Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

dern hinter ihr. Wenn die Rührung losgeht, dann
Attention! Der drüben, ob's unter dem Auge weiß,
der hier, ob das Tuch roth wird."

"Ein trefflicher Operationsplan! Wolfskehls mi¬
litairisch Genie entwickelt sich immer mehr."

"Am Ende fangen die Weiber gar nicht an zu
weinen?"

"Und wozu das alles, sagte der Kuirassier.
Da müßt Ihr Euch doch den Mund wischen. Die
Person hat nun mal was, daß man nicht weiß, was
es ist; zudem Beschützer an allen Ecken. Man weiß
nicht, wo man anstößt, wenn man zugreift."

"Grad das könnte mich tentiren, rief der Cor¬
net. 'S ist nur, sie ist nicht nach meinem Gout."

"Wolfskehl liebt nur das Bornirte. Da oben
sitzt die neuste, die er auf den Zug hat."

Man schaute nach der Loge im zweiten Range,
nicht aber mit Discretion, wo Walter van Asten hinter
seiner Cousine stand. "Wer ist denn ihr Beschützer?"

"Das Pockengesicht! Irgend ein Schulfuchs."

"Vielleicht ihr Erkorner -- oder Destinirter.
Er behandelt sie mit vieler Aestimation."

"Sieht mir grade aus wie Einer, der Lust hat,
sich einen sanften Rippenstoß appliciren zu lassen, wenn
ich Lust bekäme, dem Mädel den Arm zu bieten. Wollt
Ihr pariren, er dankt mir nachher an der Treppe --"

"Wofür?"

"Die Ehre, daß ich seinen Schatz geführt. Hol'
mich der Geier, er soll's!"

dern hinter ihr. Wenn die Rührung losgeht, dann
Attention! Der drüben, ob's unter dem Auge weiß,
der hier, ob das Tuch roth wird.“

„Ein trefflicher Operationsplan! Wolfskehls mi¬
litairiſch Genie entwickelt ſich immer mehr.“

„Am Ende fangen die Weiber gar nicht an zu
weinen?“

„Und wozu das alles, ſagte der Kuiraſſier.
Da müßt Ihr Euch doch den Mund wiſchen. Die
Perſon hat nun mal was, daß man nicht weiß, was
es iſt; zudem Beſchützer an allen Ecken. Man weiß
nicht, wo man anſtößt, wenn man zugreift.“

„Grad das könnte mich tentiren, rief der Cor¬
net. 'S iſt nur, ſie iſt nicht nach meinem Gout.“

„Wolfskehl liebt nur das Bornirte. Da oben
ſitzt die neuſte, die er auf den Zug hat.“

Man ſchaute nach der Loge im zweiten Range,
nicht aber mit Discretion, wo Walter van Aſten hinter
ſeiner Couſine ſtand. „Wer iſt denn ihr Beſchützer?“

„Das Pockengeſicht! Irgend ein Schulfuchs.“

„Vielleicht ihr Erkorner — oder Deſtinirter.
Er behandelt ſie mit vieler Aeſtimation.“

„Sieht mir grade aus wie Einer, der Luſt hat,
ſich einen ſanften Rippenſtoß appliciren zu laſſen, wenn
ich Luſt bekäme, dem Mädel den Arm zu bieten. Wollt
Ihr pariren, er dankt mir nachher an der Treppe —“

„Wofür?“

„Die Ehre, daß ich ſeinen Schatz geführt. Hol'
mich der Geier, er ſoll's!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0254" n="244"/>
dern hinter ihr. Wenn die Rührung losgeht, dann<lb/>
Attention! Der drüben, ob's unter dem Auge weiß,<lb/>
der hier, ob das Tuch roth wird.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein trefflicher Operationsplan! Wolfskehls mi¬<lb/>
litairi&#x017F;ch Genie entwickelt &#x017F;ich immer mehr.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Am Ende fangen die Weiber gar nicht an zu<lb/>
weinen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und wozu das alles, &#x017F;agte der Kuira&#x017F;&#x017F;ier.<lb/>
Da müßt Ihr Euch doch den Mund wi&#x017F;chen. Die<lb/>
Per&#x017F;on hat nun mal was, daß man nicht weiß, was<lb/>
es i&#x017F;t; zudem Be&#x017F;chützer an allen Ecken. Man weiß<lb/>
nicht, wo man an&#x017F;tößt, wenn man zugreift.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Grad das könnte mich tentiren, rief der Cor¬<lb/>
net. 'S i&#x017F;t nur, &#x017F;ie i&#x017F;t nicht nach meinem Gout.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wolfskehl liebt nur das Bornirte. Da oben<lb/>
&#x017F;itzt die neu&#x017F;te, die er auf den Zug hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Man &#x017F;chaute nach der Loge im zweiten Range,<lb/>
nicht aber mit Discretion, wo Walter van A&#x017F;ten hinter<lb/>
&#x017F;einer Cou&#x017F;ine &#x017F;tand. &#x201E;Wer i&#x017F;t denn ihr Be&#x017F;chützer?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das Pockenge&#x017F;icht! Irgend ein Schulfuchs.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Vielleicht ihr Erkorner &#x2014; oder De&#x017F;tinirter.<lb/>
Er behandelt &#x017F;ie mit vieler Ae&#x017F;timation.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sieht mir grade aus wie Einer, der Lu&#x017F;t hat,<lb/>
&#x017F;ich einen &#x017F;anften Rippen&#x017F;toß appliciren zu la&#x017F;&#x017F;en, wenn<lb/>
ich Lu&#x017F;t bekäme, dem Mädel den Arm zu bieten. Wollt<lb/>
Ihr pariren, er dankt mir nachher an der Treppe &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wofür?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Ehre, daß ich &#x017F;einen Schatz geführt. Hol'<lb/>
mich der Geier, er &#x017F;oll's!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0254] dern hinter ihr. Wenn die Rührung losgeht, dann Attention! Der drüben, ob's unter dem Auge weiß, der hier, ob das Tuch roth wird.“ „Ein trefflicher Operationsplan! Wolfskehls mi¬ litairiſch Genie entwickelt ſich immer mehr.“ „Am Ende fangen die Weiber gar nicht an zu weinen?“ „Und wozu das alles, ſagte der Kuiraſſier. Da müßt Ihr Euch doch den Mund wiſchen. Die Perſon hat nun mal was, daß man nicht weiß, was es iſt; zudem Beſchützer an allen Ecken. Man weiß nicht, wo man anſtößt, wenn man zugreift.“ „Grad das könnte mich tentiren, rief der Cor¬ net. 'S iſt nur, ſie iſt nicht nach meinem Gout.“ „Wolfskehl liebt nur das Bornirte. Da oben ſitzt die neuſte, die er auf den Zug hat.“ Man ſchaute nach der Loge im zweiten Range, nicht aber mit Discretion, wo Walter van Aſten hinter ſeiner Couſine ſtand. „Wer iſt denn ihr Beſchützer?“ „Das Pockengeſicht! Irgend ein Schulfuchs.“ „Vielleicht ihr Erkorner — oder Deſtinirter. Er behandelt ſie mit vieler Aeſtimation.“ „Sieht mir grade aus wie Einer, der Luſt hat, ſich einen ſanften Rippenſtoß appliciren zu laſſen, wenn ich Luſt bekäme, dem Mädel den Arm zu bieten. Wollt Ihr pariren, er dankt mir nachher an der Treppe —“ „Wofür?“ „Die Ehre, daß ich ſeinen Schatz geführt. Hol' mich der Geier, er ſoll's!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/254
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/254>, abgerufen am 25.04.2024.