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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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Das Gespräch war allgemein geworden. Ein
Vierter sagte: "Was hilft alles Umarmen, wenn kein
Herz uns entgegen schlägt! Der Hannoveraner liebt
uns nicht, und die Anspacher ringen die Arme, daß
wir sie aufgeben. Sie haben ein Schreiben geschickt,
daß man sie, die treusten Söhne des Vaterlandes,
nicht vom Vaterherzen reißen solle."

"Sehr schön gesagt, sagte Baron Eitelbach im
Abgehen zu einem Begleiter. Sehr rührend, würde
meine Frau sagen. -- Was gehn mich die Anspacher
an! -- Der alte van Asten könnte mich dauern, wenn
er nicht solchen heillosen Schnitt gemacht. Hat auf
den Frieden speculirt. Glauben Sie mir, Dreißig¬
tausend gebe ich für seinen Abschluß. Pfiffig ist er,
aber warum hat er seinen Sohn so erzogen! -- Ein
Civil muß das Militair gehn lassen. Wofür ist des
Königs Rock! Ist nun in der Bredouille. Kann
sehn, wie er ihn rauszieht. Thut mir wahrhaftig
leid, der Mann. Ja, warum hat er ihn nicht besser
erzogen! Das kommt davon."

"Was ist Ihre Meinung, Herr Mendelssohn?"
fragte ein jüngerer einen älteren Kaufmann von sehr
klugem Gesicht.

"Wir sind weder dreist genug, das trügerische
Geschenk zu behalten, noch stark genug, es von uns
zu weisen, darum ergreifen wir den beliebten Mittelweg,
wir suchen den Schein zu retten und den Gewinn auch."

"Aber wir haben den Schönbrunner Vertrag
ratificirt."

Das Geſpräch war allgemein geworden. Ein
Vierter ſagte: „Was hilft alles Umarmen, wenn kein
Herz uns entgegen ſchlägt! Der Hannoveraner liebt
uns nicht, und die Anſpacher ringen die Arme, daß
wir ſie aufgeben. Sie haben ein Schreiben geſchickt,
daß man ſie, die treuſten Söhne des Vaterlandes,
nicht vom Vaterherzen reißen ſolle.“

„Sehr ſchön geſagt, ſagte Baron Eitelbach im
Abgehen zu einem Begleiter. Sehr rührend, würde
meine Frau ſagen. — Was gehn mich die Anſpacher
an! — Der alte van Aſten könnte mich dauern, wenn
er nicht ſolchen heilloſen Schnitt gemacht. Hat auf
den Frieden ſpeculirt. Glauben Sie mir, Dreißig¬
tauſend gebe ich für ſeinen Abſchluß. Pfiffig iſt er,
aber warum hat er ſeinen Sohn ſo erzogen! — Ein
Civil muß das Militair gehn laſſen. Wofür iſt des
Königs Rock! Iſt nun in der Bredouille. Kann
ſehn, wie er ihn rauszieht. Thut mir wahrhaftig
leid, der Mann. Ja, warum hat er ihn nicht beſſer
erzogen! Das kommt davon.“

„Was iſt Ihre Meinung, Herr Mendelsſohn?“
fragte ein jüngerer einen älteren Kaufmann von ſehr
klugem Geſicht.

„Wir ſind weder dreiſt genug, das trügeriſche
Geſchenk zu behalten, noch ſtark genug, es von uns
zu weiſen, darum ergreifen wir den beliebten Mittelweg,
wir ſuchen den Schein zu retten und den Gewinn auch.“

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[312/0322] Das Geſpräch war allgemein geworden. Ein Vierter ſagte: „Was hilft alles Umarmen, wenn kein Herz uns entgegen ſchlägt! Der Hannoveraner liebt uns nicht, und die Anſpacher ringen die Arme, daß wir ſie aufgeben. Sie haben ein Schreiben geſchickt, daß man ſie, die treuſten Söhne des Vaterlandes, nicht vom Vaterherzen reißen ſolle.“ „Sehr ſchön geſagt, ſagte Baron Eitelbach im Abgehen zu einem Begleiter. Sehr rührend, würde meine Frau ſagen. — Was gehn mich die Anſpacher an! — Der alte van Aſten könnte mich dauern, wenn er nicht ſolchen heilloſen Schnitt gemacht. Hat auf den Frieden ſpeculirt. Glauben Sie mir, Dreißig¬ tauſend gebe ich für ſeinen Abſchluß. Pfiffig iſt er, aber warum hat er ſeinen Sohn ſo erzogen! — Ein Civil muß das Militair gehn laſſen. Wofür iſt des Königs Rock! Iſt nun in der Bredouille. Kann ſehn, wie er ihn rauszieht. Thut mir wahrhaftig leid, der Mann. Ja, warum hat er ihn nicht beſſer erzogen! Das kommt davon.“ „Was iſt Ihre Meinung, Herr Mendelsſohn?“ fragte ein jüngerer einen älteren Kaufmann von ſehr klugem Geſicht. „Wir ſind weder dreiſt genug, das trügeriſche Geſchenk zu behalten, noch ſtark genug, es von uns zu weiſen, darum ergreifen wir den beliebten Mittelweg, wir ſuchen den Schein zu retten und den Gewinn auch.“ „Aber wir haben den Schönbrunner Vertrag ratificirt.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/322>, abgerufen am 20.04.2024.