Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

nest du den zu uns? Für die Kameradschaft dank' ich. Wir sind gegliederte Männer, da hast du Recht. Eine Kette mit geschlossenen Gliedern, wir brauchen keines von fremdem Guß hinein. Und was ist denn für uns Vaterland? Der Streifen Landes, den unsere frommen, schwertumgürteten Väter an einem wilden Strande, unter noch wilderen Barbarenvölkern sich erstritten, noch jetzt durch Seeen, Steppen, Wälder unerreichbar getrennt von der Wiege unserer Väter, ist das Vaterland? Die Erinnerung an unsere Abstammung, das ist Vaterland für uns, daß wir eng und stolz zusammen halten, in reinem Blut, in reiner Sprache, in derselben Sitte. Durch diese Absonderung schützten wir uns allein vor dem Loose, das so viele Deutsche traf, aufgelös't, verschmolzen, endlich unterjocht und eins zu werden mit den Barbaren. Wenn wir nicht mehr Erz am Leibe tragen, so sei es Oel, wovon die fremden Stoffe, die uns berühren möchten, abgleiten. Darum Keinen aufgenommen, der nicht zu uns gehört. Auch sie nicht herangelassen, denn Gewöhnung frißt edle Sitten, wie der Rost das Eisen. Das Pferd hat einen angebornen Widerwillen gegen den Esel, aber wenn man sie lange in Einen Stall sperrt, fressen sie wohl aus Einer Krippe. Darum bei Zeiten jede Anmaßung niedergeschlagen, und wenn uns auch nicht so zu Muthe wäre, den Kopf hoch getragen und dem Pack imponirt.

Ihr Gespräch ward durch einen Tumult unterbrochen. Statt des verabredeten Kampfes der beiden

nest du den zu uns? Für die Kameradschaft dank' ich. Wir sind gegliederte Männer, da hast du Recht. Eine Kette mit geschlossenen Gliedern, wir brauchen keines von fremdem Guß hinein. Und was ist denn für uns Vaterland? Der Streifen Landes, den unsere frommen, schwertumgürteten Väter an einem wilden Strande, unter noch wilderen Barbarenvölkern sich erstritten, noch jetzt durch Seeen, Steppen, Wälder unerreichbar getrennt von der Wiege unserer Väter, ist das Vaterland? Die Erinnerung an unsere Abstammung, das ist Vaterland für uns, daß wir eng und stolz zusammen halten, in reinem Blut, in reiner Sprache, in derselben Sitte. Durch diese Absonderung schützten wir uns allein vor dem Loose, das so viele Deutsche traf, aufgelös't, verschmolzen, endlich unterjocht und eins zu werden mit den Barbaren. Wenn wir nicht mehr Erz am Leibe tragen, so sei es Oel, wovon die fremden Stoffe, die uns berühren möchten, abgleiten. Darum Keinen aufgenommen, der nicht zu uns gehört. Auch sie nicht herangelassen, denn Gewöhnung frißt edle Sitten, wie der Rost das Eisen. Das Pferd hat einen angebornen Widerwillen gegen den Esel, aber wenn man sie lange in Einen Stall sperrt, fressen sie wohl aus Einer Krippe. Darum bei Zeiten jede Anmaßung niedergeschlagen, und wenn uns auch nicht so zu Muthe wäre, den Kopf hoch getragen und dem Pack imponirt.

Ihr Gespräch ward durch einen Tumult unterbrochen. Statt des verabredeten Kampfes der beiden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0025"/>
nest du den zu uns? Für die Kameradschaft                dank' ich. Wir sind gegliederte Männer, da hast du Recht. Eine Kette mit                geschlossenen Gliedern, wir brauchen keines von fremdem Guß hinein. Und was ist denn                für uns Vaterland? Der Streifen Landes, den unsere frommen, schwertumgürteten Väter                an einem wilden Strande, unter noch wilderen Barbarenvölkern sich erstritten, noch                jetzt durch Seeen, Steppen, Wälder unerreichbar getrennt von der Wiege unserer Väter,                ist das Vaterland? Die Erinnerung an unsere Abstammung, das ist Vaterland für uns,                daß wir eng und stolz zusammen halten, in reinem Blut, in reiner Sprache, in                derselben Sitte. Durch diese Absonderung schützten wir uns allein vor dem Loose, das                so viele Deutsche traf, aufgelös't, verschmolzen, endlich unterjocht und eins zu                werden mit den Barbaren. Wenn wir nicht mehr Erz am Leibe tragen, so sei es Oel,                wovon die fremden Stoffe, die uns berühren möchten, abgleiten. Darum Keinen                aufgenommen, der nicht zu uns gehört. Auch sie nicht herangelassen, denn Gewöhnung                frißt edle Sitten, wie der Rost das Eisen. Das Pferd hat einen angebornen Widerwillen                gegen den Esel, aber wenn man sie lange in Einen Stall sperrt, fressen sie wohl aus                Einer Krippe. Darum bei Zeiten jede Anmaßung niedergeschlagen, und wenn uns auch                nicht so zu Muthe wäre, den Kopf hoch getragen und dem Pack imponirt.</p><lb/>
        <p>Ihr Gespräch ward durch einen Tumult unterbrochen. Statt des verabredeten Kampfes der                beiden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0025] nest du den zu uns? Für die Kameradschaft dank' ich. Wir sind gegliederte Männer, da hast du Recht. Eine Kette mit geschlossenen Gliedern, wir brauchen keines von fremdem Guß hinein. Und was ist denn für uns Vaterland? Der Streifen Landes, den unsere frommen, schwertumgürteten Väter an einem wilden Strande, unter noch wilderen Barbarenvölkern sich erstritten, noch jetzt durch Seeen, Steppen, Wälder unerreichbar getrennt von der Wiege unserer Väter, ist das Vaterland? Die Erinnerung an unsere Abstammung, das ist Vaterland für uns, daß wir eng und stolz zusammen halten, in reinem Blut, in reiner Sprache, in derselben Sitte. Durch diese Absonderung schützten wir uns allein vor dem Loose, das so viele Deutsche traf, aufgelös't, verschmolzen, endlich unterjocht und eins zu werden mit den Barbaren. Wenn wir nicht mehr Erz am Leibe tragen, so sei es Oel, wovon die fremden Stoffe, die uns berühren möchten, abgleiten. Darum Keinen aufgenommen, der nicht zu uns gehört. Auch sie nicht herangelassen, denn Gewöhnung frißt edle Sitten, wie der Rost das Eisen. Das Pferd hat einen angebornen Widerwillen gegen den Esel, aber wenn man sie lange in Einen Stall sperrt, fressen sie wohl aus Einer Krippe. Darum bei Zeiten jede Anmaßung niedergeschlagen, und wenn uns auch nicht so zu Muthe wäre, den Kopf hoch getragen und dem Pack imponirt. Ihr Gespräch ward durch einen Tumult unterbrochen. Statt des verabredeten Kampfes der beiden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/25
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/25>, abgerufen am 19.04.2024.