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Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840.

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ohne die Kanonen auszuladen. Die zur Einschiffung an Bord der Blonde beorderte Artillerieabtheilung nimmt Congreve'sche Raketen, Bomben und andere Wurfgeschosse mit. Die Bewaffnung dieser Artilleristen ist neu, und wird von der United Service Gazette als sehr praktisch belobt. Statt Muskete und Bajonnet dient ihnen ein ganz leichter Carabiner und ein kurzes, gerades, vorn zweischneidiges Schwert, dessen Rücken eine Säge bildet. An Bord des Blenheim werden 60 überzählige Marinesoldaten mit einem Officier eingeschifft. (Folgende Notiz über die Militärverfassung China's dürfte im jetzigen Augenblick nicht ohne Interesse seyn. Die Oberleitung des Heers hat der Kaiser, unter dem Kriegsmandarinen stehen. Der Mandarin, der in des Kaisers Namen den Oberbefehl führt, hat eine Leibwache von 5000 Mann zu seiner Verfügung. Die Reiter haben den doppelten Sold der Fußgänger, die Pferde erhalten sie vom Kaiser. Die Disciplinarstrafe bei den chinesischen Soldaten sind Stockschläge, bei den tartarischen - wie bei den englischen - Peitschenhiebe. In den wichtigen Plätzen liegen Garnisonen, und außerdem in jeder Provinz 15 bis 20,000 Mann. Die Seemacht China's ist noch auf dem Standpunkte, wie vor 200 Jahren. Einige wenige englische Kriegsschiffe könnten die ganze chinesische Marine zerstören. Die chinesischen Soldaten sind gut disciplinirt, aber verweichlicht. Die Armee soll gegenwärtig etwa eine Million Fußgänger und 800,000 Reiter zählen (?), unter welcher Zahl indeß die Tartaren mitbegriffen sind.)

Professor Wheatstone's elektro-magnetischer Telegraph war seit den letzten beiden Monaten, bei allen Eisenbahnfahrten auf der Bahn zwischen Drayton, Hanwell und Paddington (in einer Entfernung von 20 englischen Meilen) beständig in Thätigkeit; die Great-Western-Eisenbahncompagnie hatte zu Gunsten des Unternehmens eine Geldunterstützung bewilligt. Sobald die ganze Eisenbahnlinie vollendet ist, wird sich die Telegraphenlinie von Paddington (bei London) bis nach Bristol erstrecken, und die Nachrichten können dann von der einen nach der andern Stadt in ungefähr 20 Minuten befördert werden. Die Dräthe befinden sich in eisernen Röhren, nicht in Holz, wie es früher geschah; da mehrere Dräthe vorhanden sind, so können verschiedene Anstalten und Behörden ihre eigenen haben, wenn sie einen verhältnißmäßigen Beitrag zahlen. Es ist jetzt kein Zweifel mehr, daß die Sache gelingen wird.

Frankreich.

Prinz Joinville ist am 27 Jan. Abends in Paris eingetroffen.

Der Moniteur widerspricht der Angabe, daß der Präfect von Arriege, von der Regierung berufen, in Paris angekommen sey. Der Präfect sey nicht nach Paris berufen und habe Foix nicht verlassen.

*Am 29 Jan. fand Versammlung der Deputirten in den Bureaux statt. Hr. Guizot kam früher als gewöhnlich in den Conferenzsaal und empfing die Glückwünsche zu seiner angeblichen Ernennung für die englische Botschaft. Es heißt, er werde unverzüglich abreisen. Die Commission für den Rentenconversionsentwurf hat nach langen von dem Finanzminister gegebenen Erläuterungen mit 7 gegen 2 Stimmen sich für die Zeitgemäßheit ausgesprochen. Die Commission für Algerien hat einen Gegner der Colonisirung Algiers, Hrn. v. Tracy, zum Präsidenten, Hrn. Ducos zum Secretär ernannt.

(Commerce.) Diesen Abend (29) ist nur von dem Entlassungsgesuche des Ministeriums die Rede. Das ostensible Motiv des Mißklangs zwischen dem Ministerium und der Krone wäre die Weigerung der Abberufung des Hrn. v. Sebastiani und der Einberufung der Beurlaubten (semestriers). Da das Cabinet diese zwei Punkte nicht habe durchsetzen können, so habe es seine Entlassung eingereicht. Auf diese Nachricht hätten sich die verfügbaren Ehrgeizigen gerührt; die HH. v. Mole, Guizot und Thiers hätten erklärt, daß jeder von ihnen ein neues Ministerium anzubieten bereit sey. Die Wagschale hätte für Hrn. Thiers geneigt geschienen, der den Marschall Soult behalten und ihn überreden wolle, das Kriegsministerium anzunehmen. Ein Mitglied des austretenden Ministeriums, von diesem Umstande benachrichtigt, hätte aber bei dem Marschall angefragt, ob er erlaubt habe, daß man über ihn verfüge, und der Marschall habe darauf erklärt, daß er sich nicht von seinen Collegen trennen wolle. Gleichwohl scheint es, daß in der Zwischenzeit die angebotenen Entlassungen auf die gegebene Versicherung, daß der Marschall zu dem projectirten Ministerium gehören würde, angenommen worden seyen. Diesen Abend sollen die Sachen auf diesem Punkte stehen.

Der Constitutionnel meldet im Wesen dasselbe, nur sagt er, es heiße, die angebotenen Entlassungen seyen nicht angenommen worden, General Sebastiani werde aber in London ersetzt und alle Beurlaubten einberufen werden.

(Courrier francais.) Die Ernennung des Hrn. Guizot zur Botschaft von London ist unterzeichnet; das Ministerium mußte der englischen Regierung die Anzeige davon machen. Hr. Guizot wird nicht sogleich auf seinen Posten abgehen, und Hr. v. Sebastiani noch der Vermählungsfeier der Königin Victoria beiwohnen. Sollte aber auch Hr. Guizot heute noch Paris verlassen, so würde er doch zu spät kommen, um die englische Regierung abzuhalten, eine große Thorheit zu begehen. Der Londoner Courier meldet, daß England entschieden die Vorschläge des Hrn. v. Brunnow annehme, daß der Tractat abgeschlossen sey, und nur noch die gebräuchlichen Ratificationen fehlten. Lord Palmerston scheint vorher noch die Tories zu Rath gezogen zu haben, die ihm ihren Beistand versprochen haben sollen. Diese Politik hat übrigens im Conseil der Königin nur vier Gegner gefunden, nämlich Lord Holland, Lord Lansdowne, den Kanzler der Schatzkammer, Hrn. Baring und Lord Carnarvon. *)*) Sonach wäre die Allianz der Whigs und der Tories geschlossen, wenigstens in Bezug auf die auswärtige Frage. Wir hoffen, daß der Patriotismus der englischen Liberalen erwachen werde. In jedem Fall fordern wir die englische Regierung auf, selbst den Pascha von Aegypten zu exequiren; sie wird aber diese Aufgabe den Russen überlassen müssen, und wenn russische Uniformen in Kleinasien mit Bewilligung des Whigministeriums erschienen seyn werden, so wollen wir die Wirkung sehen, welche diese Nachricht auf das englische Volk hervorbringen wird.

Der Temps endlich sagt, um den Widerspruch zwischen den Journalen voll zu machen: "Wir glauben nicht nur, daß die Unterhandlungen zwischen England und Rußland weniger vorgerückt sind, als die englischen Journale behaupten, sondern haben auch, nachdem wir einen uns heute zugekommenen Brief aus London gelesen, die Ueberzeugung, daß Hr. v. Brunnow vor drei Tagen noch nicht einmal die officielle Zustimmung des Cabinets von St. Petersburg zu den Grundlagen jener Unterhandlungen erhalten hatte; dieselben waren daher auch im englischen Cabinet noch nicht zur Berathung gekommen. Man schreibt uns sogar, Lord Palmerston zaudere jetzt selbst, die Vergleichsbedingungen zu beantragen, welche er nicht Rußland allein, sondern allen fünf Mächten vorzulegen

*) Lord Carnarvon ist nicht Mitglied des Cabinets, noch bekleidet er sonst eine Stelle bei der Regierung. Vermuthlich ist es eine Verwechslung mit Clarendon.

ohne die Kanonen auszuladen. Die zur Einschiffung an Bord der Blonde beorderte Artillerieabtheilung nimmt Congreve'sche Raketen, Bomben und andere Wurfgeschosse mit. Die Bewaffnung dieser Artilleristen ist neu, und wird von der United Service Gazette als sehr praktisch belobt. Statt Muskete und Bajonnet dient ihnen ein ganz leichter Carabiner und ein kurzes, gerades, vorn zweischneidiges Schwert, dessen Rücken eine Säge bildet. An Bord des Blenheim werden 60 überzählige Marinesoldaten mit einem Officier eingeschifft. (Folgende Notiz über die Militärverfassung China's dürfte im jetzigen Augenblick nicht ohne Interesse seyn. Die Oberleitung des Heers hat der Kaiser, unter dem Kriegsmandarinen stehen. Der Mandarin, der in des Kaisers Namen den Oberbefehl führt, hat eine Leibwache von 5000 Mann zu seiner Verfügung. Die Reiter haben den doppelten Sold der Fußgänger, die Pferde erhalten sie vom Kaiser. Die Disciplinarstrafe bei den chinesischen Soldaten sind Stockschläge, bei den tartarischen – wie bei den englischen – Peitschenhiebe. In den wichtigen Plätzen liegen Garnisonen, und außerdem in jeder Provinz 15 bis 20,000 Mann. Die Seemacht China's ist noch auf dem Standpunkte, wie vor 200 Jahren. Einige wenige englische Kriegsschiffe könnten die ganze chinesische Marine zerstören. Die chinesischen Soldaten sind gut disciplinirt, aber verweichlicht. Die Armee soll gegenwärtig etwa eine Million Fußgänger und 800,000 Reiter zählen (?), unter welcher Zahl indeß die Tartaren mitbegriffen sind.)

Professor Wheatstone's elektro-magnetischer Telegraph war seit den letzten beiden Monaten, bei allen Eisenbahnfahrten auf der Bahn zwischen Drayton, Hanwell und Paddington (in einer Entfernung von 20 englischen Meilen) beständig in Thätigkeit; die Great-Western-Eisenbahncompagnie hatte zu Gunsten des Unternehmens eine Geldunterstützung bewilligt. Sobald die ganze Eisenbahnlinie vollendet ist, wird sich die Telegraphenlinie von Paddington (bei London) bis nach Bristol erstrecken, und die Nachrichten können dann von der einen nach der andern Stadt in ungefähr 20 Minuten befördert werden. Die Dräthe befinden sich in eisernen Röhren, nicht in Holz, wie es früher geschah; da mehrere Dräthe vorhanden sind, so können verschiedene Anstalten und Behörden ihre eigenen haben, wenn sie einen verhältnißmäßigen Beitrag zahlen. Es ist jetzt kein Zweifel mehr, daß die Sache gelingen wird.

Frankreich.

Prinz Joinville ist am 27 Jan. Abends in Paris eingetroffen.

Der Moniteur widerspricht der Angabe, daß der Präfect von Arriège, von der Regierung berufen, in Paris angekommen sey. Der Präfect sey nicht nach Paris berufen und habe Foix nicht verlassen.

*Am 29 Jan. fand Versammlung der Deputirten in den Bureaux statt. Hr. Guizot kam früher als gewöhnlich in den Conferenzsaal und empfing die Glückwünsche zu seiner angeblichen Ernennung für die englische Botschaft. Es heißt, er werde unverzüglich abreisen. Die Commission für den Rentenconversionsentwurf hat nach langen von dem Finanzminister gegebenen Erläuterungen mit 7 gegen 2 Stimmen sich für die Zeitgemäßheit ausgesprochen. Die Commission für Algerien hat einen Gegner der Colonisirung Algiers, Hrn. v. Tracy, zum Präsidenten, Hrn. Ducos zum Secretär ernannt.

(Commerce.) Diesen Abend (29) ist nur von dem Entlassungsgesuche des Ministeriums die Rede. Das ostensible Motiv des Mißklangs zwischen dem Ministerium und der Krone wäre die Weigerung der Abberufung des Hrn. v. Sebastiani und der Einberufung der Beurlaubten (semestriers). Da das Cabinet diese zwei Punkte nicht habe durchsetzen können, so habe es seine Entlassung eingereicht. Auf diese Nachricht hätten sich die verfügbaren Ehrgeizigen gerührt; die HH. v. Molé, Guizot und Thiers hätten erklärt, daß jeder von ihnen ein neues Ministerium anzubieten bereit sey. Die Wagschale hätte für Hrn. Thiers geneigt geschienen, der den Marschall Soult behalten und ihn überreden wolle, das Kriegsministerium anzunehmen. Ein Mitglied des austretenden Ministeriums, von diesem Umstande benachrichtigt, hätte aber bei dem Marschall angefragt, ob er erlaubt habe, daß man über ihn verfüge, und der Marschall habe darauf erklärt, daß er sich nicht von seinen Collegen trennen wolle. Gleichwohl scheint es, daß in der Zwischenzeit die angebotenen Entlassungen auf die gegebene Versicherung, daß der Marschall zu dem projectirten Ministerium gehören würde, angenommen worden seyen. Diesen Abend sollen die Sachen auf diesem Punkte stehen.

Der Constitutionnel meldet im Wesen dasselbe, nur sagt er, es heiße, die angebotenen Entlassungen seyen nicht angenommen worden, General Sebastiani werde aber in London ersetzt und alle Beurlaubten einberufen werden.

(Courrier français.) Die Ernennung des Hrn. Guizot zur Botschaft von London ist unterzeichnet; das Ministerium mußte der englischen Regierung die Anzeige davon machen. Hr. Guizot wird nicht sogleich auf seinen Posten abgehen, und Hr. v. Sebastiani noch der Vermählungsfeier der Königin Victoria beiwohnen. Sollte aber auch Hr. Guizot heute noch Paris verlassen, so würde er doch zu spät kommen, um die englische Regierung abzuhalten, eine große Thorheit zu begehen. Der Londoner Courier meldet, daß England entschieden die Vorschläge des Hrn. v. Brunnow annehme, daß der Tractat abgeschlossen sey, und nur noch die gebräuchlichen Ratificationen fehlten. Lord Palmerston scheint vorher noch die Tories zu Rath gezogen zu haben, die ihm ihren Beistand versprochen haben sollen. Diese Politik hat übrigens im Conseil der Königin nur vier Gegner gefunden, nämlich Lord Holland, Lord Lansdowne, den Kanzler der Schatzkammer, Hrn. Baring und Lord Carnarvon. *)*) Sonach wäre die Allianz der Whigs und der Tories geschlossen, wenigstens in Bezug auf die auswärtige Frage. Wir hoffen, daß der Patriotismus der englischen Liberalen erwachen werde. In jedem Fall fordern wir die englische Regierung auf, selbst den Pascha von Aegypten zu exequiren; sie wird aber diese Aufgabe den Russen überlassen müssen, und wenn russische Uniformen in Kleinasien mit Bewilligung des Whigministeriums erschienen seyn werden, so wollen wir die Wirkung sehen, welche diese Nachricht auf das englische Volk hervorbringen wird.

Der Temps endlich sagt, um den Widerspruch zwischen den Journalen voll zu machen: „Wir glauben nicht nur, daß die Unterhandlungen zwischen England und Rußland weniger vorgerückt sind, als die englischen Journale behaupten, sondern haben auch, nachdem wir einen uns heute zugekommenen Brief aus London gelesen, die Ueberzeugung, daß Hr. v. Brunnow vor drei Tagen noch nicht einmal die officielle Zustimmung des Cabinets von St. Petersburg zu den Grundlagen jener Unterhandlungen erhalten hatte; dieselben waren daher auch im englischen Cabinet noch nicht zur Berathung gekommen. Man schreibt uns sogar, Lord Palmerston zaudere jetzt selbst, die Vergleichsbedingungen zu beantragen, welche er nicht Rußland allein, sondern allen fünf Mächten vorzulegen

*) Lord Carnarvon ist nicht Mitglied des Cabinets, noch bekleidet er sonst eine Stelle bei der Regierung. Vermuthlich ist es eine Verwechslung mit Clarendon.
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[0266/0002] ohne die Kanonen auszuladen. Die zur Einschiffung an Bord der Blonde beorderte Artillerieabtheilung nimmt Congreve'sche Raketen, Bomben und andere Wurfgeschosse mit. Die Bewaffnung dieser Artilleristen ist neu, und wird von der United Service Gazette als sehr praktisch belobt. Statt Muskete und Bajonnet dient ihnen ein ganz leichter Carabiner und ein kurzes, gerades, vorn zweischneidiges Schwert, dessen Rücken eine Säge bildet. An Bord des Blenheim werden 60 überzählige Marinesoldaten mit einem Officier eingeschifft. (Folgende Notiz über die Militärverfassung China's dürfte im jetzigen Augenblick nicht ohne Interesse seyn. Die Oberleitung des Heers hat der Kaiser, unter dem Kriegsmandarinen stehen. Der Mandarin, der in des Kaisers Namen den Oberbefehl führt, hat eine Leibwache von 5000 Mann zu seiner Verfügung. Die Reiter haben den doppelten Sold der Fußgänger, die Pferde erhalten sie vom Kaiser. Die Disciplinarstrafe bei den chinesischen Soldaten sind Stockschläge, bei den tartarischen – wie bei den englischen – Peitschenhiebe. In den wichtigen Plätzen liegen Garnisonen, und außerdem in jeder Provinz 15 bis 20,000 Mann. Die Seemacht China's ist noch auf dem Standpunkte, wie vor 200 Jahren. Einige wenige englische Kriegsschiffe könnten die ganze chinesische Marine zerstören. Die chinesischen Soldaten sind gut disciplinirt, aber verweichlicht. Die Armee soll gegenwärtig etwa eine Million Fußgänger und 800,000 Reiter zählen (?), unter welcher Zahl indeß die Tartaren mitbegriffen sind.) Professor Wheatstone's elektro-magnetischer Telegraph war seit den letzten beiden Monaten, bei allen Eisenbahnfahrten auf der Bahn zwischen Drayton, Hanwell und Paddington (in einer Entfernung von 20 englischen Meilen) beständig in Thätigkeit; die Great-Western-Eisenbahncompagnie hatte zu Gunsten des Unternehmens eine Geldunterstützung bewilligt. Sobald die ganze Eisenbahnlinie vollendet ist, wird sich die Telegraphenlinie von Paddington (bei London) bis nach Bristol erstrecken, und die Nachrichten können dann von der einen nach der andern Stadt in ungefähr 20 Minuten befördert werden. Die Dräthe befinden sich in eisernen Röhren, nicht in Holz, wie es früher geschah; da mehrere Dräthe vorhanden sind, so können verschiedene Anstalten und Behörden ihre eigenen haben, wenn sie einen verhältnißmäßigen Beitrag zahlen. Es ist jetzt kein Zweifel mehr, daß die Sache gelingen wird. Frankreich. _ Paris, 29 Jan. Prinz Joinville ist am 27 Jan. Abends in Paris eingetroffen. Der Moniteur widerspricht der Angabe, daß der Präfect von Arriège, von der Regierung berufen, in Paris angekommen sey. Der Präfect sey nicht nach Paris berufen und habe Foix nicht verlassen. *Am 29 Jan. fand Versammlung der Deputirten in den Bureaux statt. Hr. Guizot kam früher als gewöhnlich in den Conferenzsaal und empfing die Glückwünsche zu seiner angeblichen Ernennung für die englische Botschaft. Es heißt, er werde unverzüglich abreisen. Die Commission für den Rentenconversionsentwurf hat nach langen von dem Finanzminister gegebenen Erläuterungen mit 7 gegen 2 Stimmen sich für die Zeitgemäßheit ausgesprochen. Die Commission für Algerien hat einen Gegner der Colonisirung Algiers, Hrn. v. Tracy, zum Präsidenten, Hrn. Ducos zum Secretär ernannt. (Commerce.) Diesen Abend (29) ist nur von dem Entlassungsgesuche des Ministeriums die Rede. Das ostensible Motiv des Mißklangs zwischen dem Ministerium und der Krone wäre die Weigerung der Abberufung des Hrn. v. Sebastiani und der Einberufung der Beurlaubten (semestriers). Da das Cabinet diese zwei Punkte nicht habe durchsetzen können, so habe es seine Entlassung eingereicht. Auf diese Nachricht hätten sich die verfügbaren Ehrgeizigen gerührt; die HH. v. Molé, Guizot und Thiers hätten erklärt, daß jeder von ihnen ein neues Ministerium anzubieten bereit sey. Die Wagschale hätte für Hrn. Thiers geneigt geschienen, der den Marschall Soult behalten und ihn überreden wolle, das Kriegsministerium anzunehmen. Ein Mitglied des austretenden Ministeriums, von diesem Umstande benachrichtigt, hätte aber bei dem Marschall angefragt, ob er erlaubt habe, daß man über ihn verfüge, und der Marschall habe darauf erklärt, daß er sich nicht von seinen Collegen trennen wolle. Gleichwohl scheint es, daß in der Zwischenzeit die angebotenen Entlassungen auf die gegebene Versicherung, daß der Marschall zu dem projectirten Ministerium gehören würde, angenommen worden seyen. Diesen Abend sollen die Sachen auf diesem Punkte stehen. Der Constitutionnel meldet im Wesen dasselbe, nur sagt er, es heiße, die angebotenen Entlassungen seyen nicht angenommen worden, General Sebastiani werde aber in London ersetzt und alle Beurlaubten einberufen werden. (Courrier français.) Die Ernennung des Hrn. Guizot zur Botschaft von London ist unterzeichnet; das Ministerium mußte der englischen Regierung die Anzeige davon machen. Hr. Guizot wird nicht sogleich auf seinen Posten abgehen, und Hr. v. Sebastiani noch der Vermählungsfeier der Königin Victoria beiwohnen. Sollte aber auch Hr. Guizot heute noch Paris verlassen, so würde er doch zu spät kommen, um die englische Regierung abzuhalten, eine große Thorheit zu begehen. Der Londoner Courier meldet, daß England entschieden die Vorschläge des Hrn. v. Brunnow annehme, daß der Tractat abgeschlossen sey, und nur noch die gebräuchlichen Ratificationen fehlten. Lord Palmerston scheint vorher noch die Tories zu Rath gezogen zu haben, die ihm ihren Beistand versprochen haben sollen. Diese Politik hat übrigens im Conseil der Königin nur vier Gegner gefunden, nämlich Lord Holland, Lord Lansdowne, den Kanzler der Schatzkammer, Hrn. Baring und Lord Carnarvon. *) *) Sonach wäre die Allianz der Whigs und der Tories geschlossen, wenigstens in Bezug auf die auswärtige Frage. Wir hoffen, daß der Patriotismus der englischen Liberalen erwachen werde. In jedem Fall fordern wir die englische Regierung auf, selbst den Pascha von Aegypten zu exequiren; sie wird aber diese Aufgabe den Russen überlassen müssen, und wenn russische Uniformen in Kleinasien mit Bewilligung des Whigministeriums erschienen seyn werden, so wollen wir die Wirkung sehen, welche diese Nachricht auf das englische Volk hervorbringen wird. Der Temps endlich sagt, um den Widerspruch zwischen den Journalen voll zu machen: „Wir glauben nicht nur, daß die Unterhandlungen zwischen England und Rußland weniger vorgerückt sind, als die englischen Journale behaupten, sondern haben auch, nachdem wir einen uns heute zugekommenen Brief aus London gelesen, die Ueberzeugung, daß Hr. v. Brunnow vor drei Tagen noch nicht einmal die officielle Zustimmung des Cabinets von St. Petersburg zu den Grundlagen jener Unterhandlungen erhalten hatte; dieselben waren daher auch im englischen Cabinet noch nicht zur Berathung gekommen. Man schreibt uns sogar, Lord Palmerston zaudere jetzt selbst, die Vergleichsbedingungen zu beantragen, welche er nicht Rußland allein, sondern allen fünf Mächten vorzulegen *) Lord Carnarvon ist nicht Mitglied des Cabinets, noch bekleidet er sonst eine Stelle bei der Regierung. Vermuthlich ist es eine Verwechslung mit Clarendon.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840, S. 0266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_034_18400203/2>, abgerufen am 28.03.2024.