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Fabricus, Elias: Letzte Ehren-Bekräntzung. Brieg, 1669.

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vermeinet Er habe kaum angefangen zu leben/ so muß er das
Leben schon wieder lassen. Wenn er am meisten gemühet ist
sich in die Welt einzurichten/ so muß er d[verlorenes Material - 2 Zeichen fehlen][e]lbe gesegnen. Wor-
auf der weiseste König so jemals unter den sterblichen Menschen
gelebet/ sein absehen gehabt/ wenn er so tr[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ulich vermahnet und
saget: Rühme dich nicht des morgenden [T]ages/ denn du weistProv. 27.
1.

nicht/ was sich noch heute mit dir begeben mag/ Sintemal der
Tod der abgesagte Lebens-Feind alle Stunden/ ja alle Augen-
blick dem Menschen nachsch[verlorenes Material - 3 Zeichen fehlen]het/ und ihme den gar auß zu
machen bereit ist/ auch gantz und gar keinen Unterscheid weder
des Standes noch der Jahre machet. Er führet in seinem
Symbolo die Zwey Worte: NULLI PARCO, Ich
schone keines Menschen. Er nihmt und frisst all Menschen
Kind/ wie er sie findt/ fragt nicht wes Standes oder Ehren
sie sind.

Was wunder ist nun/ daß dannenhero vorgemelter Ari-
stoteles
alß ein Heyde/ und auß dem Uhrtheil Menschlicher
Vernunft den Todt genennet hat Ton phoberon phoberotaton,
das schrecklichste unter allen schrecklichen Dingen/ so einem
Menschen jemals begegnen können[?] Denn dieser ja eben dieser
ists/ deruns das liebe Leben ehe man sichs verstehet weg raubet.
Dieser ists der auß den schönsten und wolgestaltesten Menschen/
stinckende Aaß und abscheuliche Skeleta machet. Dieser
ists/ der uns schwartze Trauer-Kleider und Florene Binden an-
leget/ und die Angesichter mit Weissen Schleyern verhüllet.
Dieser ists/ der Eltern und Kinder/ Brüder und Schwester/
treu-vereinigte Ehleute/ und die allersüssesten Hertz-vertrautesten
Freunde und Freundinne/ unbarmhertziger Weise von einander
trennet. Dieser ists/ der uns die Augen roth/ die Wangen
blaß/ und die Hertzen bluttig machet. Dieser ists/ der die
allerfesteste unergründliche vereinbarung des Leibes und der See-

len ge-
A ij

vermeinet Er habe kaum angefangen zu leben/ ſo muß er das
Leben ſchon wieder laſſen. Wenn er am meiſten gemuͤhet iſt
ſich in die Welt einzurichten/ ſo muß er d[verlorenes Material – 2 Zeichen fehlen][e]lbe geſegnen. Wor-
auf der weiſeſte Koͤnig ſo jemals unter den ſterblichen Menſchen
gelebet/ ſein abſehen gehabt/ wenn er ſo tr[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ulich vermahnet und
ſaget: Ruͤhme dich nicht des morgenden [T]ages/ denn du weiſtProv. 27.
1.

nicht/ was ſich noch heute mit dir begeben mag/ Sintemal der
Tod der abgeſagte Lebens-Feind alle Stunden/ ja alle Augen-
blick dem Menſchen nachſch[verlorenes Material – 3 Zeichen fehlen]het/ und ihme den gar auß zu
machen bereit iſt/ auch gantz und gar keinen Unterſcheid weder
des Standes noch der Jahre machet. Er fuͤhret in ſeinem
Symbolo die Zwey Worte: NULLI PARCO, Ich
ſchone keines Menſchen. Er nihmt und friſſt all Menſchen
Kind/ wie er ſie findt/ fragt nicht wes Standes oder Ehren
ſie ſind.

Was wunder iſt nun/ daß dannenhero vorgemelter Ari-
ſtoteles
alß ein Heyde/ und auß dem Uhrtheil Menſchlicher
Vernunft den Todt genennet hat Τῶν φοβερῶν φοβερὸτατον,
das ſchrecklichſte unter allen ſchrecklichen Dingen/ ſo einem
Menſchen jemals begegnen koͤnnen[?] Denn dieſer ja eben dieſer
iſts/ deruns das liebe Leben ehe man ſichs verſtehet weg raubet.
Dieſer iſts der auß den ſchoͤnſten und wolgeſtalteſten Menſchen/
ſtinckende Aaß und abſcheuliche Σκἐλετα machet. Dieſer
iſts/ der uns ſchwartze Trauer-Kleider und Florene Binden an-
leget/ und die Angeſichter mit Weiſſen Schleyern verhuͤllet.
Dieſer iſts/ der Eltern und Kinder/ Bruͤder und Schweſter/
treu-vereinigte Ehleute/ und die allerſuͤſſeſten Hertz-vertrauteſten
Freunde und Freundinne/ unbarmhertziger Weiſe von einander
trennet. Dieſer iſts/ der uns die Augen roth/ die Wangen
blaß/ und die Hertzen bluttig machet. Dieſer iſts/ der die
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Zitationshilfe: Fabricus, Elias: Letzte Ehren-Bekräntzung. Brieg, 1669, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/510954/3>, abgerufen am 19.04.2024.