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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig vergossene Blut.
ses ist also/ andächtige/ bußfertige Hertzen/ was ich aus dem verlesenen
Texte durch GOttes Beystand vorgetragen/ nemlich das unschul-
dig vergossene Blut/
ich habe euch dabey zu bedencken gegeben I. die
grausame Mord-Geschicht/
und II. das gerechte Blut-Gericht.

Gebrauch.

AUs diesen erklärten Texts-Worten erkennet/ was es für eine
schwere und abscheuliche Sünde sey/ wann Mörder/ auffs Teuf-
fels Geheiß/ greuliche Mord-Thaten begehen. Von GOTT und
seinen heiligen Engeln rühren solche nicht her/ denn GOtt ist nicht
ein GOtt/ dem gottloß Wesen gefällt/ wer böse ist/ bleibet nicht
für ihm/
Ps. 5, 5. Der Engel des HErrn lagert sich um die
her/ so ihn fürchten/ und hilfft ihnen aus/
Psal. 34, 8. Son-
dern der leidige Teuffel ist der Anstiffter aller solcher Mord-Tha-
ten/ denn er ist und bleibet ein Mörder von Anfang/ wie ihn Chri-
stus JEsus nennet/ Joh. 8, 44. Was rechtschaffene Eltern sind/ die
lieben ihre Kinder von Hertzen: Und was ist einem Vater oder Mut-
ter lieber/ als sein einiger Sohn/ bey dem es offte heist/ was dorten
Prov. 31, 2. geschrieben stehet: Ach mein Auserwehlter! ach du
Sohn meines Leibes! ach mein gewünschter Sohn!
Wie denn
jener Vater bey dem Valerio M. l. 2. c. 4. 11. 5. P. 72. die Götter
gebethen/ sie wolten seiner Söhne Kranckheit von ihnen wegnehmen/
und auff ihn legen. Jene Römische Matron, die Cornelia, als
ihr eine andere Römerin alle ihre schöne Kleynodien zeigte/ stellte ihre
Kinder ihr vor/ und sagte: Et haec ornamenta mea sunt: Dieses
sind meine Kleinod/ die lieben Kinder halt ich für mein Geschmeide.
Jener Kauffmann sagte/ seine Kinder wären ihm lieber/ als alles in
der Welt/ wenn es auch das grösseste Reichthum wäre/ denn dieses
müste er alles in der Welt lassen/ die Kinder aber nehme er mit sich
in den Himmel. Und jener Vater sagte: Ein jegliches Kind wäre
ihm lieber/ als eine Tonne Goldes/ denn Gold und Silber wäre
nicht nach GOttes Ebenbilde erschaffen. (vid. M. Joh. Samuel
Adami Cornu Copiae Part. 1. p. m.
64. 65.) Dieses hat unser
Mörder nicht bedacht/ er hat seine väterliche Liebe schlecht erwie-

sen/
D 2

Das unſchuldig vergoſſene Blut.
ſes iſt alſo/ andaͤchtige/ bußfertige Hertzen/ was ich aus dem verleſenen
Texte durch GOttes Beyſtand vorgetragen/ nemlich das unſchul-
dig vergoſſene Blut/
ich habe euch dabey zu bedencken gegeben I. die
grauſame Mord-Geſchicht/
und II. das gerechte Blut-Gericht.

Gebrauch.

AUs dieſen erklaͤrten Texts-Worten erkennet/ was es fuͤr eine
ſchwere und abſcheuliche Suͤnde ſey/ wann Moͤrder/ auffs Teuf-
fels Geheiß/ greuliche Mord-Thaten begehen. Von GOTT und
ſeinen heiligen Engeln ruͤhren ſolche nicht her/ denn GOtt iſt nicht
ein GOtt/ dem gottloß Weſen gefaͤllt/ wer boͤſe iſt/ bleibet nicht
fuͤr ihm/
Pſ. 5, 5. Der Engel des HErrn lagert ſich um die
her/ ſo ihn fuͤrchten/ und hilfft ihnen aus/
Pſal. 34, 8. Son-
dern der leidige Teuffel iſt der Anſtiffter aller ſolcher Mord-Tha-
ten/ denn er iſt und bleibet ein Moͤrder von Anfang/ wie ihn Chri-
ſtus JEſus nennet/ Joh. 8, 44. Was rechtſchaffene Eltern ſind/ die
lieben ihre Kinder von Hertzen: Und was iſt einem Vater oder Mut-
ter lieber/ als ſein einiger Sohn/ bey dem es offte heiſt/ was dorten
Prov. 31, 2. geſchrieben ſtehet: Ach mein Auserwehlter! ach du
Sohn meines Leibes! ach mein gewuͤnſchter Sohn!
Wie denn
jener Vater bey dem Valerio M. l. 2. c. 4. 11. 5. P. 72. die Goͤtter
gebethen/ ſie wolten ſeiner Soͤhne Kranckheit von ihnen wegnehmen/
und auff ihn legen. Jene Roͤmiſche Matron, die Cornelia, als
ihr eine andere Roͤmerin alle ihre ſchoͤne Kleynodien zeigte/ ſtellte ihre
Kinder ihr vor/ und ſagte: Et hæc ornamenta mea ſunt: Dieſes
ſind meine Kleinod/ die lieben Kinder halt ich fuͤr mein Geſchmeide.
Jener Kauffmann ſagte/ ſeine Kinder waͤren ihm lieber/ als alles in
der Welt/ wenn es auch das groͤſſeſte Reichthum waͤre/ denn dieſes
muͤſte er alles in der Welt laſſen/ die Kinder aber nehme er mit ſich
in den Himmel. Und jener Vater ſagte: Ein jegliches Kind waͤre
ihm lieber/ als eine Tonne Goldes/ denn Gold und Silber waͤre
nicht nach GOttes Ebenbilde erſchaffen. (vid. M. Joh. Samuel
Adami Cornu Copiæ Part. 1. p. m.
64. 65.) Dieſes hat unſer
Moͤrder nicht bedacht/ er hat ſeine vaͤterliche Liebe ſchlecht erwie-

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[27[25]/0025] Das unſchuldig vergoſſene Blut. ſes iſt alſo/ andaͤchtige/ bußfertige Hertzen/ was ich aus dem verleſenen Texte durch GOttes Beyſtand vorgetragen/ nemlich das unſchul- dig vergoſſene Blut/ ich habe euch dabey zu bedencken gegeben I. die grauſame Mord-Geſchicht/ und II. das gerechte Blut-Gericht. Gebrauch. AUs dieſen erklaͤrten Texts-Worten erkennet/ was es fuͤr eine ſchwere und abſcheuliche Suͤnde ſey/ wann Moͤrder/ auffs Teuf- fels Geheiß/ greuliche Mord-Thaten begehen. Von GOTT und ſeinen heiligen Engeln ruͤhren ſolche nicht her/ denn GOtt iſt nicht ein GOtt/ dem gottloß Weſen gefaͤllt/ wer boͤſe iſt/ bleibet nicht fuͤr ihm/ Pſ. 5, 5. Der Engel des HErrn lagert ſich um die her/ ſo ihn fuͤrchten/ und hilfft ihnen aus/ Pſal. 34, 8. Son- dern der leidige Teuffel iſt der Anſtiffter aller ſolcher Mord-Tha- ten/ denn er iſt und bleibet ein Moͤrder von Anfang/ wie ihn Chri- ſtus JEſus nennet/ Joh. 8, 44. Was rechtſchaffene Eltern ſind/ die lieben ihre Kinder von Hertzen: Und was iſt einem Vater oder Mut- ter lieber/ als ſein einiger Sohn/ bey dem es offte heiſt/ was dorten Prov. 31, 2. geſchrieben ſtehet: Ach mein Auserwehlter! ach du Sohn meines Leibes! ach mein gewuͤnſchter Sohn! Wie denn jener Vater bey dem Valerio M. l. 2. c. 4. 11. 5. P. 72. die Goͤtter gebethen/ ſie wolten ſeiner Soͤhne Kranckheit von ihnen wegnehmen/ und auff ihn legen. Jene Roͤmiſche Matron, die Cornelia, als ihr eine andere Roͤmerin alle ihre ſchoͤne Kleynodien zeigte/ ſtellte ihre Kinder ihr vor/ und ſagte: Et hæc ornamenta mea ſunt: Dieſes ſind meine Kleinod/ die lieben Kinder halt ich fuͤr mein Geſchmeide. Jener Kauffmann ſagte/ ſeine Kinder waͤren ihm lieber/ als alles in der Welt/ wenn es auch das groͤſſeſte Reichthum waͤre/ denn dieſes muͤſte er alles in der Welt laſſen/ die Kinder aber nehme er mit ſich in den Himmel. Und jener Vater ſagte: Ein jegliches Kind waͤre ihm lieber/ als eine Tonne Goldes/ denn Gold und Silber waͤre nicht nach GOttes Ebenbilde erſchaffen. (vid. M. Joh. Samuel Adami Cornu Copiæ Part. 1. p. m. 64. 65.) Dieſes hat unſer Moͤrder nicht bedacht/ er hat ſeine vaͤterliche Liebe ſchlecht erwie- ſen/ D 2

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 27[25]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/25>, abgerufen am 29.03.2024.