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Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].

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seelig zu machen bemühete Schul Lehrer.

Unsere Sache war sehr schlimm. Wie böse wir uns verhalten/ und
wesch ein schlecht Urtheil darauf gehöret hätte/ zeiget Johannes selbst genug-
sam an/ wenn er saget: Ob jemand sündiget/ und zwar wie gesaget/ nicht
etwa aus Schwachheit/ sondern durch solche falsche Einbildung/ und so hoch-
müthig/ wie vorhin aus der Connexion gewiesen/ folglich sonsten mit gro-
ben Sünden sich an GOtt vergriffen; Worauff denn wohl freylich kein an-
der Urtheil folgen konte/ als zu dem wir uns selbst in unserm Catechismo be-
kennen; Was haft du mit deinen Sünden bey GOtt verdienet? Ant-
wort. Seinen Zorn und Ungnade/ zeitlichen Tod und ewige Ver-
dammniß. Hier war nun ein Fürsprecher und Advocat nöthig/ wo es
nicht übel ablauffen solte. Den zeiget uns aber Johannes an dem HErrn
JEsu Christo. Wir haben einen Fürsprecher/ also einen der sich unser
annehme/ und bey dem himmlischen Vater uns vertrete/ für uns bitte. Da-
bey fraget sichs nun unter den Theologen, wie denn der HErr JEsus uns
bey dem Vater vertrete? Einige sind dahin verfallen/ daß sie gelehret/ es
geschehe nicht eigentlich durch Bitte/ sondern allein durch Vorstellung seines
Verdienstes/ da er dem himmlischen Vater sein Verdienst uns zu gute vor-
halte. Alleine da der Buchstabe so klar/ nicht alleine an unsern Orthe:
Wir haben einen Fürsprecher; sondern auch zum Römern am 8. 34. Er
ist zur Rechten GOttes/ und vertritt uns/ und Hebr VII. 24. 25. Dieser
aber darum/ das er bleibet ewiglich/ hat er ein unvergänglich Priester thum/
daher er auch seelig machen kan immerdar/ die durch ihn zu GOtt kommen/
und lebet immerdar/ und bittet für sie. Warum solten wir denn den Buch-
staben in Zweiffel ziehen. Die unzeitige Furcht/ als gienge diese eigentliche
Fürbitte dem Stande der Erhöhung zu nahe/ und sey ihm verkleinerlich/ ist
vergebens. Denn man bilde sich dieselbe nur recht ein: Nicht etwan als ei-
nes der die Knie beuget/ die Hände auffbebet/ und mit erbärmlicher Stim-
me bittet und flehet; Dergleichen JEsus unser Heyland im Stande der
Erniedrigung unsertwegen gethan/ da er/ ich will des vorhergehendenLe-
bens nicht gedencken/ sondern nur bey seinem Leyden bleiben/ niederkniet
und betet/ Luc. XXII. 4. oder wie Marcus XIV. 34. fiel auf die Erden und
betet/ oder wie Matth. XXVI. 39. fiel nieder auf sein Angesicht und betet.

Davon
D 3
ſeelig zu machen bemuͤhete Schul Lehrer.

Unſere Sache war ſehr ſchlimm. Wie boͤſe wir uns verhalten/ und
weſch ein ſchlecht Urtheil darauf gehoͤret haͤtte/ zeiget Johannes ſelbſt genug-
ſam an/ wenn er ſaget: Ob jemand ſuͤndiget/ und zwar wie geſaget/ nicht
etwa aus Schwachheit/ ſondern durch ſolche falſche Einbildung/ und ſo hoch-
muͤthig/ wie vorhin aus der Connexion gewieſen/ folglich ſonſten mit gro-
ben Suͤnden ſich an GOtt vergriffen; Worauff denn wohl freylich kein an-
der Urtheil folgen konte/ als zu dem wir uns ſelbſt in unſerm Catechiſmo be-
kennen; Was haft du mit deinen Suͤnden bey GOtt verdienet? Ant-
wort. Seinen Zorn und Ungnade/ zeitlichen Tod und ewige Ver-
dammniß. Hier war nun ein Fuͤrſprecher und Advocat noͤthig/ wo es
nicht uͤbel ablauffen ſolte. Den zeiget uns aber Johannes an dem HErrn
JEſu Chriſto. Wir haben einen Fuͤrſprecher/ alſo einen der ſich unſer
annehme/ und bey dem himmliſchen Vater uns vertrete/ fuͤr uns bitte. Da-
bey fraget ſichs nun unter den Theologen, wie denn der HErr JEſus uns
bey dem Vater vertrete? Einige ſind dahin verfallen/ daß ſie gelehret/ es
geſchehe nicht eigentlich durch Bitte/ ſondern allein durch Vorſtellung ſeines
Verdienſtes/ da er dem himmliſchen Vater ſein Verdienſt uns zu gute vor-
halte. Alleine da der Buchſtabe ſo klar/ nicht alleine an unſern Orthe:
Wir haben einen Fuͤrſprecher; ſondern auch zum Roͤmern am 8. 34. Er
iſt zur Rechten GOttes/ und vertritt uns/ und Hebr VII. 24. 25. Dieſer
aber darum/ das er bleibet ewiglich/ hat er ein unvergaͤnglich Prieſter thum/
daher er auch ſeelig machen kan immerdar/ die durch ihn zu GOtt kommen/
und lebet immerdar/ und bittet fuͤr ſie. Warum ſolten wir denn den Buch-
ſtaben in Zweiffel ziehen. Die unzeitige Furcht/ als gienge dieſe eigentliche
Fuͤrbitte dem Stande der Erhoͤhung zu nahe/ und ſey ihm verkleinerlich/ iſt
vergebens. Denn man bilde ſich dieſelbe nur recht ein: Nicht etwan als ei-
nes der die Knie beuget/ die Haͤnde auffbebet/ und mit erbaͤrmlicher Stim-
me bittet und flehet; Dergleichen JEſus unſer Heyland im Stande der
Erniedrigung unſertwegen gethan/ da er/ ich will des vorhergehendenLe-
bens nicht gedencken/ ſondern nur bey ſeinem Leyden bleiben/ niederkniet
und betet/ Luc. XXII. 4. oder wie Marcus XIV. 34. fiel auf die Erden und
betet/ oder wie Matth. XXVI. 39. fiel nieder auf ſein Angeſicht und betet.

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[29/0031] ſeelig zu machen bemuͤhete Schul Lehrer. Unſere Sache war ſehr ſchlimm. Wie boͤſe wir uns verhalten/ und weſch ein ſchlecht Urtheil darauf gehoͤret haͤtte/ zeiget Johannes ſelbſt genug- ſam an/ wenn er ſaget: Ob jemand ſuͤndiget/ und zwar wie geſaget/ nicht etwa aus Schwachheit/ ſondern durch ſolche falſche Einbildung/ und ſo hoch- muͤthig/ wie vorhin aus der Connexion gewieſen/ folglich ſonſten mit gro- ben Suͤnden ſich an GOtt vergriffen; Worauff denn wohl freylich kein an- der Urtheil folgen konte/ als zu dem wir uns ſelbſt in unſerm Catechiſmo be- kennen; Was haft du mit deinen Suͤnden bey GOtt verdienet? Ant- wort. Seinen Zorn und Ungnade/ zeitlichen Tod und ewige Ver- dammniß. Hier war nun ein Fuͤrſprecher und Advocat noͤthig/ wo es nicht uͤbel ablauffen ſolte. Den zeiget uns aber Johannes an dem HErrn JEſu Chriſto. Wir haben einen Fuͤrſprecher/ alſo einen der ſich unſer annehme/ und bey dem himmliſchen Vater uns vertrete/ fuͤr uns bitte. Da- bey fraget ſichs nun unter den Theologen, wie denn der HErr JEſus uns bey dem Vater vertrete? Einige ſind dahin verfallen/ daß ſie gelehret/ es geſchehe nicht eigentlich durch Bitte/ ſondern allein durch Vorſtellung ſeines Verdienſtes/ da er dem himmliſchen Vater ſein Verdienſt uns zu gute vor- halte. Alleine da der Buchſtabe ſo klar/ nicht alleine an unſern Orthe: Wir haben einen Fuͤrſprecher; ſondern auch zum Roͤmern am 8. 34. Er iſt zur Rechten GOttes/ und vertritt uns/ und Hebr VII. 24. 25. Dieſer aber darum/ das er bleibet ewiglich/ hat er ein unvergaͤnglich Prieſter thum/ daher er auch ſeelig machen kan immerdar/ die durch ihn zu GOtt kommen/ und lebet immerdar/ und bittet fuͤr ſie. Warum ſolten wir denn den Buch- ſtaben in Zweiffel ziehen. Die unzeitige Furcht/ als gienge dieſe eigentliche Fuͤrbitte dem Stande der Erhoͤhung zu nahe/ und ſey ihm verkleinerlich/ iſt vergebens. Denn man bilde ſich dieſelbe nur recht ein: Nicht etwan als ei- nes der die Knie beuget/ die Haͤnde auffbebet/ und mit erbaͤrmlicher Stim- me bittet und flehet; Dergleichen JEſus unſer Heyland im Stande der Erniedrigung unſertwegen gethan/ da er/ ich will des vorhergehendenLe- bens nicht gedencken/ ſondern nur bey ſeinem Leyden bleiben/ niederkniet und betet/ Luc. XXII. 4. oder wie Marcus XIV. 34. fiel auf die Erden und betet/ oder wie Matth. XXVI. 39. fiel nieder auf ſein Angeſicht und betet. Davon D 3

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Zitationshilfe: Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/31>, abgerufen am 25.04.2024.