Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

innert wird, so am wenigsten die kühnen und ehrgeizigen Männer, welche hohe Stufen des Glückes erklimmen. Erinnerung und Dankbarkeit sind Tugenden, welche in unserm entarteten Zeitalter abnehmen. -- Man sprach von den vielen verwegenen Abenteurern, welche in Rußland, Frankreich, Corsica und der Türkei ihr Glück gemacht und gern mit dem Schleier des Geheimnisses ihr früheres Leben, oder gar ihre Geburt umhüllten.

Glücklich, wem in diesen Zeiten der Verwirrung ein bescheidenes Loos fiel, mit dem er zufrieden ist, sprach Behrend. Wer sagt uns, welche Leidenschaften und Entwürfe unter diesen jungen Köpfen da unten gähren, an welche Klippen der Ehrgeiz Diesen verschlägt, und an welcher fremden Höhe Jener plötzlich, uns allen zur Verwunderung, empor klimmt. Seit ein christlicher Baron Großvezier, ein Pastetenbäckerjunge Premierminister und eine Pfarrerstochter Zaarin werden konnte, verschwör' ich's nicht, daß der trübsinnige Herr von Sacken, der bei mir wohnt, nicht einst Dalai Lama wird. Erwarten mögen wir Alles, nur nicht Dank, meine Freunde, von Denen, die wir klein gekannt, wenn sie groß wurden.

Lauson schüttelte lächelnd den Kopf: Nicht das Kind mit dem Bade verschüttet, mein Herr Advocat. Dort da hingeschaut auf den kecken jungen Reiter, der die blitzenden Schelmaugen allen hübschen Gesichtern zuwendet. In dem Burschen glüht ein Feuer des Ehrgeizes, so stark, als seine Mittel schwach sind, und der Sinn möchte so hoch hinaus, daß die Stirn immer gegen

innert wird, so am wenigsten die kühnen und ehrgeizigen Männer, welche hohe Stufen des Glückes erklimmen. Erinnerung und Dankbarkeit sind Tugenden, welche in unserm entarteten Zeitalter abnehmen. — Man sprach von den vielen verwegenen Abenteurern, welche in Rußland, Frankreich, Corsica und der Türkei ihr Glück gemacht und gern mit dem Schleier des Geheimnisses ihr früheres Leben, oder gar ihre Geburt umhüllten.

Glücklich, wem in diesen Zeiten der Verwirrung ein bescheidenes Loos fiel, mit dem er zufrieden ist, sprach Behrend. Wer sagt uns, welche Leidenschaften und Entwürfe unter diesen jungen Köpfen da unten gähren, an welche Klippen der Ehrgeiz Diesen verschlägt, und an welcher fremden Höhe Jener plötzlich, uns allen zur Verwunderung, empor klimmt. Seit ein christlicher Baron Großvezier, ein Pastetenbäckerjunge Premierminister und eine Pfarrerstochter Zaarin werden konnte, verschwör' ich's nicht, daß der trübsinnige Herr von Sacken, der bei mir wohnt, nicht einst Dalai Lama wird. Erwarten mögen wir Alles, nur nicht Dank, meine Freunde, von Denen, die wir klein gekannt, wenn sie groß wurden.

Lauson schüttelte lächelnd den Kopf: Nicht das Kind mit dem Bade verschüttet, mein Herr Advocat. Dort da hingeschaut auf den kecken jungen Reiter, der die blitzenden Schelmaugen allen hübschen Gesichtern zuwendet. In dem Burschen glüht ein Feuer des Ehrgeizes, so stark, als seine Mittel schwach sind, und der Sinn möchte so hoch hinaus, daß die Stirn immer gegen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0009"/>
innert wird, so am wenigsten die kühnen und ehrgeizigen Männer, welche hohe Stufen                des Glückes erklimmen. Erinnerung und Dankbarkeit sind Tugenden, welche in unserm                entarteten Zeitalter abnehmen. &#x2014; Man sprach von den vielen verwegenen Abenteurern,                welche in Rußland, Frankreich, Corsica und der Türkei ihr Glück gemacht und gern mit                dem Schleier des Geheimnisses ihr früheres Leben, oder gar ihre Geburt umhüllten.</p><lb/>
        <p>Glücklich, wem in diesen Zeiten der Verwirrung ein bescheidenes Loos fiel, mit dem er                zufrieden ist, sprach Behrend. Wer sagt uns, welche Leidenschaften und Entwürfe unter                diesen jungen Köpfen da unten gähren, an welche Klippen der Ehrgeiz Diesen                verschlägt, und an welcher fremden Höhe Jener plötzlich, uns allen zur Verwunderung,                empor klimmt. Seit ein christlicher Baron Großvezier, ein Pastetenbäckerjunge                Premierminister und eine Pfarrerstochter Zaarin werden konnte, verschwör' ich's                nicht, daß der trübsinnige Herr von Sacken, der bei mir wohnt, nicht einst Dalai Lama                wird. Erwarten mögen wir Alles, nur nicht Dank, meine Freunde, von Denen, die wir                klein gekannt, wenn sie groß wurden.</p><lb/>
        <p>Lauson schüttelte lächelnd den Kopf: Nicht das Kind mit dem Bade verschüttet, mein                Herr Advocat. Dort da hingeschaut auf den kecken jungen Reiter, der die blitzenden                Schelmaugen allen hübschen Gesichtern zuwendet. In dem Burschen glüht ein Feuer des                Ehrgeizes, so stark, als seine Mittel schwach sind, und der Sinn möchte so hoch                hinaus, daß die Stirn immer gegen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0009] innert wird, so am wenigsten die kühnen und ehrgeizigen Männer, welche hohe Stufen des Glückes erklimmen. Erinnerung und Dankbarkeit sind Tugenden, welche in unserm entarteten Zeitalter abnehmen. — Man sprach von den vielen verwegenen Abenteurern, welche in Rußland, Frankreich, Corsica und der Türkei ihr Glück gemacht und gern mit dem Schleier des Geheimnisses ihr früheres Leben, oder gar ihre Geburt umhüllten. Glücklich, wem in diesen Zeiten der Verwirrung ein bescheidenes Loos fiel, mit dem er zufrieden ist, sprach Behrend. Wer sagt uns, welche Leidenschaften und Entwürfe unter diesen jungen Köpfen da unten gähren, an welche Klippen der Ehrgeiz Diesen verschlägt, und an welcher fremden Höhe Jener plötzlich, uns allen zur Verwunderung, empor klimmt. Seit ein christlicher Baron Großvezier, ein Pastetenbäckerjunge Premierminister und eine Pfarrerstochter Zaarin werden konnte, verschwör' ich's nicht, daß der trübsinnige Herr von Sacken, der bei mir wohnt, nicht einst Dalai Lama wird. Erwarten mögen wir Alles, nur nicht Dank, meine Freunde, von Denen, die wir klein gekannt, wenn sie groß wurden. Lauson schüttelte lächelnd den Kopf: Nicht das Kind mit dem Bade verschüttet, mein Herr Advocat. Dort da hingeschaut auf den kecken jungen Reiter, der die blitzenden Schelmaugen allen hübschen Gesichtern zuwendet. In dem Burschen glüht ein Feuer des Ehrgeizes, so stark, als seine Mittel schwach sind, und der Sinn möchte so hoch hinaus, daß die Stirn immer gegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/9
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/9>, abgerufen am 19.04.2024.