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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XVII. Von denen Quietisten.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.

4. Ob nun wol also diese lehr- und lebens-
art in der Römischen kirchen gar nicht neu/ viel-
weniger von erdeneklichen jahren her in ihrem
gebrauch durch öffentliche auctorität verhindert
oder unterdrucket worden/ da sie zwar allezeit ih-
re heimlichen feinde gehabt: So ist es doch in
diesen letzten jahren auch damit so weit gekom-
men/ daß dieselbe allerdings unter dem namen
einer ketzerey auff anstifften derer Jesuiten öf-
fentlich verworffen und verdammet worden/
und zwar bey folgender gelegenheit. Michael
Molinosii
lebens,
lauff/
de Molinos oder Molines von geburt ein Spa-
nier aus dem Königreich Arragonien bürtig
und von einer ansehnlichen Familie entsprossen/
hatte sich aus verlangen GOtt und der kirchen
zu dienen in einen geistliche orden gar zeitlich be-
geben/ wiewol ohne geniessung der gewöhnli-
chen Beneficien/ und darinnen einsam und stille
gelebet/ wie Franciscus Johannes de sancta Ma-
ria der Franciscaner-General in der vorrede
über seine Manuduction bezeuget. Ungeacht
Lob/er nun/ nach eben dieses|mannes Relation, in
seinem abgeschiedenen leben niemanden gesu-
chet oder an sich gezogen/ begaben sich doch viel
tausend seelen freywillig zu ihm/ seiner geistlichen
gaben zu geniessen/ die ihm denn Gott zugesandt/
wie dieser mann bekennet. Er wurde aber son-
derlich in Jtalien überaus bekant und beliebt/
und insgemein vor einen klugen und verständi-
gen mann gehalten/ auch seines unsträfflichen
lebens halber von hohen und niedrigen geehret.

und schriff-
ten.

5. Wie denn sein buch gleich anfangs von
denen grösten vorstehern der Römischen kirchen
nacheinander öffentlich recommendiret wurde/
als da waren der Ertz-Bischoff von Rhegio,
der Franciscaner-General und Qualificator der
allgemeinen Inquisition, der General derer Car-
Wie auch
derselben
censuren
und re-
commen-
dation.
meliten/ der General-Inquisitions- Rath/
item der Ertz-Bischoffvon Palermo und viel
andere/ deren Censuren in der ersten edition an-
no
1675. und in andern vorgedrucket wurden/
denn diese Inquisitores selbst bezeugten/ daß
dieses buch des Molinos die reine lehre/ so
der lehre der heiligen gemäß sey/ begreif-
fe/ den leser mit geistlichen regeln in der
geheimen Mystischen erkäntnis mit
verständlichen worten und redens-arten
zu unterweisen vermöchte. Das darinnen
enthaltene verborgene geheimnis der
höchsten betrachtung übertreffe weit
alle schul-lehren/ und sey nichts darinnen/
so gesunder lehre zuwider wäre/ oder auch
den guten sitten/ sondern es sey hoch zu
loben/ des druckes werth/ und grosser
nutzen davon zu gewarten.
Das buch
Editiones
und versio-
nes.
selber aber ist anfänglich in Jtaliänischer spra-
che unterschiedlichemal zum Rom und Venedig/
ja wie der Ertz-Bischoff zu Palermo in seiner
Recommendation versichert/ über zwantzig
mal in allerhand sprachen herausgekommen/
hernach auch in die Frantzösische/ Holländische
und andere Europäische sprachen/ und denn von
Mag. August. Hermann Francken in die Latei-
nische/ zuletzt auch in die Hochteutsche übersetzet
worden/ welche diesen titul hat:

Doct. Michaelis de Molinos sacerdotis.
Manuductio spiritualis extricans ani-
mam, eamque per viam interiorem ad
acquirendam contemplationis pet-

[Spaltenumbruch] sectionem ac divitem pacis interiorisJahr
MDC.
biß
MDCC.

thesaurum deducens.

Hieran ist auch noch mit angehenget sein tra-
ctat de communione quotidiana,
welcher gleich-
fals von dem vornemften Lectore Theologiae zu
Romöffentlich approbiret und gerühmet wur-
de.

6. Sobald dieses buch in den druck kam/Grosser
applausus
deswegen.

wurde es geschwind durch gantz Spanien und
Jtalien ausgestreuet/ und wegen seiner anmutig-
keit und unaffectirten zierlichkeit von jederman
begehret und angenommen. Hatte der Auctor
zuvor grosse liebe und hochachtung überall ge-
habt/ so vermehrte sich nun sein ansehen desto
mehr/ und die vornemsten leute suchten seine
freundschafft. Er gerieth in die allerweitläuff-
tigste correspondentz/ weil man von allen orten
und enden briefe an ihn schrieb/ und die be-
rühmtesten Geistlichen sich seines raths in aller-
hand fällen bedieneten. Unter seinen Patro-Seine
grössesten
freunde/

nen zu Rom waren die 3. Cardinäle Coloredo,
Ciceri,
und Petruzzi, wie auch noch andere
aus diesem Collegio, als Carpegna, Azzolini,
Casanata,
und sonderlich der Cardinal d'Estrees,
der ehemals des berühmten Launoji vertrau-
ter freund gewesen/ auch viel mißbräuche und
irrthümer ernstlich angriffen gehabt/ und nun
den Molinos um seiner sachen willen desto hö-
her hielte. Ja was noch mehr war/ der neue
Pabst Innocentius XI. bezeugte auff alle mög-
liche art und weise öffentlich/ wie hoch er diesen
mann zu aestimiren wüste/ räumte ihm auch zu
dessen Commodität einen eigenen pallast ein.
Unzehliche Priester bedienten sich der lehr-artund ver-
mehrung-
seiner par-
they.

des Molinos, und brachten selbige ihren beicht-
kindern bey/ so daß in kurtzer zeit fast an allen or-
ten die leute/ und sonderlich die Religiosen an
statt der andern gewöhnlichen satzungen sich
auff die geistlichen betrachtungen und das in-
nerliche gebet legten/ ausgenommen diejenigen/
welche Jesuitische beicht-väter hatten. Hier-
aus folgte ferner/ daß an vielen orten in Jtali-
en gewisse zusammenkünffte und societaeten in
kirchen- und privat-häusern angestellet wur-
den/ welche man geistliche conferenzen oder
unterredungen
nennte/ wie der Cardinal
Cibo in seinem ausschreiben/ (davon bald soll
gesagt werden) meldet. Die menge derer per-Grosse
correspon-
den
tz.

sonen/ so dem Molinos hierinne beygefallen/
mag dermassen zugenommen haben/ daß man
bey seiner arrestirung in die 20000. briefe gezeh-
let/ die an ihn geschrieben worden/ ja an einem
tag allein 20. Rthl. dem postmeister bloß vor
briefe gezehlet worden. Siehe auch Burnets
reise durch Jtalien p. II. p. 450. und die conti-
nuation p.
30. u. f.

7. Nun ist freylich wol nicht zu zweiffeln/ daßBefchaf-
fenheit sei-
ner anhän-
ger/

viele dem Molinos aus neugterigkeit und ohne
auffrichtige absichten mögen beygefallen seyn/
auch wol aus andern ursachen/ und sonderlich
weil sie gesehen/ daß so viel Grosse hierinne inter-
essir
et waren. Allein es bekennen doch auch
unpartheyische scribenten/ und unter denselben
der Auctor der beschreibung des gegen-
wärtigen zustandes in Jtalien
im ersten
brieff p. 32. daß Molinos mit denen sich
sonderlich eingelassen habe/ welche sonst
hohes und vortreff liches geistes gewe-
sen.
Jngleichen/ daß sie wol diese auff-und ihre
intention.

richtige intention gehabt/ die welt ein-

mal
R 3
Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.

4. Ob nun wol alſo dieſe lehr- und lebens-
art in der Roͤmiſchen kirchen gar nicht neu/ viel-
weniger von erdeneklichen jahren her in ihrem
gebrauch durch oͤffentliche auctoritaͤt verhindert
oder unterdrucket worden/ da ſie zwar allezeit ih-
re heimlichen feinde gehabt: So iſt es doch in
dieſen letzten jahren auch damit ſo weit gekom-
men/ daß dieſelbe allerdings unter dem namen
einer ketzerey auff anſtifften derer Jeſuiten oͤf-
fentlich verworffen und verdammet worden/
und zwar bey folgender gelegenheit. Michael
Molinoſii
lebens,
lauff/
de Molinos oder Molines von geburt ein Spa-
nier aus dem Koͤnigreich Arragonien buͤrtig
und von einer anſehnlichen Familie entſproſſen/
hatte ſich aus verlangen GOtt und der kirchen
zu dienen in einen geiſtlichē orden gar zeitlich be-
geben/ wiewol ohne genieſſung der gewoͤhnli-
chen Beneficien/ und darinnen einſam und ſtille
gelebet/ wie Franciſcus Johannes de ſancta Ma-
ria der Franciſcaner-General in der vorrede
uͤber ſeine Manuduction bezeuget. Ungeacht
Lob/er nun/ nach eben dieſes|mannes Relation, in
ſeinem abgeſchiedenen leben niemanden geſu-
chet oder an ſich gezogen/ begaben ſich doch viel
tauſend ſeelen freywillig zu ihm/ ſeineꝛ geiſtlichen
gaben zu genieſſen/ die ihm deñ Gott zugeſandt/
wie dieſer mann bekennet. Er wurde aber ſon-
derlich in Jtalien uͤberaus bekant und beliebt/
und insgemein vor einen klugen und verſtaͤndi-
gen mann gehalten/ auch ſeines unſtraͤfflichen
lebens halber von hohen und niedrigen geehret.

und ſchriff-
ten.

5. Wie denn ſein buch gleich anfangs von
denen groͤſten vorſtehern der Roͤmiſchen kirchen
nacheinander oͤffentlich recommendiret wurde/
als da waren der Ertz-Biſchoff von Rhegio,
der Franciſcaner-General und Qualificator der
allgemeinen Inquiſition, der General derer Car-
Wie auch
derſelben
cenſuren
und re-
commen-
dation.
meliten/ der General-Inquiſitions- Rath/
item der Ertz-Biſchoffvon Palermo und viel
andere/ deren Cenſuren in der erſten edition an-
no
1675. und in andern vorgedrucket wurden/
denn dieſe Inquiſitores ſelbſt bezeugten/ daß
dieſes buch des Molinos die reine lehre/ ſo
der lehre der heiligen gemaͤß ſey/ begreif-
fe/ den leſer mit geiſtlichen regeln in der
geheimen Myſtiſchen erkaͤntnis mit
verſtaͤndlichen worten und redens-arten
zu unterweiſen vermoͤchte. Das dariñen
enthaltene verborgene geheimnis der
hoͤchſten betrachtung uͤbertreffe weit
alle ſchul-lehꝛen/ und ſey nichts daꝛinnen/
ſo geſunder lehre zuwider waͤꝛe/ odeꝛ auch
den guten ſitten/ ſondern es ſey hoch zu
loben/ des druckes werth/ und groſſer
nutzen davon zu gewarten.
Das buch
Editiones
und verſio-
nes.
ſelber aber iſt anfaͤnglich in Jtaliaͤniſcher ſpra-
che unterſchiedlichemal zum Rom uñ Venedig/
ja wie der Ertz-Biſchoff zu Palermo in ſeiner
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mal in allerhand ſprachen herausgekommen/
hernach auch in die Frantzoͤſiſche/ Hollaͤndiſche
und andere Europaͤiſche ſprachen/ und denn von
Mag. Auguſt. Hermann Francken in die Latei-
niſche/ zuletzt auch in die Hochteutſche uͤberſetzet
worden/ welche dieſen titul hat:

Doct. Michaelis de Molinos ſacerdotis.
Manuductio ſpiritualis extricans ani-
mam, eamque per viam interiorem ad
acquirendam contemplationis pet-

[Spaltenumbruch] ſectionem ac divitem pacis interiorisJahr
MDC.
biß
MDCC.

theſaurum deducens.

Hieran iſt auch noch mit angehenget ſein tra-
ctat de communione quotidiana,
welcher gleich-
fals von dem vornemften Lectore Theologiæ zu
Romoͤffentlich approbiret und geruͤhmet wur-
de.

6. Sobald dieſes buch in den druck kam/Groſſer
applauſus
deswegen.

wurde es geſchwind durch gantz Spanien und
Jtalien ausgeſtreuet/ uñ wegen ſeineꝛ anmutig-
keit und unaffectirten zierlichkeit von jederman
begehret und angenommen. Hatte der Auctor
zuvor groſſe liebe und hochachtung uͤberall ge-
habt/ ſo vermehrte ſich nun ſein anſehen deſto
mehr/ und die vornemſten leute ſuchten ſeine
freundſchafft. Er gerieth in die allerweitlaͤuff-
tigſte correſpondentz/ weil man von allen orten
und enden briefe an ihn ſchrieb/ und die be-
ruͤhmteſten Geiſtlichen ſich ſeines raths in aller-
hand faͤllen bedieneten. Unter ſeinen Patro-Seine
groͤſſeſten
freunde/

nen zu Rom waren die 3. Cardinaͤle Coloredo,
Ciceri,
und Petruzzi, wie auch noch andere
aus dieſem Collegio, als Carpegna, Azzolini,
Caſanata,
und ſondeꝛlich der Cardinal d’Eſtrées,
der ehemals des beruͤhmten Launoji vertrau-
ter freund geweſen/ auch viel mißbraͤuche und
irꝛthuͤmer ernſtlich angriffen gehabt/ und nun
den Molinos um ſeiner ſachen willen deſto hoͤ-
her hielte. Ja was noch mehr war/ der neue
Pabſt Innocentius XI. bezeugte auff alle moͤg-
liche art und weiſe oͤffentlich/ wie hoch er dieſen
mann zu æſtimiren wuͤſte/ raͤumte ihm auch zu
deſſen Commoditaͤt einen eigenen pallaſt ein.
Unzehliche Prieſter bedienten ſich der lehr-artund ver-
mehrung-
ſeiner par-
they.

des Molinos, und brachten ſelbige ihren beicht-
kindern bey/ ſo daß in kurtzer zeit faſt an allen or-
ten die leute/ und ſonderlich die Religioſen an
ſtatt der andern gewoͤhnlichen ſatzungen ſich
auff die geiſtlichen betrachtungen und das in-
nerliche gebet legten/ ausgenommen diejenigen/
welche Jeſuitiſche beicht-vaͤter hatten. Hier-
aus folgte ferner/ daß an vielen orten in Jtali-
en gewiſſe zuſammenkuͤnffte und ſocietæten in
kirchen- und privat-haͤuſern angeſtellet wur-
den/ welche man geiſtliche conferenzen oder
unterredungen
nennte/ wie der Cardinal
Cibo in ſeinem ausſchreiben/ (davon bald ſoll
geſagt werden) meldet. Die menge derer per-Groſſe
correſpon-
den
tz.

ſonen/ ſo dem Molinos hierinne beygefallen/
mag dermaſſen zugenommen haben/ daß man
bey ſeiner arreſtirung in die 20000. briefe gezeh-
let/ die an ihn geſchrieben worden/ ja an einem
tag allein 20. Rthl. dem poſtmeiſter bloß vor
briefe gezehlet worden. Siehe auch Burnets
reiſe durch Jtalien p. II. p. 450. und die conti-
nuation p.
30. u. f.

7. Nun iſt freylich wol nicht zu zweiffeln/ daßBefchaf-
fenheit ſei-
ner anhaͤn-
ger/

viele dem Molinos aus neugterigkeit und ohne
auffrichtige abſichten moͤgen beygefallen ſeyn/
auch wol aus andern urſachen/ und ſonderlich
weil ſie geſehen/ daß ſo viel Groſſe hieriñe inter-
eſſir
et waren. Allein es bekennen doch auch
unpartheyiſche ſcribenten/ und unter denſelben
der Auctor der beſchreibung des gegen-
waͤrtigen zuſtandes in Jtalien
im erſten
brieff p. 32. daß Molinos mit denen ſich
ſonderlich eingelaſſen habe/ welche ſonſt
hohes und vortreff liches geiſtes gewe-
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[173/0185] Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten. 4. Ob nun wol alſo dieſe lehr- und lebens- art in der Roͤmiſchen kirchen gar nicht neu/ viel- weniger von erdeneklichen jahren her in ihrem gebrauch durch oͤffentliche auctoritaͤt verhindert oder unterdrucket worden/ da ſie zwar allezeit ih- re heimlichen feinde gehabt: So iſt es doch in dieſen letzten jahren auch damit ſo weit gekom- men/ daß dieſelbe allerdings unter dem namen einer ketzerey auff anſtifften derer Jeſuiten oͤf- fentlich verworffen und verdammet worden/ und zwar bey folgender gelegenheit. Michael de Molinos oder Molines von geburt ein Spa- nier aus dem Koͤnigreich Arragonien buͤrtig und von einer anſehnlichen Familie entſproſſen/ hatte ſich aus verlangen GOtt und der kirchen zu dienen in einen geiſtlichē orden gar zeitlich be- geben/ wiewol ohne genieſſung der gewoͤhnli- chen Beneficien/ und darinnen einſam und ſtille gelebet/ wie Franciſcus Johannes de ſancta Ma- ria der Franciſcaner-General in der vorrede uͤber ſeine Manuduction bezeuget. Ungeacht er nun/ nach eben dieſes|mannes Relation, in ſeinem abgeſchiedenen leben niemanden geſu- chet oder an ſich gezogen/ begaben ſich doch viel tauſend ſeelen freywillig zu ihm/ ſeineꝛ geiſtlichen gaben zu genieſſen/ die ihm deñ Gott zugeſandt/ wie dieſer mann bekennet. Er wurde aber ſon- derlich in Jtalien uͤberaus bekant und beliebt/ und insgemein vor einen klugen und verſtaͤndi- gen mann gehalten/ auch ſeines unſtraͤfflichen lebens halber von hohen und niedrigen geehret. Molinoſii lebens, lauff/ Lob/ 5. Wie denn ſein buch gleich anfangs von denen groͤſten vorſtehern der Roͤmiſchen kirchen nacheinander oͤffentlich recommendiret wurde/ als da waren der Ertz-Biſchoff von Rhegio, der Franciſcaner-General und Qualificator der allgemeinen Inquiſition, der General derer Car- meliten/ der General-Inquiſitions- Rath/ item der Ertz-Biſchoffvon Palermo und viel andere/ deren Cenſuren in der erſten edition an- no 1675. und in andern vorgedrucket wurden/ denn dieſe Inquiſitores ſelbſt bezeugten/ daß dieſes buch des Molinos die reine lehre/ ſo der lehre der heiligen gemaͤß ſey/ begreif- fe/ den leſer mit geiſtlichen regeln in der geheimen Myſtiſchen erkaͤntnis mit verſtaͤndlichen worten und redens-arten zu unterweiſen vermoͤchte. Das dariñen enthaltene verborgene geheimnis der hoͤchſten betrachtung uͤbertreffe weit alle ſchul-lehꝛen/ und ſey nichts daꝛinnen/ ſo geſunder lehre zuwider waͤꝛe/ odeꝛ auch den guten ſitten/ ſondern es ſey hoch zu loben/ des druckes werth/ und groſſer nutzen davon zu gewarten. Das buch ſelber aber iſt anfaͤnglich in Jtaliaͤniſcher ſpra- che unterſchiedlichemal zum Rom uñ Venedig/ ja wie der Ertz-Biſchoff zu Palermo in ſeiner Recommendation verſichert/ uͤber zwantzig mal in allerhand ſprachen herausgekommen/ hernach auch in die Frantzoͤſiſche/ Hollaͤndiſche und andere Europaͤiſche ſprachen/ und denn von Mag. Auguſt. Hermann Francken in die Latei- niſche/ zuletzt auch in die Hochteutſche uͤberſetzet worden/ welche dieſen titul hat: Wie auch derſelben cenſuren und re- commen- dation. Editiones und verſio- nes. Doct. Michaelis de Molinos ſacerdotis. Manuductio ſpiritualis extricans ani- mam, eamque per viam interiorem ad acquirendam contemplationis pet- ſectionem ac divitem pacis interioris theſaurum deducens. Hieran iſt auch noch mit angehenget ſein tra- ctat de communione quotidiana, welcher gleich- fals von dem vornemften Lectore Theologiæ zu Romoͤffentlich approbiret und geruͤhmet wur- de. 6. Sobald dieſes buch in den druck kam/ wurde es geſchwind durch gantz Spanien und Jtalien ausgeſtreuet/ uñ wegen ſeineꝛ anmutig- keit und unaffectirten zierlichkeit von jederman begehret und angenommen. Hatte der Auctor zuvor groſſe liebe und hochachtung uͤberall ge- habt/ ſo vermehrte ſich nun ſein anſehen deſto mehr/ und die vornemſten leute ſuchten ſeine freundſchafft. Er gerieth in die allerweitlaͤuff- tigſte correſpondentz/ weil man von allen orten und enden briefe an ihn ſchrieb/ und die be- ruͤhmteſten Geiſtlichen ſich ſeines raths in aller- hand faͤllen bedieneten. Unter ſeinen Patro- nen zu Rom waren die 3. Cardinaͤle Coloredo, Ciceri, und Petruzzi, wie auch noch andere aus dieſem Collegio, als Carpegna, Azzolini, Caſanata, und ſondeꝛlich der Cardinal d’Eſtrées, der ehemals des beruͤhmten Launoji vertrau- ter freund geweſen/ auch viel mißbraͤuche und irꝛthuͤmer ernſtlich angriffen gehabt/ und nun den Molinos um ſeiner ſachen willen deſto hoͤ- her hielte. Ja was noch mehr war/ der neue Pabſt Innocentius XI. bezeugte auff alle moͤg- liche art und weiſe oͤffentlich/ wie hoch er dieſen mann zu æſtimiren wuͤſte/ raͤumte ihm auch zu deſſen Commoditaͤt einen eigenen pallaſt ein. Unzehliche Prieſter bedienten ſich der lehr-art des Molinos, und brachten ſelbige ihren beicht- kindern bey/ ſo daß in kurtzer zeit faſt an allen or- ten die leute/ und ſonderlich die Religioſen an ſtatt der andern gewoͤhnlichen ſatzungen ſich auff die geiſtlichen betrachtungen und das in- nerliche gebet legten/ ausgenommen diejenigen/ welche Jeſuitiſche beicht-vaͤter hatten. Hier- aus folgte ferner/ daß an vielen orten in Jtali- en gewiſſe zuſammenkuͤnffte und ſocietæten in kirchen- und privat-haͤuſern angeſtellet wur- den/ welche man geiſtliche conferenzen oder unterredungen nennte/ wie der Cardinal Cibo in ſeinem ausſchreiben/ (davon bald ſoll geſagt werden) meldet. Die menge derer per- ſonen/ ſo dem Molinos hierinne beygefallen/ mag dermaſſen zugenommen haben/ daß man bey ſeiner arreſtirung in die 20000. briefe gezeh- let/ die an ihn geſchrieben worden/ ja an einem tag allein 20. Rthl. dem poſtmeiſter bloß vor briefe gezehlet worden. Siehe auch Burnets reiſe durch Jtalien p. II. p. 450. und die conti- nuation p. 30. u. f. Groſſer applauſus deswegen. Seine groͤſſeſten freunde/ und ver- mehrung- ſeiner par- they. Groſſe correſpon- dentz. 7. Nun iſt freylich wol nicht zu zweiffeln/ daß viele dem Molinos aus neugterigkeit und ohne auffrichtige abſichten moͤgen beygefallen ſeyn/ auch wol aus andern urſachen/ und ſonderlich weil ſie geſehen/ daß ſo viel Groſſe hieriñe inter- eſſiret waren. Allein es bekennen doch auch unpartheyiſche ſcribenten/ und unter denſelben der Auctor der beſchreibung des gegen- waͤrtigen zuſtandes in Jtalien im erſten brieff p. 32. daß Molinos mit denen ſich ſonderlich eingelaſſen habe/ welche ſonſt hohes und vortreff liches geiſtes gewe- ſen. Jngleichen/ daß ſie wol dieſe auff- richtige intention gehabt/ die welt ein- mal Befchaf- fenheit ſei- ner anhaͤn- ger/ und ihre intention. R 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/185>, abgerufen am 25.04.2024.