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Schweinitz, Georg Hermann von: Auß Gottes Heiligem Rath und Willen Entspringende Ursprungs-Quelle/ Des Endziehls Menschlichen Lebens. Zittau, 1673.

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Abdanckungs-Rede.
gesteine gläntzen und scheinen/ welche von der Gestirne Licht
und Glantz participiten und Theil haben. Aber ohne/ daß
man was gedencket von der Antipathie, deucht mich allbereit
die Anzahl derer Exempel von der Sympathie oder Zuneigung
überflüssig zu sein. Wir wollen uns nur noch in e[t]was na-
hern zu uns selbsten und unserem Menschlichen Cörper. Jst
nicht ein Glied mit dem andern verknüpfft und verbunöm/
durch verborgene zusammen Verständnüß? Thut nicht eines
dem andern dadurch Hülffreichliche Handleistung? Und ist
nicht ein jedes bedacht so sorgfältig auf frembde zugehörige als
seine selbst eigene Conservation und erhaltung? Welche auch
gutten theils/ doch nachdem eines oder das andere der Wich-
tigkeit ist/ von der ersteren dependiret und hanget.

Gehen wir von unserem individuo unserem Menschli-
chen Leibe zu den andern individuis und Speciebus den Völ-
ckern und Geschlechtern biß auf wenige und einzehle Menschen.
So erfahren wir/ daß manche Natiooen sich feste und nahe
zusam nen halten/ manche einander auf das eusserste hassen und
verfolgen. Welche Freundligkeit und Wiedrigkeit sich so ga[r]
erstrecket biß auf Dorff und Stadt/ unter einem Reiche und
Herrschafft. Wie solte es den nicht auch auf die Geschlech-
ter und Häuser einer Republic stammen? Da freylich eine
gewöhnlicher sich mit etlichen verbindet/ und zustimmet/ als
mit vielen andern. Und warumb solte man nicht ebener mas-
sen gleichfals unter wenigen Persohnen die Krafft und Stärcke
darvon empfinden? Die Erfahrung bezeugets/ was aus gleich-
heit der Humeurs und Temperamenten besonders aus ähn-
ligkeit der Tugenden und Sitten vor vergnügen und Nutzen
entspringet/ und wie unter Verwandten und Verehlichten es
so mächtige Regung und Bewegung verursachet. Nicht wei-

ter
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Abdanckungs-Rede.
geſteine glaͤntzen und ſcheinen/ welche von der Geſtirne Licht
und Glantz participiten und Theil haben. Aber ohne/ daß
man was gedencket von der Antipathie, deucht mich allbereit
die Anzahl derer Exempel von der Sympathie oder Zuneigung
uͤberfluͤſſig zu ſein. Wir wollen uns nur noch in e[t]was na-
hern zu uns ſelbſten und unſerem Menſchlichen Coͤrper. Jſt
nicht ein Glied mit dem andern verknuͤpfft und verbunoͤm/
durch verborgene zuſammen Verſtaͤndnuͤß? Thut nicht eines
dem andern dadurch Huͤlffreichliche Handleiſtung? Und iſt
nicht ein jedes bedacht ſo ſorgfaͤltig auf frembde zugehoͤrige als
ſeine ſelbſt eigene Conſervation und erhaltung? Welche auch
gutten theils/ doch nachdem eines oder das andere der Wich-
tigkeit iſt/ von der erſteren dependiret und hanget.

Gehen wir von unſerem individuô unſerem Menſchli-
chen Leibe zu den andern individuis und Speciebus den Voͤl-
ckern und Geſchlechtern biß auf wenige und einzehle Menſchen.
So erfahren wir/ daß manche Natiooen ſich feſte und nahe
zuſam nen halten/ manche einander auf das euſſerſte haſſen und
verfolgen. Welche Freundligkeit und Wiedrigkeit ſich ſo ga[r]
erſtrecket biß auf Dorff und Stadt/ unter einem Reiche und
Herꝛſchafft. Wie ſolte es den nicht auch auf die Geſchlech-
ter und Haͤuſer einer Republic ſtammen? Da freylich eine
gewoͤhnlicher ſich mit etlichen verbindet/ und zuſtimmet/ als
mit vielen andern. Und warumb ſolte man nicht ebener maſ-
ſen gleichfals unter wenigen Perſohnen die Krafft und Staͤrcke
darvon empfinden? Die Erfahrung bezeugets/ was aus gleich-
heit der Humeurs und Temperamenten beſonders aus aͤhn-
ligkeit der Tugenden und Sitten vor vergnuͤgen und Nutzen
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[81/0007] Abdanckungs-Rede. geſteine glaͤntzen und ſcheinen/ welche von der Geſtirne Licht und Glantz participiten und Theil haben. Aber ohne/ daß man was gedencket von der Antipathie, deucht mich allbereit die Anzahl derer Exempel von der Sympathie oder Zuneigung uͤberfluͤſſig zu ſein. Wir wollen uns nur noch in etwas na- hern zu uns ſelbſten und unſerem Menſchlichen Coͤrper. Jſt nicht ein Glied mit dem andern verknuͤpfft und verbunoͤm/ durch verborgene zuſammen Verſtaͤndnuͤß? Thut nicht eines dem andern dadurch Huͤlffreichliche Handleiſtung? Und iſt nicht ein jedes bedacht ſo ſorgfaͤltig auf frembde zugehoͤrige als ſeine ſelbſt eigene Conſervation und erhaltung? Welche auch gutten theils/ doch nachdem eines oder das andere der Wich- tigkeit iſt/ von der erſteren dependiret und hanget. Gehen wir von unſerem individuô unſerem Menſchli- chen Leibe zu den andern individuis und Speciebus den Voͤl- ckern und Geſchlechtern biß auf wenige und einzehle Menſchen. So erfahren wir/ daß manche Natiooen ſich feſte und nahe zuſam nen halten/ manche einander auf das euſſerſte haſſen und verfolgen. Welche Freundligkeit und Wiedrigkeit ſich ſo gar erſtrecket biß auf Dorff und Stadt/ unter einem Reiche und Herꝛſchafft. Wie ſolte es den nicht auch auf die Geſchlech- ter und Haͤuſer einer Republic ſtammen? Da freylich eine gewoͤhnlicher ſich mit etlichen verbindet/ und zuſtimmet/ als mit vielen andern. Und warumb ſolte man nicht ebener maſ- ſen gleichfals unter wenigen Perſohnen die Krafft und Staͤrcke darvon empfinden? Die Erfahrung bezeugets/ was aus gleich- heit der Humeurs und Temperamenten beſonders aus aͤhn- ligkeit der Tugenden und Sitten vor vergnuͤgen und Nutzen entſpringet/ und wie unter Verwandten und Verehlichten es ſo maͤchtige Regung und Bewegung verurſachet. Nicht wei- ter L

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Zitationshilfe: Schweinitz, Georg Hermann von: Auß Gottes Heiligem Rath und Willen Entspringende Ursprungs-Quelle/ Des Endziehls Menschlichen Lebens. Zittau, 1673, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354492b/7>, abgerufen am 20.04.2024.