Eine Predigt
VOn vnsers HErrn vnnd
Heylandes JEsu Christi
Hohenpriesterlichen Ampt /
vnd
deß Menschen Gewissen / vnnd
wie dasselbige durch Christi
Blut gereiniget
werde .
Gethan
Am Stillen Freytag
Von
M. Petro Tuckerman / Hoffprediger.
1622 .
Gedruckt zu Wolffenbüttel
Durch Eliam Hollwein / F : Br :
Buchdrucker
daselbst .
Text : Zun Ebreern am 9. Cap .
DA nun solches alles zugerichtet war / giengen die Priester allezeit in die
fördersten Hütten / vnd richteten aus den GOttes Dienst . In die ander aber /
gieng nur einmal im Jahr alleine der Hohepriester nicht ohn Blut / daß er
opfferte für sein selbst / vnnd deß Volcks Vnwissenheit . Damit der heylige Geist
deutet / daß noch nicht offenbart were der Weg zur Heyligkeit / so lange die
erste Hütte stünde / welche muste zur selbigen Zeit ein Fürbilde seyn / In
welcher Gaben vnnd Opffer geopffert würden / vnnd könten nicht vollkommen machen
nach dem Gewissen / den / der da GOttes Dienst thut / allein mit Speiß vnd
Tranck / vnd mancherley Tauffe vnd eusserlicher Heyligkeit / die biß auff die
zeit der besserung sind auffgelegt .
Christus aber ist kommen / daß er sey ein Hoherpriester der zukünfftigen Güter /
durch eine grössere vnd vollkomnere Hütten / die nicht mit der Hand gemacht ist
/ das ist / die nicht also gebawet ist . Auch nicht durch der Böcke oder Kälber
Blut / sondern er ist durch sein eigen Blut / einmal in das heylige eingegangen
/ vnnd hat eine ewige Erlösung erfunden .
Denn so der Ochsen vnnd der Böcke Blut / vnnd die Aschen von der Kuhe gesprenget
/ heyliget die Vnreinen / zu der leiblichen Reinigkeit / wie viel mehr wird das
Blut Christi / der sich selbst ohn allen Wandel / durch den heyligen Geist /
GOtt geopffert hat / vnser Gewissen reinigen von den Todten Wercken / zu dienen
dem lebendigen GOTT .
DEr hentige Tag wird genant der Stille Freytag / denn als heute ist eine grosse
Stille worden im Himmel / durch Christi Todt ist gestillet der Zorn GOttes /
Röm. 5 der vber vns hette ewig sollen donnern vnd blitzen : Als heute ist eine
grosse Stille worden in der Helle / denn Christus durch seinen Todt / vnd
Hellefahrt dieselbe zerstöret / vnd ist jhr eine Pestilentz worden / Oseae 13 .
Als heute ist eine grosse Stille worden auff Erden bey den Jüden den Feinden
Christi / denn da dieselben sehr vnruhig gewesen / vnd das crucifige , Creutzige
/ Creutzige vber Christum geschryen / so sind sie nach Christi Todt gestillet :
Als heute ist auch eine grosse Stille worden bey Christo / deñ nach dem
er am Stam̃ deß Creutzes die sieben Wort geredt / ist er Stille worden
vnd verschieden / seine Seele ist auch in der Stille / in deß Vaters Handt auff
genommen / vnd sein Leib in der Stille ins Grab gelegt / vnnd zu ruhe kommen .
Vnd wenn man jhme recht nachdencket / so ist / so lang die Welt gestanden / kein
schrecklicher / vnd dagegen auch kein tröstlicher vnd nützlicher Tag erschienen
vnd gewesen . Der allerschrecklichste Tag ists / denn Christus JEsus hieran am
Holtz zum Fluch worden / Gal. 3. Vnd ist der Fürst deß Lebens getödtet / Act. 3 .
Der HErr der Herrligkeit gecreutziget / 1. Cor. 2. Vnd GOtt gestorben / welches
/ ob es wol der Vernunfft zu hoch vnd zu wieder / so ists doch Göttliche Warheit
/ deñ
wie GOtt warhafftig Mensch worden / so ist
auch Gott warhafftig gestorben / denn da Christus stirbet / stirbet eine solche
Persohn / die nicht allein Mensch / sondern auch GOtt ist : Wie wir im 2.
Artickel vnsers Christlichen Glaubens bekennen : Ich glaube / das JEsus Christus
( GOttes vnd Marien Sohn ) gelitten / gecreutziget vnd gestorben . Wer könte doch
etwas schrecklichers erdencken / denn daß der gerechte / heylige / ewige GOTT
zum Fluch wird / leydet vnd stirbt ? Der allerschrecklichste Tag ist er auch den
Teuffeln / denn da die Hellische Schlange hieran Christum in die Fersen
gestochen / so hat er jhr wiederumb den Kopff zutreten / Gen. 3. jhre Wercke
zerstöret / 1. Johan. 3. vnnd sie mit Ketten der Finsterniß gebunden / daß sie
zur Helle verstossen vnnd vbergeben / vnnd zum Gericht soll behalten werden / 2.
Pet. 2 . Der tröstliche vnd nützlichste Tag aber ist dieser Tag vns Menschen /
denn in dem Christus hieran zum Fluch worden / hat er vns vom Fluch erlöset /
Gal. 3. vnd den Segen wieder gebracht / in dem er gelitten vnnd gestorben / hat
er durch seinen Todt dem Todt die Macht genommen / vnd das Leben / vnnd ein
vnvergänglich Wesen ans Liecht gebracht / 2. Tim. 1. Ja er hat durch seinen Todt
die Macht genommen dem der deß Todts Gewalt hatte / das ist / dem Teuffel / vnd
hat erlöset die / so durch Furcht deß Todtes im gantzen Leben Knechte sein
musten / Ebre . 2. Heut ist erfüllet / was wir singen : Wie vns nu hat ein frembde
Schuld /
in Adam all verhönet / also hat vns ein frembde
Huld / in Christo all versönet / vnd wie wir all durch Adams Fall / sind ewiges
Todts gestorben / also hat Gott durch Christi Todt / vernewt das war verdorben .
Derwegen sollen wir billich heute alle auff vnsere Knie fallen / vnnd dem HErrn
JEsu Christo für solch sein bitter Leyden vnnd Sterben von Hertzen Grund Lob
vnnd Danck sagen . Von demselben Leyden vnd Sterben Christi / vnd dessen grossen
Nutzen wird nu gehandelt in jetz verlesenen Worten / aus dem 9. Cap. der Epistel
an die Ebreer genom̃en / darinnen wird vermeldet / daß Christus der
Hohepriester sein eigen Blut vergossen / vnd sich selbst ohn Wandel GOtt
geopffert / welches als heute am Stillen Freytage geschehen . Wollen derwegen im
Namen GOttes den Text zu erklären für vns nem̃en / darinnen eine
Vergleichung angestelt wird / zwischen dem Hohenpriester deß Alten / vnd Christo
dem Hohenpriester deß newen Testaments / vnd wird gezeiget / wie viel besser
dieser sey als jener . 2. Werden auch gegen einander gehalten / die Opffer vnd
Blut deß Alten Testaments vnnd Christi Opffer vnd Blut / vnd wird berichtet /
was wir hievon für grossen Nutzen haben . Hierzu verleyhe vns GOtt der Vater die
Gnad / deß heyligen Geistes vmb JEsu Christi seines Sohns willen . Amen .
Vom Ersten .
BEtreffent das Erste / so ist ein grosser vnterscheid vnd vngleichheit zwischen
dem Hohenpriester deß Alten / vnnd zwischen Christo dem Hohenpriester deß newen
Testaments / denn erstlich sind die Persohnen vngleich : Der Hohepriester deß
Alten Testaments ist nur ein blosser sterblicher / ja sündlicher Mensch gewesen
/ wie sich am ersten vnd fürnembsten Hohenpriester Aaron außgewiesen / der vnter
andern darin gröblich geirret / daß er den Kindern Israel ein Kalb gegossen /
vnnd damit zur Abgötterey Vrsach gegeben / Exod. 32. Darvmb er auch nicht hat
können ins gelobte Land kommen / sondern hat in der Wüsten sterben müssen . Vnd
daher hat der Hohepriester deß Alten Testaments vorher allezeit für seine selbst
eigene Sünde vnd Vnwissenheit opffern müssen / vnd darnach für deß Volcks / wie
in verlesenen Worten bekandt wird : Christus aber der Hohepriester deß newen
Testaments ist zwar auch wol Mensch / aber zugleich GOtt vber alles gelobt in
Ewigkeit / Röm. 9. Vnnd hat nicht zu erst dürffen für seine Sünde opffern / denn
er keine Sünde gehabt noch gethan / Lut. 1. sagt der Engel zu Maria : Das Heylige
daß von dir geboren wird / etc. Johan. 8. spricht er selber : Welcher vnter euch
kan mich einer Sünde zeihen ? 1. Pet. 2 . Er hat keine Sünde gethan / ist auch
kein Betrug in seinem Mund erfunden : 2. Cor. 5. er hat von keiner
Sünde gewust . Vnd das hat sein müssen / sonsten hette er vns
von Sünden nicht können helffen : Davon Ebrer . 7. zu lesen : Einen solchen
Hohenpriester solten wir haben / der da were heylig / vnschüldig / vnbefleckt /
von den Sünden abgesondert / vnd höher dann der Himmel ist / dem nicht täglich
noht were / wie jenen Hohenpriestern / so zu erst für seine eigene Sünde Opffer
zu thun / darnach für deß Volcks Sünde / denn das hat er gethan einmal / da er
sich selbst opffert / denn das Gesetz macht Menschen zu Hohenpriestern / die da
Schwachheit haben / diß Wort aber deß Eydes / daß nach dem Gesetz gesagt ist /
setzet den Sohn ewig vnd vollkommen . Darumb haben wir vns der Vnschuld /
Heyligkeit / Gerechtigkeit vnd Vollkommenheit vnsers Hohenpriesters JEsu Christi
von Hertzen zuerfrewen / denn sie kommet vns zum besten / er ist vns gemacht von
GOtt zur Gerechtigkeit vnd zur Heyligung 1. Cor. 1. Vnd GOtt hat denen / der von
keiner Sünde wuste / für vns zur Sünde gemacht / auff daß wir würden in jhm der
Gerechtigkeit / die für GOtt gilt / 2. Cor. 5 .
Zum Andern ist ein grosser Vnterscheid vnd Vngleichheit zwischen dem
Hohenpriester deß Alten / vnnd Christo dem Hohenpriester deß newen Testaments
der Opffer halben . Der Hohepriester deß Alten Testaments hat Viehische Opffer
verrichtet / als Farren / Widder / Lämmer / Kälber / Tauben vnnd dergleichen /
vnnd hat frembd Blut vergossen : Aber Christus der
Hohepriester deß newen Testaments hat nicht von Vieh ein Opffer gethan / sondern
hat sich selbst GOtt seinem Him̃lischen Vater geopffert / wie in vnserm
Text stehet / vnd hat sein eigen Blut vergossen : Im 7. Cap. dieser Epistel wird
dasselbige auch bekandt / er hat sich selbst geopffert : Vnd in verlesenen Worten
/ Er ist nicht durch der Böcke oder Kälber Blut / sondern durch sein eigen Blut
eingegangen : 10. Cap. Darumb da er in die Welt kommet / spricht er / Opffer vnnd
Gaben hastu nicht gewolt / den Leib aber hastu mir zubereitet / nemblich zum
Opffer : Vnd aber mal am selbigẽ Ort : Wir sind geheyliget /
geschehẽ / durch das Opffer deß Leibes Jesu Christi : 1. Pet. 2 . Er hat
vnser Sünde selbst an seinem Leibe auff dem Holtz geopffert : Vnd Eph. 5.
Christus hat sich selbst dar gegeben für vns zur Gabe vnd Opffer GOtt zu einem
süssen Geruch . Damit ohn allen zweiffel zurück gesehen wird in das 9. Cap. deß
ersten Buchs Mosis / da wir lesen / daß Noah / nach dem er aus dem Kasten kommen
/ von allerley reinem Vieh / vnd von allerley reinem Gerögel genommen / vnd
Brandopffert geopffert / vnnd der HErr habe den lieblichen Geruch gerochen / vnd
in seinem Hertzen gesprochen : Ich wil die Erde hinfort nicht mehr verfluchen vmb
der Menschen willen : Also da Christus sich selbst geopffert / hat GOtt der
Him̃lische Vater den rechten lieblichen Geruch davon gerochen / vnd
empfunden / vnd deß halben zugesagt / dem armen Menschlichen Geschlecht vmb
solcheß ange-
nemen thewren Opffers willen Gnad zu beweisen .
Es ist aber mit der Auffopfferung Christi so bald vnd liederlich nicht zugangen
/ wie mit Viehischem Opffer . Zu geschweigen seines gantzen Lebens / welches ein
stetes Leyden vnd Auffopfferung gewesen / vnd allein dieser Marter wochen
zugedencken / so hat er darinnen viel außstehen müssen : Im Garten am Oelberg hat
er für Gottes Gericht blutigen Schweiß geschwitzet / sein Seele ist betrübt
worden / biß in den Todt / ja mit dem Todt hat er gerungen : Ist von seinem
Jünger dem Juda verrahten / vnd von Feinden gebunden worden . Für dem
Hohenpriester hat er einen Backenstreich müssen für lieb nemen / vnnd sich für
einen GOttes Lästerer lassen außruffen / vnd was sich mehr zugetragen . Der
Weltliche Richter Pilatus hat jhn zu geisseln vbergeben / mit einer Dornen Kron
lassen krönen / vnd so vbel zurichten / daß er selbst muß bekeñen vnd
sagen / sehet / welch ein Mensch : Darauff ist er hinaus geführet / an Händen vnd
Füssen durchgraben / als ein Fluch zwischen Himmel vnd Erden an ein Holtz
gehangen / vnd getödtet : Der Zorn GOttes hat jhn gedrücket / die Last der Sünden
beschweret / jhm ist zu Siñ gewesen / als wenn GOtt der
Him̃lische Vater die Hand gantz abgezogen hette / wie er klagt / mein
GOtt / mein GOtt warumb hastu mich verlassen ? Stricke deß Todtes haben jhn
vmbfangen / vnd Angst der Hellen hat jhn troffen / er ist kommen in Jammer vnd
Noht Psal. 116. Summa , es stehet nicht alle
außzusprechen /
was für Leyden vber jhn ergangen . So viel hats jhn gekostet / vnser Heyl wieder
zubringen / vnd ein solch Opffer hat er verrichten müssen : Daher wir singen : Aus
dem Todt wir könten / durch vnser eigen Werck / nimmer werden errettet / die
Sünde war zu starck / daß wir würden erlöset / so könts nicht anders seyn / denn
GOttes Sohn must leyden / deß Todtes bitter Pein .
Zum Dritten ist ein grosser Vnterscheidt vnd Vngleichheit deß Orts halben : Der
Hohepriester deß Alten Testaments hat geopffert auffm geweiheten Altar / im
heiligen Tempel zu Jerusalem / da GOtt Fewr vnd Herd gehabt / Esai. 31. Vnd ist
darauff in das allerheyligste / einen besondern Ort im Tempel eingegangen / da
sonsten niemand hat dörffen hinkommen : Es ist aber der Tempel vnd das
allerheyligste mit Händen gemacht gewesen / vnd zuletzt verheret vnd verderbet /
da die Stad Jerusalem in die Asche gelegt worden . Christus aber der Hohepriester
deß newen Testaments hat viel einen andern Ort gehabt zu seinem Opffer . Der
Altar ist gewesen sein Creutz / vnd ist damit erfüllet das schöne Bild Gen. 22 .
Da Isaac ist auff das Holtz gelegt worden / welches er den Berg Morya hinan
getragen : Das ist vns zum besten geschehen / denn er damit ein Fluch für vns
worden / vnd hat vns vom Fluch deß Gesetzes erlöset / Gal. 3. Christus hat vns
erlöset von dem Fluch deß Gesetzes / da er ward ein Fluch für vns / ( denn es
stehet
geschrieben / verflucht sey jederman der am Holtz
hanget ) auff daß der Segen Abrahe vnter die Heyden keme in Christo JEsu . Der
Tempel ist gewesen die Schedelstedt : Für der Welt ein abschewlicher /
schendlicher vnd vnehrlicher Ort / aber wir sind es auch trefflich gebessert /
denn da wir kein ehrlich Begräbniß haben / sondern wie ein Esel mit Jojakim
Jerem. 22. hetten sollen begraben werden / ja auff der Schindkuhl vnd
Schedelstedt der Hellen hetten ein ewig Grewel sein sollen / Esai. 66. so hat
Christus solche Schmach auff sich genommen / vnsere Gräber geheiliget vnd
ehrlich gemacht / vnd vns von dem ewigen Grewel errettet / vnd ist dar auff in
das allerheyligste eingegangen / daß Allerheyligste ist der Himmel / das ist der
rechte heyligste Ort / dar ein nicht jrgend ein gemeines / vnd das da Grewel
thut / vnd Lügen / hineingehen wird / Apoc. 21 . Das Allerheyligste ist nicht mit
Händen gemacht / wird auch in Ewigkeit nicht abgebrochen noch verheret können
werden / davon in verlesenem Text stehet / Christus ist kommen daß er sey ein
Hoherpriester der zukünfftigen Güter durch eine grössere vnd
vollkom̃enere Hütten / die nicht mit der Hand gemacht ist / das ist / die
nicht also gebawet ist : Vnd 2. Cor. 5 . Wir wissen / so vnser Irdisch Hauß dieser
Hütten zubrochen wird / daß wir einen Baw haben von GOtt erbawet / ein Hauß
nicht mit Händen gemacht / das ewig ist im Himmel . Vnnd wie kein Mensch in das
Allerheyligste ohn den Hohenpriester hat gehen dürffen / so
hette auch kein Mensch in das Allerheyligste / das ist / in den Himmel gehen
dürffen noch können / ohn allein der Hohepriester Christus / Johan. 3. Niemand
fehret gen Himmel / denn der vom Himmel kommen ist / deß Menschen Sohn / der im
Himmel ist : Aber in dem Christus der Hohepriester deß newen Testaments gelitten
/ gestorben / aufferstanden vnd gen Himmel gefahren / hat er vns einen Zugang
darzu gemacht : Johan. 14 . In meines Vaters Hause sind viel Wohnungen / wenns
nicht so wehre / so wolte ich zu euch sagen / ich gehe hin / euch die Stette
zubereiten / vnd ob ich hingienge euch die Stette zu breiten / wil ich doch
wieder kommen / vnd euch zu mir nemen / auff das jhr seyd / wo ich bin : Johan.
17. Vater ich wil / daß wo ich bin / auch die sind / die du mir hast / daß sie
meine Herrligkeit sehen / Röm . 5. Durch Christum haben wir einen Zugang im
Glauben : Ephes. 2 . Durch jhn haben wir den Zugang alle beyde in einem Geiste zum
Vater : Vnd 3. Cap . Durch welchen wir haben Frewdigkeit vnd Zugang in aller
Zuversicht durch den Glauben an jhn . Daher an diesem Tage bey der Creutzigung
Christi der Fürhang fürm Allerheyligsten von oben an biß vnten aus / solches
zubedeuten vnd anzuzeigen / zurissen ist . Der Durchbrecher ist hindurch
gebrochen / vnd für vns herauff gefahren / vnd wir werden auch durch brechen /
Michae. 2. Derwegen ob wir wol allhie / so lang wir im Leibe wallen / arme
Pilgrim vnd Gäste seyn / so sein wir doch droben im Himmel /
in dem Allerheyligsten Bürger / vnd vnser Wandel ist im Himmel Phil. 3. Vnd sein
nu nicht mehr Gäste vnd Frembdlinge / sondern Bürger mit den Heyligen vnnd
GOttes haußgenossen Ephes. 2. dessen wir vns von Hertzen zuerfrewen haben .
Zum Vierdten ist ein grosser Vnterscheidt vnnd Vngleichheit der zeit halben : Die
Priester deß Alten Testaments sein allezeit in den Tempel gangen / den Gottes
dienst zuverrichten / aber nur einmal deß Jahrs ist der Hohepriester in das
Allerheyligste gegangen / das hat er alle Jahr wiederholen vnd in acht nemen
müssen : Davon in verlesenem Text die Wort also lauten : Da nu solches alles
zugericht war / giengen die Priester allezeit in die fördersten Hütten / vnd
richteten aus den GOttes Dienst . In die ander aber gieng nur einmal im Jahr
alleine der Hohepriester nicht ohn Blut / daß er opfferte für seine selbst vnd
deß Volcks Vnwissenheit . Damit der heylige Geist deutet / daß noch nicht
offenbart were der Weg zur Heyligkeit / so lang die erste Hütte stünde / welche
muste zur selbigen zeit ein Fürbilde seyn / in welcher Gaben vnd Opffer
geopffert würden / vnd könten nicht vollkommen machen nach dem Gewissen / denn
der da GOttes Dienst thut / alleine mit Speiß vnd Tranck / vnd mancherley Tauffe
vnd eusserlicher Heyligkeit / die biß auff die zeit der besserung sind
auffgelegt . Christus aber der Hohepriester deß newen Testaments hat nicht alle
Jahr mit seinem Blut dürffen eingehen / sondern wie hie bezeuget wird / er ist
durch sein
eigen Blut einmal in das Heylige eingegangen : An
dem ists gnug gewesen / wie auch im nach folgenden 10. Cap. geschrieben stehet :
Ein jglicher Priester ist eingesetzt / daß er alle Tage GOttes Dienst pflege /
vnd offtmals einerley Opffer thut / welche nimmermehr könten die Sünde abnemen :
Dieser aber da er hat ein Opffer für die Sünde geopffert / daß ewiglich gilt /
sitzet er nu zur Rechten GOttes / vnd wartet hinfort / biß das seine Feinde zum
Schemel seiner Füsse gelegt werden . Deñ mit einem Opffer hat er in
Ewigkeit vollendet die geheyliget werden . Ist derwegen ein schrecklich Grewel im
Pabstumb / daß sie in allen jhren Messen Christum vermeinen abermahl zu opffern
/ welches sie sacrificium incruentum ein Opffer ohn Blut nennen / weil das
blutige Opffer am Creutz geschehen . Davon GOttes Wort gantz nichts weiß / vnnd
ist dasselbige dem Opffer / das Christus einmahl verrichtet verkleinerlich / als
wenn dasselbe nicht gnugsam vollkommen wehre . Wer von solchem Grewel mehr zu
wissen begehret / der kans bey andern / die davon weitleufftig geschrieben /
lesen . Wir sollen dafür trewlich gewarnet seyn / vnd vns an das eine Opffer /
damit er in Ewigkeit vollendet hat die geheyliget werden / mit wahrem Glauben
halten / vnnd vns daran lassen gnügen / so werden wir nicht zu kurtz kommen .
Zum Fünfften ist ein grosser vnterscheidt deß Hohenpriesterlichen Schmucks
halben . Wenn die Aaronische Priester jhre Opffer verrichtetẽ / so hatten
sie einen
sonderlichen Priestertichen Schmuck an / davon
Exod. 28. zulesen / Du solt Aaron heylige Kleyder machen / die herrlich vnd
schön seyn / etc. den Leib Rock sollen sie machen von Gold / geler Seyden /
Scharlaken / Rosinrot / vnd gezwirneter weisser Seyden / etc . Item / das
Stirnblat von feinem Golde / vnd außgegraben / wie man die Siegel außgräbt / die
Heyligkeit deß HErrn / vnd solts hefften an eine Schnur / fornen an den Huet /
auff der Stirn Aaron / daß also Aaron trage die Missethat deß Heyligen / daß die
Kinder Israel heyligen in allen Gaben jhrer Heyligung / vnd es sol allwege an
seiner Stirn seyn / daß er sie versüne dem HErrn / etc . Christus der
Hohepriester deß newen Testaments hat zwar solchen eusserlichen herrlichen
Schmuck vnd Kleider nicht an gehabt / da er als heute am Stillen Freytage sein
Opffer verrichtet / denn da ist jhm sein Rock außgezogen / ein Purpurmantel
vmbgehengt / vnd wieder sein Rock angelegt worden / vmb welchen die
Kriegsknechte beym Creutz das Loß geworffen / vnd er also nackt vnnd bloß hat
hangen müssen : Aber für GOtt vnd allen heyligen Engeln hat er den rechten
Hohenpriesterlichen Schmuck angetragen / Vnschuld vnd Gerechtigkeit / vnd ein
Rosinfarb Kleyd / denn sein thewr Blut jhm vbern gantzen Leib geflossen : In dem
Kleyde hat jhn Esaias lang zuvor im Geist gesehen / 63 Cap. Wer ist der / so von
Edom kom̃et / mit rötlichen Kleydern von Batzra ? der so geschmücket ist
in seinen Kleydern / vnd einher tritt in seiner
grossen
Krafft ? Ich bins / der Gerechtigkeit lehret / vnd ein Meister bin zuhelffen .
Warumb ist denn dein Gewand so rotfarb / vnd dein Kleyd wie eines Keltertretter ?
Ich trete die Kelter allein / vnnd ist niemand vnter den Völckern mit mir . Ich
hab sie gekeltert in meinem Zorn / vnd zutreten in meinem Grim̃ / daher
ist jhr Vermügen auff meine Kleyder gesprützt / vnd ich habe all mein Gewand
besuddelt / etc . Damit hat Christus vns / die wir durch den Sündenfall das
Ehrenkleyd verlohren / ein statlich Priesterlich Kleyd erworben / Vnschuld /
Gerechtigkeit vnd Heyligkeit / welches Priesterlichen Kleydes sich Esaias von
Hertzen erfrewet 61. Cap . Ich frewe mich im HErrn / vnd meine Seele ist frölich
in meinem GOtt / denn er hat mich angezogen mit Kleydern deß Heyls / vnd mit dem
Rock der Gerechtigkeit gekleydet . wie einen Breutigam mit Priesterlichen Schmuck
gezieret / vnd wie eine Braut in jhrem Geschmeide berdet .
Wie auch der Hohepriester auff seinem Haupt ein Stirnblad getragen / auff welchem
gegraben gewesen die Heyligkeit deß HErrn / das ist der heylige Nahme GOttes
Jehovah : So ist auch Christo dem Hohenpriester an stat deß Stirnblads zu seinen
Häupten gehefftet worden / in dreyen vnterschiedenen Sprachen die Vberschrifft /
JEsus von Nazareth der Juden König / das ist sein rechter heyliger Nahme / vnd
obwol Pilatus den Juden damit einen heimlichen Verdrieß vnd Schande anthun
wollen / welches sie wol gemerckt / darumb sie
darwieder
gewesen vnd gesagt / schreib nicht der Juden König / sondern daß er gesagt hat /
er sey der Juden König / so hat doch GOtt viel weiter mit diesem in dreyen
Sprachen geschriebenen Stirnblad vnd Titel gesehen / den er wolte damit
zuverstehen geben / es würde der Todt seines Sohns berühmbt vnd außgebreitet in
aller Welt / vnd allen Völckern dieser gecreutzigter JEsus / der vorlengst den
Juden verheissen / verkündiget werden . An stat deß Stirnblats hat auch Christus
getragen die Dörnen Krone / vnnd vns damit die Kron deß Lebens Apoc . 2. Die Kron
der Ehren / 1. Pet. 5. Die Kron der Gerechtigkeit / 2. Tim. 4. erworben . Am
Himmelfahrts Tage aber / da er eingangen in das Allerheyligste / nicht mit
Händen gemacht / das ist in den Himmel / da hat er den rechtschaffenen
Hohenpriesterlichen Schmuck recht angelegt / welchen er gezeiget / als er auffm
Berge Thabor verkleret ward / Matth : 17 . Da sein Angesicht leuchtet wie die
Sonne / vnd seine Kleider worden weiß als ein Liecht . Vnd so wirds mit vns auch
werden im aller heiligsten am Jüngsten Tage / Apoc : 7. Eine grosse Schar stund
für dem Stul / vnnd für dem Lamb / angethan mit weissem Kleide etc . Vnd der
eltesten einer sprach : Diese sinds / die kommen sind aus grossem Trübsal / vnd
haben jhre Kleider gewaschen / vnd haben jhre Kleider helle gemacht im Blut des
Lambs / darvmb sind sie für dem Stul GOttes / vnnd dienen jhm Tag vnd Nacht in
seinem Tempel etc . Derwegen wir auff das
Hohenpriesterliche
Kleid / oder Schmuck vnsers Hohenpriesters Christi mit fleiß haben acht
zugeben .
Zum Sechsten ist ein grosser Vnterscheidt vnd Vngleichheit der Wunderwerck halben
/ die sich bey beyden Hohenpriestern zugetragen : Im dritten Buch Mose am 9. Cap.
lesen wir / da Aaron der erste Hohepriester das erste Opffer in der
Stifftshütten verrichtet / daß ein groß Wunderwerck dabey geschehen sey / denn
die Herrligkeit GOttes deß HErrn ist erschienen / vnnd Fewer vom Himmel herab
gefallen / vnd hat das Brandopffer auffm Altar angezündet vnd verzehret / damit
GOTT zu verstehen gegeben / es were jhm dasselbige ein angenehm Liebopffer /
deßwegen auch alles Volck / so solches gesehen / von Hertzen gefrolocket / vnd
auffs Antlitz gefallen . Vielmehr hat sich bey Christi deß newen Testaments
Hohenpriesters Auffopfferung die Herrligkeit deß HErrn sehen lassen / vnd sein
vielmehr Zeichen vnd Wunder geschehen : Die Sonne hat jhren Schein verlohren /
vnnd ist eine grosse vbernatürliche Finsterniß wordẽ / deß Tempels
Vorhang ist zurissen / von obẽ an biß vnten auß / die Gräber haben sich
auff gethan / die Felsen sind zusprungen / vnd die Erde hat gebebet / vnd hat
Gott der HErr mit solcher seiner Herrligkeit oben am Himmel vnd vnten auff Erden
wollen zu verstehen geben / daß Christi seines liebens Sohns deß rechten
Hohenpriesters Opffer jhm ein sehr lieb / süß vnd angenehm Opffer were /
zugeschweigen anderer Dinge / die dadurch sind
bedeutet
worden / davon sonsten in der Historia deß Leydens Christi gehandelt wird .
Derwegen so viel Wunderwerck geschehen seyn / so viel Zeugen haben wir / daß diß
das rechte Sünopffer sey / dadurch GOtt zu frieden gestelt worden . Darumb sollen
wir auch von Hertzen drüber frolocken / vnd mit vnserm Antlitz auff die Erden
fallen / vnnd GOTT dafür mit Mund vnnd Hertzen dancken .
Zum Siebenden vnd letzten ist ein grosser Vnterscheidt vnnd Vngleichheit der
Erlösung halben : Die Hohepriester deß Alten Testaments haben ein Jährliche
Erlösung mit jhrem Eingang in das Allerheyligste gesucht : Christus aber hat eine
ewige Erlösung mit seinem Opffer vnd Eingang gefunden vnnd erworben / wie in
verlesenem Text stehet / Er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heylige
eingegangen / vnd hat eine ewige Erlösung erfunden . Nu ists eine statliche
Erlösung gewesen / da die Kinder Israel aus Egyptenland von der Tyranney
Pharaonis durch eine starcke gewaltige Hand sind erlöset worden / wie auch die
Erlösung aus dem Babylonischen Gefängniß / davon im 114. Pfalm stehet / das daß
Meer geflohen / der Jordan sich zurück gewand / die Berge wie die Lämmer
gehüpffet / vnd die Hügel wie jungen Schaffe / etc . Vnnd im 126. Psalm / Wenn
der HErr die Gefangenen Zion erlösen wird / so werden wir sein wie die
Trewmende : Denn wird vnser Mund voll lachens / vnd vnser Zungen voll rühmens
seyn / etc . Aber
diese Erlösung durch vnsern Hohenpriester
Christum geschehen / gehet weit vor / denn jene ist eine Erlösung gewesen von
Leiblichen Feinden / diese ist eine Erlösung von Geistlichen Feinden / von Sünd
/ Todt / Teuffel / Hell vnd Verdamniß : Jene Erlösung ist zeitlich gewesen / vnd
hat nicht jmmer gewehret / diese aber ist ewig / vnnd hat kein Ende . Von dieser
Erlösung finden wir viel in GOttes Wort : Esai. 61. Cap . Der HErr hat mich
gesandt / zu predigen den Gefangenen eine Erledigung / den Gebundenen eine
Eröffnung : Vnd 63 . Ich habe einen Tag der Rache mir fürgenommen / daß Jahr die
Meinen zu erlösen ist kommen . Matth. 20. spricht Christus / Deß Menschen Sohn
ist nicht kommen / daß er jhm dienen lasse / sondern daß er diene / vnnd gebe
sein Leben zu einer Erlösung für viele : Luc. 1. sagt der alte Zacharias durch
eingeben deß heyligen Geistes : Gelobet sey der HERR der GOTT Israel / denn er
hat besucht vnd erlöset sein Volck : Paulus schreibt 1. Tim. 2. Christus habe
sich selbst gegeben für alle zur Erlösung : Vnd Petrus 1. Cap. 1. Wisset / daß
jhr nicht mit vergenglichem Silber oder Gold erlöset seyd von ewrem eiteln
Wandel / nach Väterlicher weise / sondern mit dem thewren Blut Christi / als
eines vnschüldigen vnbefleckten Lammes . Für diese Erlösung sollen wir vnserm
Hohenpriester vnd seinem Him̃lischen Vater danckbar seyn / wie Paulus
Col. 1. vermahnet / danck saget dẽ Vater / der vns tüchtig gemacht hat
zu dem
Erbtheil der Heyligen im Liecht / vnd hat vns
versetzt in das Reich seines lieben Sohns / an welchem wir haben die Erlösung
durch sein Blut / nemlich die vergebung der Sünde : Sollen jhm auch als sein
erlöstes Eigenthumb im gantzen Leben dafür dienen / Luc. 1. daß wir erlöset aus
der Hand vnser Feinde / jhm dieneten ohn Furcht vnser Lebenlang / in Heyligkeit
vnd Gerechtigkeit / die jhm gefellig ist . Tit. 2. Christus hat sich selbst für
vns gegeben / auff daß er vns erlösete von aller Vngerechtigkeit / vnnd reiniget
jhm selbst ein Volck zum Eigenthumb / das fleissig were zu guten Wercken .
Dienet derwegen vns diß alles darzu / daß wir Christum für den rechten
Hohenpriester erkennen vnnd halten : Mit denen im Alten Testament ists eytel
Schatten vnd Fürbild gewesen : Sie haben das Volck zwar gelehret / aber
mehrentheils das Gesetz getrieben / Christus aber hat das heylige Evangelium aus
dem Schoß seines Vaters herfür gebracht / Johan. 1. Sie haben den Segen vbers
Volck gesprochen / Christus aber hat denselben erworben / sie haben für das
Volck gebetet / Christus hat nicht allein vorher / sondern auch als heute am
Stillen Freytage / am Tage seines Fleisches / Hebre . 5. Gebet vnd Flehen mit
starckem Geschrey vnd Thränen gethan / vnd ist erhöret worden : Sie haben Vieh
geopffert / Christus aber hat sich selbst auffgeopffert zur versühnung für aller
Welt Sünde : Dieweil wir den einen grössern Hohenpriester haben / Jesum den
Sohn GOttes / der gen Himmel gefahren ist / so lasset vns
halten an dem Bekentniß . Denn wir haben nicht einen Hohenpriester / der nicht
kunte Mitleyden haben mit vnser Schwachheit / sondern der versucht ist
allenthalben / gleich wie wir / doch ohn Sünde . Darumb lasset vns herzutreten
mit freydigkeit zu dem Gnadenstuel / auff daß wir Barmhertzigkeit empfahen / vnd
Gnaden finden auff der zeit / wenn vns Hülffe noht sein wird : Heb. 5 . So viel
vom Ersten .
Vom Andern .
FVrs Ander / wird die Krafft vnnd Wirckung deß Opffers vnd Bluts Christi mit dem
Viehischen Opffer vnd Blut verglichen / vnd gegen einander gesetzt in diesen
Worten : So der Ochsen vnd der Böcke Blut / vnd die Aschen von der rötlichen Kuh
gesprenget / heyliget die Vnreinen zu der Leiblichen Reinigkeit / wie viel mehr
wird das Blut Christi / der sich selbst ohn allen Wandel durch den heyligen
Geist GOtt geopffert hat / vnser Gewissen reinigen von den Todten Wercken / zu
dienen dem lebendigen GOtt ? Hiemit wird zurück gesehen / ins Alte Testament auff
der Ochsen vnd Böcke Blut / vnnd sonderlich ins 19. Cap. deß vierten Buchs Mosis
/ da hat GOtt befohlen eine rötliche Kuhe ohn Wandel zuschlachten / vnnd der
Hohepriester hat jhres Bluts müssen nemen / vnd stracks gegen der Hütten deß
Stiffts sprengen : Das vbrige von der Kuhe hat müssen zu
Achschen verbrand werden / vnd auff die Asche ist gethan worden fliessend Wasser
in ein Gefeß / vnnd ein reiner Mann hat Isopen müssen nemen / vnd ins Wasser
tuncken / vnd die Hütten besprengen / vnd alle Gerete / vnd alle Seelen die
drinnen gewesen seyn / auch sonsten der einen Todten angerühret / vnnd sich
verunreiniget / der ist damit besprenget / vnd wieder rein worden . Solche
Reinigung ist / wie hie bekandt wird / eine eusserliche Leibliche Reinigung
gewesen / vnd wird daraus vom geringern zum grössern geschlossen / so der Ochsen
vnd der Böcke Blut / vnd die Aschen von der Kuhe gesprenget / heyliget die
Vnreinen zur Leiblichen Reinigkeit / wie viel mehr wird das Blut Christi
reinigen / nicht zur Leiblichen Reinigkeit vnsern Leib / sondern Geistlich vnser
Gewissen / nicht von eusserlichen Vnflat / sondern von den Todten Wercken / von
den Sünden vnd Missethaten / damit das Gewissen beschwerer / vnd man zeitlichen
vnd ewigen Todt vnd Verdamniß verdienet / denn Christi Blut ist Blut deß Sohns
GOttes 1. Johan. 1. Vnd GOtt hat seine Gemeine durch sein eigen Blut erworben /
Actor. 20 . Es ist desselben sein Blut / der ohne Wandel vnd Sünde ist / ja der
sich selbst durch den heyligen Geist GOtt seinem Him̃lischen Vater zum
lieblichen vnnd süssen Geruch geopffert hat . Derwegen kan das Blut Christi
solche Krafft vnd Wirckung haben / die Gewissen zu reinigen / nicht aber zu dem
ende / daß
man hinfort das Gewissen weiter beschweren / vnnd
in Sünden fortfahrensol / sondern zu dienen dem leben digen GOtt nach seinem
Willen vnd Wolgefallen
Hie lernen wir nu / was wir für Nutzen haben von Christi Blut / Opffer vnd Todt /
nemblich die Reinigung deß Gewissens . Müssen derwegen etwas weiter vom Gewissen
reden / denn niemand kan erkennen / was es für eine vberaus herrliche vnnd
grosse Wolthat sey durch Christi Blut vom bösen Gewissen gereiniget vnd erlöset
werden / als der da weiß / was am bösen vnd vnreinen Gewissen zuthun . Das aber
ein Gewissen sey / ist vnnötig / weitleufftig zubeweisen / denn GOttes Wort
bezeugt es / die Heyden habens auch niemals können in abreden seyn / vnd die
Erfahrung hat es von anbegin der Welt nach dem Sündenfall alßbald biß auff den
heutigen Tag gegeben . Vnd wird nu das Gewissen verunreiniget oder böß gemacht /
durch die Todten Wercke / das ist durch die böse Wercke vnnd Sünden wieder das
Gewissen begangen / damit der Todt vnd Verdamniß verdienet wird : Davon Sap. 17.
geschrieben stehet / daß einer so verzaget ist / daß macht seine eigen Boßheit /
die jhn vberzeugt vnd verdampt / vnd ein erschrocken Gewissen versiehet sich
jmmerdar deß ärgesten : In Exempeln kan mans am besten sehen / vnsere erste
Eltern begingen ein Todtenwerck / in dem sie von GOtt vnd seinem Wort abfielen /
vnnd dem Teuffel gehorchten vnnd folgeten / dadurch bekamen sie ein böß Gewissen
/ Gen. 3.
Cain jhr Sohn begieng auch ein Todtenwerck / vnd
ermordet seinen Bruder Abel / dadurch wart sein Gewissen böß vnd verunreiniget :
David treib Ehebruch mit Bathseba / vnd jhren Mann Vriam ließ er vnschüldig
vmbbringen / daß machte jhm ein rechtschaffen böß Gewissen : Antiochus hatte viel
vnschüldiges Bluts vergossen / vnd sich an Geistlichen Gütern vergriffen /
darvber ward sein Gewissen böß vnd beschweret / etc . Man fühlet aber das böse
Gewissen nicht allezeit fluchs im anfang / sondern es schlefft vnd ruhet gleich
offt eine zeitlang / wie GOtt andeutet Gen. 4. Bistu nicht from / so ruhet die
Sünde für der Thür : Lutherus setzt am Rande / Ebreisch lautet Thür so viel / als
das offen stehet / oder auffgethan wird / Marc. 7. Hephetah , thu dich auff etc .
Vnd ist die Meinung / die Sündeliegt vnd ruhet wie ein Ochslein liegt
vñruhet / aber sie liegt in der Thür / dz ist sie wird offen
stehẽ oder offenbar werden / ob gleich der Sünder eine zeitlang dahin
gehet / als sey die Sünde todt oder schlaffe : Vnd sitzen da Teuffel vnd Welt bey
der Wiegẽ / darin das Gewissen also schlefft vnd ruhet / vnd singen
lieblich / daß es in dem Schlaff müge desto lenger bleiben / vnd jmmer fort vnd
fort fahren / vnd Sünden mit Sünden heuffen : Gleich wie ein Vogelfänger den
Vogeln süß vorpfeifft / wenn er sie gedenckt zufangen . GOtt aber hat sonderliche
Mittel / daß Gewissen auffzuwecken / damit jhm gerahten vnnd geholffen werde :
Ein Mittel das Gewissen auffzuwecken ist die Predigt
deß
Gesetzes : Dadurch ist Cains Gewissen auffgewecket worden / Gen. 4. Was hastu
gethan / sprach GOtt : Die Stimme deines Bruders Blut schreyet zu mir von der
Erden : Vnnd nu verflucht seystu auff der Erden / die jhr Maul hat auffgethan /
vnd deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen : So ist Davids Gewissen
auffgewecket / durch die Predigt Nathans seines Seelsorgers / 2. Sam. 12. Warumb
hastu das Wort deß HErrn verachtet / daß du solches Vbel für seinen Augen
thetest ? Vriam den Hethiter hastu erschlagen mit dem Schwert / sein Weib hastu
dir zum Weibe genommen / jhn aber hastu erwürget mit dem Schwert der Kinder
Ammon . Nu so sol von deinem Hause das Schwert nicht lassen ewiglich / etc .
Gleichfals ist deß heyligen Apostels Petri Zuhörern jhr Gewissen erwecket durch
seine Predigt am ersten Pfingst-Tage deß newen Testaments gethan / es ist jhnen
durchs Hertz gangen / vnd haben gesprochen zu Petro vnnd zu den andern Aposteln
/ jhr Männer lieben Brüder was sollen wir thun . Vnnd noch heutiges Tages fühlet
es mancher in der Predigt / daß jhm das Hertz vnnd Gewissen geregt / vnnd seines
Seelsorgers Wort Spiesse vnd Nägel seyn / Im Prediger Salom . 12. Cap. darvber
etliche mit jhrem Schaden vnd Verdamniß zürnen / eetliche aber mit jhrem besten
vnnd Seligkeit sichs eine Warnung lassen seyn / Buß thun / vnnd sich bekehren .
Ein Mittel das Gewissen auffzuwecken / ist auch aller-
ley
Creutz vnd Vnglück / in Klagliedern Jerem : 1. Cap . Meine schwere Sünde sind
durch seine sttraffe erwacht : Das hat sich ereuget bey Jacobs Söhnen / Gen. 42.
da sie in Egypten in Creutz vnd Wiederstand gerahten / reget sich das Gewissen /
vnd wacht von der Schlaffsucht auff : So ists auch ergangen mit Manasse / da er
in Creutz vnd Gefängniß gerahten / vnd mit dem verlohrnen Sohn / da er hat
angefangen zu darben vnnd hungern Luc. 15 . vnd man befindet es bey sich / wenn
einem ein Creutz begegnet vnnd wiederfähret / so felts einem fluchs auffs Hertz
vnd Gewissen / was man zuvor Böses gethan / vnd gedenckt man / daß hastu da vnd
damit verschuldet . Ein Mittel das Gewissen auffzuwecken / sind auch wol
sonderliche Wunder vnnd Zeichen GOttes / vnvernünfftige Thiere vnd dergleichen :
Danielis 5. cap. sind Finger herfür gangẽ / alß einer Menschẽ
Hand / vnd haben dem Belsazer seine Straff an die Wand geschrieben dar vber jhm
das Gewissen erwacht . Matth. 26. krehet ein Hane / dadurch wird Petro das
Gewissen auff gewecket / vnd gedenckt an seinen schweren Fall . Von Dietrich von
Bern schreibt man / nach dem er Symmachum vnnd Böetium vnverschulder Sache
hinrichten lassen / daß durch einen grossen Fischkopff / der jhm auff den Tisch
getragen worden / daß Gewissen sey auffgewacht / vnd habe sich eingebildet / es
were deß Symmachi Kopff / vnd ist drüber kranck worden / vnd gestorben . Vom
Besso lieset man / daß jhm durch der Schwalben Geschrey oder Stimme das Gewissen
vnruhigsey
worden / vnnd habe er sich verlauten lassen / sie
würffen jhm seines Vaetrs Todt für . Beym Habacuc . 2. Cap. das Steine vnd Holtz
den Babyloniern jhr Gewissen sollen rege machen / vnnd von jhrer Boßheit zeugen
/ die Steine in den Mawren werden schreyen / vnd die Balcken im Gesperr werden
jhnen antworten : Wie der wunderlichen Fälle sich offt zutragen / dadurch den
Leuten das Gewissen auffgewecket wird / dar auff man wol sein Lebenlang nicht
gedacht / vnd sich ehe Himmelfalls vermutet hette . Ein Mittel das Gewissen
auffzuwecken ist auch wol Todtes Noht vnd Angst / da man jtz von hinnen scheiden
sol / vnnd einem das schwartze Register von allerhand Blutschulden fürkompt /
wie Lutherus daß vom reichen Mann Luc. 16. dahin verstehet / daß jhm in Todtes
Nöhten sein Gewissen auffgewacht / vnnd die Gedancken sich vnter einander
verklagt / vnnd sein Gewissen vnd Hertz jhm ein solch schrecklich Vrthel
gesprochen . Vnd das ereuget sich manchmahls bey den Sterbenden / denn wenn sie
da in GOttes Gewalt liegen / vnnd für Gericht sollen / das Gewissen von wegen
jhrer vorher begangenen Sünde auffwachet
Wenn nu das Gewissen durch dieser Mittel eines oder mehr auffgewecket / da ists
den ein schrecklich Ding vmb ein böß auffgewachtes Gewissen : In GOttes Wort
wirds angedeutet : Deut. 28 . Der HErr wird dir ein bebendes Hertz geben / daß das
Hertz jmmer schlegt / zittert vnd klopfft / vnd verschmachte Augen / daß
einem die Augen im Kopff werden liegen / als esse man nicht
halb sat / vnd verschmachtete / vnd verdorrete Seele / die gar vertrocknet ist /
da kein Tröpfflein Trostes noch Frewden fürhanden / daß dein Leben wird für dir
schweben Nacht vnd Tag wirstu dich fürchten / vnd deines Lebens nicht stcher
seyn / deß Morgens wirstu sagen / ach daß ich den Abend erleben möchte / deß
Abends wirstu sagen / ach daß ich den Morgen erleben möchte / für Furcht deines
Hertzen / die dich schrecken wird / etc. Esa. 66. wird das bose Gewissen ein
ewiger vnsterblicher nagender Wurm genant . Man schreibt von einem Volck /
welches im AEthiopia bey einer Wildniß wohnen / vnnd sich von Hewschrecken
nehren sol / daß jhnen / wenn das alter herankompt / viel seltzame geflügelte
Leuse / erschrecklich anzusehen / im Leibe wachsen sollen / die erstlich den
Bauch fressen / darnach das Hertz / vnnd ferner hölern sie den gantzen Leib aus
/ biß sie erbärmlicher weyse sterben . Das ist ist ein schrecklichs : Aber mit dem
Gewissen ists viel schrecklicher / denn jene sterben zuletzt / vnd fühlen der
Würme nagen nicht mehr / aber die Gottlosen mögen leben oder sterben / so
frisset vnnd naget doch der Wurm deß Gewissens jmmer fort vnd fort / vnd höret
nimmer vnd in Ewigkeit auff. 1. Johan 3. wird das böse Gewissen genant cor
condemnans , ein Hertz daß sich selbst verdambt / daß dem Menschen zeitlichen
vnnd ewigen Todt zuspricht vnd zuerkennet / wie dann viele vom bösen Gewissen
getrieben sich manchmals selbst angeben / vnd bit-
ten jhnen
jhr Recht zuthun / halten sich auch für Hellebrände / vnd schreyen vber sich das
ach vnd wehe / sie können nicht selig werden . Man neme für sich den Cain mit
seinem auffgewachten Gewissen / da siehet man / was am Gewissen zu thun / Gen.
4. Cain sprach zu dem HErrn / meine Sünde ist grösser / dann daß sie mir
vergeben werden müge / siehe / du treibest mich heute aus dem Lande / vnd muß
mich für deinem Angesicht verbergen / vnd muß vnstet vnd flüchtig seyn auff
Erden : So wird mirs gehen / daß mich todtschlägt / wer mich findet / etc . Also
gieng Cain von dem Angesichte deß HErrn . Fromme Hertzen dencken diesem weiter
nach . Man neme für sich mit seinem auffgewachten Gewissen den Antiochum den
Reuber der Geistlichen Güter / vnnd lese das 6. Cap. im 1. Buch der Maccabeer /
da weiset sich auch aus / wie es mit bösen Gewissen bewand . Man neme für sich
Judam den Dieb vnd Verrähter / der leufft von einem Ort zum andern / vnd kan
keine Ruhe finden / wirfft das Gelt von sich / schreyet / er habe vbel gethan /
daß er vnschüldig Blut verrahten / vnnd wart jhm die gantze Welt zu enge / vnd
ward sein eigen Hencker . Man neme auch vom bußfertigen vnd frommen das Exempel
Davids für sich : Wie vbel befindet er sich im sechsten Psalmen von wegen seiner
Sünde vnnd auffgewachten bösen Gewissens : Wie winselt vnnd klaget er im 38.
Psalm eben dieser Vrsach halben : Deine Pfeile stecken in mir / vnd deine Hand
drücket mich : Es ist nichts ge-
sundes an meinem Leibe für
deinem drewen / vnd ist kein Fried in meinen Gebeinen für meiner Sünde . Denn
meine Sünde gehen vber mein Heupt / wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer
worden . Meine Wunden stincken vnd eytern für meiner Thorheit . Ich gehe krum vnnd
sehr gebücket / den gantzen Tag gehe ich trawrig . Denn meine Lenden verdorren
gantz / vnd ist nichts gesundes an meinem Leibe . Es ist mit mir gar anders /
vnnd bin sehr zustossen / ich heule für Vnruhe meines Hertzen . Mein Hertz heulet
/ meine Krafft hat mich verlassen / vnd das Liecht meiner Augen ist nicht bey
mir . Die Heyden haben auch etwas aus der erfahrung von deß bösen gewissens Qual
vnd Marter gewust : Daher schreibt der Poet iuvenalis :
Paena autem vehemens , ac multo saevior illis , Quas & seditius gravis invenit ,
& Rhadamantus , Nocte dieque suum gestare in pectore testem :
Tag vnd Nacht seinen Zeugen / das böse Gewissen bey sich tragen / ist eine
schwerere Straff als die Hellischen Richter den verdampten anlegen können . Vnnd
dannenher ist auch kommen bey jhnen das Geticht von den Hellischen Furien / die
sie beschrieben mit brennenden Fackeln in Händen / vnd mit grewlichen Schlangen
in Haren vnd an der Brust vnd Armen / damit sie andeuten wollen / das böse
Gewissen / könne nicht schrecklich gnugsam beschrieben werden .
Solchem bösen vnnd auffgewachten Gewissen ist
nu zum höchsten
nötig Artzney vnd Hülff / daß es geheylet vnd gestillet werde : Vnser erste
Eltern haben gemeinet / sie woltens mit Feygenblettern zudecken / aber sie sind
in jhrer Meynuug betrogen : Viele bilden sich ein / sie wollen das böse Gewissen
vertreiben mit fressen sauffen / Seytenspiel vnd Weltlicher Lust vnd Frewde /
aber Salomo sagt Proverb . 14. Wenn das Hertz ( oder Gewissen ) trawrig ist / so
hilfft kein eusserliche Frewde : Es wird vielmehr dadurch beschweret / Luc. 21.
Hütet euch daß ewer Hertz nicht beschweret werde mit fressen vnnd sauffen / etc .
Judas vnnd andere haben jhnen die Hoffnung gemacht / wenn sie sich vmbbrechten /
so wehre dem Gewissen gerahten vnd geholffen / aber dadurch haben sie jhre
Straffe geheuffet vnd vermehret . Wir aber sollen wissen / daß kein besser vnd
auch kein ander Mittel sey / als daß nach dem das Gewissen verrahten / die Sünde
erkant vnnd bekant / vnd von Hertzen Buß gethan / man sich mit wahrem Glauben
halte an das thewre Blut vnd Verdienst vnsers HErrn JEsu Christi / vnd dasselbe
er greiffe / wie in dem verlesenen Text außdrücklich stehet / so der Ochsen vnd
der Böcke Blut / vnnd die Aschen von der Kuhe gesprenget / heyliget die Vnreinen
zu der leiblichen Reinigkeit / wie viel mehr wird das Blut Christi / der sich
solbst ohn allen Wandel / durch den heyligen Geist GOtt geopssert hat / vnser
Gewissen reintgen von den Todten Wercken : 1. Johan. 1. das Blut JEsu Christi deß
Sohns GOttes macht vns
kein / von aller Sünde . Wo aber
reinigung vnd vergebung der Sünden ist / da ist auch Fried mit GOtt / ein gut
Gewissen / Leben vnnd Seligkeit . Darumb auch Christus alle mit Sünden vnd bösem
Gewissen beladene zu sich rufft : Matth. 11. Kommet her zu mir alle die jhr
müheselig vnd beladen seyt / ich wil euch erquicken / nemet auff euch mein Joch
vnd lernet von mir / denn ich bin sanfftmütig vnd von Hertzen demütig / so
werdet jhr ruhe finden für ewre Seele / etc. Esai. 53. Fürwar er trug vnser
Kranckheit / vnd lud auff sich vnser Schmertzen wier aber hielten jhn für den /
der geplagt / vnd von GOtt geschlagen / vnd gemartert were / aber er ist vmb
vnser Miss that willen verwundet / vnnd vmb vnser Sünde willen zuschlagen / die
Straffe liegt auff jhm / auff daß wir Friede hetten / vnnd durch seine Wunden
sind wir geheylet . Hiedurch ist vnserer ersten Eltern / Davids / Petri vnd
anderer auffgewachtem bösen Gewissen geholffen worden / vnd anders kan vns auch
nicht geholffen werden / denn es ist in keinem andern Heyl / ist auch kein ander
Nahme den Menschen gegeben / darinnnen wir sollen selig werden Act. 4 .
Der wegen sollen wir vns diß ander Stück erstlich darzu zu nutz machen / daß wir
erkennen lernen / die grosse Liebe / Gnad vnnd Wolthat vnsers HErrn JEsu Christi
/ die er vns erzeiget / in dem er gelitten / gestorben / vnnd sein Blut
vergossen : Er hette vns keine grössere Wolthat beweisen können / denn damit hat
er vns die
Reinigung deß bösen Gewissens zu wege gebracht :
Wir hetten vns mit dem bösen Gewissen / mit dem vnsterblichen nagenden Wurm /
mit dem verdammenden Hertzen / Tag vñ Nacht / hier vñ dort in
alle ewige Ewigkeit schlepffen sollen / was das für ein vnaußsprechlich Jammer
vnd Elend wehre gewesen / können wir mit sinnen nicht erreichen / die Verdampten
werdens mit jhrem ewigen Schaden erfahren : Da hat nu Christus mit seinem Blut
das beste gethan / derwegen wir jhm von Hertzen grund dafür dancken sollen / wir
werdens in ewige Ewigkeit nicht gnugsam mit Danck erkennen können : Vnd sol derwe
en nu keiner seiner Sünd halben / sie mögen auch so groß sein als sie jmmer
können / verzweifflen vnnd verzagen / vnnd mit Cain sagen / meine Sünde ist
grössec / denn daß sie mir vergeben werden müge : Nein / sondern sollen antworten
du leug st Teuffel / Hertz vnd Welt / GOttes Gnad vnd Barmhertzigkeit vnd das
thewre Blut JEsu Christi ist viel grösser als aller Welt Sünde / vnd derwegen
sagen / Turbabor , sed non perturbabor , quia vulnerum Christi recordabor , Mein
Sünd mich werden kräncken sehr / mein Gewissen wird mich plagen / deñ
jhr sind viel wie Sand am Meer / doch wil ich nicht verzagen / gedencken wil ich
an dienen todt / Herr Jesu Christ dein Wunden rot / die werden mich erhalten :
Vnd abermahl : Mitten in der Hellen Angst vnser Sünd vns treiben / wo sollen wir
dann fliehen hin / da mir mügen bleiben ? zu dir HErr Christ alleine / vergossen
ist dein thewres Blut / das gnug für die Sünde
thut . Hat
derwegen kein Mensch Vrsach sich seines bö sen Gewissens halben vmb zubringen
oder zu verzagen / GOtt lob vnnd danck / es ist gut Raht darzu / nur Buß gethan
/ vnd seine zuflucht genommeu zu dem Blut vnd Wunden Christi kein besser Mittel
ist zufinden / nullum , sagt jener Kirchenlehrer tam efficax remediũ est
ad conscientiae vulnera sananda , quam sedula vulnerum Christi meditatio , kein
krefftiger Artzeney die Wunden deß Gewissens zuheylen / ist / als fleissige
betrachtung der Wunden Christi : Wie dem Hiskiae ein Pflaster von Feygen gemacht
/ vnd auff seine Drüse gelegt worden / dadurch die Hitze außgezogen / die
Schmertzen gelindert vnd gestillet / vnd er gesund worden / Esai. 38 . Also ein
Pflaster vom Blut vnd Wunden Christi auff die Drüse vnd Wundẽ deß
Gewissens gelegt / vñ mit warem Glauben appliciret , zeucht die Hitze aus
dem Gewissen / lindert vnnd stillet die Schmertzen / vnnd macht einen armen
Sünder an der Seelen gesund . Derwegen gedencke ein jeder in Gewissens Nöhten
hieran / vnd laß es jhm trewlich befohlen seyn .
Darnach sollen wir vns diß ander Stück auch darzu zu nutz machen / daß wir
bedencken / was es für ein schrecklich ding vmb die Sünde vnnd vmb die
Todtenwercke sey / die Weltkinder schlagens in Wind / vnnd der Teuffel hilfft
darzu / Sicherheit / Fluchen / Meineyd / verachtung Göttliches Worts vnd
Sacramenten / Vngehorsam / Haß / Mord / Fressen / Sauffen / Vnzucht /
Hoffart / Vngerechtigkeit / Verleumbdung vnd dergleichen
Todtenwercke achten sie gering / vnnd machen sich kein Gedancken drüber / aber
zuletzt findet sich dann das böse Gewissen / vnnd wenn keine Straffe mehr wehre
/ kein Zorn GOttes / kein Helle / kein Teuffel / so wehre doch ein böß Gewissen
Straffe gnug / eine vnerträgliche Straffe / derwegen man jmmer an das Ende / ans
böse Gewissen gedencken / vnd sich von den Todtenwercken abschrecken sol lassen
/ Syrach 7. Was du thust / so bedencke das Ende / so wirstu nimmermehr vbels
thun : 21. Cap. Mein Kind / hastu gesündiget / so höre auff / vnnd bitte / daß
dir die vorigen auch vergeben werden / fleuch für der Sünde wie für einer
Schlange / denn so du jhr zu nahe kommest / so sticht sie dich / jhre Zäne sind
wie Lewen Zäne / vnd tödten den Menschen : Ein jgliche Sünde ist wie ein scharff
Schwert / vnd verwundet das niemand heylen kan . Dagegen aber sollen wir dienen
dem lebendigen GOtt / wie in vnserm Text stehet / das Christi Blut vnser
Gewissen reinige von den Todtenwercken / zu dienen dem lebendigen GOtt : Darzu
sind wir von Christo durch sein Blut vnd Todt erlöset / wie der alte Zacharias
auch bekennet Luc. 1. daß wir erlöset aus der Hand vnser Feinde / jhm dienen ohn
Furcht vnser lebenlang / in Heyligkeit vnd Gerechtigkeit / die jhm gefellig ist :
Vnd sollen vns eines guten Gewissens befleissigen / 1. Tim. 1. Vbe eine gute
Ritterschafft / behalt den Glauben / vnd gut Gewissen : 1. Pet. 3. Habt ein gut
Gewissen / denn wol dem / der kein böß Gewissen hat /
vnd seine Zuversicht jhm nicht enfallen ist / sagt Syrach 14. Cap. ein guter
Muth / oder gut Gewissen / ist ein täglich Wolleben / Proverb . 15. Wenn einer
schon täglich zuessen hette gesotten vnd gebraten / vnnd zutrincken Wein vnd
Bier / vnd hette kein gut Gewissen / was wehre jhm damit gedienet ? er könte
nimmer keinen guten Tag haben / wie Salomo an jtz gedachtem Ort bekennet / aber
wenn man nur Saltz vnd Brod hat / vnd hat ein gut Gewissen / so kan man täglich
dabey wol leben . Eines solchen guten Gewissens hat sich beflissen der heylige
Apostel Paulus Act. 24 . Ich vbe mich zuhaben ein vnverletzt Gewissen
allenthalben / beyde gegen GOtt vnd den Menschen / vnd 2. Cor. 1. Vnser Ruhm ist
der / nemblich das Zeugniß vnsers Gewissens / daß wir in Einfeltigkeit vnd
Göttlicher Lauterkeit / nicht in fleischlicher Weißheit / sondern in der Gnade
GOttes auff der Welt gewandelt haben / etc . Das stehet einem Prediger wol an .
Eines solchen guten Gewissens haben sich auch beflissen Moses vnnd Samuel / Num.
16. vnnd 1. Samuel . 12. Das sie mit gutem Gewissen haben können bezeugen / sie
haben nie keinen Esel oder Ochsen oder Geschenck von jhren Vnterthanen
genom̃en / vnd jhnen die Augen blenden lassen / auch niemand Gewalt vnnd
Vnrecht gethan : Das zieret gar herrlich eine Oberkeit . Wolte GOtt / ein jeder
machte es noch heutiges Tages im Oberkeit Stande also / daß er das auch mit
gutem
Gewissen vñ Warheit sagen könte / so würde es
wol ein wenig besser stehen . Eines solchen guten Gewissens hat sich auch
beflissen Hiob / wie er spricht 27 . Cap . Mein Gewissen beisset mich nicht meines
gantzen Lebens halben : So sol ein jeder Christ seine Sachen durch GOttes Hülff
anstellen / daß jhn der Wurm deß Gewissens von wegen der Todtenwercke auch nicht
beisse . Derwegen wer es biß anhero versehen / der endere es hinfort / die weil
er noch zeit hat / vnd die Gnadenthür noch offen stehet . Nun wir dancken dem
HErrn JEsu Christo dem Hohenpriester deß newen Testaments für sein heylig vnd
vollkommen Sünopffer / so er am Stam̃ deß Creutzes für vns verrichtet /
vnd für sein thewres Blut / daß er als heute zur reinigang vnser Gewissen vnnd
zu vnser Seligkeit vergossen / vnnd buten jhn von Hertzen / daß er vns seinen
heyligen Geist schencke / damit wir vnser Sünd vnd Todtenwercke erkennen vnd Buß
thun / vnd mit wahrem Glauben sein Blut vnd Verdienst ergreiffen / damit vnser
böse Gewissen gereiniget werden / vnnd wir hinfort dem lebendigen GOtt dienen /
vnd vns eines guten Gewissens befleissigen / vnd endlich selig werden / Das
gönne vnd gebe vns des getrewe Hohepriester JEsus Christus / vmb seines Bitter
Leyden vnnd Sterbens willen .
AMEN .