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Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907.

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weilig auftretenden lanzinierenden Schmerzen in den Beinen, zeigt
Mangel des PSR, positiven Rhomberg, leichte Ataxie und Argyll Ro-
bertson. Keine Blasenstörungen, keine Impotenz. Die Mutter mußte sich
vor kurzem einer Myomoperation unterziehen und leidet seit zwei
Jahren an Schmerzen in der Lenden- und Kreuzbeingegend. (Die Eltern
zeigen also beide segmentale Minderwertigkeit der Lenden- und Kreuz-
beinsegmente.)

23. Dr. M. L., Schriftsteller, 41 Jahre alt, leidet seit Jahren an
häufigen Rezidiven schwerer Ischias. Sexuelle Frühreife und Enuresis
in der Familie wird zugestanden. Syphilophobie. Harnstottern und dys-
urische Beschwerden ohne Befund.

24. Josef S., Kaufmann, 42 Jahre alt, klagt über Angstzustände,
chronische Obstipation, Verstimmung und Aufstoßen. Gibt an, daß so-
wohl bei ihm als bei seinen Brüdern stark verspätete Ejaculatio ein-
trete. Mehrmaliger langwieriger Verlauf von Urethritis posterior mit
Komplikationen. Schlaffer Spinkter. Hat zwischen dem 8. und 9. Le-
bensjahre an einer schmerzlosen Lähmung beider Beine gelitten und
war über ein halbes Jahr lang ans Bett gefesselt (hysterische Abasie-
Astasie oder zur Ausheilung gelangte Poliomyelitis?). Gang, Reflexe,
motorische Kraft und Entwicklung der Beine sind derzeit tadellos. Da-
gegen findet sich an der Lendenwirbelsäule eine lordotische Defor-
mation
. Ängstlicher, hypochondrischer, zu allerlei Klagen über Herz,
Lunge und Verdauungsapparat geneigter Mann, der mit einer gesunden
Frau seit 7 Jahren in kinderloser Ehe lebt. Spermauntersuchung wird
verweigert. Frühmasturbation und Enuresis bis ins 14. Lebensjahr, fast
ebenso lange Stuhlinkontinenz (Mutter an Diabetes gestorben!) werden
zugegeben. Bettnässen noch bis vor kurzer Zeit nach stärkerem Alkohol-
genuß.

25. Johann R., 39 Jahre alt, Beamter, klagt über Angstgefühle
und fast alle 14 Tage auftretende Kniegelenksschwellungen, denen
Pollutionen und diarrhoische Stuhlentleerungen vorausgehen. Der Zu-
stand besteht seit 12 Jahren und hat anläßlich des Todes des Vaters
in Begleitung von Selbstvorwürfen eingesetzt. Ejaculatio praecox seit
jeher. Starke Masturbation schon in früher Kindheit, später gehäufte
Pollutionen. Enuresis und Stuhlinkontinenz bis zum 10. Jahre. Bis heute
besteht große Schlafsucht und ungemein tiefer Schlaf. (Minderwertig-
keit des Cerebrums.) Klagt über andauernde heftige Schmerzen in
der Lendenwirbelsäule und im Kreuzbein
. Die unteren Extremi-
täten sind im Verhältnis zum Rumpf auffallend kurz. Der Fall stand
längere Zeit in meiner Beobachtung. Es handelte sich um intermittie-

weilig auftretenden lanzinierenden Schmerzen in den Beinen, zeigt
Mangel des PSR, positiven Rhomberg, leichte Ataxie und Argyll Ro-
bertson. Keine Blasenstörungen, keine Impotenz. Die Mutter mußte sich
vor kurzem einer Myomoperation unterziehen und leidet seit zwei
Jahren an Schmerzen in der Lenden- und Kreuzbeingegend. (Die Eltern
zeigen also beide segmentale Minderwertigkeit der Lenden- und Kreuz-
beinsegmente.)

23. Dr. M. L., Schriftsteller, 41 Jahre alt, leidet seit Jahren an
häufigen Rezidiven schwerer Ischias. Sexuelle Frühreife und Enuresis
in der Familie wird zugestanden. Syphilophobie. Harnstottern und dys-
urische Beschwerden ohne Befund.

24. Josef S., Kaufmann, 42 Jahre alt, klagt über Angstzustände,
chronische Obstipation, Verstimmung und Aufstoßen. Gibt an, daß so-
wohl bei ihm als bei seinen Brüdern stark verspätete Ejaculatio ein-
trete. Mehrmaliger langwieriger Verlauf von Urethritis posterior mit
Komplikationen. Schlaffer Spinkter. Hat zwischen dem 8. und 9. Le-
bensjahre an einer schmerzlosen Lähmung beider Beine gelitten und
war über ein halbes Jahr lang ans Bett gefesselt (hysterische Abasie-
Astasie oder zur Ausheilung gelangte Poliomyelitis?). Gang, Reflexe,
motorische Kraft und Entwicklung der Beine sind derzeit tadellos. Da-
gegen findet sich an der Lendenwirbelsäule eine lordotische Defor-
mation
. Ängstlicher, hypochondrischer, zu allerlei Klagen über Herz,
Lunge und Verdauungsapparat geneigter Mann, der mit einer gesunden
Frau seit 7 Jahren in kinderloser Ehe lebt. Spermauntersuchung wird
verweigert. Frühmasturbation und Enuresis bis ins 14. Lebensjahr, fast
ebenso lange Stuhlinkontinenz (Mutter an Diabetes gestorben!) werden
zugegeben. Bettnässen noch bis vor kurzer Zeit nach stärkerem Alkohol-
genuß.

25. Johann R., 39 Jahre alt, Beamter, klagt über Angstgefühle
und fast alle 14 Tage auftretende Kniegelenksschwellungen, denen
Pollutionen und diarrhoische Stuhlentleerungen vorausgehen. Der Zu-
stand besteht seit 12 Jahren und hat anläßlich des Todes des Vaters
in Begleitung von Selbstvorwürfen eingesetzt. Ejaculatio praecox seit
jeher. Starke Masturbation schon in früher Kindheit, später gehäufte
Pollutionen. Enuresis und Stuhlinkontinenz bis zum 10. Jahre. Bis heute
besteht große Schlafsucht und ungemein tiefer Schlaf. (Minderwertig-
keit des Cerebrums.) Klagt über andauernde heftige Schmerzen in
der Lendenwirbelsäule und im Kreuzbein
. Die unteren Extremi-
täten sind im Verhältnis zum Rumpf auffallend kurz. Der Fall stand
längere Zeit in meiner Beobachtung. Es handelte sich um intermittie-

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[86/0098] weilig auftretenden lanzinierenden Schmerzen in den Beinen, zeigt Mangel des PSR, positiven Rhomberg, leichte Ataxie und Argyll Ro- bertson. Keine Blasenstörungen, keine Impotenz. Die Mutter mußte sich vor kurzem einer Myomoperation unterziehen und leidet seit zwei Jahren an Schmerzen in der Lenden- und Kreuzbeingegend. (Die Eltern zeigen also beide segmentale Minderwertigkeit der Lenden- und Kreuz- beinsegmente.) 23. Dr. M. L., Schriftsteller, 41 Jahre alt, leidet seit Jahren an häufigen Rezidiven schwerer Ischias. Sexuelle Frühreife und Enuresis in der Familie wird zugestanden. Syphilophobie. Harnstottern und dys- urische Beschwerden ohne Befund. 24. Josef S., Kaufmann, 42 Jahre alt, klagt über Angstzustände, chronische Obstipation, Verstimmung und Aufstoßen. Gibt an, daß so- wohl bei ihm als bei seinen Brüdern stark verspätete Ejaculatio ein- trete. Mehrmaliger langwieriger Verlauf von Urethritis posterior mit Komplikationen. Schlaffer Spinkter. Hat zwischen dem 8. und 9. Le- bensjahre an einer schmerzlosen Lähmung beider Beine gelitten und war über ein halbes Jahr lang ans Bett gefesselt (hysterische Abasie- Astasie oder zur Ausheilung gelangte Poliomyelitis?). Gang, Reflexe, motorische Kraft und Entwicklung der Beine sind derzeit tadellos. Da- gegen findet sich an der Lendenwirbelsäule eine lordotische Defor- mation. Ängstlicher, hypochondrischer, zu allerlei Klagen über Herz, Lunge und Verdauungsapparat geneigter Mann, der mit einer gesunden Frau seit 7 Jahren in kinderloser Ehe lebt. Spermauntersuchung wird verweigert. Frühmasturbation und Enuresis bis ins 14. Lebensjahr, fast ebenso lange Stuhlinkontinenz (Mutter an Diabetes gestorben!) werden zugegeben. Bettnässen noch bis vor kurzer Zeit nach stärkerem Alkohol- genuß. 25. Johann R., 39 Jahre alt, Beamter, klagt über Angstgefühle und fast alle 14 Tage auftretende Kniegelenksschwellungen, denen Pollutionen und diarrhoische Stuhlentleerungen vorausgehen. Der Zu- stand besteht seit 12 Jahren und hat anläßlich des Todes des Vaters in Begleitung von Selbstvorwürfen eingesetzt. Ejaculatio praecox seit jeher. Starke Masturbation schon in früher Kindheit, später gehäufte Pollutionen. Enuresis und Stuhlinkontinenz bis zum 10. Jahre. Bis heute besteht große Schlafsucht und ungemein tiefer Schlaf. (Minderwertig- keit des Cerebrums.) Klagt über andauernde heftige Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und im Kreuzbein. Die unteren Extremi- täten sind im Verhältnis zum Rumpf auffallend kurz. Der Fall stand längere Zeit in meiner Beobachtung. Es handelte sich um intermittie-

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Zitationshilfe: Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_studie_1907/98>, abgerufen am 25.04.2024.