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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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und deren nur wenige, die, vom Strahl, erleuchtet,
sogleich die höchste besteigen."

In den tiefern Kabinetten verbargen sich oder
lockten größere Heiligenbilder, betende oder angebetete
Madonnen, Märtyrer, in ihren Verzückungen lächelnd,
der Heiland am Kreuz. Da in der verschwiegenen
Nische auf einem schwarz mit Silber überhangenen
Altar ein Cruzifix von Ebenholz, der Heiland daran
feinste lucchesiner Elfenbeinarbeit. Als Piedestal zum
Cruzifix diente ein künstlicher dürrer Fels aus Achat,
zu Füßen desselben eine kleine Oeffnung, aus der,
gespeist von einem verborgenen Wasserreservoir, eine
Quelle sprudelte. Das Wasser floß in einen antiken
Sarkophag. Antik wenigstens die Vorderseite, deren
heidnische Basreliefs freilich wenig mit dem Quell
und seiner Bedeutung correspondirten, aber es war
eine Antike, ausgegraben auf einem der Güter der
Fürstin in der Krimm, und das Heidnische an den
Bachantinnen sollte vielleicht durch den frisch hinein
gemeißelten russischen Doppeladler purificirt werden.
Neben der sinnigen Deutung hatte der sprudelnde
Quell auch eine ganz praktische Bedeutung; das kühle
mit Epheu umrankte Cabinet ward durch das sprin¬
gende Wasser zur angenehmen Retirade in heißen
Sommertagen.

In einem der helleren Zimmer, mit Magdale¬
nenbildern an der Wand, der Boden ausgelegt mit
reichen orientalischen Teppichen, und schwellende Di¬
vans an den Wänden, saß die Fürstin mit der Ba¬

und deren nur wenige, die, vom Strahl, erleuchtet,
ſogleich die höchſte beſteigen.“

In den tiefern Kabinetten verbargen ſich oder
lockten größere Heiligenbilder, betende oder angebetete
Madonnen, Märtyrer, in ihren Verzückungen lächelnd,
der Heiland am Kreuz. Da in der verſchwiegenen
Niſche auf einem ſchwarz mit Silber überhangenen
Altar ein Cruzifix von Ebenholz, der Heiland daran
feinſte luccheſiner Elfenbeinarbeit. Als Piedeſtal zum
Cruzifix diente ein künſtlicher dürrer Fels aus Achat,
zu Füßen deſſelben eine kleine Oeffnung, aus der,
geſpeiſt von einem verborgenen Waſſerreſervoir, eine
Quelle ſprudelte. Das Waſſer floß in einen antiken
Sarkophag. Antik wenigſtens die Vorderſeite, deren
heidniſche Basreliefs freilich wenig mit dem Quell
und ſeiner Bedeutung correſpondirten, aber es war
eine Antike, ausgegraben auf einem der Güter der
Fürſtin in der Krimm, und das Heidniſche an den
Bachantinnen ſollte vielleicht durch den friſch hinein
gemeißelten ruſſiſchen Doppeladler purificirt werden.
Neben der ſinnigen Deutung hatte der ſprudelnde
Quell auch eine ganz praktiſche Bedeutung; das kühle
mit Epheu umrankte Cabinet ward durch das ſprin¬
gende Waſſer zur angenehmen Retirade in heißen
Sommertagen.

In einem der helleren Zimmer, mit Magdale¬
nenbildern an der Wand, der Boden ausgelegt mit
reichen orientaliſchen Teppichen, und ſchwellende Di¬
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[23/0033] und deren nur wenige, die, vom Strahl, erleuchtet, ſogleich die höchſte beſteigen.“ In den tiefern Kabinetten verbargen ſich oder lockten größere Heiligenbilder, betende oder angebetete Madonnen, Märtyrer, in ihren Verzückungen lächelnd, der Heiland am Kreuz. Da in der verſchwiegenen Niſche auf einem ſchwarz mit Silber überhangenen Altar ein Cruzifix von Ebenholz, der Heiland daran feinſte luccheſiner Elfenbeinarbeit. Als Piedeſtal zum Cruzifix diente ein künſtlicher dürrer Fels aus Achat, zu Füßen deſſelben eine kleine Oeffnung, aus der, geſpeiſt von einem verborgenen Waſſerreſervoir, eine Quelle ſprudelte. Das Waſſer floß in einen antiken Sarkophag. Antik wenigſtens die Vorderſeite, deren heidniſche Basreliefs freilich wenig mit dem Quell und ſeiner Bedeutung correſpondirten, aber es war eine Antike, ausgegraben auf einem der Güter der Fürſtin in der Krimm, und das Heidniſche an den Bachantinnen ſollte vielleicht durch den friſch hinein gemeißelten ruſſiſchen Doppeladler purificirt werden. Neben der ſinnigen Deutung hatte der ſprudelnde Quell auch eine ganz praktiſche Bedeutung; das kühle mit Epheu umrankte Cabinet ward durch das ſprin¬ gende Waſſer zur angenehmen Retirade in heißen Sommertagen. In einem der helleren Zimmer, mit Magdale¬ nenbildern an der Wand, der Boden ausgelegt mit reichen orientaliſchen Teppichen, und ſchwellende Di¬ vans an den Wänden, ſaß die Fürſtin mit der Ba¬

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/33>, abgerufen am 25.04.2024.