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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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bleibt, braucht Niemand zu wissen, als ich. Aber er wirthschaftet mit dem Wenigen, was er von Haus erhält, wie unser König, den Gott erhalte. Und wenn er nichts hat, scheint er doch immer etwas zu haben. So müssen es die Leute anfangen, die gelten wollen. Toll, leichtsinnig, eitel, verliebt; aber sein Wort hält er, drauf gebe ich meines.

Wie unser Lauson in seinen Kurländer verliebt ist! sagte ein Dritter.

Ich habe mehr Grund dazu, fuhr der aufgeräumte Wirth fort, als Ihr, Vetter, mit Eurem. So vornehm zu sein, und so wenig es verstehen, sich geltend zu machen; so reich, und mit dem Gelde nichts anzufangen wissen; so gelehrt und klug, als Ihr sagt, und so duckmäuserig. Pfui! Das ist kein Mensch, kein Cavalier und kein Student. Schlüge er nicht eine so scharfe Klinge, Euer Herr von Sacken, in dessen Temperament Ihr Euch vernarrt habt, er würde gehänselt werden, wie er's verdient. Solche Temperamente sind mir auf allen Wegen zuwider, vor Allem aber bei einem Königsberger Studenten. Was gilt die Wette, aller seiner Schätze, Schönheit, Klugheit, Gelahrtheit und Vettern ungeachtet, er bringt's nicht weit. Denn er versteht keine Oekonomie, und unter Oekonomie verstehe ich, daß jeder seine Gaben scheinen läßt und auf den Markt bringt, wo sie gelten.

Der Zug war vorüber, die Trompeten und Pauken schallten nur noch aus der Ferne, und die Menge verlor sich, Viele folgten dem Comitate vors Thor. Behrend

bleibt, braucht Niemand zu wissen, als ich. Aber er wirthschaftet mit dem Wenigen, was er von Haus erhält, wie unser König, den Gott erhalte. Und wenn er nichts hat, scheint er doch immer etwas zu haben. So müssen es die Leute anfangen, die gelten wollen. Toll, leichtsinnig, eitel, verliebt; aber sein Wort hält er, drauf gebe ich meines.

Wie unser Lauson in seinen Kurländer verliebt ist! sagte ein Dritter.

Ich habe mehr Grund dazu, fuhr der aufgeräumte Wirth fort, als Ihr, Vetter, mit Eurem. So vornehm zu sein, und so wenig es verstehen, sich geltend zu machen; so reich, und mit dem Gelde nichts anzufangen wissen; so gelehrt und klug, als Ihr sagt, und so duckmäuserig. Pfui! Das ist kein Mensch, kein Cavalier und kein Student. Schlüge er nicht eine so scharfe Klinge, Euer Herr von Sacken, in dessen Temperament Ihr Euch vernarrt habt, er würde gehänselt werden, wie er's verdient. Solche Temperamente sind mir auf allen Wegen zuwider, vor Allem aber bei einem Königsberger Studenten. Was gilt die Wette, aller seiner Schätze, Schönheit, Klugheit, Gelahrtheit und Vettern ungeachtet, er bringt's nicht weit. Denn er versteht keine Oekonomie, und unter Oekonomie verstehe ich, daß jeder seine Gaben scheinen läßt und auf den Markt bringt, wo sie gelten.

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/11>, abgerufen am 16.04.2024.