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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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"Ja, ja, sie hat jetzt lange Beine."

"Mein Vater, ich kenne Sie, und ich glaube,
Sie kennen mich. Sie haben den sauren Weg, der
mich erfreut und beschämt, nicht ohne Absicht an¬
getreten?"

"Wer fällt denn gleich mit der Thüre ins Haus?
Ich wollte mit Dir vorher ein bischen über Krieg
und Frieden discouriren, Europäische Weltverhältnisse.
Du bist ja jetzt ein Politiker, und ich hoffe doch
noch immer mein Sohn, der mir mit Rath und
That zur Hand sein wird, wenn es seines Vaters
Wohl gilt."

"Zum Spotten ist die Zeit zu ernst."

"Was, spotte ich? Geht einen Kaufmann Krieg
und Frieden nichts an? Der Alte stampfte mit
seinem Rohr auf den Boden. 's ist Ernst, Herr Sohn.
Wenn ein Kaufmann Schiffe auf der See hat, so
geht ihn der Sturm sehr viel an; und wenn die
Portepeefähndriche bis zu den Generalen hinauf in
seinen Büchern stehen, so ist ihm ihr Leben noch
viel theurer als dem Vaterlande."

"Als ein umsichtiger Kaufmann, wie ich Sie
kenne, werden Sie Ihre Unternehmungen nach den
letzten kritischen Zeitumständen eingerichtet haben."

"So? hoffst Du das?"

"Sie mußten den Krieg als wahrscheinlich im
Auge haben, und Ihre Speculationen, wenn nicht
darauf einrichten, doch danach abmessen."

"Wenn ich nun auf den Frieden speculirt hätte!"

„Ja, ja, ſie hat jetzt lange Beine.“

„Mein Vater, ich kenne Sie, und ich glaube,
Sie kennen mich. Sie haben den ſauren Weg, der
mich erfreut und beſchämt, nicht ohne Abſicht an¬
getreten?“

„Wer fällt denn gleich mit der Thüre ins Haus?
Ich wollte mit Dir vorher ein bischen über Krieg
und Frieden discouriren, Europäiſche Weltverhältniſſe.
Du biſt ja jetzt ein Politiker, und ich hoffe doch
noch immer mein Sohn, der mir mit Rath und
That zur Hand ſein wird, wenn es ſeines Vaters
Wohl gilt.“

„Zum Spotten iſt die Zeit zu ernſt.“

„Was, ſpotte ich? Geht einen Kaufmann Krieg
und Frieden nichts an? Der Alte ſtampfte mit
ſeinem Rohr auf den Boden. 's iſt Ernſt, Herr Sohn.
Wenn ein Kaufmann Schiffe auf der See hat, ſo
geht ihn der Sturm ſehr viel an; und wenn die
Portepeefähndriche bis zu den Generalen hinauf in
ſeinen Büchern ſtehen, ſo iſt ihm ihr Leben noch
viel theurer als dem Vaterlande.“

„Als ein umſichtiger Kaufmann, wie ich Sie
kenne, werden Sie Ihre Unternehmungen nach den
letzten kritiſchen Zeitumſtänden eingerichtet haben.“

„So? hoffſt Du das?“

„Sie mußten den Krieg als wahrſcheinlich im
Auge haben, und Ihre Speculationen, wenn nicht
darauf einrichten, doch danach abmeſſen.“

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[224/0234] „Ja, ja, ſie hat jetzt lange Beine.“ „Mein Vater, ich kenne Sie, und ich glaube, Sie kennen mich. Sie haben den ſauren Weg, der mich erfreut und beſchämt, nicht ohne Abſicht an¬ getreten?“ „Wer fällt denn gleich mit der Thüre ins Haus? Ich wollte mit Dir vorher ein bischen über Krieg und Frieden discouriren, Europäiſche Weltverhältniſſe. Du biſt ja jetzt ein Politiker, und ich hoffe doch noch immer mein Sohn, der mir mit Rath und That zur Hand ſein wird, wenn es ſeines Vaters Wohl gilt.“ „Zum Spotten iſt die Zeit zu ernſt.“ „Was, ſpotte ich? Geht einen Kaufmann Krieg und Frieden nichts an? Der Alte ſtampfte mit ſeinem Rohr auf den Boden. 's iſt Ernſt, Herr Sohn. Wenn ein Kaufmann Schiffe auf der See hat, ſo geht ihn der Sturm ſehr viel an; und wenn die Portepeefähndriche bis zu den Generalen hinauf in ſeinen Büchern ſtehen, ſo iſt ihm ihr Leben noch viel theurer als dem Vaterlande.“ „Als ein umſichtiger Kaufmann, wie ich Sie kenne, werden Sie Ihre Unternehmungen nach den letzten kritiſchen Zeitumſtänden eingerichtet haben.“ „So? hoffſt Du das?“ „Sie mußten den Krieg als wahrſcheinlich im Auge haben, und Ihre Speculationen, wenn nicht darauf einrichten, doch danach abmeſſen.“ „Wenn ich nun auf den Frieden ſpeculirt hätte!“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/234>, abgerufen am 23.04.2024.