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Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 2. Magdeburg, 1610.

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Von vier Eigenschafften
vergehen auch bald. Dann der Schatten
muß darumb verschwinden/ dieweil jhm
die Sonne entgehet: Also wann der Schat-
tenmensch groß wird in seinem Hertzen/
so entgehet jhm die Göttliche Sonne/ so
muß er vergehen. Wie auch der Schatten
von jhm selbst kein Leben hat/ sondern hat
seine bewegung von der Sonnen/ vnnd
gehet mit derselben: Also ist der Mensch
von jhm selbst nichts/ sondern Todt vnd
Act. 17.Lebeloß. Gott ist seine Bewegung vnd
Leben. Gleich als man siehet einen gros-
sen Baum/ der wirfft von sich einen gros-
sen Schatten/ der Schatten lebet vnnd
beweget sich von jhm selbst nicht/ son-
dern wann sich der Baum reget/ so reget
sich der Schatten auch: Also der Mensch
lebet vnd webet in Gott. Im Tode er-
Ps. 39. 90.
103.
fahren wirs/ daß vnsere Tage dahin sind
wie ein Schatten/ vnd wir wie Graß
verdorren/ welches der Todt mit der Si-
chel vnd Sensen abgehawen.

Wann nun der Mensch diß alles
gründlich in seinem Hertzen empfindet
durch wahre Demut/ daß er nichts ist/

vn[d]

Von vier Eigenſchafften
vergehen auch bald. Dann der Schatten
muß darumb verſchwinden/ dieweil jhm
die Sonne entgehet: Alſo wañ der Schat-
tenmenſch groß wird in ſeinem Hertzen/
ſo entgehet jhm die Goͤttliche Sonne/ ſo
muß er vergehen. Wie auch der Schattẽ
von jhm ſelbſt kein Leben hat/ ſondern hat
ſeine bewegung von der Sonnen/ vnnd
gehet mit derſelben: Alſo iſt der Menſch
von jhm ſelbſt nichts/ ſondern Todt vnd
Act. 17.Lebeloß. Gott iſt ſeine Bewegung vnd
Leben. Gleich als man ſiehet einen groſ-
ſen Baum/ der wirfft von ſich einẽ groſ-
ſen Schatten/ der Schatten lebet vnnd
beweget ſich von jhm ſelbſt nicht/ ſon-
dern wann ſich der Baum reget/ ſo reget
ſich der Schatten auch: Alſo der Menſch
lebet vnd webet in Gott. Im Tode er-
Pſ. 39. 90.
103.
fahren wirs/ daß vnſere Tage dahin ſind
wie ein Schatten/ vnd wir wie Graß
verdorren/ welches der Todt mit der Si-
chel vnd Senſen abgehawen.

Wann nun der Menſch diß alles
gruͤndlich in ſeinem Hertzen empfindet
durch wahre Demut/ daß er nichts iſt/

vn[d]
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[148/0172] Von vier Eigenſchafften vergehen auch bald. Dann der Schatten muß darumb verſchwinden/ dieweil jhm die Sonne entgehet: Alſo wañ der Schat- tenmenſch groß wird in ſeinem Hertzen/ ſo entgehet jhm die Goͤttliche Sonne/ ſo muß er vergehen. Wie auch der Schattẽ von jhm ſelbſt kein Leben hat/ ſondern hat ſeine bewegung von der Sonnen/ vnnd gehet mit derſelben: Alſo iſt der Menſch von jhm ſelbſt nichts/ ſondern Todt vnd Lebeloß. Gott iſt ſeine Bewegung vnd Leben. Gleich als man ſiehet einen groſ- ſen Baum/ der wirfft von ſich einẽ groſ- ſen Schatten/ der Schatten lebet vnnd beweget ſich von jhm ſelbſt nicht/ ſon- dern wann ſich der Baum reget/ ſo reget ſich der Schatten auch: Alſo der Menſch lebet vnd webet in Gott. Im Tode er- fahren wirs/ daß vnſere Tage dahin ſind wie ein Schatten/ vnd wir wie Graß verdorren/ welches der Todt mit der Si- chel vnd Senſen abgehawen. Act. 17. Pſ. 39. 90. 103. Wann nun der Menſch diß alles gruͤndlich in ſeinem Hertzen empfindet durch wahre Demut/ daß er nichts iſt/ vnd

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Zitationshilfe: Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 2. Magdeburg, 1610, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum02_1610/172>, abgerufen am 29.03.2024.