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Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

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Glanz auf die weite Gegend. Hinter den Büschen
die Vorposten, meist Pommersche Jäger in Grün mit
weißen Kragen und blitzenden Büchsen. Die Nacht-
kälte wurde auch schon beim Wachestehen empfunden.
Sie trieb zur Geselligkeit, so weit diese erlaubt war.
Ein Jäger hatte sich zu mir geschlichen, und lehnte
sich an eine Pappel. Er blickte fast verlangender als
ich nach der Stadt. Da kam ein Unterofficier vorüber
und nahm einen tüchtigen Zug aus der Feldflasche des
Cameraden. "Allert, Jungens!" rief er, und drohte
mit der Faust nach der Festung, "wenn ich drin bin,
wollen wir wirthschaften. Und paßt Acht, die Nacht
giebt's was, denn der Unsichtbare ist wieder reinge-
schlichen."

"Jst's nicht eine Schande," rief der Jäger, als
dieser weiter gegangen, "einem Weibe pariren zu müs-
sen. Und einen Zug that sie, wie der beste Grenadier.
Die ist bis auf den Grund leer." Jch entsann mich
erst jetzt, daß der Unterofficier Niemand anders gewe-
sen, als das Mädchen, welches unter dem Namen der
Jungfrau Krüger in der Geschichte des preußischen
Heeres berühmt geworden. Zwei Feldzüge hatte sie,
ohne daß ihr Geschlecht bekannt geworden, mitgemacht.
Schon prangte das eiserne Kreuz auf der Brust des
Unterofficiers, als das Geheimniß herauskam; aber sie
fühlte sich deshalb noch nicht berufen, das freie Krie-

Glanz auf die weite Gegend. Hinter den Büſchen
die Vorpoſten, meiſt Pommerſche Jäger in Grün mit
weißen Kragen und blitzenden Büchſen. Die Nacht-
kälte wurde auch ſchon beim Wacheſtehen empfunden.
Sie trieb zur Geſelligkeit, ſo weit dieſe erlaubt war.
Ein Jäger hatte ſich zu mir geſchlichen, und lehnte
ſich an eine Pappel. Er blickte faſt verlangender als
ich nach der Stadt. Da kam ein Unterofficier vorüber
und nahm einen tüchtigen Zug aus der Feldflaſche des
Cameraden. „Allert, Jungens!“ rief er, und drohte
mit der Fauſt nach der Feſtung, „wenn ich drin bin,
wollen wir wirthſchaften. Und paßt Acht, die Nacht
giebt’s was, denn der Unſichtbare iſt wieder reinge-
ſchlichen.“

„Jſt’s nicht eine Schande,“ rief der Jäger, als
dieſer weiter gegangen, „einem Weibe pariren zu müſ-
ſen. Und einen Zug that ſie, wie der beſte Grenadier.
Die iſt bis auf den Grund leer.“ Jch entſann mich
erſt jetzt, daß der Unterofficier Niemand anders gewe-
ſen, als das Mädchen, welches unter dem Namen der
Jungfrau Krüger in der Geſchichte des preußiſchen
Heeres berühmt geworden. Zwei Feldzüge hatte ſie,
ohne daß ihr Geſchlecht bekannt geworden, mitgemacht.
Schon prangte das eiſerne Kreuz auf der Bruſt des
Unterofficiers, als das Geheimniß herauskam; aber ſie
fühlte ſich deshalb noch nicht berufen, das freie Krie-

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[0030] Glanz auf die weite Gegend. Hinter den Büſchen die Vorpoſten, meiſt Pommerſche Jäger in Grün mit weißen Kragen und blitzenden Büchſen. Die Nacht- kälte wurde auch ſchon beim Wacheſtehen empfunden. Sie trieb zur Geſelligkeit, ſo weit dieſe erlaubt war. Ein Jäger hatte ſich zu mir geſchlichen, und lehnte ſich an eine Pappel. Er blickte faſt verlangender als ich nach der Stadt. Da kam ein Unterofficier vorüber und nahm einen tüchtigen Zug aus der Feldflaſche des Cameraden. „Allert, Jungens!“ rief er, und drohte mit der Fauſt nach der Feſtung, „wenn ich drin bin, wollen wir wirthſchaften. Und paßt Acht, die Nacht giebt’s was, denn der Unſichtbare iſt wieder reinge- ſchlichen.“ „Jſt’s nicht eine Schande,“ rief der Jäger, als dieſer weiter gegangen, „einem Weibe pariren zu müſ- ſen. Und einen Zug that ſie, wie der beſte Grenadier. Die iſt bis auf den Grund leer.“ Jch entſann mich erſt jetzt, daß der Unterofficier Niemand anders gewe- ſen, als das Mädchen, welches unter dem Namen der Jungfrau Krüger in der Geſchichte des preußiſchen Heeres berühmt geworden. Zwei Feldzüge hatte ſie, ohne daß ihr Geſchlecht bekannt geworden, mitgemacht. Schon prangte das eiſerne Kreuz auf der Bruſt des Unterofficiers, als das Geheimniß herauskam; aber ſie fühlte ſich deshalb noch nicht berufen, das freie Krie-

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/30>, abgerufen am 24.04.2024.