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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig-vergossene Blut
Was die Ursache gewesen/ daß der gottlose Cain seinen frommen Bru-
der/ den Abel/ ermordet/ können wir eben so eigentlich nicht wissen/ ob
sie sich mit einander gezanckt wegen des Grund und Bodens/ darauff
sie beyde damahls gestanden/ daß ein jeglicher gerne hat der Besitzer und
Grund-Herr seyn wollen/ oder ob es um der Schwester willen gewe-
sen/ die ein jeder gerne zum Weibe haben wollen/ wie die Rabbinen in
ihren Chumasch beym Sauberto in Pentatevchum p. 48. fürge-
geben/ citante D. Mayero Conc. 1. das bey doppelten Mord un-
schuldige Wittenberg/ p. 7. stehet dahin. Vermuthlich/ ists aus gros-
ser Ungedult geschehen/ wegen des Opffers/ daß GOtt der HErr
des gläubigen Abels Opffer gnädiglich angesehen/ des Cains
Opffer aber nicht gnädiglich angesehen/
wie Moses in dem 4. und
5. Verse berichtet. Denn Abei brachte sein Opffer im Glauben/
gerichtet auff das Verdienst des zukünfftigen Meßiä/ wie zu sehen aus
Ebr. 11, 4. Cain aber brachte sein Opffer ohne Glauben/ aus
pur lauterer Heucheley/ deswegen wurde Abels Opffer für CainsOpffer
GOtt dem HErrn angenehmer/ als dessen Augen sehen nach dem
Glauben/
Jer. 5, 3. deswegen ergrimmteCain sehr/ und seineGe-
berde verstellet sich/
Gen. 4, 5. Darüber erboßete sich der ungläubi-
ge Cain/ daß er zu einem Atheisten wurde/ und zu Abel sagte: Es sey
kein Gericht/ kein Richter/ kein künfftiges Leben/ die Frommen hätten
keinen Lohn/ und die Gottlosen keine Straffe zu gewarten/ welchem aber
Abel/ als eine fromme Seele/ standhafftig widersprochen/ darauff Cain
den Abel überfallen/ und seinen Bruder jämmerlich erschlagen.

(Targum Hierosolymit. refert B. Scherzerus in Systemat. Theolog. Loc.
XXIV. p. 641. Joh. Qvistorp. Annot. Bibl. in Cap. IV. Gen. p. 16. &
B. Gerhardus Comment. in Genes. p. 138. his verbis: Targum Hie-
rosolymit, sic reddit: Et dixit Cain ad Abel, fratrem suum:
Veni, & egrediemur in agrum. Et fuit, cum egressi fuissent am-
bo ipsi ad facies agri, respondit Cain & dixit ad Abel fratrem su-
um: Non est judicium, & non est judex, & non est seculum ali-
ud, & non dabitur praemium bonum justis, & non vindictae sume-
tur ab improbis, & non in miseratione creatum est seculum, & non
in misericordia ipse Deus gubernat. Nam cur, qvaeso, accepta-

tur
C

Das unſchuldig-vergoſſene Blut
Was die Urſache geweſen/ daß der gottloſe Cain ſeinen frommen Bru-
der/ den Abel/ ermordet/ koͤnnen wir eben ſo eigentlich nicht wiſſen/ ob
ſie ſich mit einander gezanckt wegen des Grund und Bodens/ darauff
ſie beyde damahls geſtanden/ daß ein jeglicher gerne hat der Beſitzer und
Grund-Herr ſeyn wollen/ oder ob es um der Schweſter willen gewe-
ſen/ die ein jeder gerne zum Weibe haben wollen/ wie die Rabbinen in
ihren Chumaſch beym Sauberto in Pentatevchum p. 48. fuͤrge-
geben/ citante D. Mayero Conc. 1. das bey doppelten Mord un-
ſchuldige Wittenberg/ p. 7. ſtehet dahin. Vermuthlich/ iſts aus groſ-
ſer Ungedult geſchehen/ wegen des Opffers/ daß GOtt der HErr
des glaͤubigen Abels Opffer gnaͤdiglich angeſehen/ des Cains
Opffer aber nicht gnaͤdiglich angeſehen/
wie Moſes in dem 4. und
5. Verſe berichtet. Denn Abei brachte ſein Opffer im Glauben/
gerichtet auff das Verdienſt des zukuͤnfftigen Meßiaͤ/ wie zu ſehen aus
Ebr. 11, 4. Cain aber brachte ſein Opffer ohne Glauben/ aus
pur lauterer Heucheley/ deswegen wurde Abels Opffer fuͤr CainsOpffer
GOtt dem HErrn angenehmer/ als deſſen Augen ſehen nach dem
Glauben/
Jer. 5, 3. deswegen ergrimmteCain ſehr/ und ſeineGe-
berde verſtellet ſich/
Gen. 4, 5. Daruͤber erboßete ſich der unglaͤubi-
ge Cain/ daß er zu einem Atheiſten wurde/ und zu Abel ſagte: Es ſey
kein Gericht/ kein Richter/ kein kuͤnfftiges Leben/ die Frommen haͤtten
keinen Lohn/ und die Gottloſen keine Straffe zu gewarten/ welchem aber
Abel/ als eine fromme Seele/ ſtandhafftig widerſprochen/ darauff Cain
den Abel uͤberfallen/ und ſeinen Bruder jaͤmmerlich erſchlagen.

(Targum Hieroſolymit. refert B. Scherzerus in Syſtemat. Theolog. Loc.
XXIV. p. 641. Joh. Qviſtorp. Annot. Bibl. in Cap. IV. Gen. p. 16. &
B. Gerhardus Comment. in Geneſ. p. 138. his verbis: Targum Hie-
roſolymit, ſic reddit: Et dixit Cain ad Abel, fratrem ſuum:
Veni, & egrediemur in agrum. Et fuit, cum egreſſi fuiſſent am-
bo ipſi ad facies agri, reſpondit Cain & dixit ad Abel fratrem ſu-
um: Non eſt judicium, & non eſt judex, & non eſt ſeculum ali-
ud, & non dabitur præmium bonum juſtis, & non vindictæ ſume-
tur ab improbis, & non in miſeratione creatum eſt ſeculum, & non
in miſericordia ipſe Deus gubernat. Nam cur, qvæſo, accepta-

tur
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[17[15]/0015] Das unſchuldig-vergoſſene Blut Was die Urſache geweſen/ daß der gottloſe Cain ſeinen frommen Bru- der/ den Abel/ ermordet/ koͤnnen wir eben ſo eigentlich nicht wiſſen/ ob ſie ſich mit einander gezanckt wegen des Grund und Bodens/ darauff ſie beyde damahls geſtanden/ daß ein jeglicher gerne hat der Beſitzer und Grund-Herr ſeyn wollen/ oder ob es um der Schweſter willen gewe- ſen/ die ein jeder gerne zum Weibe haben wollen/ wie die Rabbinen in ihren Chumaſch beym Sauberto in Pentatevchum p. 48. fuͤrge- geben/ citante D. Mayero Conc. 1. das bey doppelten Mord un- ſchuldige Wittenberg/ p. 7. ſtehet dahin. Vermuthlich/ iſts aus groſ- ſer Ungedult geſchehen/ wegen des Opffers/ daß GOtt der HErr des glaͤubigen Abels Opffer gnaͤdiglich angeſehen/ des Cains Opffer aber nicht gnaͤdiglich angeſehen/ wie Moſes in dem 4. und 5. Verſe berichtet. Denn Abei brachte ſein Opffer im Glauben/ gerichtet auff das Verdienſt des zukuͤnfftigen Meßiaͤ/ wie zu ſehen aus Ebr. 11, 4. Cain aber brachte ſein Opffer ohne Glauben/ aus pur lauterer Heucheley/ deswegen wurde Abels Opffer fuͤr CainsOpffer GOtt dem HErrn angenehmer/ als deſſen Augen ſehen nach dem Glauben/ Jer. 5, 3. deswegen ergrimmteCain ſehr/ und ſeineGe- berde verſtellet ſich/ Gen. 4, 5. Daruͤber erboßete ſich der unglaͤubi- ge Cain/ daß er zu einem Atheiſten wurde/ und zu Abel ſagte: Es ſey kein Gericht/ kein Richter/ kein kuͤnfftiges Leben/ die Frommen haͤtten keinen Lohn/ und die Gottloſen keine Straffe zu gewarten/ welchem aber Abel/ als eine fromme Seele/ ſtandhafftig widerſprochen/ darauff Cain den Abel uͤberfallen/ und ſeinen Bruder jaͤmmerlich erſchlagen. (Targum Hieroſolymit. refert B. Scherzerus in Syſtemat. Theolog. Loc. XXIV. p. 641. Joh. Qviſtorp. Annot. Bibl. in Cap. IV. Gen. p. 16. & B. Gerhardus Comment. in Geneſ. p. 138. his verbis: Targum Hie- roſolymit, ſic reddit: Et dixit Cain ad Abel, fratrem ſuum: Veni, & egrediemur in agrum. Et fuit, cum egreſſi fuiſſent am- bo ipſi ad facies agri, reſpondit Cain & dixit ad Abel fratrem ſu- um: Non eſt judicium, & non eſt judex, & non eſt ſeculum ali- ud, & non dabitur præmium bonum juſtis, & non vindictæ ſume- tur ab improbis, & non in miſeratione creatum eſt ſeculum, & non in miſericordia ipſe Deus gubernat. Nam cur, qvæſo, accepta- tur C

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 17[15]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/15>, abgerufen am 29.03.2024.