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Schellenberger, Christoph: Leichpredig Bey der Christlichen Bestattung. Gießen, 1618.

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Christliche Leichpredig.
weiland edle vnd vieltugendsame Fraw ANNA von vnd zu
Schachten/ geborne Spiegeln zu Pickelsheim/ selige/ jhrem
Hertzlieben Ehman/ den gegenwertigen Edlen Gestrengen vnd
Vesten Dietrichen/ von vnd zu Schachten/ vnsern gebietenden
lieben Junckern/ zu sampt acht vnerzogenen vnd kleinen Kin-
dern verlassen müssen.

Dürffen derowegen/ sage ich/ mit frembden Exempeln nit
erweisen/ daß der Spruch Salomonis wahr sey/ wann er sagt:
Es geschicht nichts newes vnter der Sonnen. Dann
die leydmütige lebendige Exempel/ stehen vns leyder vor sichtli-
chen Augen.

Gleich wie aber diß nichts newes ist/ daß ob wol gedachter
vnser gebietender lieber Juncker Sittich von Berlepsch/ zu ei-
nem einsamen Witwer worden: Also ist auch dz nichts newes/
dz jhm der tödliche Abgang seiner Hertzlieben Haußfrawen S.
tieffe vnd weite wunden in sein Hertz geschnitten vnd noch schnei-
det. Dann es haben es die jetzt angezogene adeliche Witwer vnd
Witwinnen/ so wol andere gegenwertige/ mit Schmertzen auch
erfahren. Deren Hertzen jetzo mit diesem/ gleichsam auff ein ne-
wes wider um Blutrissig werden/ wie jhre jetzige Zehren vnnd
Thränen außweisen. Wolan/ weil vnser lieber HErr vnnd
Seligmacher Jesus Christus seinen verstorbenen Freund La-
zarum selbsten mit Thränen beweinet/ Joh. 11. v. 34. so können
vnd sollen wir solches an den Christen auch nit schelten vnd straf-
fen/ bevorab/ weil Gott solche natürliche Affecten vnnd Zunei-
gungen selbst in der Menschen Hertzen gepflantzet. Dannen-
hero auch der weise Mann Syrach Vrsach genymen/ c. 38. v. 16
eine solche Vermahnung anzustellen: Mein Kind/ wann je-
mand stirbt/ so beweine jhn/ vnnd beklage jhn/ als sey dir groß
Leyd geschehen. Du solt bitterlich weinen vnd Hertz lich betrübt
seyn/ vnd Leyd tragen.

Allein
A iij

Chriſtliche Leichpredig.
weiland edle vnd vieltugendſame Fraw ANNA von vnd zu
Schachten/ geborne Spiegeln zu Pickelsheim/ ſelige/ jhrem
Hertzlieben Ehman/ den gegenwertigen Edlen Geſtrengẽ vnd
Veſten Dietrichen/ von vnd zu Schachten/ vnſern gebietenden
lieben Junckern/ zu ſampt acht vnerzogenen vnd kleinen Kin-
dern verlaſſen muͤſſen.

Duͤrffen derowegen/ ſage ich/ mit frembden Exempeln nit
erweiſen/ daß der Spruch Salomonis wahr ſey/ wann er ſagt:
Es geſchicht nichts newes vnter der Sonnen. Dann
die leydmuͤtige lebendige Exempel/ ſtehen vns leyder vor ſichtli-
chen Augen.

Gleich wie aber diß nichts newes iſt/ daß ob wol gedachter
vnſer gebietender lieber Juncker Sittich von Berlepſch/ zu ei-
nem einſamen Witwer worden: Alſo iſt auch dz nichts newes/
dz jhm der toͤdliche Abgang ſeiner Hertzliebẽ Haußfrawen S.
tieffe vñ weite wunden in ſein Hertz geſchnittẽ vnd noch ſchnei-
det. Dann es haben es die jetzt angezogene adeliche Witwer vnd
Witwinnẽ/ ſo wol andere gegenwertige/ mit Schmertzen auch
erfahren. Deren Hertzen jetzo mit dieſem/ gleichſam auff ein ne-
wes wider um Blutriſſig werden/ wie jhre jetzige Zehren vnnd
Thraͤnen außweiſen. Wolan/ weil vnſer lieber HErꝛ vnnd
Seligmacher Jeſus Chriſtus ſeinen verſtorbenen Freund La-
zarum ſelbſten mit Thraͤnen beweinet/ Joh. 11. v. 34. ſo koͤnnen
vnd ſollen wir ſolches an den Chriſten auch nit ſcheltẽ vnd ſtraf-
fen/ bevorab/ weil Gott ſolche natuͤrliche Affecten vnnd Zunei-
gungen ſelbſt in der Menſchen Hertzen gepflantzet. Dannen-
hero auch der weiſe Mann Syrach Vrſach genymẽ/ c. 38. v. 16
eine ſolche Vermahnung anzuſtellen: Mein Kind/ wann je-
mand ſtirbt/ ſo beweine jhn/ vnnd beklage jhn/ als ſey dir groß
Leyd geſchehen. Du ſolt bitterlich weinen vnd Hertz lich betruͤbt
ſeyn/ vnd Leyd tragen.

Allein
A iij
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[5/0005] Chriſtliche Leichpredig. weiland edle vnd vieltugendſame Fraw ANNA von vnd zu Schachten/ geborne Spiegeln zu Pickelsheim/ ſelige/ jhrem Hertzlieben Ehman/ den gegenwertigen Edlen Geſtrengẽ vnd Veſten Dietrichen/ von vnd zu Schachten/ vnſern gebietenden lieben Junckern/ zu ſampt acht vnerzogenen vnd kleinen Kin- dern verlaſſen muͤſſen. Duͤrffen derowegen/ ſage ich/ mit frembden Exempeln nit erweiſen/ daß der Spruch Salomonis wahr ſey/ wann er ſagt: Es geſchicht nichts newes vnter der Sonnen. Dann die leydmuͤtige lebendige Exempel/ ſtehen vns leyder vor ſichtli- chen Augen. Gleich wie aber diß nichts newes iſt/ daß ob wol gedachter vnſer gebietender lieber Juncker Sittich von Berlepſch/ zu ei- nem einſamen Witwer worden: Alſo iſt auch dz nichts newes/ dz jhm der toͤdliche Abgang ſeiner Hertzliebẽ Haußfrawen S. tieffe vñ weite wunden in ſein Hertz geſchnittẽ vnd noch ſchnei- det. Dann es haben es die jetzt angezogene adeliche Witwer vnd Witwinnẽ/ ſo wol andere gegenwertige/ mit Schmertzen auch erfahren. Deren Hertzen jetzo mit dieſem/ gleichſam auff ein ne- wes wider um Blutriſſig werden/ wie jhre jetzige Zehren vnnd Thraͤnen außweiſen. Wolan/ weil vnſer lieber HErꝛ vnnd Seligmacher Jeſus Chriſtus ſeinen verſtorbenen Freund La- zarum ſelbſten mit Thraͤnen beweinet/ Joh. 11. v. 34. ſo koͤnnen vnd ſollen wir ſolches an den Chriſten auch nit ſcheltẽ vnd ſtraf- fen/ bevorab/ weil Gott ſolche natuͤrliche Affecten vnnd Zunei- gungen ſelbſt in der Menſchen Hertzen gepflantzet. Dannen- hero auch der weiſe Mann Syrach Vrſach genymẽ/ c. 38. v. 16 eine ſolche Vermahnung anzuſtellen: Mein Kind/ wann je- mand ſtirbt/ ſo beweine jhn/ vnnd beklage jhn/ als ſey dir groß Leyd geſchehen. Du ſolt bitterlich weinen vnd Hertz lich betruͤbt ſeyn/ vnd Leyd tragen. Allein A iij

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Zitationshilfe: Schellenberger, Christoph: Leichpredig Bey der Christlichen Bestattung. Gießen, 1618, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523612/5>, abgerufen am 29.03.2024.