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Allgemeine Zeitung. Nr. 25. Augsburg, 25. Januar 1840.

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Hauses, druckte auch die Verhandlungen über obigen Fall. Stockdale hängt ihm darüber einen Libellproceß bei der Queensbench an, und gewinnt ihn. Die Queensbench hat damit ausgesprochen, das Haus der Gemeinen dürfe seine Verhandlungen zwar drucken lassen, aber eben nur zu Nutz und Frommen der 658 Mitglieder des Hauses, nicht für das Publicum. Das ist rein absurd." Zugleich nannte O'Connell, mit dem Beifügen, daß man ihn schwerlich der Schmeichelei gegen das sehr ehrenwerthe Mitglied für Tamworth zeihen werde, Peels Rede zu Gunsten des ministeriellen Vorschlags die beste, die in dieser Sache gehalten worden. (Lauter Beifallsruf der Opposition.) Sir R. Inglis faßte den Ausdruck "Client" auf, und entgegnete, eine solche Bemerkung zieme sich schlecht für das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied für Dublin, das die Frauen von England verleumdet habe. (Bekanntlich eine mehrere Jahre alte torystische Beschuldigung gegen O'Connell.) Hr. O'Connell nannte das eine "Unwahrheit." (Ruf: "Zur Ordnung! Sprecher!") Der Sprecher legte sich ins Mittel, und nach mehreren beiderseitigen Trümpfen - Inglis meinte unter Anderm, das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied scheine den Inhalt der von Stockdale gedruckten Erotika besser zu kennen, als er - wurden die beleidigenden Ausdrücke von den zwei Herren in ziemlich sophistisch geschraubten Ehrenerklärungen zurückgenommen. Lord J. Russell trug darauf an, Stockdale der Ehrenbeleidigung (high contempt) des Parlaments für schuldig zu erklären; Hr. Law, selbst Beisitzer der Queensbench, setzte das Amendement entgegen, daß derselbe sofort freizusprechen und zu entlassen sey. Die ministerielle Motion ging mit 239 gegen 105 Stimmen durch, und Stockdale ward ins Gefängniß abgeführt. - Das Haus versammelte sich auch am 18 (Sonnabend), um die übrigen Betheiligten zu vernehmen. Lord J. Russell kündigte seine Absicht an, am 22 Jan. einen Antrag wegen der Apanage des künftigen Gemahls der Königin zu stellen.

Der Globe sagt, es werde der Königin einigermaßen ein unangenehmes Gefühl seyn, nächstens ihren Ehebund durch denselben Erzbischof von Canterbury einsegnen lassen zu müssen, welcher eben erst den Geistlichen Dr. Molesworth auf eine der einträglichsten Pfründen, die er zu vergeben gehabt, befördert und ihn so gleichsam dafür belohnt habe, daß er dem mehrerwähnten Tory-Diner in Canterbury beigewohnt, wo Hr. Bradshaw und andere Ultras dieser Partei die beleidigenden Reden gegen Ihre Maj. gehalten. So handle der Primas der englischen Kirche, während der Oberbefehlshaber der brittischen Heere, auch ein Tory, doch so viel Schicklichkeitsgefühl gehabt habe, Officieren, die einer ähnlichen Scene beigewohnt, einen Verweis zu ertheilen.

Am 16 Abends wurden, nach einer ziemlich summarischen Erledigung der kleineren Fälle, die Specialassisen in Monmouth geschlossen. Eine Anzahl der Mindergravirten ist zu dreimonatlichem bis einjährigem Gefängniß verurtheilt.

Frankreich.

(Moniteur.) Heute (19) zwischen ein und zwei Uhr haben sich einige wenig zahlreiche Gruppen auf dem Börsenplatz gezeigt. Es befand sich aber nicht ein einziger Nationalgardist in Uniform darunter. Eine Manifestation nach Art der am letzten Sonntag fand nicht statt.

Der Pairshof endigte am 18 Jan. das Verhör der Angeklagten und der Zeugen für die zweite Kategorie des Processes vom 12 Mai. Die Sitzung bot eben so wenig Interesse dar, wie die frühere. Die Angeklagten, die noch verhört wurden, waren Druy, der bei dem Aufstande verwundet ward, Herbulet, bei dem man Munition vorgefunden hatte, Valliere, der beschuldigt ist, auf den Obristen Pellion geschossen zu haben, Buisson und Bouvrand, der nicht nur geschossen, sondern auch dem Zeugen Duchatellier einen Dolchstich gegeben zu haben beschuldigt ist. In der Sitzung am 20 nahm der Generalprocurator, Hr. Franck-Carre, das Wort.

Ein Journal sagt, die Taufe des Grafen von Paris werde bestimmt zu Anfang des Frühlings stattfinden. Man versichert, daß der Pathe und die Pathin der König und die verwittwete Großherzogin von Mecklenburg seyn werden.

(Journal des Debats.) Die englische Thronrede zeichnet sich durch eine große Zurückhaltung in Bezug auf auswärtige Angelegenheiten aus... Der auf die Angelegenheiten China's bezügliche Paragraph scheint nicht anzukündigen, daß bis jetzt ein definitiver Entschluß darüber gefaßt sey. In Bezug auf die innere Lage konnte die Rede nicht verbergen, daß großes Elend in mehrern Fabrikbezirken herrsche. Die Chartistischen Insurrectionen erwecken offenbare Besorgnisse. Die Königin rechnet auf die Kraft der alten englischen Constitution; wir gesellen uns aufrichtig diesen Hoffnungen bei. Keine Empfindlichkeit, so gerecht sie auch seyn möge, wird uns die Wünsche desavouiren lassen, die wir noch immer dafür hegen, daß England siegreich aus einer Prüfung hervorgehen möge, welche die allgemeine Ordnung interessirt. Wir wollen nicht affectiven, als übergehen wir mit Stillschweigen die Auslassung des Namens Frankreich, welche die englische Regierung machen zu müssen geglaubt hat. Wir könnten diese übermäßige Zurückhaltung bedauern, wenn in Ermangelung anderer Versicherungen die Geographie und die Geschichte nicht da wären, um uns zu sagen, daß wenn etwas in Europa gegen Frankreich geschehen, doch nichts ohne Frankreich darin vorgehen kann."

Hr. v. Genoude ist von seiner Reise nach Rom wieder zurückgekehrt und in Marseille ans Land gestiegen.

Das auf heute Mittag gewissermaßen angekündigte Schauspiel einer politischen Versammlung auf dem Börsenplatz, ein Schauspiel, bei dem die Wahlreform den Vorwand abgeben, und die Polizei, untermischt mit falschen und ächten Nationalgardisten, die Hauptrolle spielen sollte, hat nicht stattgehabt. Wir wünschen der Nationalgarde von ganzem Herzen Glück zu der Vorsicht. Um den Börsenplatz, und hier und da in dünnen Gruppen auf demselben, hat sich eine Anzahl Figuren versammelt, für die ich vergeblich ein passendes Bezeichnungswort in der civilisirten Sprache suche; die Franzosen nennen solche Fratzen visages patibulaires, zu deutsch Galgengesichter; der Ausdruck ist energisch und wahr. Ich habe in meinem Leben nichts Zurückstoßenderes gesehen; ich möchte die Schultern dieser Unglücklichen nicht entblößen, aus Furcht, unter zehn wenigstens neun mit dem Brandmal T. P. zu finden. Waren das freiwillige Zuschauer bei dem versprochenen Spectakel, waren es freiwillige oder erbetene Schauspieler? Wie dem auch seyn möge, wehe dem Werke, dem sie dienen! - In der Geschichte unsrer innern Tagespolitik mache ich Sie auf die Stellung eines Organs in der Presse aufmerksam, das von jeher als verhängnißvoller Stundenzeiger der französischen Ministerien betrachtet worden ist: des Journal des Debats. Seine Haltung ist entschieden feindlich gegen das Ministerium und voll bitterer Ironie gegen die Personen dieses Ministeriums. Es müssen für diese Feindseligkeit bedeutende Gründe vorliegen, da Saint-Marc-Girardin, einer der einflußreichsten Mitarbeiter der Debats, nichts verhindern kann, daß das Ministerium seines Freundes und Beschützers, Villemain, angegriffen werde. Aber die Debats sind nicht allein von dem Ministerium


Hauses, druckte auch die Verhandlungen über obigen Fall. Stockdale hängt ihm darüber einen Libellproceß bei der Queensbench an, und gewinnt ihn. Die Queensbench hat damit ausgesprochen, das Haus der Gemeinen dürfe seine Verhandlungen zwar drucken lassen, aber eben nur zu Nutz und Frommen der 658 Mitglieder des Hauses, nicht für das Publicum. Das ist rein absurd.“ Zugleich nannte O'Connell, mit dem Beifügen, daß man ihn schwerlich der Schmeichelei gegen das sehr ehrenwerthe Mitglied für Tamworth zeihen werde, Peels Rede zu Gunsten des ministeriellen Vorschlags die beste, die in dieser Sache gehalten worden. (Lauter Beifallsruf der Opposition.) Sir R. Inglis faßte den Ausdruck „Client“ auf, und entgegnete, eine solche Bemerkung zieme sich schlecht für das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied für Dublin, das die Frauen von England verleumdet habe. (Bekanntlich eine mehrere Jahre alte torystische Beschuldigung gegen O'Connell.) Hr. O'Connell nannte das eine „Unwahrheit.“ (Ruf: „Zur Ordnung! Sprecher!“) Der Sprecher legte sich ins Mittel, und nach mehreren beiderseitigen Trümpfen – Inglis meinte unter Anderm, das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied scheine den Inhalt der von Stockdale gedruckten Erotika besser zu kennen, als er – wurden die beleidigenden Ausdrücke von den zwei Herren in ziemlich sophistisch geschraubten Ehrenerklärungen zurückgenommen. Lord J. Russell trug darauf an, Stockdale der Ehrenbeleidigung (high contempt) des Parlaments für schuldig zu erklären; Hr. Law, selbst Beisitzer der Queensbench, setzte das Amendement entgegen, daß derselbe sofort freizusprechen und zu entlassen sey. Die ministerielle Motion ging mit 239 gegen 105 Stimmen durch, und Stockdale ward ins Gefängniß abgeführt. – Das Haus versammelte sich auch am 18 (Sonnabend), um die übrigen Betheiligten zu vernehmen. Lord J. Russell kündigte seine Absicht an, am 22 Jan. einen Antrag wegen der Apanage des künftigen Gemahls der Königin zu stellen.

Der Globe sagt, es werde der Königin einigermaßen ein unangenehmes Gefühl seyn, nächstens ihren Ehebund durch denselben Erzbischof von Canterbury einsegnen lassen zu müssen, welcher eben erst den Geistlichen Dr. Molesworth auf eine der einträglichsten Pfründen, die er zu vergeben gehabt, befördert und ihn so gleichsam dafür belohnt habe, daß er dem mehrerwähnten Tory-Diner in Canterbury beigewohnt, wo Hr. Bradshaw und andere Ultras dieser Partei die beleidigenden Reden gegen Ihre Maj. gehalten. So handle der Primas der englischen Kirche, während der Oberbefehlshaber der brittischen Heere, auch ein Tory, doch so viel Schicklichkeitsgefühl gehabt habe, Officieren, die einer ähnlichen Scene beigewohnt, einen Verweis zu ertheilen.

Am 16 Abends wurden, nach einer ziemlich summarischen Erledigung der kleineren Fälle, die Specialassisen in Monmouth geschlossen. Eine Anzahl der Mindergravirten ist zu dreimonatlichem bis einjährigem Gefängniß verurtheilt.

Frankreich.

(Moniteur.) Heute (19) zwischen ein und zwei Uhr haben sich einige wenig zahlreiche Gruppen auf dem Börsenplatz gezeigt. Es befand sich aber nicht ein einziger Nationalgardist in Uniform darunter. Eine Manifestation nach Art der am letzten Sonntag fand nicht statt.

Der Pairshof endigte am 18 Jan. das Verhör der Angeklagten und der Zeugen für die zweite Kategorie des Processes vom 12 Mai. Die Sitzung bot eben so wenig Interesse dar, wie die frühere. Die Angeklagten, die noch verhört wurden, waren Druy, der bei dem Aufstande verwundet ward, Herbulet, bei dem man Munition vorgefunden hatte, Vallière, der beschuldigt ist, auf den Obristen Pellion geschossen zu haben, Buisson und Bouvrand, der nicht nur geschossen, sondern auch dem Zeugen Duchatellier einen Dolchstich gegeben zu haben beschuldigt ist. In der Sitzung am 20 nahm der Generalprocurator, Hr. Franck-Carré, das Wort.

Ein Journal sagt, die Taufe des Grafen von Paris werde bestimmt zu Anfang des Frühlings stattfinden. Man versichert, daß der Pathe und die Pathin der König und die verwittwete Großherzogin von Mecklenburg seyn werden.

(Journal des Débats.) Die englische Thronrede zeichnet sich durch eine große Zurückhaltung in Bezug auf auswärtige Angelegenheiten aus... Der auf die Angelegenheiten China's bezügliche Paragraph scheint nicht anzukündigen, daß bis jetzt ein definitiver Entschluß darüber gefaßt sey. In Bezug auf die innere Lage konnte die Rede nicht verbergen, daß großes Elend in mehrern Fabrikbezirken herrsche. Die Chartistischen Insurrectionen erwecken offenbare Besorgnisse. Die Königin rechnet auf die Kraft der alten englischen Constitution; wir gesellen uns aufrichtig diesen Hoffnungen bei. Keine Empfindlichkeit, so gerecht sie auch seyn möge, wird uns die Wünsche desavouiren lassen, die wir noch immer dafür hegen, daß England siegreich aus einer Prüfung hervorgehen möge, welche die allgemeine Ordnung interessirt. Wir wollen nicht affectiven, als übergehen wir mit Stillschweigen die Auslassung des Namens Frankreich, welche die englische Regierung machen zu müssen geglaubt hat. Wir könnten diese übermäßige Zurückhaltung bedauern, wenn in Ermangelung anderer Versicherungen die Geographie und die Geschichte nicht da wären, um uns zu sagen, daß wenn etwas in Europa gegen Frankreich geschehen, doch nichts ohne Frankreich darin vorgehen kann.“

Hr. v. Genoude ist von seiner Reise nach Rom wieder zurückgekehrt und in Marseille ans Land gestiegen.

Das auf heute Mittag gewissermaßen angekündigte Schauspiel einer politischen Versammlung auf dem Börsenplatz, ein Schauspiel, bei dem die Wahlreform den Vorwand abgeben, und die Polizei, untermischt mit falschen und ächten Nationalgardisten, die Hauptrolle spielen sollte, hat nicht stattgehabt. Wir wünschen der Nationalgarde von ganzem Herzen Glück zu der Vorsicht. Um den Börsenplatz, und hier und da in dünnen Gruppen auf demselben, hat sich eine Anzahl Figuren versammelt, für die ich vergeblich ein passendes Bezeichnungswort in der civilisirten Sprache suche; die Franzosen nennen solche Fratzen visages patibulaires, zu deutsch Galgengesichter; der Ausdruck ist energisch und wahr. Ich habe in meinem Leben nichts Zurückstoßenderes gesehen; ich möchte die Schultern dieser Unglücklichen nicht entblößen, aus Furcht, unter zehn wenigstens neun mit dem Brandmal T. P. zu finden. Waren das freiwillige Zuschauer bei dem versprochenen Spectakel, waren es freiwillige oder erbetene Schauspieler? Wie dem auch seyn möge, wehe dem Werke, dem sie dienen! – In der Geschichte unsrer innern Tagespolitik mache ich Sie auf die Stellung eines Organs in der Presse aufmerksam, das von jeher als verhängnißvoller Stundenzeiger der französischen Ministerien betrachtet worden ist: des Journal des Débats. Seine Haltung ist entschieden feindlich gegen das Ministerium und voll bitterer Ironie gegen die Personen dieses Ministeriums. Es müssen für diese Feindseligkeit bedeutende Gründe vorliegen, da Saint-Marc-Girardin, einer der einflußreichsten Mitarbeiter der Débats, nichts verhindern kann, daß das Ministerium seines Freundes und Beschützers, Villemain, angegriffen werde. Aber die Débats sind nicht allein von dem Ministerium

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[0194/0002] Hauses, druckte auch die Verhandlungen über obigen Fall. Stockdale hängt ihm darüber einen Libellproceß bei der Queensbench an, und gewinnt ihn. Die Queensbench hat damit ausgesprochen, das Haus der Gemeinen dürfe seine Verhandlungen zwar drucken lassen, aber eben nur zu Nutz und Frommen der 658 Mitglieder des Hauses, nicht für das Publicum. Das ist rein absurd.“ Zugleich nannte O'Connell, mit dem Beifügen, daß man ihn schwerlich der Schmeichelei gegen das sehr ehrenwerthe Mitglied für Tamworth zeihen werde, Peels Rede zu Gunsten des ministeriellen Vorschlags die beste, die in dieser Sache gehalten worden. (Lauter Beifallsruf der Opposition.) Sir R. Inglis faßte den Ausdruck „Client“ auf, und entgegnete, eine solche Bemerkung zieme sich schlecht für das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied für Dublin, das die Frauen von England verleumdet habe. (Bekanntlich eine mehrere Jahre alte torystische Beschuldigung gegen O'Connell.) Hr. O'Connell nannte das eine „Unwahrheit.“ (Ruf: „Zur Ordnung! Sprecher!“) Der Sprecher legte sich ins Mittel, und nach mehreren beiderseitigen Trümpfen – Inglis meinte unter Anderm, das ehrenwerthe und gelehrte Mitglied scheine den Inhalt der von Stockdale gedruckten Erotika besser zu kennen, als er – wurden die beleidigenden Ausdrücke von den zwei Herren in ziemlich sophistisch geschraubten Ehrenerklärungen zurückgenommen. Lord J. Russell trug darauf an, Stockdale der Ehrenbeleidigung (high contempt) des Parlaments für schuldig zu erklären; Hr. Law, selbst Beisitzer der Queensbench, setzte das Amendement entgegen, daß derselbe sofort freizusprechen und zu entlassen sey. Die ministerielle Motion ging mit 239 gegen 105 Stimmen durch, und Stockdale ward ins Gefängniß abgeführt. – Das Haus versammelte sich auch am 18 (Sonnabend), um die übrigen Betheiligten zu vernehmen. Lord J. Russell kündigte seine Absicht an, am 22 Jan. einen Antrag wegen der Apanage des künftigen Gemahls der Königin zu stellen. Der Globe sagt, es werde der Königin einigermaßen ein unangenehmes Gefühl seyn, nächstens ihren Ehebund durch denselben Erzbischof von Canterbury einsegnen lassen zu müssen, welcher eben erst den Geistlichen Dr. Molesworth auf eine der einträglichsten Pfründen, die er zu vergeben gehabt, befördert und ihn so gleichsam dafür belohnt habe, daß er dem mehrerwähnten Tory-Diner in Canterbury beigewohnt, wo Hr. Bradshaw und andere Ultras dieser Partei die beleidigenden Reden gegen Ihre Maj. gehalten. So handle der Primas der englischen Kirche, während der Oberbefehlshaber der brittischen Heere, auch ein Tory, doch so viel Schicklichkeitsgefühl gehabt habe, Officieren, die einer ähnlichen Scene beigewohnt, einen Verweis zu ertheilen. Am 16 Abends wurden, nach einer ziemlich summarischen Erledigung der kleineren Fälle, die Specialassisen in Monmouth geschlossen. Eine Anzahl der Mindergravirten ist zu dreimonatlichem bis einjährigem Gefängniß verurtheilt. Frankreich. Paris, 20 Jan. (Moniteur.) Heute (19) zwischen ein und zwei Uhr haben sich einige wenig zahlreiche Gruppen auf dem Börsenplatz gezeigt. Es befand sich aber nicht ein einziger Nationalgardist in Uniform darunter. Eine Manifestation nach Art der am letzten Sonntag fand nicht statt. Der Pairshof endigte am 18 Jan. das Verhör der Angeklagten und der Zeugen für die zweite Kategorie des Processes vom 12 Mai. Die Sitzung bot eben so wenig Interesse dar, wie die frühere. Die Angeklagten, die noch verhört wurden, waren Druy, der bei dem Aufstande verwundet ward, Herbulet, bei dem man Munition vorgefunden hatte, Vallière, der beschuldigt ist, auf den Obristen Pellion geschossen zu haben, Buisson und Bouvrand, der nicht nur geschossen, sondern auch dem Zeugen Duchatellier einen Dolchstich gegeben zu haben beschuldigt ist. In der Sitzung am 20 nahm der Generalprocurator, Hr. Franck-Carré, das Wort. Ein Journal sagt, die Taufe des Grafen von Paris werde bestimmt zu Anfang des Frühlings stattfinden. Man versichert, daß der Pathe und die Pathin der König und die verwittwete Großherzogin von Mecklenburg seyn werden. (Journal des Débats.) Die englische Thronrede zeichnet sich durch eine große Zurückhaltung in Bezug auf auswärtige Angelegenheiten aus... Der auf die Angelegenheiten China's bezügliche Paragraph scheint nicht anzukündigen, daß bis jetzt ein definitiver Entschluß darüber gefaßt sey. In Bezug auf die innere Lage konnte die Rede nicht verbergen, daß großes Elend in mehrern Fabrikbezirken herrsche. Die Chartistischen Insurrectionen erwecken offenbare Besorgnisse. Die Königin rechnet auf die Kraft der alten englischen Constitution; wir gesellen uns aufrichtig diesen Hoffnungen bei. Keine Empfindlichkeit, so gerecht sie auch seyn möge, wird uns die Wünsche desavouiren lassen, die wir noch immer dafür hegen, daß England siegreich aus einer Prüfung hervorgehen möge, welche die allgemeine Ordnung interessirt. Wir wollen nicht affectiven, als übergehen wir mit Stillschweigen die Auslassung des Namens Frankreich, welche die englische Regierung machen zu müssen geglaubt hat. Wir könnten diese übermäßige Zurückhaltung bedauern, wenn in Ermangelung anderer Versicherungen die Geographie und die Geschichte nicht da wären, um uns zu sagen, daß wenn etwas in Europa gegen Frankreich geschehen, doch nichts ohne Frankreich darin vorgehen kann.“ Hr. v. Genoude ist von seiner Reise nach Rom wieder zurückgekehrt und in Marseille ans Land gestiegen. = Paris, 19 Jan. 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Wie dem auch seyn möge, wehe dem Werke, dem sie dienen! – In der Geschichte unsrer innern Tagespolitik mache ich Sie auf die Stellung eines Organs in der Presse aufmerksam, das von jeher als verhängnißvoller Stundenzeiger der französischen Ministerien betrachtet worden ist: des Journal des Débats. Seine Haltung ist entschieden feindlich gegen das Ministerium und voll bitterer Ironie gegen die Personen dieses Ministeriums. Es müssen für diese Feindseligkeit bedeutende Gründe vorliegen, da Saint-Marc-Girardin, einer der einflußreichsten Mitarbeiter der Débats, nichts verhindern kann, daß das Ministerium seines Freundes und Beschützers, Villemain, angegriffen werde. Aber die Débats sind nicht allein von dem Ministerium

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 25. Augsburg, 25. Januar 1840, S. 0194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_025_18400125/2>, abgerufen am 19.04.2024.