Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

lobt, und doch habt Ihr Alles an Basset, Euren Diener, erzählt, der uns mit seiner thörichten Klugheit und Vorwitzigkeit in das ganze Unglück gestürzt hat; nicht mein armer Mann, Ihr seid an allem Unglück schuld, Ihr müßt dem Könige davon Rechenschaft geben. -- Der Commandant vertheidigte sich gegen den Vorwurf, daß er Etwas dem Basset erzählt habe; dieser gestand, daß er ihn im Selbstgespräche belauscht, und so war die ganze Schuld auf seine Seele geschoben. Der alte Mann sagte, daß er den andern Tag sich vor dem Fort wolle todtschießen lassen, um seinem Könige die Schuld mit seinem Leben abzuzahlen, aber Rosalie bat ihn, sich nicht zu übereilen, er möge bedenken, daß sie ihn schon einmal aus dem Feuer gerettet habe. Ihr wurde ein Zimmer im Hause des Commandanten angewiesen, und sie brachte ihr Kind zur Ruhe, während sie selbst mit sich zu Rathe ging und zu Gott flehte, ihr anzugeben, wie sie ihre Mutter den Flammen und ihren Mann dem Fluche entreißen könne. Aber auf ihren Knieen versank sie in einen tiefen Schlaf und war sich am Morgen keines Traumes, keiner Eingebung bewußt. Der Commandant, der schon früh einen Versuch gegen das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren, aber Francoeur hatte so viele Kugeln mit solcher Geschicklichkeit links und rechts und über sie hinsausen lassen, daß sie ihr Leben nur seiner Schonung dankten. Den Fluß hatte er durch Signalschüsse gesperrt, auch auf der Chaussee durfte Niemand fahren,

lobt, und doch habt Ihr Alles an Basset, Euren Diener, erzählt, der uns mit seiner thörichten Klugheit und Vorwitzigkeit in das ganze Unglück gestürzt hat; nicht mein armer Mann, Ihr seid an allem Unglück schuld, Ihr müßt dem Könige davon Rechenschaft geben. — Der Commandant vertheidigte sich gegen den Vorwurf, daß er Etwas dem Basset erzählt habe; dieser gestand, daß er ihn im Selbstgespräche belauscht, und so war die ganze Schuld auf seine Seele geschoben. Der alte Mann sagte, daß er den andern Tag sich vor dem Fort wolle todtschießen lassen, um seinem Könige die Schuld mit seinem Leben abzuzahlen, aber Rosalie bat ihn, sich nicht zu übereilen, er möge bedenken, daß sie ihn schon einmal aus dem Feuer gerettet habe. Ihr wurde ein Zimmer im Hause des Commandanten angewiesen, und sie brachte ihr Kind zur Ruhe, während sie selbst mit sich zu Rathe ging und zu Gott flehte, ihr anzugeben, wie sie ihre Mutter den Flammen und ihren Mann dem Fluche entreißen könne. Aber auf ihren Knieen versank sie in einen tiefen Schlaf und war sich am Morgen keines Traumes, keiner Eingebung bewußt. Der Commandant, der schon früh einen Versuch gegen das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren, aber Francoeur hatte so viele Kugeln mit solcher Geschicklichkeit links und rechts und über sie hinsausen lassen, daß sie ihr Leben nur seiner Schonung dankten. Den Fluß hatte er durch Signalschüsse gesperrt, auch auf der Chaussee durfte Niemand fahren,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0035"/>
lobt, und doch habt Ihr Alles an Basset, Euren Diener,                erzählt, der uns mit seiner thörichten Klugheit und Vorwitzigkeit in das ganze                Unglück gestürzt hat; nicht mein armer Mann, Ihr seid an allem Unglück schuld, Ihr                müßt dem Könige davon Rechenschaft geben. &#x2014; Der Commandant vertheidigte sich gegen                den Vorwurf, daß er Etwas dem Basset erzählt habe; dieser gestand, daß er ihn im                Selbstgespräche belauscht, und so war die ganze Schuld auf seine Seele geschoben. Der                alte Mann sagte, daß er den andern Tag sich vor dem Fort wolle todtschießen lassen,                um seinem Könige die Schuld mit seinem Leben abzuzahlen, aber Rosalie bat ihn, sich                nicht zu übereilen, er möge bedenken, daß sie ihn schon einmal aus dem Feuer gerettet                habe. Ihr wurde ein Zimmer im Hause des Commandanten angewiesen, und sie brachte ihr                Kind zur Ruhe, während sie selbst mit sich zu Rathe ging und zu Gott flehte, ihr                anzugeben, wie sie ihre Mutter den Flammen und ihren Mann dem Fluche entreißen könne.                Aber auf ihren Knieen versank sie in einen tiefen Schlaf und war sich am Morgen                keines Traumes, keiner Eingebung bewußt. Der Commandant, der schon früh einen Versuch                gegen das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich zurück. Zwar hatte er keine Leute                verloren, aber Francoeur hatte so viele Kugeln mit solcher Geschicklichkeit links und                rechts und über sie hinsausen lassen, daß sie ihr Leben nur seiner Schonung dankten.                Den Fluß hatte er durch Signalschüsse gesperrt, auch auf der Chaussee durfte Niemand                fahren,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0035] lobt, und doch habt Ihr Alles an Basset, Euren Diener, erzählt, der uns mit seiner thörichten Klugheit und Vorwitzigkeit in das ganze Unglück gestürzt hat; nicht mein armer Mann, Ihr seid an allem Unglück schuld, Ihr müßt dem Könige davon Rechenschaft geben. — Der Commandant vertheidigte sich gegen den Vorwurf, daß er Etwas dem Basset erzählt habe; dieser gestand, daß er ihn im Selbstgespräche belauscht, und so war die ganze Schuld auf seine Seele geschoben. Der alte Mann sagte, daß er den andern Tag sich vor dem Fort wolle todtschießen lassen, um seinem Könige die Schuld mit seinem Leben abzuzahlen, aber Rosalie bat ihn, sich nicht zu übereilen, er möge bedenken, daß sie ihn schon einmal aus dem Feuer gerettet habe. Ihr wurde ein Zimmer im Hause des Commandanten angewiesen, und sie brachte ihr Kind zur Ruhe, während sie selbst mit sich zu Rathe ging und zu Gott flehte, ihr anzugeben, wie sie ihre Mutter den Flammen und ihren Mann dem Fluche entreißen könne. Aber auf ihren Knieen versank sie in einen tiefen Schlaf und war sich am Morgen keines Traumes, keiner Eingebung bewußt. Der Commandant, der schon früh einen Versuch gegen das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren, aber Francoeur hatte so viele Kugeln mit solcher Geschicklichkeit links und rechts und über sie hinsausen lassen, daß sie ihr Leben nur seiner Schonung dankten. Den Fluß hatte er durch Signalschüsse gesperrt, auch auf der Chaussee durfte Niemand fahren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:48:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:48:52Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/35
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/35>, abgerufen am 25.04.2024.