Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 7. Augsburg, 7. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

worin beschlossen wurde, daß nach dem Votum der Adresse der Antrag des Hrn. v. Tracy von einem Mitglied erneuert und die der Aufhebung der Sklaverei günstigen Conclusionen des Hrn. v. Tocqueville unterstützt werden sollten.

Das Dampfboot aus Algier war am 29 Dec. noch nicht in Toulon eingetroffen, wurde aber mit großer Begierde erwartet. Die Touloner und Marseiller Blätter bringen Nachträge von Privatcorrespondenzen aus Algier vom 21 Dec. Seit den Gefechten bei Belida scheint es im Westen der Metidscha ruhiger zu seyn und die Hadschuten, dieser gefährlichste Stamm, auf dessen Vernichtung der Marschall Valee gegenwärtig sinnt, sich über die Chiffa zurückgezogen zu haben. Dagegen fielen in den östlichen Theilen unweit Maison carree fortwährend Scharmützel vor. Ein Schreiben im Eclaireur de la Mediterranee schätzt die ganze Angriffsarmee Abd-El-Kaders auf etwa 20,000 Mann, worunter 5000 reguläre Infanteristen und 3000 Cavalleristen. Dasselbe Schreiben bemerkt auch: "Es ist eine bestimmte Thatsache, welche wir, wären wir nicht selbst bei Belida davon Augenzeugen gewesen, nicht glauben würden, daß unter den Arabern sich sehr viele Deserteurs der französischen Armee, worunter Spahis, Chasseurs, Soldaten der Fremdenlegion, befinden. Auf dem Gebirge des Stammes Musaia sah man arabische Bataillone nach unserer Theorie mit merkwürdiger Präcision manöuvriren, während irreguläre Reiter ihre Bewegungen maskirten." Ein Schreiben im Semaphore de Marseille von gleichem Datum erzählt: "Die Gefechte am 14 und 15 bei Belida waren für unsere Truppen ruhmvoll. Wir müssen aber der Wahrheit gemäß gestehen, daß auch der Feind festen Stand hielt. Seine reguläre Infanterie, von ehemaligen Zuaven und andern Deserteurs geführt und commandirt, marschirte colonnenweise, stellte sich in Schlachtordnung auf und erwartete festen Fußes unsere Cavallerie, welche einen Theil dieses Fußvolks niederhieb. Abd-El-Kader hat seine Infanterie auf europäische Weise organisirt, mit Tambours und Feldmusik. Auch ein Corps von Krankenwärtern wurde von ihm gebildet; sie folgen der Armee mit Tragbahren, um die Verwundeten auf dem Schlachtfeld aufzunehmen. Uns ist diese reguläre Organisation der feindlichen Truppen von großem Vortheil, denn sie gewinnen dadurch mehr Selbstvertrauen, und werden leichter dazu vermocht, uns festen Fußes zu erwarten, was uns die Mittel gibt, ihnen größere Verluste als bisher zuzufügen."

Es gehen seit gestern bedenkliche Gerüchte über den Gesundheitszustand des Herzogs von Nemours umher. Derselbe hat, wie Sie wissen, schon der Thronsitzung nicht beiwohnen können. Seine Krankheit soll Halsentzündung seyn. - Man nennt heute den Bischof von Versailles, Hrn. Blanquart Bereuil, als muthmaßlichen Nachfolger des Hrn. v. Quelen. Es ist derselbe, der bekanntlich die Trauung zwischen der Prinzessin Marie und dem Herzog von Würtemberg verrichtete, und seitdem überaus gut bei Hofe steht, mit dem er sich schon seit der Juliusrevolution in sehr freundschaftliches Benehmen gesetzt hat. - Die Adresse der Deputirtenkammer wird sehr unbedeutend werden; dagegen dürfte bei der der Pairs der Einfluß des Hrn. v. Mole sich geltend machen. - Von dem Eintritt des Hrn. Guizot ist noch stets die Rede, und man will in dieser Beziehung bemerkt haben, daß der König gestern in seiner Antwort auf die Beglückwünschungsrede des Siegelbewahrers kein persönlich freundliches Wort für ihn habe fallen lassen. Dessen ungeachtet läßt Hr. Teste die verschiedenen von ihm eingesetzten Commissionen fortarbeiten, namentlich die, welche sich mit einem Gesetzesentwurf über die Garantie der persönlichen Freiheit beschäftigt.

Belgien.

Unsere Repräsentanten, von denen man erwartete, daß sie alle Theile des Budgets vor Ende des Jahres erledigt haben würden, haben sich in der vorgestrigen Sitzung bis zum 14 Jan. vertagt. Wie sehr auch einige Glieder die Nothwendigkeit vorstellten, wenigstens noch mit den Voranschlägen des Ministeriums der öffentlichen Bauten zu Ende zu kommen, so hat doch die Mehrzahl, beim Herannahen des neuen Jahrs, der Sehnsucht nach der lieben Heimath nicht länger widerstehen können, so daß man sich nicht mehr in hinlänglicher Zahl fand, um die Verhandlungen fortsetzen zu dürfen. In der letzten Sitzung wurde noch das Contingent der Armee für 1840 auf 50,000 Mann festgesetzt. Sonst beschäftigte sich die Kammer seit drei Tagen ausschließlich mit Debatten über einen Canal, der in Folge einer Uebereinkunft mit der französischen Regierung einen Theil des französischen Flanderns mit einem Theil des belgischen Flanderns in Verbindung setzen soll, und unter Anderm eine Wasserstraße von Lille in die Schelde, mithin bis nach Antwerpen, eröffnen wird. Gegen dieses Project hatten sich schon längst die Rivalitäten anderer, bereits bestehender oder noch zu bauender Canäle erhoben. Die Opposition behauptet, die belgischen seyen in dieser Angelegenheit den französischen Interessen geopfert worden, und überdieß habe die Regierung ihre Befugnisse überschritten. Beides zu widerlegen hielt der hierin zunächst in Anspruch genommene Minister der öffentlichen Bauten, Hr. Nothomb, einen erschöpfenden Vortrag, wogegen dann mehrere Redner aufgetreten, ohne daß man bis jetzt zu einem Schlusse gekommen. Die Opposition, die in allen ihren bisherigen Angriffen auf das Ministerium den Kürzern gezogen, wird sich auch in dieser Discussion geschlagen zurückziehen müssen; sie wird wieder nur dazu gewirkt haben, ihre eigene Unmacht zu constatiren, wodurch sich natürlich das Ministerium um so mehr befestigt, daher auch bisher, mit Ausnahme geringer Reductionen einiger Posten, alle Ansätze der bereits discutirten Abtheilungen des Budgets der Ausgaben mit größter Stimmenmehrheit bewilligt worden sind. Im Senate hat Hr. v. Stassart, der entlassene Gouverneur der Provinz Brabant, die Fahne der Opposition aufgepflanzt. Es sammeln sich um dieselbe aber nur wenige Glieder, und die Stellung, die das ehrenwerthe Mitglied eingenommen, leidet zu sehr an jener Ungunst, die von einer aus persönlichen Motiven inspirirten Opposition unzertrennlich ist. Auch hier wird das Benehmen der Opposition nur dazu dienen, den überwiegenden Anhang des Ministeriums zu constatiren. Daneben führen die Debatten zu schärferer Bestimmung constitutioneller Grundsätze, die der Regierung zum Vortheil gereichen. Man darf also von nun an dem Ministerium für die gegenwärtige Session, und auch darüber hinaus, eine feste Dauer vorhersagen, und der Eintritt eines separaten Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten wird eine Aenderung der Personen mit sich bringen, ohne die leitenden Grundsätze zu modificiren.

Niederlande.

In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden wirklich fünf Gesetzesentwürfe bezüglich der Veränderungen des Grundgesetzes vorgelegt. Durch diese Veränderungen bekommt aber nur die Form da und dort eine andere Gestalt, das Grundgesetz selbst bleibt in seinen wesentlichen Theilen unverändert. Der Gesetzesentwurf I betrifft die Eintheilung Niederlands, II. die feierliche Beeidigung und Huldigung des Königs, III. die Ernennung der Mitglieder des Staatsraths, IV. die Zahl

worin beschlossen wurde, daß nach dem Votum der Adresse der Antrag des Hrn. v. Tracy von einem Mitglied erneuert und die der Aufhebung der Sklaverei günstigen Conclusionen des Hrn. v. Tocqueville unterstützt werden sollten.

Das Dampfboot aus Algier war am 29 Dec. noch nicht in Toulon eingetroffen, wurde aber mit großer Begierde erwartet. Die Touloner und Marseiller Blätter bringen Nachträge von Privatcorrespondenzen aus Algier vom 21 Dec. Seit den Gefechten bei Belida scheint es im Westen der Metidscha ruhiger zu seyn und die Hadschuten, dieser gefährlichste Stamm, auf dessen Vernichtung der Marschall Valée gegenwärtig sinnt, sich über die Chiffa zurückgezogen zu haben. Dagegen fielen in den östlichen Theilen unweit Maison carrée fortwährend Scharmützel vor. Ein Schreiben im Eclaireur de la Mediterranée schätzt die ganze Angriffsarmee Abd-El-Kaders auf etwa 20,000 Mann, worunter 5000 reguläre Infanteristen und 3000 Cavalleristen. Dasselbe Schreiben bemerkt auch: „Es ist eine bestimmte Thatsache, welche wir, wären wir nicht selbst bei Belida davon Augenzeugen gewesen, nicht glauben würden, daß unter den Arabern sich sehr viele Deserteurs der französischen Armee, worunter Spahis, Chasseurs, Soldaten der Fremdenlegion, befinden. Auf dem Gebirge des Stammes Musaia sah man arabische Bataillone nach unserer Theorie mit merkwürdiger Präcision manöuvriren, während irreguläre Reiter ihre Bewegungen maskirten.“ Ein Schreiben im Sémaphore de Marseille von gleichem Datum erzählt: „Die Gefechte am 14 und 15 bei Belida waren für unsere Truppen ruhmvoll. Wir müssen aber der Wahrheit gemäß gestehen, daß auch der Feind festen Stand hielt. Seine reguläre Infanterie, von ehemaligen Zuaven und andern Deserteurs geführt und commandirt, marschirte colonnenweise, stellte sich in Schlachtordnung auf und erwartete festen Fußes unsere Cavallerie, welche einen Theil dieses Fußvolks niederhieb. Abd-El-Kader hat seine Infanterie auf europäische Weise organisirt, mit Tambours und Feldmusik. Auch ein Corps von Krankenwärtern wurde von ihm gebildet; sie folgen der Armee mit Tragbahren, um die Verwundeten auf dem Schlachtfeld aufzunehmen. Uns ist diese reguläre Organisation der feindlichen Truppen von großem Vortheil, denn sie gewinnen dadurch mehr Selbstvertrauen, und werden leichter dazu vermocht, uns festen Fußes zu erwarten, was uns die Mittel gibt, ihnen größere Verluste als bisher zuzufügen.“

Es gehen seit gestern bedenkliche Gerüchte über den Gesundheitszustand des Herzogs von Nemours umher. Derselbe hat, wie Sie wissen, schon der Thronsitzung nicht beiwohnen können. Seine Krankheit soll Halsentzündung seyn. – Man nennt heute den Bischof von Versailles, Hrn. Blanquart Bereuil, als muthmaßlichen Nachfolger des Hrn. v. Quelen. Es ist derselbe, der bekanntlich die Trauung zwischen der Prinzessin Marie und dem Herzog von Würtemberg verrichtete, und seitdem überaus gut bei Hofe steht, mit dem er sich schon seit der Juliusrevolution in sehr freundschaftliches Benehmen gesetzt hat. – Die Adresse der Deputirtenkammer wird sehr unbedeutend werden; dagegen dürfte bei der der Pairs der Einfluß des Hrn. v. Molé sich geltend machen. – Von dem Eintritt des Hrn. Guizot ist noch stets die Rede, und man will in dieser Beziehung bemerkt haben, daß der König gestern in seiner Antwort auf die Beglückwünschungsrede des Siegelbewahrers kein persönlich freundliches Wort für ihn habe fallen lassen. Dessen ungeachtet läßt Hr. Teste die verschiedenen von ihm eingesetzten Commissionen fortarbeiten, namentlich die, welche sich mit einem Gesetzesentwurf über die Garantie der persönlichen Freiheit beschäftigt.

Belgien.

Unsere Repräsentanten, von denen man erwartete, daß sie alle Theile des Budgets vor Ende des Jahres erledigt haben würden, haben sich in der vorgestrigen Sitzung bis zum 14 Jan. vertagt. Wie sehr auch einige Glieder die Nothwendigkeit vorstellten, wenigstens noch mit den Voranschlägen des Ministeriums der öffentlichen Bauten zu Ende zu kommen, so hat doch die Mehrzahl, beim Herannahen des neuen Jahrs, der Sehnsucht nach der lieben Heimath nicht länger widerstehen können, so daß man sich nicht mehr in hinlänglicher Zahl fand, um die Verhandlungen fortsetzen zu dürfen. In der letzten Sitzung wurde noch das Contingent der Armee für 1840 auf 50,000 Mann festgesetzt. Sonst beschäftigte sich die Kammer seit drei Tagen ausschließlich mit Debatten über einen Canal, der in Folge einer Uebereinkunft mit der französischen Regierung einen Theil des französischen Flanderns mit einem Theil des belgischen Flanderns in Verbindung setzen soll, und unter Anderm eine Wasserstraße von Lille in die Schelde, mithin bis nach Antwerpen, eröffnen wird. Gegen dieses Project hatten sich schon längst die Rivalitäten anderer, bereits bestehender oder noch zu bauender Canäle erhoben. Die Opposition behauptet, die belgischen seyen in dieser Angelegenheit den französischen Interessen geopfert worden, und überdieß habe die Regierung ihre Befugnisse überschritten. Beides zu widerlegen hielt der hierin zunächst in Anspruch genommene Minister der öffentlichen Bauten, Hr. Nothomb, einen erschöpfenden Vortrag, wogegen dann mehrere Redner aufgetreten, ohne daß man bis jetzt zu einem Schlusse gekommen. Die Opposition, die in allen ihren bisherigen Angriffen auf das Ministerium den Kürzern gezogen, wird sich auch in dieser Discussion geschlagen zurückziehen müssen; sie wird wieder nur dazu gewirkt haben, ihre eigene Unmacht zu constatiren, wodurch sich natürlich das Ministerium um so mehr befestigt, daher auch bisher, mit Ausnahme geringer Reductionen einiger Posten, alle Ansätze der bereits discutirten Abtheilungen des Budgets der Ausgaben mit größter Stimmenmehrheit bewilligt worden sind. Im Senate hat Hr. v. Stassart, der entlassene Gouverneur der Provinz Brabant, die Fahne der Opposition aufgepflanzt. Es sammeln sich um dieselbe aber nur wenige Glieder, und die Stellung, die das ehrenwerthe Mitglied eingenommen, leidet zu sehr an jener Ungunst, die von einer aus persönlichen Motiven inspirirten Opposition unzertrennlich ist. Auch hier wird das Benehmen der Opposition nur dazu dienen, den überwiegenden Anhang des Ministeriums zu constatiren. Daneben führen die Debatten zu schärferer Bestimmung constitutioneller Grundsätze, die der Regierung zum Vortheil gereichen. Man darf also von nun an dem Ministerium für die gegenwärtige Session, und auch darüber hinaus, eine feste Dauer vorhersagen, und der Eintritt eines separaten Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten wird eine Aenderung der Personen mit sich bringen, ohne die leitenden Grundsätze zu modificiren.

Niederlande.

In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden wirklich fünf Gesetzesentwürfe bezüglich der Veränderungen des Grundgesetzes vorgelegt. Durch diese Veränderungen bekommt aber nur die Form da und dort eine andere Gestalt, das Grundgesetz selbst bleibt in seinen wesentlichen Theilen unverändert. Der Gesetzesentwurf I betrifft die Eintheilung Niederlands, II. die feierliche Beeidigung und Huldigung des Königs, III. die Ernennung der Mitglieder des Staatsraths, IV. die Zahl

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003" n="0051"/>
worin beschlossen wurde, daß nach dem Votum der Adresse der Antrag des Hrn. v. Tracy von einem Mitglied erneuert und die der Aufhebung der Sklaverei günstigen Conclusionen des Hrn. v. Tocqueville unterstützt werden sollten.</p><lb/>
          <p>Das Dampfboot aus <hi rendition="#g">Algier</hi> war am 29 Dec. noch nicht in Toulon eingetroffen, wurde aber mit großer Begierde erwartet. Die Touloner und Marseiller Blätter bringen Nachträge von Privatcorrespondenzen aus Algier vom 21 Dec. Seit den Gefechten bei Belida scheint es im Westen der Metidscha ruhiger zu seyn und die Hadschuten, dieser gefährlichste Stamm, auf dessen Vernichtung der Marschall Valée gegenwärtig sinnt, sich über die Chiffa zurückgezogen zu haben. Dagegen fielen in den östlichen Theilen unweit Maison carrée fortwährend Scharmützel vor. Ein Schreiben im <hi rendition="#g">Eclaireur de la Mediterranée</hi> schätzt die ganze Angriffsarmee Abd-El-Kaders auf etwa 20,000 Mann, worunter 5000 reguläre Infanteristen und 3000 Cavalleristen. Dasselbe Schreiben bemerkt auch: &#x201E;Es ist eine bestimmte Thatsache, welche wir, wären wir nicht selbst bei Belida davon Augenzeugen gewesen, nicht glauben würden, daß unter den Arabern sich sehr viele Deserteurs der französischen Armee, worunter Spahis, Chasseurs, Soldaten der Fremdenlegion, befinden. Auf dem Gebirge des Stammes Musaia sah man arabische Bataillone nach unserer Theorie mit merkwürdiger Präcision manöuvriren, während irreguläre Reiter ihre Bewegungen maskirten.&#x201C; Ein Schreiben im <hi rendition="#g">Sémaphore de Marseille</hi> von gleichem Datum erzählt: &#x201E;Die Gefechte am 14 und 15 bei Belida waren für unsere Truppen ruhmvoll. Wir müssen aber der Wahrheit gemäß gestehen, daß auch der Feind festen Stand hielt. Seine reguläre Infanterie, von ehemaligen Zuaven und andern Deserteurs geführt und commandirt, marschirte colonnenweise, stellte sich in Schlachtordnung auf und erwartete festen Fußes unsere Cavallerie, welche einen Theil dieses Fußvolks niederhieb. Abd-El-Kader hat seine Infanterie auf europäische Weise organisirt, mit Tambours und Feldmusik. Auch ein Corps von Krankenwärtern wurde von ihm gebildet; sie folgen der Armee mit Tragbahren, um die Verwundeten auf dem Schlachtfeld aufzunehmen. Uns ist diese reguläre Organisation der feindlichen Truppen von großem Vortheil, denn sie gewinnen dadurch mehr Selbstvertrauen, und werden leichter dazu vermocht, uns festen Fußes zu erwarten, was uns die Mittel gibt, ihnen größere Verluste als bisher zuzufügen.&#x201C;</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 2 Jan.</dateline>
          <p> Es gehen seit gestern bedenkliche Gerüchte über den Gesundheitszustand des Herzogs von Nemours umher. Derselbe hat, wie Sie wissen, schon der Thronsitzung nicht beiwohnen können. Seine Krankheit soll Halsentzündung seyn. &#x2013; Man nennt heute den Bischof von Versailles, Hrn. Blanquart Bereuil, als muthmaßlichen Nachfolger des Hrn. v. Quelen. Es ist derselbe, der bekanntlich die Trauung zwischen der Prinzessin Marie und dem Herzog von Würtemberg verrichtete, und seitdem überaus gut bei Hofe steht, mit dem er sich schon seit der Juliusrevolution in sehr freundschaftliches Benehmen gesetzt hat. &#x2013; Die Adresse der Deputirtenkammer wird sehr unbedeutend werden; dagegen dürfte bei der der Pairs der Einfluß des Hrn. v. Molé sich geltend machen. &#x2013; Von dem Eintritt des Hrn. Guizot ist noch stets die Rede, und man will in dieser Beziehung bemerkt haben, daß der König gestern in seiner Antwort auf die Beglückwünschungsrede des Siegelbewahrers kein persönlich freundliches Wort für ihn habe fallen lassen. Dessen ungeachtet läßt Hr. Teste die verschiedenen von ihm eingesetzten Commissionen fortarbeiten, namentlich die, welche sich mit einem Gesetzesentwurf über die Garantie der persönlichen Freiheit beschäftigt.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Belgien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Brüssel,</hi> 30 Dec.</dateline>
          <p> Unsere Repräsentanten, von denen man erwartete, daß sie alle Theile des Budgets vor Ende des Jahres erledigt haben würden, haben sich in der vorgestrigen Sitzung bis zum 14 Jan. vertagt. Wie sehr auch einige Glieder die Nothwendigkeit vorstellten, wenigstens noch mit den Voranschlägen des Ministeriums der öffentlichen Bauten zu Ende zu kommen, so hat doch die Mehrzahl, beim Herannahen des neuen Jahrs, der Sehnsucht nach der lieben Heimath nicht länger widerstehen können, so daß man sich nicht mehr in hinlänglicher Zahl fand, um die Verhandlungen fortsetzen zu dürfen. In der letzten Sitzung wurde noch das Contingent der Armee für 1840 auf 50,000 Mann festgesetzt. Sonst beschäftigte sich die Kammer seit drei Tagen ausschließlich mit Debatten über einen Canal, der in Folge einer Uebereinkunft mit der französischen Regierung einen Theil des französischen Flanderns mit einem Theil des belgischen Flanderns in Verbindung setzen soll, und unter Anderm eine Wasserstraße von Lille in die Schelde, mithin bis nach Antwerpen, eröffnen wird. Gegen dieses Project hatten sich schon längst die Rivalitäten anderer, bereits bestehender oder noch zu bauender Canäle erhoben. Die Opposition behauptet, die belgischen seyen in dieser Angelegenheit den französischen Interessen geopfert worden, und überdieß habe die Regierung ihre Befugnisse überschritten. Beides zu widerlegen hielt der hierin zunächst in Anspruch genommene Minister der öffentlichen Bauten, Hr. Nothomb, einen erschöpfenden Vortrag, wogegen dann mehrere Redner aufgetreten, ohne daß man bis jetzt zu einem Schlusse gekommen. Die Opposition, die in allen ihren bisherigen Angriffen auf das Ministerium den Kürzern gezogen, wird sich auch in dieser Discussion geschlagen zurückziehen müssen; sie wird wieder nur dazu gewirkt haben, ihre eigene Unmacht zu constatiren, wodurch sich natürlich das Ministerium um so mehr befestigt, daher auch bisher, mit Ausnahme geringer Reductionen einiger Posten, alle Ansätze der bereits discutirten Abtheilungen des Budgets der Ausgaben mit größter Stimmenmehrheit bewilligt worden sind. Im Senate hat Hr. v. Stassart, der entlassene Gouverneur der Provinz Brabant, die Fahne der Opposition aufgepflanzt. Es sammeln sich um dieselbe aber nur wenige Glieder, und die Stellung, die das ehrenwerthe Mitglied eingenommen, leidet zu sehr an jener Ungunst, die von einer aus persönlichen Motiven inspirirten Opposition unzertrennlich ist. Auch hier wird das Benehmen der Opposition nur dazu dienen, den überwiegenden Anhang des Ministeriums zu constatiren. Daneben führen die Debatten zu schärferer Bestimmung constitutioneller Grundsätze, die der Regierung zum Vortheil gereichen. Man darf also von nun an dem Ministerium für die gegenwärtige Session, und auch darüber hinaus, eine feste Dauer vorhersagen, und der Eintritt eines separaten Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten wird eine Aenderung der Personen mit sich bringen, ohne die leitenden Grundsätze zu modificiren.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Niederlande.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Aus dem Haag,</hi> 31 Dec.</dateline>
          <p> In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden wirklich fünf Gesetzesentwürfe bezüglich der Veränderungen des Grundgesetzes vorgelegt. Durch diese Veränderungen bekommt aber nur die Form da und dort eine andere Gestalt, das Grundgesetz selbst bleibt in seinen wesentlichen Theilen unverändert. Der Gesetzesentwurf I betrifft die Eintheilung Niederlands, II. die feierliche Beeidigung und Huldigung des Königs, III. die Ernennung der Mitglieder des Staatsraths, IV. die Zahl<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0051/0003] worin beschlossen wurde, daß nach dem Votum der Adresse der Antrag des Hrn. v. Tracy von einem Mitglied erneuert und die der Aufhebung der Sklaverei günstigen Conclusionen des Hrn. v. Tocqueville unterstützt werden sollten. Das Dampfboot aus Algier war am 29 Dec. noch nicht in Toulon eingetroffen, wurde aber mit großer Begierde erwartet. Die Touloner und Marseiller Blätter bringen Nachträge von Privatcorrespondenzen aus Algier vom 21 Dec. Seit den Gefechten bei Belida scheint es im Westen der Metidscha ruhiger zu seyn und die Hadschuten, dieser gefährlichste Stamm, auf dessen Vernichtung der Marschall Valée gegenwärtig sinnt, sich über die Chiffa zurückgezogen zu haben. Dagegen fielen in den östlichen Theilen unweit Maison carrée fortwährend Scharmützel vor. Ein Schreiben im Eclaireur de la Mediterranée schätzt die ganze Angriffsarmee Abd-El-Kaders auf etwa 20,000 Mann, worunter 5000 reguläre Infanteristen und 3000 Cavalleristen. Dasselbe Schreiben bemerkt auch: „Es ist eine bestimmte Thatsache, welche wir, wären wir nicht selbst bei Belida davon Augenzeugen gewesen, nicht glauben würden, daß unter den Arabern sich sehr viele Deserteurs der französischen Armee, worunter Spahis, Chasseurs, Soldaten der Fremdenlegion, befinden. Auf dem Gebirge des Stammes Musaia sah man arabische Bataillone nach unserer Theorie mit merkwürdiger Präcision manöuvriren, während irreguläre Reiter ihre Bewegungen maskirten.“ Ein Schreiben im Sémaphore de Marseille von gleichem Datum erzählt: „Die Gefechte am 14 und 15 bei Belida waren für unsere Truppen ruhmvoll. Wir müssen aber der Wahrheit gemäß gestehen, daß auch der Feind festen Stand hielt. Seine reguläre Infanterie, von ehemaligen Zuaven und andern Deserteurs geführt und commandirt, marschirte colonnenweise, stellte sich in Schlachtordnung auf und erwartete festen Fußes unsere Cavallerie, welche einen Theil dieses Fußvolks niederhieb. Abd-El-Kader hat seine Infanterie auf europäische Weise organisirt, mit Tambours und Feldmusik. Auch ein Corps von Krankenwärtern wurde von ihm gebildet; sie folgen der Armee mit Tragbahren, um die Verwundeten auf dem Schlachtfeld aufzunehmen. Uns ist diese reguläre Organisation der feindlichen Truppen von großem Vortheil, denn sie gewinnen dadurch mehr Selbstvertrauen, und werden leichter dazu vermocht, uns festen Fußes zu erwarten, was uns die Mittel gibt, ihnen größere Verluste als bisher zuzufügen.“ _ Paris, 2 Jan. Es gehen seit gestern bedenkliche Gerüchte über den Gesundheitszustand des Herzogs von Nemours umher. Derselbe hat, wie Sie wissen, schon der Thronsitzung nicht beiwohnen können. Seine Krankheit soll Halsentzündung seyn. – Man nennt heute den Bischof von Versailles, Hrn. Blanquart Bereuil, als muthmaßlichen Nachfolger des Hrn. v. Quelen. Es ist derselbe, der bekanntlich die Trauung zwischen der Prinzessin Marie und dem Herzog von Würtemberg verrichtete, und seitdem überaus gut bei Hofe steht, mit dem er sich schon seit der Juliusrevolution in sehr freundschaftliches Benehmen gesetzt hat. – Die Adresse der Deputirtenkammer wird sehr unbedeutend werden; dagegen dürfte bei der der Pairs der Einfluß des Hrn. v. Molé sich geltend machen. – Von dem Eintritt des Hrn. Guizot ist noch stets die Rede, und man will in dieser Beziehung bemerkt haben, daß der König gestern in seiner Antwort auf die Beglückwünschungsrede des Siegelbewahrers kein persönlich freundliches Wort für ihn habe fallen lassen. Dessen ungeachtet läßt Hr. Teste die verschiedenen von ihm eingesetzten Commissionen fortarbeiten, namentlich die, welche sich mit einem Gesetzesentwurf über die Garantie der persönlichen Freiheit beschäftigt. Belgien. _ Brüssel, 30 Dec. Unsere Repräsentanten, von denen man erwartete, daß sie alle Theile des Budgets vor Ende des Jahres erledigt haben würden, haben sich in der vorgestrigen Sitzung bis zum 14 Jan. vertagt. Wie sehr auch einige Glieder die Nothwendigkeit vorstellten, wenigstens noch mit den Voranschlägen des Ministeriums der öffentlichen Bauten zu Ende zu kommen, so hat doch die Mehrzahl, beim Herannahen des neuen Jahrs, der Sehnsucht nach der lieben Heimath nicht länger widerstehen können, so daß man sich nicht mehr in hinlänglicher Zahl fand, um die Verhandlungen fortsetzen zu dürfen. In der letzten Sitzung wurde noch das Contingent der Armee für 1840 auf 50,000 Mann festgesetzt. Sonst beschäftigte sich die Kammer seit drei Tagen ausschließlich mit Debatten über einen Canal, der in Folge einer Uebereinkunft mit der französischen Regierung einen Theil des französischen Flanderns mit einem Theil des belgischen Flanderns in Verbindung setzen soll, und unter Anderm eine Wasserstraße von Lille in die Schelde, mithin bis nach Antwerpen, eröffnen wird. Gegen dieses Project hatten sich schon längst die Rivalitäten anderer, bereits bestehender oder noch zu bauender Canäle erhoben. Die Opposition behauptet, die belgischen seyen in dieser Angelegenheit den französischen Interessen geopfert worden, und überdieß habe die Regierung ihre Befugnisse überschritten. Beides zu widerlegen hielt der hierin zunächst in Anspruch genommene Minister der öffentlichen Bauten, Hr. Nothomb, einen erschöpfenden Vortrag, wogegen dann mehrere Redner aufgetreten, ohne daß man bis jetzt zu einem Schlusse gekommen. Die Opposition, die in allen ihren bisherigen Angriffen auf das Ministerium den Kürzern gezogen, wird sich auch in dieser Discussion geschlagen zurückziehen müssen; sie wird wieder nur dazu gewirkt haben, ihre eigene Unmacht zu constatiren, wodurch sich natürlich das Ministerium um so mehr befestigt, daher auch bisher, mit Ausnahme geringer Reductionen einiger Posten, alle Ansätze der bereits discutirten Abtheilungen des Budgets der Ausgaben mit größter Stimmenmehrheit bewilligt worden sind. Im Senate hat Hr. v. Stassart, der entlassene Gouverneur der Provinz Brabant, die Fahne der Opposition aufgepflanzt. Es sammeln sich um dieselbe aber nur wenige Glieder, und die Stellung, die das ehrenwerthe Mitglied eingenommen, leidet zu sehr an jener Ungunst, die von einer aus persönlichen Motiven inspirirten Opposition unzertrennlich ist. Auch hier wird das Benehmen der Opposition nur dazu dienen, den überwiegenden Anhang des Ministeriums zu constatiren. Daneben führen die Debatten zu schärferer Bestimmung constitutioneller Grundsätze, die der Regierung zum Vortheil gereichen. Man darf also von nun an dem Ministerium für die gegenwärtige Session, und auch darüber hinaus, eine feste Dauer vorhersagen, und der Eintritt eines separaten Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten wird eine Aenderung der Personen mit sich bringen, ohne die leitenden Grundsätze zu modificiren. Niederlande. _ Aus dem Haag, 31 Dec. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurden wirklich fünf Gesetzesentwürfe bezüglich der Veränderungen des Grundgesetzes vorgelegt. Durch diese Veränderungen bekommt aber nur die Form da und dort eine andere Gestalt, das Grundgesetz selbst bleibt in seinen wesentlichen Theilen unverändert. Der Gesetzesentwurf I betrifft die Eintheilung Niederlands, II. die feierliche Beeidigung und Huldigung des Königs, III. die Ernennung der Mitglieder des Staatsraths, IV. die Zahl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_007_18400107
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_007_18400107/3
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 7. Augsburg, 7. Januar 1840, S. 0051. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_007_18400107/3>, abgerufen am 18.04.2024.