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Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907.

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renden Hydrops der Kniegelenke. Die Schwellung trat regelmäßig mit
seltenen Ausnahmen alle 14 Tage oberhalb der Patella ein, ergriff als-
bald die Kniegelenke und führte zu starkem intraartikulärem Erguß.
Nach 4 Tagen war jede Spur der Schwellung verschwunden. Verdacht
auf Tabes war leicht zu entkräften. Die Prostata zeigte sich normal.
Patient ist ein leidenschaftlicher Tourist.

26. Marta C., 17 Jahre alt, leidet seit frühester Kindheit an Enu-
resis und Stuhlinkontinenz, die sich bis auf den heutigen Tag
nicht selten zeigen, durch psychische Beeinflussung jedoch immer eine
Zeitlang hintangehalten werden können. Seit jeher ein schlimmes Kind
gewesen, zu Wutausbrüchen geneigt, in ihrer psychischen Leistungs-
fähigkeit aber nicht beeinträchtigt. Häufig Blasenkatarrh. Sprach-
fehler
. Hat in der frühesten Kindheit sehr schwer und langsam sprechen
gelernt. Sehnt sich derzeit, zum Theater zu gehen. Kein Gaumen-
reflex
. Leichte rachitische Skoliose. Obstipation, Appetitlosigkeit
sind häufig. Hat eine Appendizitis und Typhus überstanden. Koura-
giertes Mädchen
, das keine Ängstlichkeit kennt. Erste Periode mit
15 Jahren, seither regelmäßig und schmerzlos. In der Familie häufig
Enuresis.

27. Wilhelm N., 30 Jahre alt, Buchhalter. Gonorrhöe seit 8 Mo-
naten. Phosphaturie. Klagt über chronische Obstipation, die seit
seiner Kindheit anhält. Vater frühzeitig an Lungentuberkulose gestorben.
Patient war bis zum 7. Jahre Bettnässer, sein jüngerer Bruder litt
längere Zeit an Enuresis und Stuhlinkontinenz. (Anfänglich Stuhlinkon-
tinenz, im späteren Leben Obstipation, ist ein häufiger Befund. Bei der
Domestikation der Hunde tritt dieser Fall recht oft ein.)

28. Fritz R., 27 Jahre alt, Kaufmann, klagt über zeitweilige Im-
potenz und regelmäßige Ejaculatio praecox. Verwachsung des inneren
Präputialsackes mit der Glans. Berichtet aus der Kindheit: Schüchtern-
heit, große Angst vor Alleinsein und dunklen Zimmern, langdauerndes
Nägelbeißen und Tic der linken Schulter, klonischer Blepharospasmus.
Frühzeitige Masturbation. Enuresis bis zum 7. Lebensjahre. Enuresis
und Ejaculatio praecox in der väterlichen Linie häufig. Außerdem finden
sich beim Patienten noch: leichte Struma parenchymatosa, zuweilen
Wadenkrämpfe und Krämpfe in den Zehen und Fingern, kein Trousseau,
Chvosteksches Symptom positiv. Varicen am Unterschenkel. Obstipation
und öfters Kopfschmerz. (Minderwertigkeit der Beine? Lange untere
Extremitäten. Passionierter Tourist, Schlittschuh- und Skiläufer.)

29. Dr. Robert S., Jurist, 32 Jahre alt, klagt über psychische Im-
potenz und Ejaculatio praecox. Zeigt Berührungsfurcht und leidet

renden Hydrops der Kniegelenke. Die Schwellung trat regelmäßig mit
seltenen Ausnahmen alle 14 Tage oberhalb der Patella ein, ergriff als-
bald die Kniegelenke und führte zu starkem intraartikulärem Erguß.
Nach 4 Tagen war jede Spur der Schwellung verschwunden. Verdacht
auf Tabes war leicht zu entkräften. Die Prostata zeigte sich normal.
Patient ist ein leidenschaftlicher Tourist.

26. Marta C., 17 Jahre alt, leidet seit frühester Kindheit an Enu-
resis und Stuhlinkontinenz, die sich bis auf den heutigen Tag
nicht selten zeigen, durch psychische Beeinflussung jedoch immer eine
Zeitlang hintangehalten werden können. Seit jeher ein schlimmes Kind
gewesen, zu Wutausbrüchen geneigt, in ihrer psychischen Leistungs-
fähigkeit aber nicht beeinträchtigt. Häufig Blasenkatarrh. Sprach-
fehler
. Hat in der frühesten Kindheit sehr schwer und langsam sprechen
gelernt. Sehnt sich derzeit, zum Theater zu gehen. Kein Gaumen-
reflex
. Leichte rachitische Skoliose. Obstipation, Appetitlosigkeit
sind häufig. Hat eine Appendizitis und Typhus überstanden. Koura-
giertes Mädchen
, das keine Ängstlichkeit kennt. Erste Periode mit
15 Jahren, seither regelmäßig und schmerzlos. In der Familie häufig
Enuresis.

27. Wilhelm N., 30 Jahre alt, Buchhalter. Gonorrhöe seit 8 Mo-
naten. Phosphaturie. Klagt über chronische Obstipation, die seit
seiner Kindheit anhält. Vater frühzeitig an Lungentuberkulose gestorben.
Patient war bis zum 7. Jahre Bettnässer, sein jüngerer Bruder litt
längere Zeit an Enuresis und Stuhlinkontinenz. (Anfänglich Stuhlinkon-
tinenz, im späteren Leben Obstipation, ist ein häufiger Befund. Bei der
Domestikation der Hunde tritt dieser Fall recht oft ein.)

28. Fritz R., 27 Jahre alt, Kaufmann, klagt über zeitweilige Im-
potenz und regelmäßige Ejaculatio praecox. Verwachsung des inneren
Präputialsackes mit der Glans. Berichtet aus der Kindheit: Schüchtern-
heit, große Angst vor Alleinsein und dunklen Zimmern, langdauerndes
Nägelbeißen und Tic der linken Schulter, klonischer Blepharospasmus.
Frühzeitige Masturbation. Enuresis bis zum 7. Lebensjahre. Enuresis
und Ejaculatio praecox in der väterlichen Linie häufig. Außerdem finden
sich beim Patienten noch: leichte Struma parenchymatosa, zuweilen
Wadenkrämpfe und Krämpfe in den Zehen und Fingern, kein Trousseau,
Chvosteksches Symptom positiv. Varicen am Unterschenkel. Obstipation
und öfters Kopfschmerz. (Minderwertigkeit der Beine? Lange untere
Extremitäten. Passionierter Tourist, Schlittschuh- und Skiläufer.)

29. Dr. Robert S., Jurist, 32 Jahre alt, klagt über psychische Im-
potenz und Ejaculatio praecox. Zeigt Berührungsfurcht und leidet

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[87/0099] renden Hydrops der Kniegelenke. Die Schwellung trat regelmäßig mit seltenen Ausnahmen alle 14 Tage oberhalb der Patella ein, ergriff als- bald die Kniegelenke und führte zu starkem intraartikulärem Erguß. Nach 4 Tagen war jede Spur der Schwellung verschwunden. Verdacht auf Tabes war leicht zu entkräften. Die Prostata zeigte sich normal. Patient ist ein leidenschaftlicher Tourist. 26. Marta C., 17 Jahre alt, leidet seit frühester Kindheit an Enu- resis und Stuhlinkontinenz, die sich bis auf den heutigen Tag nicht selten zeigen, durch psychische Beeinflussung jedoch immer eine Zeitlang hintangehalten werden können. Seit jeher ein schlimmes Kind gewesen, zu Wutausbrüchen geneigt, in ihrer psychischen Leistungs- fähigkeit aber nicht beeinträchtigt. Häufig Blasenkatarrh. Sprach- fehler. Hat in der frühesten Kindheit sehr schwer und langsam sprechen gelernt. Sehnt sich derzeit, zum Theater zu gehen. Kein Gaumen- reflex. Leichte rachitische Skoliose. Obstipation, Appetitlosigkeit sind häufig. Hat eine Appendizitis und Typhus überstanden. Koura- giertes Mädchen, das keine Ängstlichkeit kennt. Erste Periode mit 15 Jahren, seither regelmäßig und schmerzlos. In der Familie häufig Enuresis. 27. Wilhelm N., 30 Jahre alt, Buchhalter. Gonorrhöe seit 8 Mo- naten. Phosphaturie. Klagt über chronische Obstipation, die seit seiner Kindheit anhält. Vater frühzeitig an Lungentuberkulose gestorben. Patient war bis zum 7. Jahre Bettnässer, sein jüngerer Bruder litt längere Zeit an Enuresis und Stuhlinkontinenz. (Anfänglich Stuhlinkon- tinenz, im späteren Leben Obstipation, ist ein häufiger Befund. Bei der Domestikation der Hunde tritt dieser Fall recht oft ein.) 28. Fritz R., 27 Jahre alt, Kaufmann, klagt über zeitweilige Im- potenz und regelmäßige Ejaculatio praecox. Verwachsung des inneren Präputialsackes mit der Glans. Berichtet aus der Kindheit: Schüchtern- heit, große Angst vor Alleinsein und dunklen Zimmern, langdauerndes Nägelbeißen und Tic der linken Schulter, klonischer Blepharospasmus. Frühzeitige Masturbation. Enuresis bis zum 7. Lebensjahre. Enuresis und Ejaculatio praecox in der väterlichen Linie häufig. Außerdem finden sich beim Patienten noch: leichte Struma parenchymatosa, zuweilen Wadenkrämpfe und Krämpfe in den Zehen und Fingern, kein Trousseau, Chvosteksches Symptom positiv. Varicen am Unterschenkel. Obstipation und öfters Kopfschmerz. (Minderwertigkeit der Beine? Lange untere Extremitäten. Passionierter Tourist, Schlittschuh- und Skiläufer.) 29. Dr. Robert S., Jurist, 32 Jahre alt, klagt über psychische Im- potenz und Ejaculatio praecox. Zeigt Berührungsfurcht und leidet

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Zitationshilfe: Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_studie_1907/99>, abgerufen am 25.04.2024.