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Allgemeine Zeitung. Nr. 43. Augsburg, 12. Februar 1840.

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säumen. Das Princip des "Gewähren lassen" ist allerdings das wahre und zweckmäßigste Mittel des Fortschrittes für alle Zweige menschlicher Thätigkeit, und genügt selbst auf jene Erzeugnisse bildender Kunst angewandt, welche den Mitteln mäßig Begüterter zugänglich sind. Jene Schaffungen aber, die große Vorauslagen, specielle Vorbereitungen und einen bedeutenden Zeitaufwand erheischen, oder welche für einen bestimmten Ort und Raum eingerichtet werden müssen, können unmöglich der freien Concurrenz überlassen bleiben. Der Historienmaler, der Bildhauer können eben so wenig wie der Architekt Werke auf Speculation verfertigen. Er kann nicht Jahre langes Studium und Fleiß auf ein Werk verwenden, wenn er nicht vornhinein seines Lohns versichert ist. Die österreichische Regierung, die den Grundsatz vollkommen würdigte, daß die Kunst von ihr nicht unbeachtet bleiben dürfe, verwendete bedeutende Summen für die Bildung der Künstler. Sie errichtete Akademien, stattete dieselben mit allen materiellen Mitteln aus, stiftete Prämien und schickt die talentvollsten Zöglinge nach Rom; aber sie überläßt die zurückgebliebenen ihrem Schicksal - ein Schicksal, das meist schlimmer ist, als das jener Kunstjünger, die, statt sich an den hohen Vorbildern der Vorzeit zu begeistern, alljährig nach Ischl gehen und ihre Modelle unter den Sennerinnen und Holzknechten des Salzkammerguts aufsuchen. Der Zweck, den sich die Regierung vorgesetzt hat, und den sie großmüthig unterstützt, würde gewiß sicherer und besser erreicht werden, wenn man es in diesem einzelnen Zweige der Kunst den Künstlern überließe, die Kosten des Lernens selbst zu tragen und die Stipendien lieber zum Ersatz für das Erlernte, zur Gelegenheit für die Ausübung und Anwendung der künstlerischen Errungenschaft verwendete. Der Hof bestimmt zwar alljährig eine Summe zum Ankauf von Bildern bei der öffentlichen Ausstellung, aber meist herrscht bei der Auswahl mildthätige Nebenrücksicht vor dem eigentlichen Kunstzwecke vor. Eben so wenig genügt der Kunstverein, der seiner Stellung nach einer ganz andern Richtung folgen muß, und sich mit Ankauf von größeren, kostspieligen Werken nicht befassen kann. Der Historienmalerei und Sculptur die ihnen angemessene Thätigkeit zu verschaffen, gibt es nur Ein Mittel, und zwar durch die Ertheilung directer Aufträge und Bestellungen. Dieses Mittel steht bei uns, leider, in einigem Mißcredit, und läßt immer der Besorgniß Raum, daß der Erfolg der Erwartung nicht entsprechen, also der vorhinein versprochene Lohn mit dem Geleisteten nicht im gehörigen Einklange stehen werde. Es läßt sich nicht läugnen, daß diese Besorgniß keineswegs aus der Luft gegriffen ist; dennoch kann ein Werk von Bedeutung kaum anders als auf diesem Wege ausgeführt werden. Nur von der Staatsverwaltung als solcher, von Höfen, oder von sehr reichen Privatpersonen lassen sich solche Aufträge erwarten. Wenn die Bestellungen bisher vielleicht nicht immer von einem glücklichen Erfolge begleitet waren, so lag es wohl auch in der Art, wie dieselben gemacht wurden. Bestellungen von Staats wegen sollten nur bei anerkannten Meistern, nie bei Schülern, nie als Probe, nie aus einer wohlthätigen Rücksicht, gleichsam als Almosen gemacht werden. Der Kunstzweck allein muß hier entscheiden. Wenn von dieser Seite jährlich auch nur ein bedeutendes Werk, einzig für diese Summe erkauft würde, wäre schon ein großer Schritt zum Zwecke gethan. Die Ansicht, daß vom Staate aus, von wo doch zunächst der Impuls zu gesteigertem Kunstleben ausgehen muß, der Finanzrücksichten wegen, solche pecuniäre Unterstützungen gänzlich wegzufallen hätten und den Privaten überlassen werden müßten, ist eine Art von bequemem Trostmittel geworden, diese passive Ansicht vor der eigenen, besseren Einsicht zu vertheidigen. Man verbindet immer mit der Verwendung von Staatsgeldern zu Kunstzwecken die Idee, als ob dazu unmäßige Summen erforderlich wären, während die hiezu wirklich verwendeten meist überall ausreichen würden, wäre nur die Verwendung selbst eine angemessene, die Kunst fördernde. Mit derselben Summe, die, ohne Plan, ohne bestimmte Ansicht und deßhalb auch ohne sichtbaren Erfolg verbraucht, wie eine Quelle im Sande verrinnt, ließen sich durch eine Reihe von Jahren, constant nach einem wohlberechneten Plane wirkend, Resultate hervorbringen, die Erstaunen erregen würden; die versiegende Quelle würde ein Mühlwerk in Bewegung setzen. Und gesetzt auch, die Finanzen bewilligten einen reichlicheren Beitrag, wäre das ein Opfer? Und wenn man es so nennen wollte, wäre es nicht gerechtfertigt selbst von dem ökonomischen Standpunkte aus? Wenn man den Gegenstand auch noch so sehr mit dem Auge des Realismus betrachtet, wird doch Niemand die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Kunstbildung abläugnen können. Eine solche geht aber nicht bloß von Akademien oder polytechnischen Gewerkschulen aus; ein durch die Kunst geläuterter Schönheitssinn in der Masse verschafft erst seine Wechselwirkung, welche die commercielle Industrie zu höherer Vollendung treibt und so den Nationalreichthum auch auf anderweiten Wegen und durch wenig bedeutende Geldmittel steigert. - Die vom Staatsschatze gemachte Vorauslage wird reichlich verzinst erscheinen. Wenn dem Künstler Gelegenheit gegeben wird, eine angemessene Thätigkeit zu entwickeln, so mag man ihm getrost die Sorge überlassen, sich die erforderliche höhere Bildung zu verschaffen. Wie manche Professur, wie manches Prämium, wie manches Stipendium würde dann überflüssig werden. Will man Gelder zu Reisen für Künstler verwenden, so sende man Männer, welche die großen Denkmale der Kunst im Geiste aufzufassen vermögen, und nicht Schüler, welche noch der technischen Ausbildung bedürfen. - Demnächst wäre zu wünschen, daß Höfe und reiche Privaten, statt dem jährlichen Erwerbe mehrerer kleinen Bilder, zu denen sich überall minder bemittelte Liebhaber finden, ein bedeutendes Werk eines anerkannten Meisters kauften, zu dem die Geldmittel gewöhnlicher Liebhaber selten auslangen. Man kann nicht oft genug wiederholen, daß es der verderblichste Irrthum ist, Wohlthätigkeitsrücksichten mit Kunstzwecken vereinbaren zu wollen: so edel die einen an und für sich sind, so wenig fördert man dadurch die andern. - Ganz etwas Anderes ist es, einem anerkannten Verdienste in unglücklicher Hülflosigkeit beizustehen. So hat die Pension, welche die, zum Wohlthun stets offene Hand des Kaisers dem trefflichen Koch und seiner Familie zu Rom ertheilte, nicht nur das Dankgefühl der Empfänger, sie hat gewiß ein allgemeines Gefühl des Dankes bei jedem, der Kunst zugewandten, Herzen erregt!

Eine zweite Rücksicht, die den Mäcenaten der Künste wiederholt zu Gemüthe geführt werden sollte, ist, bei Bestellungen von Bildern den Gegenstand so viel als möglich der eigenen Wahl des Künstlers zu überlassen. Man kann zwar freilich Alles malen, aber nicht Alles ist malerisch.

(Beschluß folgt.)

Schweden.

Folgendes ist die erste Hälfte der Thronrede, deren Schluß wir vorgestern geliefert: "Meine Herren! Dreißig Jahre sind nunmehr verflossen, seit Schweden, durch Katastrophen erdrückt, die in den Jahrbüchern der Völker bekannt sind, seine Blicke auf Männer wandte, die es für fähig hielt, nicht allein das Land wieder zu heben, sondern auch ihm weder den Rang zu verschaffen, von welchem es herabgesunken

säumen. Das Princip des „Gewähren lassen“ ist allerdings das wahre und zweckmäßigste Mittel des Fortschrittes für alle Zweige menschlicher Thätigkeit, und genügt selbst auf jene Erzeugnisse bildender Kunst angewandt, welche den Mitteln mäßig Begüterter zugänglich sind. Jene Schaffungen aber, die große Vorauslagen, specielle Vorbereitungen und einen bedeutenden Zeitaufwand erheischen, oder welche für einen bestimmten Ort und Raum eingerichtet werden müssen, können unmöglich der freien Concurrenz überlassen bleiben. Der Historienmaler, der Bildhauer können eben so wenig wie der Architekt Werke auf Speculation verfertigen. Er kann nicht Jahre langes Studium und Fleiß auf ein Werk verwenden, wenn er nicht vornhinein seines Lohns versichert ist. Die österreichische Regierung, die den Grundsatz vollkommen würdigte, daß die Kunst von ihr nicht unbeachtet bleiben dürfe, verwendete bedeutende Summen für die Bildung der Künstler. Sie errichtete Akademien, stattete dieselben mit allen materiellen Mitteln aus, stiftete Prämien und schickt die talentvollsten Zöglinge nach Rom; aber sie überläßt die zurückgebliebenen ihrem Schicksal – ein Schicksal, das meist schlimmer ist, als das jener Kunstjünger, die, statt sich an den hohen Vorbildern der Vorzeit zu begeistern, alljährig nach Ischl gehen und ihre Modelle unter den Sennerinnen und Holzknechten des Salzkammerguts aufsuchen. Der Zweck, den sich die Regierung vorgesetzt hat, und den sie großmüthig unterstützt, würde gewiß sicherer und besser erreicht werden, wenn man es in diesem einzelnen Zweige der Kunst den Künstlern überließe, die Kosten des Lernens selbst zu tragen und die Stipendien lieber zum Ersatz für das Erlernte, zur Gelegenheit für die Ausübung und Anwendung der künstlerischen Errungenschaft verwendete. Der Hof bestimmt zwar alljährig eine Summe zum Ankauf von Bildern bei der öffentlichen Ausstellung, aber meist herrscht bei der Auswahl mildthätige Nebenrücksicht vor dem eigentlichen Kunstzwecke vor. Eben so wenig genügt der Kunstverein, der seiner Stellung nach einer ganz andern Richtung folgen muß, und sich mit Ankauf von größeren, kostspieligen Werken nicht befassen kann. Der Historienmalerei und Sculptur die ihnen angemessene Thätigkeit zu verschaffen, gibt es nur Ein Mittel, und zwar durch die Ertheilung directer Aufträge und Bestellungen. Dieses Mittel steht bei uns, leider, in einigem Mißcredit, und läßt immer der Besorgniß Raum, daß der Erfolg der Erwartung nicht entsprechen, also der vorhinein versprochene Lohn mit dem Geleisteten nicht im gehörigen Einklange stehen werde. Es läßt sich nicht läugnen, daß diese Besorgniß keineswegs aus der Luft gegriffen ist; dennoch kann ein Werk von Bedeutung kaum anders als auf diesem Wege ausgeführt werden. Nur von der Staatsverwaltung als solcher, von Höfen, oder von sehr reichen Privatpersonen lassen sich solche Aufträge erwarten. Wenn die Bestellungen bisher vielleicht nicht immer von einem glücklichen Erfolge begleitet waren, so lag es wohl auch in der Art, wie dieselben gemacht wurden. Bestellungen von Staats wegen sollten nur bei anerkannten Meistern, nie bei Schülern, nie als Probe, nie aus einer wohlthätigen Rücksicht, gleichsam als Almosen gemacht werden. Der Kunstzweck allein muß hier entscheiden. Wenn von dieser Seite jährlich auch nur ein bedeutendes Werk, einzig für diese Summe erkauft würde, wäre schon ein großer Schritt zum Zwecke gethan. Die Ansicht, daß vom Staate aus, von wo doch zunächst der Impuls zu gesteigertem Kunstleben ausgehen muß, der Finanzrücksichten wegen, solche pecuniäre Unterstützungen gänzlich wegzufallen hätten und den Privaten überlassen werden müßten, ist eine Art von bequemem Trostmittel geworden, diese passive Ansicht vor der eigenen, besseren Einsicht zu vertheidigen. Man verbindet immer mit der Verwendung von Staatsgeldern zu Kunstzwecken die Idee, als ob dazu unmäßige Summen erforderlich wären, während die hiezu wirklich verwendeten meist überall ausreichen würden, wäre nur die Verwendung selbst eine angemessene, die Kunst fördernde. Mit derselben Summe, die, ohne Plan, ohne bestimmte Ansicht und deßhalb auch ohne sichtbaren Erfolg verbraucht, wie eine Quelle im Sande verrinnt, ließen sich durch eine Reihe von Jahren, constant nach einem wohlberechneten Plane wirkend, Resultate hervorbringen, die Erstaunen erregen würden; die versiegende Quelle würde ein Mühlwerk in Bewegung setzen. Und gesetzt auch, die Finanzen bewilligten einen reichlicheren Beitrag, wäre das ein Opfer? Und wenn man es so nennen wollte, wäre es nicht gerechtfertigt selbst von dem ökonomischen Standpunkte aus? Wenn man den Gegenstand auch noch so sehr mit dem Auge des Realismus betrachtet, wird doch Niemand die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Kunstbildung abläugnen können. Eine solche geht aber nicht bloß von Akademien oder polytechnischen Gewerkschulen aus; ein durch die Kunst geläuterter Schönheitssinn in der Masse verschafft erst seine Wechselwirkung, welche die commercielle Industrie zu höherer Vollendung treibt und so den Nationalreichthum auch auf anderweiten Wegen und durch wenig bedeutende Geldmittel steigert. – Die vom Staatsschatze gemachte Vorauslage wird reichlich verzinst erscheinen. Wenn dem Künstler Gelegenheit gegeben wird, eine angemessene Thätigkeit zu entwickeln, so mag man ihm getrost die Sorge überlassen, sich die erforderliche höhere Bildung zu verschaffen. Wie manche Professur, wie manches Prämium, wie manches Stipendium würde dann überflüssig werden. Will man Gelder zu Reisen für Künstler verwenden, so sende man Männer, welche die großen Denkmale der Kunst im Geiste aufzufassen vermögen, und nicht Schüler, welche noch der technischen Ausbildung bedürfen. – Demnächst wäre zu wünschen, daß Höfe und reiche Privaten, statt dem jährlichen Erwerbe mehrerer kleinen Bilder, zu denen sich überall minder bemittelte Liebhaber finden, ein bedeutendes Werk eines anerkannten Meisters kauften, zu dem die Geldmittel gewöhnlicher Liebhaber selten auslangen. Man kann nicht oft genug wiederholen, daß es der verderblichste Irrthum ist, Wohlthätigkeitsrücksichten mit Kunstzwecken vereinbaren zu wollen: so edel die einen an und für sich sind, so wenig fördert man dadurch die andern. – Ganz etwas Anderes ist es, einem anerkannten Verdienste in unglücklicher Hülflosigkeit beizustehen. So hat die Pension, welche die, zum Wohlthun stets offene Hand des Kaisers dem trefflichen Koch und seiner Familie zu Rom ertheilte, nicht nur das Dankgefühl der Empfänger, sie hat gewiß ein allgemeines Gefühl des Dankes bei jedem, der Kunst zugewandten, Herzen erregt!

Eine zweite Rücksicht, die den Mäcenaten der Künste wiederholt zu Gemüthe geführt werden sollte, ist, bei Bestellungen von Bildern den Gegenstand so viel als möglich der eigenen Wahl des Künstlers zu überlassen. Man kann zwar freilich Alles malen, aber nicht Alles ist malerisch.

(Beschluß folgt.)

Schweden.

Folgendes ist die erste Hälfte der Thronrede, deren Schluß wir vorgestern geliefert: „Meine Herren! Dreißig Jahre sind nunmehr verflossen, seit Schweden, durch Katastrophen erdrückt, die in den Jahrbüchern der Völker bekannt sind, seine Blicke auf Männer wandte, die es für fähig hielt, nicht allein das Land wieder zu heben, sondern auch ihm weder den Rang zu verschaffen, von welchem es herabgesunken

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Nur von der Staatsverwaltung als solcher, von Höfen, oder von sehr reichen Privatpersonen lassen sich solche Aufträge erwarten. Wenn die Bestellungen bisher vielleicht nicht immer von einem glücklichen Erfolge begleitet waren, so lag es wohl auch in der Art, wie dieselben gemacht wurden. Bestellungen von <hi rendition="#g">Staats wegen</hi> sollten nur bei anerkannten Meistern, nie bei Schülern, nie als Probe, nie aus einer wohlthätigen Rücksicht, gleichsam als Almosen gemacht werden. Der Kunstzweck allein muß hier entscheiden. Wenn von dieser Seite jährlich auch nur <hi rendition="#g">ein</hi> bedeutendes Werk, einzig für diese Summe erkauft würde, wäre schon ein großer Schritt zum Zwecke gethan. Die Ansicht, daß vom <hi rendition="#g">Staate</hi> aus, von wo doch zunächst der Impuls zu gesteigertem Kunstleben ausgehen muß, der Finanzrücksichten wegen, solche pecuniäre Unterstützungen gänzlich wegzufallen hätten und den Privaten überlassen werden müßten, ist eine Art von bequemem Trostmittel geworden, diese passive Ansicht vor der eigenen, besseren Einsicht zu vertheidigen. Man verbindet immer mit der Verwendung von Staatsgeldern zu Kunstzwecken die Idee, als ob dazu unmäßige Summen erforderlich wären, während die hiezu wirklich verwendeten meist überall ausreichen würden, wäre nur die Verwendung selbst eine angemessene, die Kunst fördernde. Mit derselben Summe, die, ohne Plan, ohne bestimmte Ansicht und deßhalb auch ohne sichtbaren Erfolg verbraucht, wie eine Quelle im Sande verrinnt, ließen sich durch eine Reihe von Jahren, constant nach einem wohlberechneten Plane wirkend, Resultate hervorbringen, die Erstaunen erregen würden; die versiegende Quelle würde ein Mühlwerk in Bewegung setzen. Und gesetzt auch, die Finanzen bewilligten einen <hi rendition="#g">reichlicheren</hi> Beitrag, wäre das ein Opfer? Und wenn man es so nennen wollte, wäre es nicht gerechtfertigt selbst von dem ökonomischen Standpunkte aus? Wenn man den Gegenstand auch noch so sehr mit dem Auge des Realismus betrachtet, wird doch Niemand die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Kunstbildung abläugnen können. Eine solche geht aber nicht bloß von Akademien oder polytechnischen Gewerkschulen aus; ein durch die Kunst geläuterter Schönheitssinn in der Masse verschafft erst seine Wechselwirkung, welche die commercielle Industrie zu höherer Vollendung treibt und so den Nationalreichthum auch auf anderweiten Wegen und durch wenig bedeutende Geldmittel steigert. &#x2013; Die vom Staatsschatze gemachte Vorauslage wird reichlich verzinst erscheinen. Wenn dem Künstler Gelegenheit gegeben wird, eine angemessene Thätigkeit zu entwickeln, so mag man ihm getrost die Sorge überlassen, sich die erforderliche höhere Bildung zu verschaffen. Wie manche Professur, wie manches Prämium, wie manches Stipendium würde dann überflüssig werden. 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[0341/0013] säumen. Das Princip des „Gewähren lassen“ ist allerdings das wahre und zweckmäßigste Mittel des Fortschrittes für alle Zweige menschlicher Thätigkeit, und genügt selbst auf jene Erzeugnisse bildender Kunst angewandt, welche den Mitteln mäßig Begüterter zugänglich sind. Jene Schaffungen aber, die große Vorauslagen, specielle Vorbereitungen und einen bedeutenden Zeitaufwand erheischen, oder welche für einen bestimmten Ort und Raum eingerichtet werden müssen, können unmöglich der freien Concurrenz überlassen bleiben. Der Historienmaler, der Bildhauer können eben so wenig wie der Architekt Werke auf Speculation verfertigen. Er kann nicht Jahre langes Studium und Fleiß auf ein Werk verwenden, wenn er nicht vornhinein seines Lohns versichert ist. Die österreichische Regierung, die den Grundsatz vollkommen würdigte, daß die Kunst von ihr nicht unbeachtet bleiben dürfe, verwendete bedeutende Summen für die Bildung der Künstler. Sie errichtete Akademien, stattete dieselben mit allen materiellen Mitteln aus, stiftete Prämien und schickt die talentvollsten Zöglinge nach Rom; aber sie überläßt die zurückgebliebenen ihrem Schicksal – ein Schicksal, das meist schlimmer ist, als das jener Kunstjünger, die, statt sich an den hohen Vorbildern der Vorzeit zu begeistern, alljährig nach Ischl gehen und ihre Modelle unter den Sennerinnen und Holzknechten des Salzkammerguts aufsuchen. Der Zweck, den sich die Regierung vorgesetzt hat, und den sie großmüthig unterstützt, würde gewiß sicherer und besser erreicht werden, wenn man es in diesem einzelnen Zweige der Kunst den Künstlern überließe, die Kosten des Lernens selbst zu tragen und die Stipendien lieber zum Ersatz für das Erlernte, zur Gelegenheit für die Ausübung und Anwendung der künstlerischen Errungenschaft verwendete. Der Hof bestimmt zwar alljährig eine Summe zum Ankauf von Bildern bei der öffentlichen Ausstellung, aber meist herrscht bei der Auswahl mildthätige Nebenrücksicht vor dem eigentlichen Kunstzwecke vor. Eben so wenig genügt der Kunstverein, der seiner Stellung nach einer ganz andern Richtung folgen muß, und sich mit Ankauf von größeren, kostspieligen Werken nicht befassen kann. Der Historienmalerei und Sculptur die ihnen angemessene Thätigkeit zu verschaffen, gibt es nur Ein Mittel, und zwar durch die Ertheilung directer Aufträge und Bestellungen. Dieses Mittel steht bei uns, leider, in einigem Mißcredit, und läßt immer der Besorgniß Raum, daß der Erfolg der Erwartung nicht entsprechen, also der vorhinein versprochene Lohn mit dem Geleisteten nicht im gehörigen Einklange stehen werde. Es läßt sich nicht läugnen, daß diese Besorgniß keineswegs aus der Luft gegriffen ist; dennoch kann ein Werk von Bedeutung kaum anders als auf diesem Wege ausgeführt werden. Nur von der Staatsverwaltung als solcher, von Höfen, oder von sehr reichen Privatpersonen lassen sich solche Aufträge erwarten. Wenn die Bestellungen bisher vielleicht nicht immer von einem glücklichen Erfolge begleitet waren, so lag es wohl auch in der Art, wie dieselben gemacht wurden. Bestellungen von Staats wegen sollten nur bei anerkannten Meistern, nie bei Schülern, nie als Probe, nie aus einer wohlthätigen Rücksicht, gleichsam als Almosen gemacht werden. Der Kunstzweck allein muß hier entscheiden. Wenn von dieser Seite jährlich auch nur ein bedeutendes Werk, einzig für diese Summe erkauft würde, wäre schon ein großer Schritt zum Zwecke gethan. Die Ansicht, daß vom Staate aus, von wo doch zunächst der Impuls zu gesteigertem Kunstleben ausgehen muß, der Finanzrücksichten wegen, solche pecuniäre Unterstützungen gänzlich wegzufallen hätten und den Privaten überlassen werden müßten, ist eine Art von bequemem Trostmittel geworden, diese passive Ansicht vor der eigenen, besseren Einsicht zu vertheidigen. Man verbindet immer mit der Verwendung von Staatsgeldern zu Kunstzwecken die Idee, als ob dazu unmäßige Summen erforderlich wären, während die hiezu wirklich verwendeten meist überall ausreichen würden, wäre nur die Verwendung selbst eine angemessene, die Kunst fördernde. Mit derselben Summe, die, ohne Plan, ohne bestimmte Ansicht und deßhalb auch ohne sichtbaren Erfolg verbraucht, wie eine Quelle im Sande verrinnt, ließen sich durch eine Reihe von Jahren, constant nach einem wohlberechneten Plane wirkend, Resultate hervorbringen, die Erstaunen erregen würden; die versiegende Quelle würde ein Mühlwerk in Bewegung setzen. Und gesetzt auch, die Finanzen bewilligten einen reichlicheren Beitrag, wäre das ein Opfer? Und wenn man es so nennen wollte, wäre es nicht gerechtfertigt selbst von dem ökonomischen Standpunkte aus? Wenn man den Gegenstand auch noch so sehr mit dem Auge des Realismus betrachtet, wird doch Niemand die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Kunstbildung abläugnen können. Eine solche geht aber nicht bloß von Akademien oder polytechnischen Gewerkschulen aus; ein durch die Kunst geläuterter Schönheitssinn in der Masse verschafft erst seine Wechselwirkung, welche die commercielle Industrie zu höherer Vollendung treibt und so den Nationalreichthum auch auf anderweiten Wegen und durch wenig bedeutende Geldmittel steigert. – Die vom Staatsschatze gemachte Vorauslage wird reichlich verzinst erscheinen. Wenn dem Künstler Gelegenheit gegeben wird, eine angemessene Thätigkeit zu entwickeln, so mag man ihm getrost die Sorge überlassen, sich die erforderliche höhere Bildung zu verschaffen. Wie manche Professur, wie manches Prämium, wie manches Stipendium würde dann überflüssig werden. Will man Gelder zu Reisen für Künstler verwenden, so sende man Männer, welche die großen Denkmale der Kunst im Geiste aufzufassen vermögen, und nicht Schüler, welche noch der technischen Ausbildung bedürfen. – Demnächst wäre zu wünschen, daß Höfe und reiche Privaten, statt dem jährlichen Erwerbe mehrerer kleinen Bilder, zu denen sich überall minder bemittelte Liebhaber finden, ein bedeutendes Werk eines anerkannten Meisters kauften, zu dem die Geldmittel gewöhnlicher Liebhaber selten auslangen. Man kann nicht oft genug wiederholen, daß es der verderblichste Irrthum ist, Wohlthätigkeitsrücksichten mit Kunstzwecken vereinbaren zu wollen: so edel die einen an und für sich sind, so wenig fördert man dadurch die andern. – Ganz etwas Anderes ist es, einem anerkannten Verdienste in unglücklicher Hülflosigkeit beizustehen. So hat die Pension, welche die, zum Wohlthun stets offene Hand des Kaisers dem trefflichen Koch und seiner Familie zu Rom ertheilte, nicht nur das Dankgefühl der Empfänger, sie hat gewiß ein allgemeines Gefühl des Dankes bei jedem, der Kunst zugewandten, Herzen erregt! Eine zweite Rücksicht, die den Mäcenaten der Künste wiederholt zu Gemüthe geführt werden sollte, ist, bei Bestellungen von Bildern den Gegenstand so viel als möglich der eigenen Wahl des Künstlers zu überlassen. Man kann zwar freilich Alles malen, aber nicht Alles ist malerisch. (Beschluß folgt.) Schweden. _ Stockholm, 25 Jan. Folgendes ist die erste Hälfte der Thronrede, deren Schluß wir vorgestern geliefert: „Meine Herren! Dreißig Jahre sind nunmehr verflossen, seit Schweden, durch Katastrophen erdrückt, die in den Jahrbüchern der Völker bekannt sind, seine Blicke auf Männer wandte, die es für fähig hielt, nicht allein das Land wieder zu heben, sondern auch ihm weder den Rang zu verschaffen, von welchem es herabgesunken

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 43. Augsburg, 12. Februar 1840, S. 0341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_043_18400212/13>, abgerufen am 25.04.2024.