Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Tippelchen auf dem i. -- Na, Herr Rittmeister, wel¬
chen Wein lieben Sie am meisten? Werden mir doch die
Ehre erweisen und Bescheid thun auf ein Gläschen?"

Ein Tokaierfläschchen stand auf dem Tisch und
färbte schon mit dunkelm Gold zwei Gläser, als
Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam.

"Nu stoßen Sie an," sagte der Kaufmann.

"Worauf?"

"Auf einen alten Esel! -- Ja, sehn Sie mich
nur recht an, und dann dreist los!"

Die Gläser klangen, der Rittmeister zauderte
aber doch fast erschrocken, ehe er den Feuersaft an die
Lippen brachte.

"Aber Herr van Asten, wie komm ich dazu?"

"Daß ich Ihnen solche Confessions mache? Das
will ich Ihnen sagen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht
als Kaufmann, als Mensch. Nein, eigentlich bin ich
Ihnen doch gut grad als solider Kaufmann. Denn
wovon leben die? Von den soliden Leuten doch nicht?
Da müßten sie verhungern. Die jungen Thunichts¬
gute, die auf Credit einschenken lassen, das Ihre
durchbringen, und noch ein bischen mehr, das sind
ihre besten Kunden. Geht auch mal Einer durch,
thut nichts, darauf ist die Kreiderechnung schon zu¬
geschnitten. Ein solider Kaufmann, sag ich Ihnen,
muß eigentlich die Unsoliden leben lassen! Darum,
noch mal angestoßen!"

Der Rittmeister stieß etwas brummend an.

"Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,

Tippelchen auf dem i. — Na, Herr Rittmeiſter, wel¬
chen Wein lieben Sie am meiſten? Werden mir doch die
Ehre erweiſen und Beſcheid thun auf ein Gläschen?“

Ein Tokaierfläſchchen ſtand auf dem Tiſch und
färbte ſchon mit dunkelm Gold zwei Gläſer, als
Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam.

„Nu ſtoßen Sie an,“ ſagte der Kaufmann.

„Worauf?“

„Auf einen alten Eſel! — Ja, ſehn Sie mich
nur recht an, und dann dreiſt los!“

Die Gläſer klangen, der Rittmeiſter zauderte
aber doch faſt erſchrocken, ehe er den Feuerſaft an die
Lippen brachte.

„Aber Herr van Aſten, wie komm ich dazu?“

„Daß ich Ihnen ſolche Confeſſions mache? Das
will ich Ihnen ſagen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht
als Kaufmann, als Menſch. Nein, eigentlich bin ich
Ihnen doch gut grad als ſolider Kaufmann. Denn
wovon leben die? Von den ſoliden Leuten doch nicht?
Da müßten ſie verhungern. Die jungen Thunichts¬
gute, die auf Credit einſchenken laſſen, das Ihre
durchbringen, und noch ein bischen mehr, das ſind
ihre beſten Kunden. Geht auch mal Einer durch,
thut nichts, darauf iſt die Kreiderechnung ſchon zu¬
geſchnitten. Ein ſolider Kaufmann, ſag ich Ihnen,
muß eigentlich die Unſoliden leben laſſen! Darum,
noch mal angeſtoßen!“

Der Rittmeiſter ſtieß etwas brummend an.

„Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="85"/>
Tippelchen auf dem <hi rendition="#aq">i</hi>. &#x2014; Na, Herr Rittmei&#x017F;ter, wel¬<lb/>
chen Wein lieben Sie am mei&#x017F;ten? Werden mir doch die<lb/>
Ehre erwei&#x017F;en und Be&#x017F;cheid thun auf ein Gläschen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ein Tokaierflä&#x017F;chchen &#x017F;tand auf dem Ti&#x017F;ch und<lb/>
färbte &#x017F;chon mit dunkelm Gold zwei Glä&#x017F;er, als<lb/>
Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nu &#x017F;toßen Sie an,&#x201C; &#x017F;agte der Kaufmann.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Worauf?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auf einen alten E&#x017F;el! &#x2014; Ja, &#x017F;ehn Sie mich<lb/>
nur recht an, und dann drei&#x017F;t los!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Glä&#x017F;er klangen, der Rittmei&#x017F;ter zauderte<lb/>
aber doch fa&#x017F;t er&#x017F;chrocken, ehe er den Feuer&#x017F;aft an die<lb/>
Lippen brachte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber Herr van A&#x017F;ten, wie komm ich dazu?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Daß ich Ihnen &#x017F;olche Confe&#x017F;&#x017F;ions mache? Das<lb/>
will ich Ihnen &#x017F;agen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht<lb/>
als Kaufmann, als Men&#x017F;ch. Nein, eigentlich bin ich<lb/>
Ihnen doch gut grad als &#x017F;olider Kaufmann. Denn<lb/>
wovon leben die? Von den &#x017F;oliden Leuten doch nicht?<lb/>
Da müßten &#x017F;ie verhungern. Die jungen Thunichts¬<lb/>
gute, die auf Credit ein&#x017F;chenken la&#x017F;&#x017F;en, das Ihre<lb/>
durchbringen, und noch ein bischen mehr, das &#x017F;ind<lb/>
ihre be&#x017F;ten Kunden. Geht auch mal Einer durch,<lb/>
thut nichts, darauf i&#x017F;t die Kreiderechnung &#x017F;chon zu¬<lb/>
ge&#x017F;chnitten. Ein &#x017F;olider Kaufmann, &#x017F;ag ich Ihnen,<lb/>
muß eigentlich die Un&#x017F;oliden leben la&#x017F;&#x017F;en! Darum,<lb/>
noch mal ange&#x017F;toßen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Rittmei&#x017F;ter &#x017F;tieß etwas brummend an.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0095] Tippelchen auf dem i. — Na, Herr Rittmeiſter, wel¬ chen Wein lieben Sie am meiſten? Werden mir doch die Ehre erweiſen und Beſcheid thun auf ein Gläschen?“ Ein Tokaierfläſchchen ſtand auf dem Tiſch und färbte ſchon mit dunkelm Gold zwei Gläſer, als Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam. „Nu ſtoßen Sie an,“ ſagte der Kaufmann. „Worauf?“ „Auf einen alten Eſel! — Ja, ſehn Sie mich nur recht an, und dann dreiſt los!“ Die Gläſer klangen, der Rittmeiſter zauderte aber doch faſt erſchrocken, ehe er den Feuerſaft an die Lippen brachte. „Aber Herr van Aſten, wie komm ich dazu?“ „Daß ich Ihnen ſolche Confeſſions mache? Das will ich Ihnen ſagen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht als Kaufmann, als Menſch. Nein, eigentlich bin ich Ihnen doch gut grad als ſolider Kaufmann. Denn wovon leben die? Von den ſoliden Leuten doch nicht? Da müßten ſie verhungern. Die jungen Thunichts¬ gute, die auf Credit einſchenken laſſen, das Ihre durchbringen, und noch ein bischen mehr, das ſind ihre beſten Kunden. Geht auch mal Einer durch, thut nichts, darauf iſt die Kreiderechnung ſchon zu¬ geſchnitten. Ein ſolider Kaufmann, ſag ich Ihnen, muß eigentlich die Unſoliden leben laſſen! Darum, noch mal angeſtoßen!“ Der Rittmeiſter ſtieß etwas brummend an. „Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/95
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/95>, abgerufen am 29.03.2024.