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Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907.

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Urethritis posterior trat für einige Tage Retentio urinae ein. Schild-
drüse bedeutend vergrößert. Sonstiger Befund sowie Harnanalyse nor-
mal. Neigung zu Exhibitionismus. Vater an Nephritis, drei Schwestern
im Wochenbett gestorben. Gibt an, bis zum 9. Jahre an Enuresis ge-
litten zu haben.

2. Oskar C., 23 Jahre alt, Student, klagt über Unfähigkeit zum
Lernen, Kopfdruck und nervöse Gereiztheit. In letzter Zeit spontan auf-
tretende Schmerzen im rechten Testikel. Normaler Befund bis auf Ver-
dickung des Kopfes im rechten Nebenhoden. Dem Samenstrang entlang
zwei kleine knötchenförmige Verdickungen, die den Gedanken an Tu-
berkulose nahelegen. Zwei analoge Fälle, bei denen die Verdickungen
zurückgegangen waren, ließen Coitus protractus als Ursache vermuten,
der eine davon hatte zeitweilig blutiges Sperma (Ruptur der Gefäße?)
ejakuliert. Auch im vorliegenden Falle wurde protrahierter Koitus zu-
gestanden. Sonst Ejaculatio praecox. Behauptet, nur einige Male im
Alter von 9 Jahren genäßt zu haben. -- Ein älterer Bruder litt bis
zum 16. Jahre an Enuresis, die Harnanalyse des Vaters, der an
einer leichten Form von Epilepsie leidet, weist zeitweilig Albumen,
hyaline und granulierte Zylinder auf. Großvater und Großmutter
väterlicherseits starben an Apoplexia cerebri (Schrumpfniere?), eine
Tochter derselben an Urämie. Ein zweiter Bruder des P. litt an
Paranoia acuta hallucinatoria und zeigte Verklebung des Präputiums
mit der Glans.

3. Ignaz W., 52 Jahre alt, Beamter, klagt seit einem Jahr über
vage Schmerzen im Rücken und in der Nierengegend. Harnbefund:
spezifisches Gewicht 1007, geringe Spuren von Albumen, dauernd ver-
mehrte Menge, Pollakiurie. Pulsspannung über die Norm erhöht, zweiter
Aortenton akzentuiert. Herz hypertrophisch. Enuresis wird geleugnet.
Ein Bruder und ein Kind des Patienten haben daran gelitten. Mutter
ist mit 26 Jahren bei einem Partus gestorben.

4. Dolly A., 7 Jahre alt, ein ängstliches, zartes, blasses Kind, das
seit der Geburt an Enuresis leidet. Mutter war gleichfalls Bettnässerin,
die Großmutter mütterlicherseits starb an Urämie.

5. Elisabeth D., 3 Jahre alt, Enuresis nocturna et diurna. Ängst-
liches Kind, das sich fürchtet, allein im Zimmer zu bleiben, nicht aus-
geht, ohne sich an der Hand fuhren zu lassen, auch sonst großes Zärt-
lichkeitsbedürfnis und Sucht nach Anlehnung an den Tag legt. Pavor
nocturnus. Spricht fast den ganzen Tag vom "Pissen". In der Familie
des Vaters Enuresis, Großmutter mütterlicherseits leidet an Schrumpf-
niere. Als Pat. und ihre Schwester an Skarlatina erkrankten, zeigte die

Urethritis posterior trat für einige Tage Retentio urinae ein. Schild-
drüse bedeutend vergrößert. Sonstiger Befund sowie Harnanalyse nor-
mal. Neigung zu Exhibitionismus. Vater an Nephritis, drei Schwestern
im Wochenbett gestorben. Gibt an, bis zum 9. Jahre an Enuresis ge-
litten zu haben.

2. Oskar C., 23 Jahre alt, Student, klagt über Unfähigkeit zum
Lernen, Kopfdruck und nervöse Gereiztheit. In letzter Zeit spontan auf-
tretende Schmerzen im rechten Testikel. Normaler Befund bis auf Ver-
dickung des Kopfes im rechten Nebenhoden. Dem Samenstrang entlang
zwei kleine knötchenförmige Verdickungen, die den Gedanken an Tu-
berkulose nahelegen. Zwei analoge Fälle, bei denen die Verdickungen
zurückgegangen waren, ließen Coitus protractus als Ursache vermuten,
der eine davon hatte zeitweilig blutiges Sperma (Ruptur der Gefäße?)
ejakuliert. Auch im vorliegenden Falle wurde protrahierter Koitus zu-
gestanden. Sonst Ejaculatio praecox. Behauptet, nur einige Male im
Alter von 9 Jahren genäßt zu haben. — Ein älterer Bruder litt bis
zum 16. Jahre an Enuresis, die Harnanalyse des Vaters, der an
einer leichten Form von Epilepsie leidet, weist zeitweilig Albumen,
hyaline und granulierte Zylinder auf. Großvater und Großmutter
väterlicherseits starben an Apoplexia cerebri (Schrumpfniere?), eine
Tochter derselben an Urämie. Ein zweiter Bruder des P. litt an
Paranoia acuta hallucinatoria und zeigte Verklebung des Präputiums
mit der Glans.

3. Ignaz W., 52 Jahre alt, Beamter, klagt seit einem Jahr über
vage Schmerzen im Rücken und in der Nierengegend. Harnbefund:
spezifisches Gewicht 1007, geringe Spuren von Albumen, dauernd ver-
mehrte Menge, Pollakiurie. Pulsspannung über die Norm erhöht, zweiter
Aortenton akzentuiert. Herz hypertrophisch. Enuresis wird geleugnet.
Ein Bruder und ein Kind des Patienten haben daran gelitten. Mutter
ist mit 26 Jahren bei einem Partus gestorben.

4. Dolly A., 7 Jahre alt, ein ängstliches, zartes, blasses Kind, das
seit der Geburt an Enuresis leidet. Mutter war gleichfalls Bettnässerin,
die Großmutter mütterlicherseits starb an Urämie.

5. Elisabeth D., 3 Jahre alt, Enuresis nocturna et diurna. Ängst-
liches Kind, das sich fürchtet, allein im Zimmer zu bleiben, nicht aus-
geht, ohne sich an der Hand fuhren zu lassen, auch sonst großes Zärt-
lichkeitsbedürfnis und Sucht nach Anlehnung an den Tag legt. Pavor
nocturnus. Spricht fast den ganzen Tag vom „Pissen“. In der Familie
des Vaters Enuresis, Großmutter mütterlicherseits leidet an Schrumpf-
niere. Als Pat. und ihre Schwester an Skarlatina erkrankten, zeigte die

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[81/0093] Urethritis posterior trat für einige Tage Retentio urinae ein. Schild- drüse bedeutend vergrößert. Sonstiger Befund sowie Harnanalyse nor- mal. Neigung zu Exhibitionismus. Vater an Nephritis, drei Schwestern im Wochenbett gestorben. Gibt an, bis zum 9. Jahre an Enuresis ge- litten zu haben. 2. Oskar C., 23 Jahre alt, Student, klagt über Unfähigkeit zum Lernen, Kopfdruck und nervöse Gereiztheit. In letzter Zeit spontan auf- tretende Schmerzen im rechten Testikel. Normaler Befund bis auf Ver- dickung des Kopfes im rechten Nebenhoden. Dem Samenstrang entlang zwei kleine knötchenförmige Verdickungen, die den Gedanken an Tu- berkulose nahelegen. Zwei analoge Fälle, bei denen die Verdickungen zurückgegangen waren, ließen Coitus protractus als Ursache vermuten, der eine davon hatte zeitweilig blutiges Sperma (Ruptur der Gefäße?) ejakuliert. Auch im vorliegenden Falle wurde protrahierter Koitus zu- gestanden. Sonst Ejaculatio praecox. Behauptet, nur einige Male im Alter von 9 Jahren genäßt zu haben. — Ein älterer Bruder litt bis zum 16. Jahre an Enuresis, die Harnanalyse des Vaters, der an einer leichten Form von Epilepsie leidet, weist zeitweilig Albumen, hyaline und granulierte Zylinder auf. Großvater und Großmutter väterlicherseits starben an Apoplexia cerebri (Schrumpfniere?), eine Tochter derselben an Urämie. Ein zweiter Bruder des P. litt an Paranoia acuta hallucinatoria und zeigte Verklebung des Präputiums mit der Glans. 3. Ignaz W., 52 Jahre alt, Beamter, klagt seit einem Jahr über vage Schmerzen im Rücken und in der Nierengegend. Harnbefund: spezifisches Gewicht 1007, geringe Spuren von Albumen, dauernd ver- mehrte Menge, Pollakiurie. Pulsspannung über die Norm erhöht, zweiter Aortenton akzentuiert. Herz hypertrophisch. Enuresis wird geleugnet. Ein Bruder und ein Kind des Patienten haben daran gelitten. Mutter ist mit 26 Jahren bei einem Partus gestorben. 4. Dolly A., 7 Jahre alt, ein ängstliches, zartes, blasses Kind, das seit der Geburt an Enuresis leidet. Mutter war gleichfalls Bettnässerin, die Großmutter mütterlicherseits starb an Urämie. 5. Elisabeth D., 3 Jahre alt, Enuresis nocturna et diurna. Ängst- liches Kind, das sich fürchtet, allein im Zimmer zu bleiben, nicht aus- geht, ohne sich an der Hand fuhren zu lassen, auch sonst großes Zärt- lichkeitsbedürfnis und Sucht nach Anlehnung an den Tag legt. Pavor nocturnus. Spricht fast den ganzen Tag vom „Pissen“. In der Familie des Vaters Enuresis, Großmutter mütterlicherseits leidet an Schrumpf- niere. Als Pat. und ihre Schwester an Skarlatina erkrankten, zeigte die

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Zitationshilfe: Adler, Alfred: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Berlin u. a., 1907, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_studie_1907/93>, abgerufen am 24.04.2024.