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Fabricus, Elias: Letzte Ehren-Bekräntzung. Brieg, 1669.

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Erden eingesencket werden soll[?] Ach unsere wehrteste Jung-
frau von Schneckenhauß/
hatte erst recht angefangen
zu leben und Ihre besten Jahre erreichet/ da Sie als eine schö-
ne wohlriechende Rose/ als eine in vollem Pracht aufsteigende
Lilie blühete! Ach wie gar zu bald ist es mit Ihr auß gewe-
sen. Ach wie gar zu frühzeitig/ hat Sie dem grimmigen
Tode zur außbeute werden müssen!

Aber ich antworte hierauf kürtzlich: Dieser Einwurff
und gefaster wahn betrift nur den jenigen Menschen/ welcher
dieser vergänglichen Welt und ihren betrüglichen Schätzen er-
geben ist. Einem solchen kommt der Todt allemal zu früh/ ob
er ihn gleich biß ins graue Alter leben lässt. Ja einem sol-
Sir. 41. v. 1.chen Menschen ist der Todt bitter wenn er nur an Ihn geden-
cket/ wie der weise Hauß-Lehrer zeuget. Hergegen ein GOtt
ergebenes Hertz ist jederzeit in bereitschaft und willig sein Leben
zu lassen: Sein Zeit und Stund ist wenn GOtt wil/ es
schreibt ihm nicht für Maaß und Ziel: Es komme der Todt so
frühzeitig als er immer wolle. Und zwar billich[:] Denn so
wenig sich ein Schiffman zu beschweren hat/ wenn er auf dem
weiten Meer/ ohne hinderung und anstoß/ von grossen aufstei-
genden Wellen/ von starcken contrar-und Sturm-Winden
schleunig an den gewünschten Port anländen kan; Eben so
wenig hat sich ein Gottliebender Mensch zu beschweren/ wenn
er frühzeitig und noch in seinen blühenden Jahren das Unge-
stüme Meer dieser Welt/ auf welchem die rauhen Sturm-
Winde häuffiger Widerwertigkeiten heftig blasen/ die grau-
samen Wellen vieler Verfolgungen und anfeindungen gewaltig
entgegen steigen/ und die betrüglichen Syrenen der verdammlichen
Wollüste in gefährliche abweege locken/ glücklich hindurch se-
gelt/ und ohne einigen Verlust an den stillen Port der Ewigen

Ruhe

Erden eingeſencket werden ſoll[?] Ach unſere wehrteſte Jung-
frau von Schneckenhauß/
hatte erſt recht angefangen
zu leben und Ihre beſten Jahre erreichet/ da Sie als eine ſchoͤ-
ne wohlriechende Roſe/ als eine in vollem Pracht aufſteigende
Lilie bluͤhete! Ach wie gar zu bald iſt es mit Ihr auß gewe-
ſen. Ach wie gar zu fruͤhzeitig/ hat Sie dem grimmigen
Tode zur außbeute werden muͤſſen!

Aber ich antworte hierauf kuͤrtzlich: Dieſer Einwurff
und gefaſter wahn betrift nur den jenigen Menſchen/ welcher
dieſer vergaͤnglichen Welt und ihren betruͤglichen Schaͤtzen er-
geben iſt. Einem ſolchen kom̃t der Todt allemal zu fruͤh/ ob
er ihn gleich biß ins graue Alter leben laͤſſt. Ja einem ſol-
Sir. 41. v. 1.chen Menſchen iſt der Todt bitter wenn er nur an Ihn geden-
cket/ wie der weiſe Hauß-Lehrer zeuget. Hergegen ein GOtt
ergebenes Hertz iſt jederzeit in bereitſchaft und willig ſein Leben
zu laſſen: Sein Zeit und Stund iſt wenn GOtt wil/ es
ſchreibt ihm nicht fuͤr Maaß und Ziel: Es komme der Todt ſo
fruͤhzeitig als er immer wolle. Und zwar billich[:] Denn ſo
wenig ſich ein Schiffman zu beſchweren hat/ wenn er auf dem
weiten Meer/ ohne hinderung und anſtoß/ von groſſen aufſtei-
genden Wellen/ von ſtarcken contrar-und Sturm-Winden
ſchleunig an den gewuͤnſchten Port anlaͤnden kan; Eben ſo
wenig hat ſich ein Gottliebender Menſch zu beſchweren/ wenn
er fruͤhzeitig und noch in ſeinen bluͤhenden Jahren das Unge-
ſtuͤme Meer dieſer Welt/ auf welchem die rauhen Sturm-
Winde haͤuffiger Widerwertigkeiten heftig blaſen/ die grau-
ſamen Wellen vieler Verfolgungen und anfeindungen gewaltig
entgegẽ ſteigen/ und die betruͤglichen Syrenen der verdam̃lichen
Wolluͤſte in gefaͤhrliche abweege locken/ gluͤcklich hindurch ſe-
gelt/ und ohne einigen Verluſt an den ſtillen Port der Ewigen

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[[8]/0008] Erden eingeſencket werden ſoll? Ach unſere wehrteſte Jung- frau von Schneckenhauß/ hatte erſt recht angefangen zu leben und Ihre beſten Jahre erreichet/ da Sie als eine ſchoͤ- ne wohlriechende Roſe/ als eine in vollem Pracht aufſteigende Lilie bluͤhete! Ach wie gar zu bald iſt es mit Ihr auß gewe- ſen. Ach wie gar zu fruͤhzeitig/ hat Sie dem grimmigen Tode zur außbeute werden muͤſſen! Aber ich antworte hierauf kuͤrtzlich: Dieſer Einwurff und gefaſter wahn betrift nur den jenigen Menſchen/ welcher dieſer vergaͤnglichen Welt und ihren betruͤglichen Schaͤtzen er- geben iſt. Einem ſolchen kom̃t der Todt allemal zu fruͤh/ ob er ihn gleich biß ins graue Alter leben laͤſſt. Ja einem ſol- chen Menſchen iſt der Todt bitter wenn er nur an Ihn geden- cket/ wie der weiſe Hauß-Lehrer zeuget. Hergegen ein GOtt ergebenes Hertz iſt jederzeit in bereitſchaft und willig ſein Leben zu laſſen: Sein Zeit und Stund iſt wenn GOtt wil/ es ſchreibt ihm nicht fuͤr Maaß und Ziel: Es komme der Todt ſo fruͤhzeitig als er immer wolle. Und zwar billich: Denn ſo wenig ſich ein Schiffman zu beſchweren hat/ wenn er auf dem weiten Meer/ ohne hinderung und anſtoß/ von groſſen aufſtei- genden Wellen/ von ſtarcken contrar-und Sturm-Winden ſchleunig an den gewuͤnſchten Port anlaͤnden kan; Eben ſo wenig hat ſich ein Gottliebender Menſch zu beſchweren/ wenn er fruͤhzeitig und noch in ſeinen bluͤhenden Jahren das Unge- ſtuͤme Meer dieſer Welt/ auf welchem die rauhen Sturm- Winde haͤuffiger Widerwertigkeiten heftig blaſen/ die grau- ſamen Wellen vieler Verfolgungen und anfeindungen gewaltig entgegẽ ſteigen/ und die betruͤglichen Syrenen der verdam̃lichen Wolluͤſte in gefaͤhrliche abweege locken/ gluͤcklich hindurch ſe- gelt/ und ohne einigen Verluſt an den ſtillen Port der Ewigen Ruhe Sir. 41. v. 1.

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Zitationshilfe: Fabricus, Elias: Letzte Ehren-Bekräntzung. Brieg, 1669, S. [8]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/510954/8>, abgerufen am 20.04.2024.