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Freitag, Christoph: Todes Trutz in Gottes Schutz. Oels, 1652.

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Ehrenzeugnüß.
tion bey ihrer Kirchen höchst nöhtig zu sein scheinete/ sie sol-
ten recht haben zu derselbigen ihn wiederumb abzufodern/ ist
solches eher als man vermeinet/ nemlich nach verfliessung
eines Jahres/ geschehen.

Als er Anno 1602. dahin kommen/ hilff Gott/ wie hat
dieser junge Mann so viel unrichtiges Wesen bey derselbi-
gen Kirchen funden! Wie viel böse und feststeckende Ge-
wonheiten waren außzureuten! Wie viel Guttes und Nütz-
liches war einzuführen! Wie war so eine grosse Unwissen-
heit in den Leuten! daß auch die Eltesten nicht wusten zusa-
Dato uno
in conveni-
ente, seqv-
untur infi-
nita.
gen/ ob auch mehr als ein Gott wäre[?] Wer Christus sey[?]
Wer sie erlöset habe[?] etc. Es war auch keine Beichte bey die-
ser Kirchen/ war auch niemand so alt/ auch nicht die Leute
von Achtzig Jahren/ die iemals hätten gehöret etwas von
der Beicht/ wusten auch nicht was Beichten war.

Unser Herr Hyllerus aber/ der diesen einigen Zweck
vor sich hatte/ ut non tantum ornamento familiae suae, sed
etiam magno usui Ecclesiae Christi & communi hominum
societati esse posset,
machte diesen Schluß bey ihm/ die
Beichte solte und müste eingeführet/ und das gantze Kir-
chen Wesen in einen bessern Stand gebracht werden/ da-
mit desto besser gelegenheit wäre die Leute in fide & in vita
zu informiren/ wie schwer/ und fast unmöglich es sich auch
ansehen ließ. Denn die Leute hatten harte Köpffe/ stack-
ten die meiste Zeit bey Tag und Nacht umb den wüsten to-
ben Riesenberg herumb bey dem Kohlbrennen/ und andern
Arbeiten/ da sie gar verwilderten.

War demnach her/ machte eine kurtze Beichte/ auch kur-
tze Fragstücke/ laß sie allemahl nach den Predigten den Leu-
ten vor/ gab sie in die Schule/ daß sie die Knaben musten
abschreiben/ außwendig lernen/ und von den Kindern ler-

neten

Ehrenzeugnuͤß.
tion bey ihrer Kirchen hoͤchſt noͤhtig zu ſein ſcheinete/ ſie ſol-
ten recht haben zu derſelbigen ihn wiederumb abzufodern/ iſt
ſolches eher als man vermeinet/ nemlich nach verflieſſung
eines Jahres/ geſchehen.

Als er Anno 1602. dahin kommen/ hilff Gott/ wie hat
dieſer junge Mann ſo viel unrichtiges Weſen bey derſelbi-
gen Kirchen funden! Wie viel boͤſe und feſtſteckende Ge-
wonheiten waren außzureuten! Wie viel Guttes und Nuͤtz-
liches war einzufuͤhren! Wie war ſo eine groſſe Unwiſſen-
heit in den Leuten! daß auch die Elteſten nicht wuſten zuſa-
Dato uno
in conveni-
ente, ſeqv-
untur infi-
nita.
gen/ ob auch mehr als ein Gott waͤre[?] Wer Chriſtus ſey[?]
Wer ſie erloͤſet habe[?] ꝛc. Es war auch keine Beichte bey die-
ſer Kirchen/ war auch niemand ſo alt/ auch nicht die Leute
von Achtzig Jahren/ die iemals haͤtten gehoͤret etwas von
der Beicht/ wuſten auch nicht was Beichten war.

Unſer Herr Hyllerus aber/ der dieſen einigen Zweck
vor ſich hatte/ ut non tantùm ornamento familiæ ſuæ, ſed
etiam magno uſui Eccleſiæ Chriſti & communi hominum
ſocietati eſſe poſſet,
machte dieſen Schluß bey ihm/ die
Beichte ſolte und muͤſte eingefuͤhret/ und das gantze Kir-
chen Weſen in einen beſſern Stand gebracht werden/ da-
mit deſto beſſer gelegenheit waͤre die Leute in fide & in vita
zu informiren/ wie ſchwer/ und faſt unmoͤglich es ſich auch
anſehen ließ. Denn die Leute hatten harte Koͤpffe/ ſtack-
ten die meiſte Zeit bey Tag und Nacht umb den wuͤſten to-
ben Rieſenberg herumb bey dem Kohlbrennen/ und andern
Arbeiten/ da ſie gar verwilderten.

War demnach her/ machte eine kurtze Beichte/ auch kur-
tze Fragſtuͤcke/ laß ſie allemahl nach den Predigten den Leu-
ten vor/ gab ſie in die Schule/ daß ſie die Knaben muſten
abſchreiben/ außwendig lernen/ und von den Kindern ler-

neten
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[[34]/0034] Ehrenzeugnuͤß. tion bey ihrer Kirchen hoͤchſt noͤhtig zu ſein ſcheinete/ ſie ſol- ten recht haben zu derſelbigen ihn wiederumb abzufodern/ iſt ſolches eher als man vermeinet/ nemlich nach verflieſſung eines Jahres/ geſchehen. Als er Anno 1602. dahin kommen/ hilff Gott/ wie hat dieſer junge Mann ſo viel unrichtiges Weſen bey derſelbi- gen Kirchen funden! Wie viel boͤſe und feſtſteckende Ge- wonheiten waren außzureuten! Wie viel Guttes und Nuͤtz- liches war einzufuͤhren! Wie war ſo eine groſſe Unwiſſen- heit in den Leuten! daß auch die Elteſten nicht wuſten zuſa- gen/ ob auch mehr als ein Gott waͤre? Wer Chriſtus ſey? Wer ſie erloͤſet habe? ꝛc. Es war auch keine Beichte bey die- ſer Kirchen/ war auch niemand ſo alt/ auch nicht die Leute von Achtzig Jahren/ die iemals haͤtten gehoͤret etwas von der Beicht/ wuſten auch nicht was Beichten war. Dato uno in conveni- ente, ſeqv- untur infi- nita. Unſer Herr Hyllerus aber/ der dieſen einigen Zweck vor ſich hatte/ ut non tantùm ornamento familiæ ſuæ, ſed etiam magno uſui Eccleſiæ Chriſti & communi hominum ſocietati eſſe poſſet, machte dieſen Schluß bey ihm/ die Beichte ſolte und muͤſte eingefuͤhret/ und das gantze Kir- chen Weſen in einen beſſern Stand gebracht werden/ da- mit deſto beſſer gelegenheit waͤre die Leute in fide & in vita zu informiren/ wie ſchwer/ und faſt unmoͤglich es ſich auch anſehen ließ. Denn die Leute hatten harte Koͤpffe/ ſtack- ten die meiſte Zeit bey Tag und Nacht umb den wuͤſten to- ben Rieſenberg herumb bey dem Kohlbrennen/ und andern Arbeiten/ da ſie gar verwilderten. War demnach her/ machte eine kurtze Beichte/ auch kur- tze Fragſtuͤcke/ laß ſie allemahl nach den Predigten den Leu- ten vor/ gab ſie in die Schule/ daß ſie die Knaben muſten abſchreiben/ außwendig lernen/ und von den Kindern ler- neten

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Zitationshilfe: Freitag, Christoph: Todes Trutz in Gottes Schutz. Oels, 1652, S. [34]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/537789/34>, abgerufen am 28.03.2024.