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Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749.

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Vorrede.
hier beschriebenen Staaten mich per-
sönlich aufgehalten, auch nicht alle
hierinnen einschlagende, sondern nur
diejenige Bücher gebraucht, die ich an-
führe. Aber dieses sage ich zu meiner
Entschuldigung: deßwegen hast du
noch kein Recht, meine Absicht und
meine Arbeit ganz zu verwerfen. Ge-
setzt, du übersähest mich sehr weit in
einem Staate, darinnen du viele Jah-
re gegenwärtig gewesen, oder welches
genauer kennen zu lernen du mehrere
Zeit und Gelegenheit gehabt, als ich:
so darfst du nur bedenken, daß ich meh-
rere Reiche haben abhandeln müssen,
daß ich weniger Zeit darauf habe wen-
den können, daß ich einen Abriß, keine
Ausführung geschrieben, daß ich eini-
ges vielleicht mit Fleiß nicht schreiben
wollen, und daß endlich etwas nicht zu
wissen, daß man noch nicht wissen kön-
nen, kein Verbrechen sey.

Jch sehe die Welt aus meinem Ge-
sichtspuncte, du aus einem andern:
warum solltest du nicht manches besser
erkennen können, als ich, da du ver-
schiedene mir entfernete und dunkele

Staats-

Vorrede.
hier beſchriebenen Staaten mich per-
ſoͤnlich aufgehalten, auch nicht alle
hierinnen einſchlagende, ſondern nur
diejenige Buͤcher gebraucht, die ich an-
fuͤhre. Aber dieſes ſage ich zu meiner
Entſchuldigung: deßwegen haſt du
noch kein Recht, meine Abſicht und
meine Arbeit ganz zu verwerfen. Ge-
ſetzt, du uͤberſaͤheſt mich ſehr weit in
einem Staate, darinnen du viele Jah-
re gegenwaͤrtig geweſen, oder welches
genauer kennen zu lernen du mehrere
Zeit und Gelegenheit gehabt, als ich:
ſo darfſt du nur bedenken, daß ich meh-
rere Reiche haben abhandeln muͤſſen,
daß ich weniger Zeit darauf habe wen-
den koͤnnen, daß ich einen Abriß, keine
Ausfuͤhrung geſchrieben, daß ich eini-
ges vielleicht mit Fleiß nicht ſchreiben
wollen, und daß endlich etwas nicht zu
wiſſen, daß man noch nicht wiſſen koͤn-
nen, kein Verbrechen ſey.

Jch ſehe die Welt aus meinem Ge-
ſichtspuncte, du aus einem andern:
warum ſollteſt du nicht manches beſſer
erkennen koͤnnen, als ich, da du ver-
ſchiedene mir entfernete und dunkele

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[0013] Vorrede. hier beſchriebenen Staaten mich per- ſoͤnlich aufgehalten, auch nicht alle hierinnen einſchlagende, ſondern nur diejenige Buͤcher gebraucht, die ich an- fuͤhre. Aber dieſes ſage ich zu meiner Entſchuldigung: deßwegen haſt du noch kein Recht, meine Abſicht und meine Arbeit ganz zu verwerfen. Ge- ſetzt, du uͤberſaͤheſt mich ſehr weit in einem Staate, darinnen du viele Jah- re gegenwaͤrtig geweſen, oder welches genauer kennen zu lernen du mehrere Zeit und Gelegenheit gehabt, als ich: ſo darfſt du nur bedenken, daß ich meh- rere Reiche haben abhandeln muͤſſen, daß ich weniger Zeit darauf habe wen- den koͤnnen, daß ich einen Abriß, keine Ausfuͤhrung geſchrieben, daß ich eini- ges vielleicht mit Fleiß nicht ſchreiben wollen, und daß endlich etwas nicht zu wiſſen, daß man noch nicht wiſſen koͤn- nen, kein Verbrechen ſey. Jch ſehe die Welt aus meinem Ge- ſichtspuncte, du aus einem andern: warum ſollteſt du nicht manches beſſer erkennen koͤnnen, als ich, da du ver- ſchiedene mir entfernete und dunkele Staats-

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Zitationshilfe: Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/achenwall_staatswissenschaft_1749/13>, abgerufen am 28.03.2024.