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Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.

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Abdanckungs-Rede.
mahls auß der Acht gelassen/ sondern sie vielmahl/ wieder-
holet/ und auf sich appliciret. Wie er denn auch die schwe-
re Regierungs-Last/ seinem Bruder Ferdinando, und sei-
nem Sohne Philippo überlassen; Sich aber nur diese ein-
tzige Sorge/ zwey Jahr durch biß an sein seeliges Ende vor-
behalten: Seelig zu sterben/ welches auch erfolget. Sin-
Matthiae
Theatr.
Histor. in
vita Ca-
roli. V. p.
m.
1073.
temahl er gantzer 5. Jahr zuvor seinen Sarck allenthalben
hin mitte genommen/ und endlich unter diesen Worten: Jn
me mane dulcissime Jesu, ut ego in Te maneam;
seelig ein-
geschlaffen. Wer sich also zum Tode bereitet/ thut sehr wohl/
wer so stirbt/ der stirbt wohl. Es würden warlich ihrer viel
zum Tode sich besser bereiten/ wenn sie sich nicht die Rech-
nung macheten/ sie würden noch lange nicht sterben: Es
gehet aber ihnen/ wie denen so ein Bildnüß ansehen/ welches
nach dem Perspectiv gemahlt ist/ da hinter vielen Pfeilern
und Sträuchern/ nach der Mahler Kunst/ der Tod gar weit
hinauß gestellet/ als wäre er etliche Meilen weit davon; Da
es doch ein gleiches Bild/ und ihren Augen nach/ nur eine
Sache nahe/ die andere ferne. Also bilden sie sich offt ein/
als wenn der Tod noch weit von ihnen da er doch hinter dem
ersten Pfeiler/ oder Baum stehet/ und seinen Bogen auf sie
gerichtet/ und zielet/ sie zu erlangen. Dannenhero hier recht
und wohl der H. Augustinus saget: Nescis, qva hora veniet
Mors: Semper vigila, ut qvod nescis qvando veniet, paratum
te inveniat, qvum venerit: Et ad hoc forte nescis, qvando
veniet, ut semper paratus sis.
Derer weisen Heyden Philo-
sophie,
war eine Schule der Sterbligkeit; Worinn Seneca
eine solche Lection in seinen Episteln beschreibt: Ante Se-
nectutem curavi, ut bene viverem, in Senectute, ut bene mo-

riar:

Abdanckungs-Rede.
mahls auß der Acht gelaſſen/ ſondern ſie vielmahl/ wieder-
holet/ und auf ſich appliciret. Wie er denn auch die ſchwe-
re Regierungs-Laſt/ ſeinem Bruder Ferdinando, und ſei-
nem Sohne Philippo uͤberlaſſen; Sich aber nur dieſe ein-
tzige Sorge/ zwey Jahr durch biß an ſein ſeeliges Ende vor-
behalten: Seelig zu ſterben/ welches auch erfolget. Sin-
Matthiæ
Theatr.
Hiſtor. in
vita Ca-
roli. V. p.
m.
1073.
temahl er gantzer 5. Jahr zuvor ſeinen Sarck allenthalben
hin mitte genommen/ und endlich unter dieſen Worten: Jn
me mane dulciſſime Jesu, ut ego in Te maneam;
ſeelig ein-
geſchlaffen. Wer ſich alſo zum Tode bereitet/ thut ſehꝛ wohl/
wer ſo ſtirbt/ der ſtirbt wohl. Es wuͤrden warlich ihrer viel
zum Tode ſich beſſer bereiten/ wenn ſie ſich nicht die Rech-
nung macheten/ ſie wuͤrden noch lange nicht ſterben: Es
gehet aber ihnen/ wie denen ſo ein Bildnuͤß anſehen/ welches
nach dem Perſpectiv gemahlt iſt/ da hinter vielen Pfeilern
und Straͤuchern/ nach der Mahler Kunſt/ deꝛ Tod gar weit
hinauß geſtellet/ als waͤre er etliche Meilen weit davon; Da
es doch ein gleiches Bild/ und ihren Augen nach/ nur eine
Sache nahe/ die andere ferne. Alſo bilden ſie ſich offt ein/
als weñ der Tod noch weit von ihnen da er doch hinter dem
erſten Pfeiler/ oder Baum ſtehet/ und ſeinen Bogen auf ſie
gerichtet/ und zielet/ ſie zu erlangen. Dannenhero hier recht
und wohl der H. Auguſtinus ſaget: Neſcis, qvâ horâ veniet
Mors: Semper vigila, ut qvod neſcis qvando veniet, paratum
te inveniat, qvum venerit: Et ad hoc fortè neſcis, qvando
veniet, ut ſemper paratus ſis.
Derer weiſen Heyden Philo-
ſophie,
war eine Schule der Sterbligkeit; Woriñ Seneca
eine ſolche Lection in ſeinen Epiſteln beſchreibt: Ante Se-
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[38/0038] Abdanckungs-Rede. mahls auß der Acht gelaſſen/ ſondern ſie vielmahl/ wieder- holet/ und auf ſich appliciret. Wie er denn auch die ſchwe- re Regierungs-Laſt/ ſeinem Bruder Ferdinando, und ſei- nem Sohne Philippo uͤberlaſſen; Sich aber nur dieſe ein- tzige Sorge/ zwey Jahr durch biß an ſein ſeeliges Ende vor- behalten: Seelig zu ſterben/ welches auch erfolget. Sin- temahl er gantzer 5. Jahr zuvor ſeinen Sarck allenthalben hin mitte genommen/ und endlich unter dieſen Worten: Jn me mane dulciſſime Jesu, ut ego in Te maneam; ſeelig ein- geſchlaffen. Wer ſich alſo zum Tode bereitet/ thut ſehꝛ wohl/ wer ſo ſtirbt/ der ſtirbt wohl. Es wuͤrden warlich ihrer viel zum Tode ſich beſſer bereiten/ wenn ſie ſich nicht die Rech- nung macheten/ ſie wuͤrden noch lange nicht ſterben: Es gehet aber ihnen/ wie denen ſo ein Bildnuͤß anſehen/ welches nach dem Perſpectiv gemahlt iſt/ da hinter vielen Pfeilern und Straͤuchern/ nach der Mahler Kunſt/ deꝛ Tod gar weit hinauß geſtellet/ als waͤre er etliche Meilen weit davon; Da es doch ein gleiches Bild/ und ihren Augen nach/ nur eine Sache nahe/ die andere ferne. Alſo bilden ſie ſich offt ein/ als weñ der Tod noch weit von ihnen da er doch hinter dem erſten Pfeiler/ oder Baum ſtehet/ und ſeinen Bogen auf ſie gerichtet/ und zielet/ ſie zu erlangen. Dannenhero hier recht und wohl der H. Auguſtinus ſaget: Neſcis, qvâ horâ veniet Mors: Semper vigila, ut qvod neſcis qvando veniet, paratum te inveniat, qvum venerit: Et ad hoc fortè neſcis, qvando veniet, ut ſemper paratus ſis. Derer weiſen Heyden Philo- ſophie, war eine Schule der Sterbligkeit; Woriñ Seneca eine ſolche Lection in ſeinen Epiſteln beſchreibt: Ante Se- nectutem curavi, ut benè viverem, in Senectute, ut benè mo- riar: Matthiæ Theatr. Hiſtor. in vita Ca- roli. V. p. m. 1073.

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Zitationshilfe: Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359522/38>, abgerufen am 19.04.2024.