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Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

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mußte, haben sie fest beschlossen, unverzüglich die Fabrik zu verlassen und die Arbeit bei Ihnen gänzlich aufzugeben, wenn Sie den Lohn nicht wieder bis zu der früheren Taxe erhöhen."

"Was," schrie Oburn wüthend, "das Volk will nicht mehr arbeiten? Ist für solche Kreaturen nicht 1 Rthlr. 15 Sgr. wöchentlich ein reiches Einkommen? Was brauchen sie denn mehr zum Leben? Wollen sie übermüthig ein ganz besonderes Glück in Anspruch nehmen? Ein für allemal, Herr Ehrig -- reden Sie hierüber kein Wort mehr -- es bleibt so; und damit Punktum!"

Ehrig's Blick überflog mit bedeutsamen Ausdruck den mit den feinsten Leckereien besetzten Tisch, den er mit der kärglichen Kartoffel-Mahlzeit der Arbeiter verglich. Seine Gedanken verweilten bei der maßlosen Kluft zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen, nach deren Ausfüllung das Jahrhundert in jugendlichem Streben ringt, bei jenem Bruch der Gesellschaft, den noch kein System der edelsten Denker zu heilen vermochte, bei jenem Abgrund, an dessen Rand die Revolutionen

mußte, haben sie fest beschlossen, unverzüglich die Fabrik zu verlassen und die Arbeit bei Ihnen gänzlich aufzugeben, wenn Sie den Lohn nicht wieder bis zu der früheren Taxe erhöhen.“

„Was,“ schrie Oburn wüthend, „das Volk will nicht mehr arbeiten? Ist für solche Kreaturen nicht 1 Rthlr. 15 Sgr. wöchentlich ein reiches Einkommen? Was brauchen sie denn mehr zum Leben? Wollen sie übermüthig ein ganz besonderes Glück in Anspruch nehmen? Ein für allemal, Herr Ehrig — reden Sie hierüber kein Wort mehr — es bleibt so; und damit Punktum!“

Ehrig's Blick überflog mit bedeutsamen Ausdruck den mit den feinsten Leckereien besetzten Tisch, den er mit der kärglichen Kartoffel-Mahlzeit der Arbeiter verglich. Seine Gedanken verweilten bei der maßlosen Kluft zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen, nach deren Ausfüllung das Jahrhundert in jugendlichem Streben ringt, bei jenem Bruch der Gesellschaft, den noch kein System der edelsten Denker zu heilen vermochte, bei jenem Abgrund, an dessen Rand die Revolutionen

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[120/0132] mußte, haben sie fest beschlossen, unverzüglich die Fabrik zu verlassen und die Arbeit bei Ihnen gänzlich aufzugeben, wenn Sie den Lohn nicht wieder bis zu der früheren Taxe erhöhen.“ „Was,“ schrie Oburn wüthend, „das Volk will nicht mehr arbeiten? Ist für solche Kreaturen nicht 1 Rthlr. 15 Sgr. wöchentlich ein reiches Einkommen? Was brauchen sie denn mehr zum Leben? Wollen sie übermüthig ein ganz besonderes Glück in Anspruch nehmen? Ein für allemal, Herr Ehrig — reden Sie hierüber kein Wort mehr — es bleibt so; und damit Punktum!“ Ehrig's Blick überflog mit bedeutsamen Ausdruck den mit den feinsten Leckereien besetzten Tisch, den er mit der kärglichen Kartoffel-Mahlzeit der Arbeiter verglich. Seine Gedanken verweilten bei der maßlosen Kluft zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen, nach deren Ausfüllung das Jahrhundert in jugendlichem Streben ringt, bei jenem Bruch der Gesellschaft, den noch kein System der edelsten Denker zu heilen vermochte, bei jenem Abgrund, an dessen Rand die Revolutionen

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Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/132>, abgerufen am 29.03.2024.