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Schlegel, Christoph: Glückseliger Reichthumb. Leutschau, 1647.

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was in den heimlichen Winckeln geschiehet/ ja auch alle aller
Menschen gedancken weiß/ redet gleichwohl von seinem Richter-
ampte nach Menschlicher weise/ als ob er zu erst forsche/ Ob das
[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt] B. Mos:
18. v. 20. 21
geschrey war sey oder nicht/ 1. Buch Mos. 18. hat er gesprochen:
Es ist ein Geschrey zu Sodom und Gomorra/ das ist groß/
und jhre Sünde sind fast schwer. Darumb will ich hinab
fahren/ und sehen/ Ob sie alles gethan haben/ nach dem Ge-
schrey/ das für mich kommen ist/ Oder obs nicht also sey/
das ichs wisse.
Deutet also mit dergleichen art zu reden an/
nicht nur seine Langmuth/ das er mit seinen schwersten Straffen
gemeiniglich zu rucke halte/ bis das Sünden-maß voll ist: Son-
dern gibt auch zu erkennen die Billig keit seiner straffen/ dieweil
er keinen im Zorn straffet/ ohne nur den er genaw weiß/ das er
solche plagen mit seinen Sünden häuffig verdienet habe. Er
will aber damit die Weltliche Richter erinnert haben/ weil sie
keine Hertzen-kündiger sind/ das sie doch die Leute gegen einan-
der verhören/ auch sonst anstellung machen/ das jenige/ was ver-
tuschet oder verleugnet wird/ zu erfahren. Er hat jhnen befoh-
[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]. B. Mos.
1. v. 16.
len im 5. Buch Mos. 1. Verhöret ewre Brüder/ und richtet
recht zwischen jederman und seinem Bruder und dem

Sirach 10.
verß 7. 8.
Frembdlinge. Sirach erinnert auch im 10. Capittel/ Ver-
damme niemand/ ehe du die Sache zuvor erkennest. Erken-
ne es zuvor/ und straffe es denn. Du sollt nicht urtheilen/ e-
he du die Sache hörest/ und laß die Leute zuvor ausreden.

Als die Phariseer aus blindem eiver Christum verdammeten/ re-
dete jhnen Nicodemus ein/ und sagte: Richtet unser Gesetz
auch einen Menschen/ ehe man jhn verhöret/ und erkennet/

Joh. 7. v. 51was er thut? Joh: 7. Ja auch unter den Heyden ist solche Vor-
sichtigkeit genaw in acht genommen worden/ wie erscheinet aus
Apostelges:
25. verß 16.
der Rede Festi/ Apostelgeschicht 25. Es ist der Römer weise
nicht/ das ein Mensch ergeben werde umbzubringen/ ehe denn
der verklagte habe seine Kläger gegenwärtig/ und raum emp-
fahe/ sich der Klage zuverantworten.
Dergleichen Vorsich-

tigkeit

was in den heimlichen Winckeln geſchiehet/ ja auch alle aller
Menſchen gedancken weiß/ redet gleichwohl von ſeinem Richter-
ampte nach Menſchlicher weiſe/ als ob er zu erſt forſche/ Ob das
[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt] B. Moſ:
18. v. 20. 21
geſchrey war ſey oder nicht/ 1. Buch Moſ. 18. hat er geſprochen:
Es iſt ein Geſchrey zu Sodom und Gomorra/ das iſt groß/
und jhre Suͤnde ſind faſt ſchwer. Darumb will ich hinab
fahren/ und ſehen/ Ob ſie alles gethan haben/ nach dem Ge-
ſchrey/ das fuͤr mich kommen iſt/ Oder obs nicht alſo ſey/
das ichs wiſſe.
Deutet alſo mit dergleichen art zu reden an/
nicht nur ſeine Langmuth/ das er mit ſeinen ſchwerſten Straffen
gemeiniglich zu rucke halte/ bis das Suͤnden-maß voll iſt: Son-
dern gibt auch zu erkennen die Billig keit ſeiner ſtraffen/ dieweil
er keinen im Zorn ſtraffet/ ohne nur den er genaw weiß/ das er
ſolche plagen mit ſeinen Suͤnden haͤuffig verdienet habe. Er
will aber damit die Weltliche Richter erinnert haben/ weil ſie
keine Hertzen-kuͤndiger ſind/ das ſie doch die Leute gegen einan-
der verhoͤren/ auch ſonſt anſtellung machen/ das jenige/ was ver-
tuſchet oder verleugnet wird/ zu erfahren. Er hat jhnen befoh-
[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]. B. Moſ.
1. v. 16.
len im 5. Buch Moſ. 1. Verhoͤret ewre Bruͤder/ und richtet
recht zwiſchen jederman und ſeinem Bruder und dem

Sirach 10.
verß 7. 8.
Frembdlinge. Sirach erinnert auch im 10. Capittel/ Ver-
damme niemand/ ehe du die Sache zuvor erkenneſt. Erken-
ne es zuvor/ und ſtraffe es denn. Du ſollt nicht urtheilen/ e-
he du die Sache hoͤreſt/ und laß die Leute zuvor ausreden.

Als die Phariſeer aus blindem eiver Chriſtum verdammeten/ re-
dete jhnen Nicodemus ein/ und ſagte: Richtet unſer Geſetz
auch einen Menſchen/ ehe man jhn verhoͤret/ und erkennet/

Joh. 7. v. 51was er thut? Joh: 7. Ja auch unter den Heyden iſt ſolche Vor-
ſichtigkeit genaw in acht genommen worden/ wie erſcheinet aus
Apoſtelgeſ:
25. verß 16.
der Rede Feſti/ Apoſtelgeſchicht 25. Es iſt der Roͤmer weiſe
nicht/ das ein Menſch ergeben werde umbzubringen/ ehe deñ
der verklagte habe ſeine Klaͤger gegenwaͤrtig/ und raum emp-
fahe/ ſich der Klage zuverantworten.
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[[38]/0038] was in den heimlichen Winckeln geſchiehet/ ja auch alle aller Menſchen gedancken weiß/ redet gleichwohl von ſeinem Richter- ampte nach Menſchlicher weiſe/ als ob er zu erſt forſche/ Ob das geſchrey war ſey oder nicht/ 1. Buch Moſ. 18. hat er geſprochen: Es iſt ein Geſchrey zu Sodom und Gomorra/ das iſt groß/ und jhre Suͤnde ſind faſt ſchwer. Darumb will ich hinab fahren/ und ſehen/ Ob ſie alles gethan haben/ nach dem Ge- ſchrey/ das fuͤr mich kommen iſt/ Oder obs nicht alſo ſey/ das ichs wiſſe. Deutet alſo mit dergleichen art zu reden an/ nicht nur ſeine Langmuth/ das er mit ſeinen ſchwerſten Straffen gemeiniglich zu rucke halte/ bis das Suͤnden-maß voll iſt: Son- dern gibt auch zu erkennen die Billig keit ſeiner ſtraffen/ dieweil er keinen im Zorn ſtraffet/ ohne nur den er genaw weiß/ das er ſolche plagen mit ſeinen Suͤnden haͤuffig verdienet habe. Er will aber damit die Weltliche Richter erinnert haben/ weil ſie keine Hertzen-kuͤndiger ſind/ das ſie doch die Leute gegen einan- der verhoͤren/ auch ſonſt anſtellung machen/ das jenige/ was ver- tuſchet oder verleugnet wird/ zu erfahren. Er hat jhnen befoh- len im 5. Buch Moſ. 1. Verhoͤret ewre Bruͤder/ und richtet recht zwiſchen jederman und ſeinem Bruder und dem Frembdlinge. Sirach erinnert auch im 10. Capittel/ Ver- damme niemand/ ehe du die Sache zuvor erkenneſt. Erken- ne es zuvor/ und ſtraffe es denn. Du ſollt nicht urtheilen/ e- he du die Sache hoͤreſt/ und laß die Leute zuvor ausreden. _ B. Moſ: 18. v. 20. 21 _. B. Moſ. 1. v. 16. Sirach 10. verß 7. 8. Als die Phariſeer aus blindem eiver Chriſtum verdammeten/ re- dete jhnen Nicodemus ein/ und ſagte: Richtet unſer Geſetz auch einen Menſchen/ ehe man jhn verhoͤret/ und erkennet/ was er thut? Joh: 7. Ja auch unter den Heyden iſt ſolche Vor- ſichtigkeit genaw in acht genommen worden/ wie erſcheinet aus der Rede Feſti/ Apoſtelgeſchicht 25. Es iſt der Roͤmer weiſe nicht/ das ein Menſch ergeben werde umbzubringen/ ehe deñ der verklagte habe ſeine Klaͤger gegenwaͤrtig/ und raum emp- fahe/ ſich der Klage zuverantworten. Dergleichen Vorſich- tigkeit Joh. 7. v. 51 Apoſtelgeſ: 25. verß 16.

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Zitationshilfe: Schlegel, Christoph: Glückseliger Reichthumb. Leutschau, 1647, S. [38]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/537788/38>, abgerufen am 28.03.2024.