Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

Bild:
<< vorherige Seite

ich von dem Terroristen wußte, theilte ich mehreren
mit, und darunter hörte Storchmeier, wenn ich mich
recht entsann, am theilnehmendsten zu, und man mun-
terte mich sehr freundlich auf, immer mehr zum Be-
sten zu geben. Als ich so an die Pallisaden gekom-
men, war nur noch Einer hinter mir zurückgeblieben.
Da er noch zögerte, als ich den letzten Vormann in
den Graben hinunterspringen hörte, kletterte ich hinauf
und wollte mich eben hinablassen, als ich einen hefti-
gen Stoß von hinten fühlte. Jch stürzte besinnungs-
los in die Tiefe und hörte nur die Worte: "Für's
Alles-wissen." Meine Freunde vermißten mich noch
zur rechten Zeit, um umzukehren und mich hinaufzu-
schleppen. Mit ihrer Unterstützung, wobei Storchmeier
sich am thätigsten zeigte, kam ich wieder zu mir und
in's Lager zurück, war jedoch erst nach drei Tagen
zum Dienst tüchtig. Hätte ich gegen Storchmeier ei-
nen Verdacht hegen können, er wäre durch die freund-
liche Theilnahme schnell beseitigt worden. Denn wäh-
rend die Anderen meinten, der Wein habe bei mir ge-
spukt, versicherte er, eine Planke sey lose gewesen,
und dies sey allein an meinem Sturz schuld; er habe
es genau untersucht.

Der Zufall brachte uns bei meinem ersten Wach-
dienst zusammen. Er machte sich mit mir weit mehr
als je zu schaffen, und schien mir diesmal nicht von

ich von dem Terroriſten wußte, theilte ich mehreren
mit, und darunter hörte Storchmeier, wenn ich mich
recht entſann, am theilnehmendſten zu, und man mun-
terte mich ſehr freundlich auf, immer mehr zum Be-
ſten zu geben. Als ich ſo an die Palliſaden gekom-
men, war nur noch Einer hinter mir zurückgeblieben.
Da er noch zögerte, als ich den letzten Vormann in
den Graben hinunterſpringen hörte, kletterte ich hinauf
und wollte mich eben hinablaſſen, als ich einen hefti-
gen Stoß von hinten fühlte. Jch ſtürzte beſinnungs-
los in die Tiefe und hörte nur die Worte: „Für’s
Alles-wiſſen.“ Meine Freunde vermißten mich noch
zur rechten Zeit, um umzukehren und mich hinaufzu-
ſchleppen. Mit ihrer Unterſtützung, wobei Storchmeier
ſich am thätigſten zeigte, kam ich wieder zu mir und
in’s Lager zurück, war jedoch erſt nach drei Tagen
zum Dienſt tüchtig. Hätte ich gegen Storchmeier ei-
nen Verdacht hegen können, er wäre durch die freund-
liche Theilnahme ſchnell beſeitigt worden. Denn wäh-
rend die Anderen meinten, der Wein habe bei mir ge-
ſpukt, verſicherte er, eine Planke ſey loſe geweſen,
und dies ſey allein an meinem Sturz ſchuld; er habe
es genau unterſucht.

Der Zufall brachte uns bei meinem erſten Wach-
dienſt zuſammen. Er machte ſich mit mir weit mehr
als je zu ſchaffen, und ſchien mir diesmal nicht von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0037"/>
ich von dem Terrori&#x017F;ten wußte, theilte ich mehreren<lb/>
mit, und darunter hörte Storchmeier, wenn ich mich<lb/>
recht ent&#x017F;ann, am theilnehmend&#x017F;ten zu, und man mun-<lb/>
terte mich &#x017F;ehr freundlich auf, immer mehr zum Be-<lb/>
&#x017F;ten zu geben. Als ich &#x017F;o an die Palli&#x017F;aden gekom-<lb/>
men, war nur noch Einer hinter mir zurückgeblieben.<lb/>
Da er noch zögerte, als ich den letzten Vormann in<lb/>
den Graben hinunter&#x017F;pringen hörte, kletterte ich hinauf<lb/>
und wollte mich eben hinabla&#x017F;&#x017F;en, als ich einen hefti-<lb/>
gen Stoß von hinten fühlte. Jch &#x017F;türzte be&#x017F;innungs-<lb/>
los in die Tiefe und hörte nur die Worte: &#x201E;Für&#x2019;s<lb/>
Alles-wi&#x017F;&#x017F;en.&#x201C; Meine Freunde vermißten mich noch<lb/>
zur rechten Zeit, um umzukehren und mich hinaufzu-<lb/>
&#x017F;chleppen. Mit ihrer Unter&#x017F;tützung, wobei Storchmeier<lb/>
&#x017F;ich am thätig&#x017F;ten zeigte, kam ich wieder zu mir und<lb/>
in&#x2019;s Lager zurück, war jedoch er&#x017F;t nach drei Tagen<lb/>
zum Dien&#x017F;t tüchtig. Hätte ich gegen Storchmeier ei-<lb/>
nen Verdacht hegen können, er wäre durch die freund-<lb/>
liche Theilnahme &#x017F;chnell be&#x017F;eitigt worden. Denn wäh-<lb/>
rend die Anderen meinten, der Wein habe bei mir ge-<lb/>
&#x017F;pukt, ver&#x017F;icherte er, eine Planke &#x017F;ey lo&#x017F;e gewe&#x017F;en,<lb/>
und dies &#x017F;ey allein an meinem Sturz &#x017F;chuld; er habe<lb/>
es genau unter&#x017F;ucht.</p><lb/>
        <p>Der Zufall brachte uns bei meinem er&#x017F;ten Wach-<lb/>
dien&#x017F;t zu&#x017F;ammen. Er machte &#x017F;ich mit mir weit mehr<lb/>
als je zu &#x017F;chaffen, und &#x017F;chien mir diesmal nicht von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0037] ich von dem Terroriſten wußte, theilte ich mehreren mit, und darunter hörte Storchmeier, wenn ich mich recht entſann, am theilnehmendſten zu, und man mun- terte mich ſehr freundlich auf, immer mehr zum Be- ſten zu geben. Als ich ſo an die Palliſaden gekom- men, war nur noch Einer hinter mir zurückgeblieben. Da er noch zögerte, als ich den letzten Vormann in den Graben hinunterſpringen hörte, kletterte ich hinauf und wollte mich eben hinablaſſen, als ich einen hefti- gen Stoß von hinten fühlte. Jch ſtürzte beſinnungs- los in die Tiefe und hörte nur die Worte: „Für’s Alles-wiſſen.“ Meine Freunde vermißten mich noch zur rechten Zeit, um umzukehren und mich hinaufzu- ſchleppen. Mit ihrer Unterſtützung, wobei Storchmeier ſich am thätigſten zeigte, kam ich wieder zu mir und in’s Lager zurück, war jedoch erſt nach drei Tagen zum Dienſt tüchtig. Hätte ich gegen Storchmeier ei- nen Verdacht hegen können, er wäre durch die freund- liche Theilnahme ſchnell beſeitigt worden. Denn wäh- rend die Anderen meinten, der Wein habe bei mir ge- ſpukt, verſicherte er, eine Planke ſey loſe geweſen, und dies ſey allein an meinem Sturz ſchuld; er habe es genau unterſucht. Der Zufall brachte uns bei meinem erſten Wach- dienſt zuſammen. Er machte ſich mit mir weit mehr als je zu ſchaffen, und ſchien mir diesmal nicht von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-07-16T12:57:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-07-16T12:57:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/37
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/37>, abgerufen am 28.03.2024.