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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Vorrede.
her einen Ekel davor bekommen/ und biß dato behalten. Hin-
gegen/ daß ich allein in dem HErrn JEsu CHristo und dessen
eigener lauterer Lehre alles miteinander suche/ finde und genies-
se/ so ferne er sich in seinem Worte offenbahret/ und noch immer
als das wahrhafftige Licht einen jeden Menschen gerne erleuch-
tet: Welches denn auch die brüderliche Liebe zu allen seinen
wahren Gliedern/ und die gemeine zu allen Menschen gründet
und unterhält.

5 Dieser theure Grund/ nehmlich die unpartheyische Liebe
und Friedens-Begierde gegen iederman hat mich auch gedrun-
gen/ mich aller zancksüchtigen Urtheile/ Aussprüche und Lehr-
Sätze zu enthalten/ und bloß das Amt eines redlichen Histori-
ci
zu mainteniren/ durch eine unpartheyische Relation und
dabey gesetzte Zeugnisse der Wahrheit/ oder wenigstens durch
beygefügten Anlaß/ der den Leser bewegen möchte/ der Sache
weiter nachzusinnen. Es wäre mir wol ein leichtes gewesen/
mit Sätzen/ Gegen-Sätzen und Schul-Fragen heraus zu fahren
und auch die paradoxesten Dinge zu verfechten: Alleine/ was
hätten diese anders gebohren/ als Zanck/ und folglich Haß/ Lä-
sterung und eitel böse Ding? Dahero mir niemand übel spre-
chen kan/ daß ich das erste Wort auff dem Titel-Blat immer
vor Augen gehabt/ nehmlich/ daß ich eine unpartheyische
Historie
schreiben/ und also selber gegen alle indifferent
seyn müsse; ob ich wol weder mir noch andern Freyheit geben
darff/ in dem Grunde des Glaubens auffs ungewisse zu lauffen.

6 Die Zeit und der Raum haben im übrigen nicht ver-
gönnen wollen/ bey Excerpirung der Stellen aus den ange-
führten Scribenten allzu weitläufftig zu seyn/ sondern mit der
Summa der Materien meistentheils dem Leser an die Hand zu
gehen/ und zu weiterem Nachschlagen Anlaß zu geben. Jm-
mittelst sind doch einige rare und bedenckliche Bücher/ darüber
in der Kirchen etwa Streit entstanden/ in dem Vierdten Theil
excerpiret und recensiret worden/ welches/ wo nicht allen/ doch
den meisten und verständigsten lieb seyn wird. Solte sich in-
dessen iemand bey dieser Arbeit in öffentlichen Schrifften durch
das leider! gewöhnliche Lästern und Verketzern mißvergnügt
bezeigen wollen: der hat erstlich wol zu überlegen/ ob er die
Sache nach Würden ausführen/ oder nicht vielmehr noch wei-

tere

Vorrede.
her einen Ekel davor bekommen/ und biß dato behalten. Hin-
gegen/ daß ich allein in dem HErrn JEſu CHriſto und deſſen
eigener lauterer Lehre alles miteinander ſuche/ finde und genieſ-
ſe/ ſo ferne er ſich in ſeinem Worte offenbahret/ und noch immer
als das wahrhafftige Licht einen jeden Menſchen gerne erleuch-
tet: Welches denn auch die bruͤderliche Liebe zu allen ſeinen
wahren Gliedern/ und die gemeine zu allen Menſchen gruͤndet
und unterhaͤlt.

5 Dieſer theure Grund/ nehmlich die unpartheyiſche Liebe
und Friedens-Begierde gegen iederman hat mich auch gedrun-
gen/ mich aller zanckſuͤchtigen Urtheile/ Ausſpruͤche und Lehr-
Saͤtze zu enthalten/ und bloß das Amt eines redlichen Hiſtori-
ci
zu mainteniren/ durch eine unpartheyiſche Relation und
dabey geſetzte Zeugniſſe der Wahrheit/ oder wenigſtens durch
beygefuͤgten Anlaß/ der den Leſer bewegen moͤchte/ der Sache
weiter nachzuſinnen. Es waͤre mir wol ein leichtes geweſen/
mit Saͤtzen/ Gegen-Saͤtzen und Schul-Fragen heraus zu fahren
und auch die paradoxeſten Dinge zu verfechten: Alleine/ was
haͤtten dieſe anders gebohren/ als Zanck/ und folglich Haß/ Laͤ-
ſterung und eitel boͤſe Ding? Dahero mir niemand uͤbel ſpre-
chen kan/ daß ich das erſte Wort auff dem Titel-Blat immer
vor Augen gehabt/ nehmlich/ daß ich eine unpartheyiſche
Hiſtorie
ſchreiben/ und alſo ſelber gegen alle indifferent
ſeyn muͤſſe; ob ich wol weder mir noch andern Freyheit geben
darff/ in dem Grunde des Glaubens auffs ungewiſſe zu lauffen.

6 Die Zeit und der Raum haben im uͤbrigen nicht ver-
goͤnnen wollen/ bey Excerpirung der Stellen aus den ange-
fuͤhrten Scribenten allzu weitlaͤufftig zu ſeyn/ ſondern mit der
Summa der Materien meiſtentheils dem Leſer an die Hand zu
gehen/ und zu weiterem Nachſchlagen Anlaß zu geben. Jm-
mittelſt ſind doch einige rare und bedenckliche Buͤcher/ daruͤber
in der Kirchen etwa Streit entſtanden/ in dem Vierdten Theil
excerpiret und recenſiret worden/ welches/ wo nicht allen/ doch
den meiſten und verſtaͤndigſten lieb ſeyn wird. Solte ſich in-
deſſen iemand bey dieſer Arbeit in oͤffentlichen Schrifften durch
das leider! gewoͤhnliche Laͤſtern und Verketzern mißvergnuͤgt
bezeigen wollen: der hat erſtlich wol zu uͤberlegen/ ob er die
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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/11>, abgerufen am 29.03.2024.