Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

ihres Gatten gekümmert. Sein Reichthum überhob sie sogar jeder kleinen Sorge für die Häuslichkeit, der auch Frauen aus den höchsten Ständen sich sonst oft unterziehn. Besonders seit ihrer Rückkunft von Karlsbad hatte sie, der Außenwelt fast unzugänglich, sich ganz einem innerlichen Leben zugewendet, und träumerisch vor ihrer Seele die Gestalten vorübergehn lassen, die so bedeutsamen Eindruck auf ihr tiefstes Wesen gemacht. Nur auf den Klängen der Musik wiegte sie oft die wechselnden Gefühle: Schmerz und Freude, all die Erinnerungen einer inhaltvollen Zeit. Denn die Töne sind die sanftesten Dollmetscher des Gefühles und der Schwärmerei, und lassen die leisesten Schwingungen der Seele ausklingen, wo das Wort in seiner scharfen und schneidenden Bestimmtheit das Gefühl verletzen würde. Oburn hielt diesen apathischen Zustand für Krankheit, und ängstigte sich ab, bis ihm der Arzt die Versicherung gab, daß seine Frau sich körperlich vollkommen wohl befinde. Getröstet begann er nun, sie eine Närrinn zu schelten, die ihm das Leben durch ihre Launen verbittere und immer ihren abgeschmackten Träumereien

ihres Gatten gekümmert. Sein Reichthum überhob sie sogar jeder kleinen Sorge für die Häuslichkeit, der auch Frauen aus den höchsten Ständen sich sonst oft unterziehn. Besonders seit ihrer Rückkunft von Karlsbad hatte sie, der Außenwelt fast unzugänglich, sich ganz einem innerlichen Leben zugewendet, und träumerisch vor ihrer Seele die Gestalten vorübergehn lassen, die so bedeutsamen Eindruck auf ihr tiefstes Wesen gemacht. Nur auf den Klängen der Musik wiegte sie oft die wechselnden Gefühle: Schmerz und Freude, all die Erinnerungen einer inhaltvollen Zeit. Denn die Töne sind die sanftesten Dollmetscher des Gefühles und der Schwärmerei, und lassen die leisesten Schwingungen der Seele ausklingen, wo das Wort in seiner scharfen und schneidenden Bestimmtheit das Gefühl verletzen würde. Oburn hielt diesen apathischen Zustand für Krankheit, und ängstigte sich ab, bis ihm der Arzt die Versicherung gab, daß seine Frau sich körperlich vollkommen wohl befinde. Getröstet begann er nun, sie eine Närrinn zu schelten, die ihm das Leben durch ihre Launen verbittere und immer ihren abgeschmackten Träumereien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0134" n="122"/>
ihres Gatten gekümmert. Sein Reichthum überhob sie                     sogar jeder kleinen Sorge für die Häuslichkeit, der auch Frauen aus den höchsten                     Ständen sich sonst oft unterziehn. Besonders seit ihrer Rückkunft von Karlsbad                     hatte sie, der Außenwelt fast unzugänglich, sich ganz einem innerlichen Leben                     zugewendet, und träumerisch vor ihrer Seele die Gestalten vorübergehn lassen,                     die so bedeutsamen Eindruck auf ihr tiefstes Wesen gemacht. Nur auf den Klängen                     der Musik wiegte sie oft die wechselnden Gefühle: Schmerz und Freude, all die                     Erinnerungen einer inhaltvollen Zeit. Denn die Töne sind die sanftesten                     Dollmetscher des Gefühles und der Schwärmerei, und lassen die leisesten                     Schwingungen der Seele ausklingen, wo das Wort in seiner scharfen und                     schneidenden Bestimmtheit das Gefühl verletzen würde. Oburn hielt diesen                     apathischen Zustand für Krankheit, und ängstigte sich ab, bis ihm der Arzt die                     Versicherung gab, daß seine Frau sich körperlich vollkommen wohl befinde.                     Getröstet begann er nun, sie eine Närrinn zu schelten, die ihm das Leben durch                     ihre Launen verbittere und immer ihren abgeschmackten Träumereien
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0134] ihres Gatten gekümmert. Sein Reichthum überhob sie sogar jeder kleinen Sorge für die Häuslichkeit, der auch Frauen aus den höchsten Ständen sich sonst oft unterziehn. Besonders seit ihrer Rückkunft von Karlsbad hatte sie, der Außenwelt fast unzugänglich, sich ganz einem innerlichen Leben zugewendet, und träumerisch vor ihrer Seele die Gestalten vorübergehn lassen, die so bedeutsamen Eindruck auf ihr tiefstes Wesen gemacht. Nur auf den Klängen der Musik wiegte sie oft die wechselnden Gefühle: Schmerz und Freude, all die Erinnerungen einer inhaltvollen Zeit. Denn die Töne sind die sanftesten Dollmetscher des Gefühles und der Schwärmerei, und lassen die leisesten Schwingungen der Seele ausklingen, wo das Wort in seiner scharfen und schneidenden Bestimmtheit das Gefühl verletzen würde. Oburn hielt diesen apathischen Zustand für Krankheit, und ängstigte sich ab, bis ihm der Arzt die Versicherung gab, daß seine Frau sich körperlich vollkommen wohl befinde. Getröstet begann er nun, sie eine Närrinn zu schelten, die ihm das Leben durch ihre Launen verbittere und immer ihren abgeschmackten Träumereien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-03-13T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Heinrich Heine Universität Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-13T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-13T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/134
Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/134>, abgerufen am 23.04.2024.