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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Vorrede.
in vorigen Jahren; dieselbe aber von denen falschen Lehrern
theils mit List/ theils mit Macht an zulänglicher Erkäntnis und
Zunahme derselben fast überall gehindert wird/ also daß die
wenigsten von dem Geheimnis der Boßheit oder auch der Gott-
seligkeit mündlich berichtet werden können: So ist annoch durch
Gottes Providenz die schrifftliche Anweisung übrig/ welche
auch viel weiter als die mündliche und an solche Orte zugleich
reichet/ dahin sonst nicht leicht ein Zeuge der Wahrheit kom-
men kan.

3 Aus diesem Absehen ist nun auch nach GOttes Willen
der Erstre und Andere Theil dieser Kirchen-Geschichte publici-
ret worden: denen die beyden gegenwärtigen nunmehro aus
eben solchem Zweck folgen. Die anderen Ursachen oder Umb-
stände des gantzen Wercks wird der Leser in denen Vorreden
über die beyden ersten Theile nacheinander angeführet finden:
also daß allhier nichts weiter mehr zu erinnern nöthig scheinet.
Wie denn auch die Ursachen/ warum man nicht die Historie
vom 1688sten biß auff dieses itzige Jahr fortgesetzet/ im Beschluß
dieses hier folgenden Dritten Theils zu ersehen sind.

4 Meine Haupt-Absicht ist bey diesen und allen andern
Schrifften/ dem Friede nachzujagen/ und deßwegen allem An-
laß zum streiten und Schul-Gezäncke/ so viel an mir ist/ durch
GOttes Gnade zuvor zu kommen. Daß ich demnach viel
weniger geneigt und gesonnen bin/ mich in die ietzigen Strei-
tigkeiten im geringsten zu mengen/ oder einige Parthey zu ver-
theidigen. Angesehen dieses alleine GOtt selbst thun kan und
muß/ als welcher auch die menschlichen Fehler/ welche bey eini-
gen sonst gutscheinenden Hauffen zu finden/ selber entdecken und
abthun wolle! Und ob wohl einige streit-süchtige Leute mich
auch unter eine gewisse Parthey oder Secte mit ziehen/ und mei-
ne Arbeit/ als ob sie auff Verfechtung dieses oder jenes Hauf-
fens hauptsächlich angesehen wäre/ beschuldigen und verdächtig
machen wollen: So bekenne ich doch frey dasjenige/ was
GOTT selber weiß/ daß es in mir also stehe/ ja er selbst durch
seinen Heil. Geist in CHristo JEsu gewircket hat. Nemlich/
daß sich mein Gewissen so gar nicht in einiger Secte menschli-
cher Lehr-Art oder Meinung/ sie scheine so gut als sie wolle/
befriedigen könne/ daß ich vielmehr immerzu den großen Scha-
den und Ungrund des sectirischen Unwesens erkannt und da-

her

Vorrede.
in vorigen Jahren; dieſelbe aber von denen falſchen Lehrern
theils mit Liſt/ theils mit Macht an zulaͤnglicher Erkaͤntnis und
Zunahme derſelben faſt uͤberall gehindert wird/ alſo daß die
wenigſten von dem Geheimnis der Boßheit oder auch der Gott-
ſeligkeit muͤndlich berichtet werden koͤnnen: So iſt annoch durch
Gottes Providenz die ſchrifftliche Anweiſung uͤbrig/ welche
auch viel weiter als die muͤndliche und an ſolche Orte zugleich
reichet/ dahin ſonſt nicht leicht ein Zeuge der Wahrheit kom-
men kan.

3 Aus dieſem Abſehen iſt nun auch nach GOttes Willen
der Erſtre und Andere Theil dieſer Kirchen-Geſchichte publici-
ret worden: denen die beyden gegenwaͤrtigen nunmehro aus
eben ſolchem Zweck folgen. Die anderen Urſachen oder Umb-
ſtaͤnde des gantzen Wercks wird der Leſer in denen Vorreden
uͤber die beyden erſten Theile nacheinander angefuͤhret finden:
alſo daß allhier nichts weiter mehr zu erinnern noͤthig ſcheinet.
Wie denn auch die Urſachen/ warum man nicht die Hiſtorie
vom 1688ſten biß auff dieſes itzige Jahr fortgeſetzet/ im Beſchluß
dieſes hier folgenden Dritten Theils zu erſehen ſind.

4 Meine Haupt-Abſicht iſt bey dieſen und allen andern
Schrifften/ dem Friede nachzujagen/ und deßwegen allem An-
laß zum ſtreiten und Schul-Gezaͤncke/ ſo viel an mir iſt/ durch
GOttes Gnade zuvor zu kommen. Daß ich demnach viel
weniger geneigt und geſonnen bin/ mich in die ietzigen Strei-
tigkeiten im geringſten zu mengen/ oder einige Parthey zu ver-
theidigen. Angeſehen dieſes alleine GOtt ſelbſt thun kan und
muß/ als welcher auch die menſchlichen Fehler/ welche bey eini-
gen ſonſt gutſcheinenden Hauffen zu finden/ ſelber entdecken und
abthun wolle! Und ob wohl einige ſtreit-ſuͤchtige Leute mich
auch unter eine gewiſſe Parthey oder Secte mit ziehen/ und mei-
ne Arbeit/ als ob ſie auff Verfechtung dieſes oder jenes Hauf-
fens hauptſaͤchlich angeſehen waͤre/ beſchuldigen und verdaͤchtig
machen wollen: So bekenne ich doch frey dasjenige/ was
GOTT ſelber weiß/ daß es in mir alſo ſtehe/ ja er ſelbſt durch
ſeinen Heil. Geiſt in CHriſto JEſu gewircket hat. Nemlich/
daß ſich mein Gewiſſen ſo gar nicht in einiger Secte menſchli-
cher Lehr-Art oder Meinung/ ſie ſcheine ſo gut als ſie wolle/
befriedigen koͤnne/ daß ich vielmehr immerzu den großen Scha-
den und Ungrund des ſectiriſchen Unweſens erkannt und da-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/10>, abgerufen am 29.03.2024.