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Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

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zog er sie in ein kleines Gemach, über das Orangenblüthen ihren Duft und eine dunkelrothe Kristall-Ampel ihr dämmerndes Licht ausgoß, führte sie zu einem Atlas-Divan, und nahm neben ihr Platz. Stumm saßen beide da; ihr Busen flog heftig; die Hände bebten; sie hatte nicht den Muth, in seine flammenden Augen zu sehen. Stürmisch sprang er auf, kniete vor ihr nieder, und rief in höchster Extase: "Sie sind das göttlichste Weib, das ich je gesehen! Ich liebe Sie, liebe Sie wahnsinnig, will Sie besitzen um jeden Preis! Wohin Du auch gehst, süßes Weib, ich werde Dir folgen; ich werde nicht eher ruhn, bis ich Deine Liebe errungen! Das schwöre ich Dir bei meiner fürstlichen Ehre!" Mit leiser, aber fester Stimme erwiederte die Frau, ohne ihre innere Bewegung zu verrathen: "Was hab' ich Ihnen gethan, mein Prinz, daß Sie es wagen, mich so tief zu kränken; mir Worte zuzurufen, aus denen ich nur sehe, wie tief Sie mich verachten. Mögen Sie Ihre galanten Phrasen an Damen von Stande richten, die das zu würdigen verstehen; mir ist eine Liebe, wie sie aus Ihren Worten spricht, gänzlich unverständlich. Sie

zog er sie in ein kleines Gemach, über das Orangenblüthen ihren Duft und eine dunkelrothe Kristall-Ampel ihr dämmerndes Licht ausgoß, führte sie zu einem Atlas-Divan, und nahm neben ihr Platz. Stumm saßen beide da; ihr Busen flog heftig; die Hände bebten; sie hatte nicht den Muth, in seine flammenden Augen zu sehen. Stürmisch sprang er auf, kniete vor ihr nieder, und rief in höchster Extase: „Sie sind das göttlichste Weib, das ich je gesehen! Ich liebe Sie, liebe Sie wahnsinnig, will Sie besitzen um jeden Preis! Wohin Du auch gehst, süßes Weib, ich werde Dir folgen; ich werde nicht eher ruhn, bis ich Deine Liebe errungen! Das schwöre ich Dir bei meiner fürstlichen Ehre!“ Mit leiser, aber fester Stimme erwiederte die Frau, ohne ihre innere Bewegung zu verrathen: „Was hab' ich Ihnen gethan, mein Prinz, daß Sie es wagen, mich so tief zu kränken; mir Worte zuzurufen, aus denen ich nur sehe, wie tief Sie mich verachten. Mögen Sie Ihre galanten Phrasen an Damen von Stande richten, die das zu würdigen verstehen; mir ist eine Liebe, wie sie aus Ihren Worten spricht, gänzlich unverständlich. Sie

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[56/0068] zog er sie in ein kleines Gemach, über das Orangenblüthen ihren Duft und eine dunkelrothe Kristall-Ampel ihr dämmerndes Licht ausgoß, führte sie zu einem Atlas-Divan, und nahm neben ihr Platz. Stumm saßen beide da; ihr Busen flog heftig; die Hände bebten; sie hatte nicht den Muth, in seine flammenden Augen zu sehen. Stürmisch sprang er auf, kniete vor ihr nieder, und rief in höchster Extase: „Sie sind das göttlichste Weib, das ich je gesehen! Ich liebe Sie, liebe Sie wahnsinnig, will Sie besitzen um jeden Preis! Wohin Du auch gehst, süßes Weib, ich werde Dir folgen; ich werde nicht eher ruhn, bis ich Deine Liebe errungen! Das schwöre ich Dir bei meiner fürstlichen Ehre!“ Mit leiser, aber fester Stimme erwiederte die Frau, ohne ihre innere Bewegung zu verrathen: „Was hab' ich Ihnen gethan, mein Prinz, daß Sie es wagen, mich so tief zu kränken; mir Worte zuzurufen, aus denen ich nur sehe, wie tief Sie mich verachten. Mögen Sie Ihre galanten Phrasen an Damen von Stande richten, die das zu würdigen verstehen; mir ist eine Liebe, wie sie aus Ihren Worten spricht, gänzlich unverständlich. Sie

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Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/68>, abgerufen am 25.04.2024.