auf jede Interpellation zu antworten. „Der ehrenwerthe Hr. Dugabé, äußerte Hr. Teste, erneuert seine Frage so dringend, weil er nach der vorgestrigen Kammersitzung fürchtet, der verantwortliche Minister werde ihm entgehen und in einen Deputirten sich verwandeln. (Gelächter.) Aber wenn man auch nicht mehr Minister ist, bleibt man gleichwohl für Acte verantwortlich, an denen man als Cabinetsmitglied Theil genommen hat. In Frankreich ist die Staatsgewalt nie vacant. Es sind zwar Dimissionen eingereicht worden, aber bis unsere Nachfolger als wirkliche Minister hier erscheinen, werden wir immer Minister bleiben und in keinem

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 60. Augsburg, 29. Februar 1840, S. 0475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_060_18400229/3>, abgerufen am 29.03.2024.