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Allgemeine Zeitung. Nr. 4. Augsburg, 4. Januar 1840.

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dem 10 Januar 1840 definitiv ins Leben treten. An diesem Tage wird, wie der Globe anzeigt, die Königin selbst auf ihr Privilegium der Portofreiheit verzichten, und sich fortan gestempelter Briefcouverte, wie ihre Unterthanen, bedienen. Hinsichtlich der zweckmäßigen Einrichtung dieser Couverte u. s. w. sind der Regierung nicht weniger als 2600 verschiedene Vorschläge zugekommen, aber so sinnreich auch viele derselben sind, wurde doch keiner der unmodificirten Annahme für würdig befunden, und die Lords der Schatzkammer haben hiernach beschlossen, statt der ausgeschriebenen Prämie für den besten Plan je 100 Pf.St. den Urhebern der vier approximativ nützlichsten Vorschläge zuzuerkennen. Mit Geld beschwerte Briefe werden vom Januar an auf der Briefpost nicht mehr angenommen, sondern an die Geldpost (Money order office) verwiesen. Wechsel in Briefen sollen, der Sicherheit wegen, von einander geschnitten und durch zwei verschiedene Posten abgeschickt werden.*)

Am 24 Dec. starb in Brighton Hr. Davies Gilbert, vormals Präsident der königlichen Societät der Wissenschaften, Verfasser mehrerer geschätzten Werke, und langjähriges Parlamentsmitglied für Bodwin, bis er kurz vor dem Durchgehen der Reformbill wegen zunehmender Gebrechlichkeit sich vom öffentlichen Leben zurückzog.

In Carlisle fand neulich eine Versammlung statt, in welcher auch Dr. Taylor zugegen war, und worin als Resolution aufgestellt wurde, daß alle Einmischung in Gewissenssachen von Seite der Regierungen oder Gesellschaften ein Verbrechen gegen die Freiheit des Unterthans, und jeder Versuch, Gelder zu erpressen, um eine besondere Form der Gottesverehrung zu unterstützen oder zur Feier eines bestimmten Tages zu zwingen, eine Handlung der ärgsten Tyrannei sey, die mit den Grundsätzen des Christenthums unverträglich wäre, und der man daher sich aufs äußerste widersetzen müsse.

Von den Urtheilen der Londoner Presse über die französische Thronrede heben wir nur folgendes des ministeriellen M. Chronicle aus: "Sie ist ein sehr unschuldiges Actenstück; ziemlich wortreich und vag für ein Cabinet, das so viele Akademiker umfaßt, andrerseits aber auffallend bescheiden. Sie ergeht sich in keinen Lobsprüchen auf irgend ein Ministerium oder System. Die HH. Soult, Passy, Duchatel u. s. w. verschwinden darin so ganz, als wären sie ebenso viele Niemand und gehörten keiner Partei an. Einige Erfolge, die gerühmt werden konnten, hat man nicht einmal sehr ausgebeutet. So wird die Pacification Spaniens vor Allem der Weisheit der Königin-Regentin zugeschrieben: d. h. Perez de Castro war es, der Maroto zur Niederlegung der Waffen nöthigte. Indeß der arme Perez de Castro hatte dabei so wenig seine Hand im Spiel, wie Marschall Soult. Die Rede ist wenig mittheilsam in der auswärtigen Politik. Alles von der orientalischen Frage Gesagte hätte eben so gut vor einem halben Jahre gesagt werden können, und doch hat diese Frage seitdem einige Fortschritte gemacht. Die einzigen emphatischen und entschiedenen Erklärungen darin sind diese: daß Algier nimmermehr aufgegeben werden, und daß die Kammern den conservativen Geist der französischen Institutionen zu wahren suchen möchten, mit andern Worten, daß jeder Wahlreformplan verworfen werden soll. Doch gerade diese Verheißungen hätten wohl am allerletzten gemacht werden sollen; denn was kann die französische Regierung voraussagen, wie lange Frankreich die Occupation Algiers seinem Interesse gemäß finden, oder wie lange Frankreich noch Luft haben mag, 150,000 von seinen 33 Millionen Einwohnern das Wahlrecht monopolisiren zu lassen? Kein Wort ist gesagt von den Fünfprocentigen, da der Stand der Finanzen dem Land eben nur erlaubt, die Extra-Ausgaben für den Krieg und die Colonisation in Algier zu bestreiten. Die Stärke der Rede liegt jedoch in ihrer Schwäche - darin, daß sie keinen Nagel darbietet, woran sich ein Amendement oder eine Debatte hängen ließe."

Londoner Blätter sprechen ihre Freude darüber aus, daß der König von Griechenland nunmehr dem schon vor längerer Zeit von den HH. Wright und Compagnie der griechischen Regierung vorgelegten Plane zur Errichtung einer Bank in Athen seine Genehmigung ertheilt und daß der Minister des Innern die zum Schutz dieses Instituts erforderlichen Documente unterzeichnet habe. Der Zinsfuß für diese Bank ist bei der Discontirung von Wechseln auf 8 und bei Hypothecirungen auf 10 Proc. festgesetzt.

In diesen Tagen wurden zu Woolwich 26 Stück Zweiunddreißigpfünder probirt, welche in dem königlichen Arsenal nach dem Muster des Hrn. Monk waren gegossen worden. Alle wurden vollkommen gut befunden. Nach diesem Muster werden bei einem Zweiunddreißigpfünder 26 Centner an Metall gespart, und doch haben Versuche, welche diesen Sommer zu Walmer-Castle damit angestellt wurden, ihre große Wirksamkeit bewiesen. Ein Geschütz von 8 Zoll Mündung, aus welchem eine Kugel von 80 Pfund Schwere gefeuert wurde, trieb dieselbe 3 1/4 englische Meilen weit. Es sind auch nach diesem Muster vier große Stücke gegossen worden, welche 85 Centner wiegen, 10 Zoll Oeffnung in der Mündung haben und eine Kugel von 100 Pfund über drei englische Meilen weit schleudern; sie sind für zwei Dampfboote in dem indischen Ocean bestimmt.

Frankreich.

Der Herzog von Caraman ist in Montpellier gestorben.

Der Gesundheitszustand des Erzbischofs von Paris hat sich, der Gazette zufolge, neuerdings verschlimmert.

Hr. Dupin hat sich nach Clamecy (Nievre) begeben, wo sein Vater bedenklich krank darnieder liegt.

* In der Sitzung der Pairskammer am 30 Dec. verlas der Präsident, Hr. v. Pasquier, die k. Ordonnanz, welche das Parquet für den Proceß der Contumacirten des Aprils (wovon einige verhaftet wurden, andere sich selbst gestellt haben) bestimmt und Hrn. Franc Carre zu der Function als Generalprocurator und die HH. Boucly und Nouguier, Substituten des Generalprocurators bei dem k. Gerichtshof von Paris, zu den Functionen als Substituten des Generalprocurators bei dem Pairshof ernennt. Sodann ward die große Deputation, welche Se. Maj. am Neujahrstag zu beglückwünschen hat, durchs Loos bestimmt.

* In der Adressecommission der Deputirtenkammer begann am 30 Dec. die Erörterung über die Adresse; die allgemeine Discussion wird am 31 geschlossen werden, und man wird dann die Discussion der Artikel beginnen. Der Berichterstatter ist noch nicht ernannt. Man glaubt, Hr. v. Remusat werde mit der Berichterstattung beauftragt werden.

Es kommt bei dem sogenannten Bonapartistischen Complot, sagt die Revue de Paris, nicht sowohl darauf an, zu untersuchen, warum man einen Gefangenen wie Hrn. de Crouy nicht besser bewacht habe, als vielmehr die Intriguen ans Lich zu ziehen, die eine große Macht bei uns anzuknüpfen sucht.

*) Wir verweisen auf das eben erschienene neueste Heft der Deutschen Vierteljahrschrift (erstes Heft für 1840), worin sich eine interessante Zusammenstellung über die für die Pennypost vorgeschlagenen Briefcouverte, ihre Fertigung, ihren Verkauf, ihre Form betreffend, findet.


dem 10 Januar 1840 definitiv ins Leben treten. An diesem Tage wird, wie der Globe anzeigt, die Königin selbst auf ihr Privilegium der Portofreiheit verzichten, und sich fortan gestempelter Briefcouverte, wie ihre Unterthanen, bedienen. Hinsichtlich der zweckmäßigen Einrichtung dieser Couverte u. s. w. sind der Regierung nicht weniger als 2600 verschiedene Vorschläge zugekommen, aber so sinnreich auch viele derselben sind, wurde doch keiner der unmodificirten Annahme für würdig befunden, und die Lords der Schatzkammer haben hiernach beschlossen, statt der ausgeschriebenen Prämie für den besten Plan je 100 Pf.St. den Urhebern der vier approximativ nützlichsten Vorschläge zuzuerkennen. Mit Geld beschwerte Briefe werden vom Januar an auf der Briefpost nicht mehr angenommen, sondern an die Geldpost (Money order office) verwiesen. Wechsel in Briefen sollen, der Sicherheit wegen, von einander geschnitten und durch zwei verschiedene Posten abgeschickt werden.*)

Am 24 Dec. starb in Brighton Hr. Davies Gilbert, vormals Präsident der königlichen Societät der Wissenschaften, Verfasser mehrerer geschätzten Werke, und langjähriges Parlamentsmitglied für Bodwin, bis er kurz vor dem Durchgehen der Reformbill wegen zunehmender Gebrechlichkeit sich vom öffentlichen Leben zurückzog.

In Carlisle fand neulich eine Versammlung statt, in welcher auch Dr. Taylor zugegen war, und worin als Resolution aufgestellt wurde, daß alle Einmischung in Gewissenssachen von Seite der Regierungen oder Gesellschaften ein Verbrechen gegen die Freiheit des Unterthans, und jeder Versuch, Gelder zu erpressen, um eine besondere Form der Gottesverehrung zu unterstützen oder zur Feier eines bestimmten Tages zu zwingen, eine Handlung der ärgsten Tyrannei sey, die mit den Grundsätzen des Christenthums unverträglich wäre, und der man daher sich aufs äußerste widersetzen müsse.

Von den Urtheilen der Londoner Presse über die französische Thronrede heben wir nur folgendes des ministeriellen M. Chronicle aus: „Sie ist ein sehr unschuldiges Actenstück; ziemlich wortreich und vag für ein Cabinet, das so viele Akademiker umfaßt, andrerseits aber auffallend bescheiden. Sie ergeht sich in keinen Lobsprüchen auf irgend ein Ministerium oder System. Die HH. Soult, Passy, Duchatel u. s. w. verschwinden darin so ganz, als wären sie ebenso viele Niemand und gehörten keiner Partei an. Einige Erfolge, die gerühmt werden konnten, hat man nicht einmal sehr ausgebeutet. So wird die Pacification Spaniens vor Allem der Weisheit der Königin-Regentin zugeschrieben: d. h. Perez de Castro war es, der Maroto zur Niederlegung der Waffen nöthigte. Indeß der arme Perez de Castro hatte dabei so wenig seine Hand im Spiel, wie Marschall Soult. Die Rede ist wenig mittheilsam in der auswärtigen Politik. Alles von der orientalischen Frage Gesagte hätte eben so gut vor einem halben Jahre gesagt werden können, und doch hat diese Frage seitdem einige Fortschritte gemacht. Die einzigen emphatischen und entschiedenen Erklärungen darin sind diese: daß Algier nimmermehr aufgegeben werden, und daß die Kammern den conservativen Geist der französischen Institutionen zu wahren suchen möchten, mit andern Worten, daß jeder Wahlreformplan verworfen werden soll. Doch gerade diese Verheißungen hätten wohl am allerletzten gemacht werden sollen; denn was kann die französische Regierung voraussagen, wie lange Frankreich die Occupation Algiers seinem Interesse gemäß finden, oder wie lange Frankreich noch Luft haben mag, 150,000 von seinen 33 Millionen Einwohnern das Wahlrecht monopolisiren zu lassen? Kein Wort ist gesagt von den Fünfprocentigen, da der Stand der Finanzen dem Land eben nur erlaubt, die Extra-Ausgaben für den Krieg und die Colonisation in Algier zu bestreiten. Die Stärke der Rede liegt jedoch in ihrer Schwäche – darin, daß sie keinen Nagel darbietet, woran sich ein Amendement oder eine Debatte hängen ließe.“

Londoner Blätter sprechen ihre Freude darüber aus, daß der König von Griechenland nunmehr dem schon vor längerer Zeit von den HH. Wright und Compagnie der griechischen Regierung vorgelegten Plane zur Errichtung einer Bank in Athen seine Genehmigung ertheilt und daß der Minister des Innern die zum Schutz dieses Instituts erforderlichen Documente unterzeichnet habe. Der Zinsfuß für diese Bank ist bei der Discontirung von Wechseln auf 8 und bei Hypothecirungen auf 10 Proc. festgesetzt.

In diesen Tagen wurden zu Woolwich 26 Stück Zweiunddreißigpfünder probirt, welche in dem königlichen Arsenal nach dem Muster des Hrn. Monk waren gegossen worden. Alle wurden vollkommen gut befunden. Nach diesem Muster werden bei einem Zweiunddreißigpfünder 26 Centner an Metall gespart, und doch haben Versuche, welche diesen Sommer zu Walmer-Castle damit angestellt wurden, ihre große Wirksamkeit bewiesen. Ein Geschütz von 8 Zoll Mündung, aus welchem eine Kugel von 80 Pfund Schwere gefeuert wurde, trieb dieselbe 3 1/4 englische Meilen weit. Es sind auch nach diesem Muster vier große Stücke gegossen worden, welche 85 Centner wiegen, 10 Zoll Oeffnung in der Mündung haben und eine Kugel von 100 Pfund über drei englische Meilen weit schleudern; sie sind für zwei Dampfboote in dem indischen Ocean bestimmt.

Frankreich.

Der Herzog von Caraman ist in Montpellier gestorben.

Der Gesundheitszustand des Erzbischofs von Paris hat sich, der Gazette zufolge, neuerdings verschlimmert.

Hr. Dupin hat sich nach Clamecy (Niévre) begeben, wo sein Vater bedenklich krank darnieder liegt.

* In der Sitzung der Pairskammer am 30 Dec. verlas der Präsident, Hr. v. Pasquier, die k. Ordonnanz, welche das Parquet für den Proceß der Contumacirten des Aprils (wovon einige verhaftet wurden, andere sich selbst gestellt haben) bestimmt und Hrn. Franc Carré zu der Function als Generalprocurator und die HH. Boucly und Nouguier, Substituten des Generalprocurators bei dem k. Gerichtshof von Paris, zu den Functionen als Substituten des Generalprocurators bei dem Pairshof ernennt. Sodann ward die große Deputation, welche Se. Maj. am Neujahrstag zu beglückwünschen hat, durchs Loos bestimmt.

* In der Adressecommission der Deputirtenkammer begann am 30 Dec. die Erörterung über die Adresse; die allgemeine Discussion wird am 31 geschlossen werden, und man wird dann die Discussion der Artikel beginnen. Der Berichterstatter ist noch nicht ernannt. Man glaubt, Hr. v. Remusat werde mit der Berichterstattung beauftragt werden.

Es kommt bei dem sogenannten Bonapartistischen Complot, sagt die Revue de Paris, nicht sowohl darauf an, zu untersuchen, warum man einen Gefangenen wie Hrn. de Crouy nicht besser bewacht habe, als vielmehr die Intriguen ans Lich zu ziehen, die eine große Macht bei uns anzuknüpfen sucht.

*) Wir verweisen auf das eben erschienene neueste Heft der Deutschen Vierteljahrschrift (erstes Heft für 1840), worin sich eine interessante Zusammenstellung über die für die Pennypost vorgeschlagenen Briefcouverte, ihre Fertigung, ihren Verkauf, ihre Form betreffend, findet.
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[0026/0002] dem 10 Januar 1840 definitiv ins Leben treten. An diesem Tage wird, wie der Globe anzeigt, die Königin selbst auf ihr Privilegium der Portofreiheit verzichten, und sich fortan gestempelter Briefcouverte, wie ihre Unterthanen, bedienen. Hinsichtlich der zweckmäßigen Einrichtung dieser Couverte u. s. w. sind der Regierung nicht weniger als 2600 verschiedene Vorschläge zugekommen, aber so sinnreich auch viele derselben sind, wurde doch keiner der unmodificirten Annahme für würdig befunden, und die Lords der Schatzkammer haben hiernach beschlossen, statt der ausgeschriebenen Prämie für den besten Plan je 100 Pf.St. den Urhebern der vier approximativ nützlichsten Vorschläge zuzuerkennen. Mit Geld beschwerte Briefe werden vom Januar an auf der Briefpost nicht mehr angenommen, sondern an die Geldpost (Money order office) verwiesen. Wechsel in Briefen sollen, der Sicherheit wegen, von einander geschnitten und durch zwei verschiedene Posten abgeschickt werden. *) Am 24 Dec. starb in Brighton Hr. Davies Gilbert, vormals Präsident der königlichen Societät der Wissenschaften, Verfasser mehrerer geschätzten Werke, und langjähriges Parlamentsmitglied für Bodwin, bis er kurz vor dem Durchgehen der Reformbill wegen zunehmender Gebrechlichkeit sich vom öffentlichen Leben zurückzog. In Carlisle fand neulich eine Versammlung statt, in welcher auch Dr. Taylor zugegen war, und worin als Resolution aufgestellt wurde, daß alle Einmischung in Gewissenssachen von Seite der Regierungen oder Gesellschaften ein Verbrechen gegen die Freiheit des Unterthans, und jeder Versuch, Gelder zu erpressen, um eine besondere Form der Gottesverehrung zu unterstützen oder zur Feier eines bestimmten Tages zu zwingen, eine Handlung der ärgsten Tyrannei sey, die mit den Grundsätzen des Christenthums unverträglich wäre, und der man daher sich aufs äußerste widersetzen müsse. Von den Urtheilen der Londoner Presse über die französische Thronrede heben wir nur folgendes des ministeriellen M. Chronicle aus: „Sie ist ein sehr unschuldiges Actenstück; ziemlich wortreich und vag für ein Cabinet, das so viele Akademiker umfaßt, andrerseits aber auffallend bescheiden. Sie ergeht sich in keinen Lobsprüchen auf irgend ein Ministerium oder System. Die HH. Soult, Passy, Duchatel u. s. w. verschwinden darin so ganz, als wären sie ebenso viele Niemand und gehörten keiner Partei an. Einige Erfolge, die gerühmt werden konnten, hat man nicht einmal sehr ausgebeutet. So wird die Pacification Spaniens vor Allem der Weisheit der Königin-Regentin zugeschrieben: d. h. Perez de Castro war es, der Maroto zur Niederlegung der Waffen nöthigte. Indeß der arme Perez de Castro hatte dabei so wenig seine Hand im Spiel, wie Marschall Soult. Die Rede ist wenig mittheilsam in der auswärtigen Politik. Alles von der orientalischen Frage Gesagte hätte eben so gut vor einem halben Jahre gesagt werden können, und doch hat diese Frage seitdem einige Fortschritte gemacht. Die einzigen emphatischen und entschiedenen Erklärungen darin sind diese: daß Algier nimmermehr aufgegeben werden, und daß die Kammern den conservativen Geist der französischen Institutionen zu wahren suchen möchten, mit andern Worten, daß jeder Wahlreformplan verworfen werden soll. Doch gerade diese Verheißungen hätten wohl am allerletzten gemacht werden sollen; denn was kann die französische Regierung voraussagen, wie lange Frankreich die Occupation Algiers seinem Interesse gemäß finden, oder wie lange Frankreich noch Luft haben mag, 150,000 von seinen 33 Millionen Einwohnern das Wahlrecht monopolisiren zu lassen? Kein Wort ist gesagt von den Fünfprocentigen, da der Stand der Finanzen dem Land eben nur erlaubt, die Extra-Ausgaben für den Krieg und die Colonisation in Algier zu bestreiten. Die Stärke der Rede liegt jedoch in ihrer Schwäche – darin, daß sie keinen Nagel darbietet, woran sich ein Amendement oder eine Debatte hängen ließe.“ Londoner Blätter sprechen ihre Freude darüber aus, daß der König von Griechenland nunmehr dem schon vor längerer Zeit von den HH. Wright und Compagnie der griechischen Regierung vorgelegten Plane zur Errichtung einer Bank in Athen seine Genehmigung ertheilt und daß der Minister des Innern die zum Schutz dieses Instituts erforderlichen Documente unterzeichnet habe. Der Zinsfuß für diese Bank ist bei der Discontirung von Wechseln auf 8 und bei Hypothecirungen auf 10 Proc. festgesetzt. In diesen Tagen wurden zu Woolwich 26 Stück Zweiunddreißigpfünder probirt, welche in dem königlichen Arsenal nach dem Muster des Hrn. Monk waren gegossen worden. Alle wurden vollkommen gut befunden. Nach diesem Muster werden bei einem Zweiunddreißigpfünder 26 Centner an Metall gespart, und doch haben Versuche, welche diesen Sommer zu Walmer-Castle damit angestellt wurden, ihre große Wirksamkeit bewiesen. Ein Geschütz von 8 Zoll Mündung, aus welchem eine Kugel von 80 Pfund Schwere gefeuert wurde, trieb dieselbe 3 1/4 englische Meilen weit. Es sind auch nach diesem Muster vier große Stücke gegossen worden, welche 85 Centner wiegen, 10 Zoll Oeffnung in der Mündung haben und eine Kugel von 100 Pfund über drei englische Meilen weit schleudern; sie sind für zwei Dampfboote in dem indischen Ocean bestimmt. Frankreich. Paris, 30 Dec. Der Herzog von Caraman ist in Montpellier gestorben. Der Gesundheitszustand des Erzbischofs von Paris hat sich, der Gazette zufolge, neuerdings verschlimmert. Hr. Dupin hat sich nach Clamecy (Niévre) begeben, wo sein Vater bedenklich krank darnieder liegt. * In der Sitzung der Pairskammer am 30 Dec. verlas der Präsident, Hr. v. Pasquier, die k. Ordonnanz, welche das Parquet für den Proceß der Contumacirten des Aprils (wovon einige verhaftet wurden, andere sich selbst gestellt haben) bestimmt und Hrn. Franc Carré zu der Function als Generalprocurator und die HH. Boucly und Nouguier, Substituten des Generalprocurators bei dem k. Gerichtshof von Paris, zu den Functionen als Substituten des Generalprocurators bei dem Pairshof ernennt. Sodann ward die große Deputation, welche Se. Maj. am Neujahrstag zu beglückwünschen hat, durchs Loos bestimmt. * In der Adressecommission der Deputirtenkammer begann am 30 Dec. die Erörterung über die Adresse; die allgemeine Discussion wird am 31 geschlossen werden, und man wird dann die Discussion der Artikel beginnen. Der Berichterstatter ist noch nicht ernannt. Man glaubt, Hr. v. Remusat werde mit der Berichterstattung beauftragt werden. Es kommt bei dem sogenannten Bonapartistischen Complot, sagt die Revue de Paris, nicht sowohl darauf an, zu untersuchen, warum man einen Gefangenen wie Hrn. de Crouy nicht besser bewacht habe, als vielmehr die Intriguen ans Lich zu ziehen, die eine große Macht bei uns anzuknüpfen sucht. *) Wir verweisen auf das eben erschienene neueste Heft der Deutschen Vierteljahrschrift (erstes Heft für 1840), worin sich eine interessante Zusammenstellung über die für die Pennypost vorgeschlagenen Briefcouverte, ihre Fertigung, ihren Verkauf, ihre Form betreffend, findet.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 4. Augsburg, 4. Januar 1840, S. 0026. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_004_18400104/2>, abgerufen am 29.03.2024.