Erſter Abſchnitt.
Geſtaltung des iſolirten Staats.
§. 1.
Vorausſetzungen.
Man denke ſich eine ſehr große Stadt in der Mitte ei-
ner fruchtbaren Ebene gelegen, die von keinem ſchiffbaren
Fluſſe oder Kanal durchſtroͤmt wird. Die Ebene ſelbſt beſtehe
aus einem durchaus gleichfoͤrmigen Boden, der uͤberall
der Kultur faͤhig iſt. In großer Entfernung von der
Stadt endige ſich die Ebene in eine unkultivirte Wild-
niß, wodurch dieſer Staat von der uͤbrigen Welt gaͤnz-
lich getrennt wird.
Die Ebene enthalte weiter keine Staͤdte, als die eine
große Stadt, und dieſe muß alſo alle Produkte des Kunſt-
fleißes fuͤr das Land liefern, ſo wie die Stadt einzig von
der ſie umgebenden Landflaͤche mit Lebensmitteln verſorgt
werden kann.
Die Bergwerke und Salinen, welche das Beduͤrfniß
an Metallen und Salz fuͤr den ganzen Staat liefern, den-
ken wir uns in der Naͤhe dieſer Zentralſtadt — die wir,
weil ſie die einzige iſt, kuͤnftig ſchlechthin die Stadt nen-
nen werden — gelegen.
§. 2.
Aufgabe.
Es entſteht nun die Frage: wie wird ſich unter die-
ſen Verhaͤltniſſen der Ackerbau geſtalten, und wie wird
1
die groͤßere oder geringere Entfernung von der Stadt auf
den Landbau einwirken, wenn dieſer mit der hoͤchſten
Konſequenz betrieben wird.
Es iſt im Allgemeinen klar, daß in der Naͤhe der
Stadt ſolche Produkte gebauet werden muͤſſen, die im
Verhaͤltniß zu ihrem Werth ein großes Gewicht haben,
oder einen großen Raum einnehmen, und deren Trans-
portkoſten nach der Stadt ſo bedeutend ſind, daß ſie aus
entfernten Gegenden nicht mehr geliefert werden koͤnnen;
ſo wie auch ſolche Produkte, die dem Verderben leicht
unterworfen ſind und friſch verbraucht werden muͤſſen.
Mit der groͤßern Entfernung von der Stadt wird aber
das Land immer mehr und mehr auf die Erzeugung der-
jenigen Produkte verwieſen, die im Verhaͤltniß zu ihrem
Werth mindere Transportkoſten erfordern.
Aus dieſem Grunde allein, werden ſich um die Stadt
ziemlich ſcharf geſchiedene konzentriſche Kreiſe bilden, in
welchen dieſe oder jene Gewaͤchſe das Haupterzeugniß aus-
machen.
Mit dem Anbau eines andern Gewaͤchſes, als Haupt-
zweck betrachtet, aͤndert ſich aber die ganze Form der
Wirthſchaft, und wir werden in den verſchiedenen Kreiſen
ganz verſchiedene Wirthſchaftsſyſteme erblicken.
§. 3.
Erſter Kreis.
Freie Wirthſchaft.
Die feinern Gartengewaͤchſe, welche theils den Trans-
port auf Wagen aus weiterer Ferne nicht ertragen koͤn-
nen, wie Blumenkohl, Erdbeeren, Salat u. m. a., und
deshalb nach der Stadt getragen werden muͤſſen, theils
nur in kleinen Quantitaͤten und ganz friſch abzuſetzen
ſind, koͤnnen nur in der Naͤhe der Stadt gebauet werden.
Die Gaͤrten werden alſo die naͤchſten Umgebungen
der Stadt einnehmen.
Außer den feinern Gartengewaͤchſen iſt die friſche
Milch eines der nothwendigen Beduͤrfniſſe der Stadt, de-
ren Erzielung in dieſem erſten Kreiſe geſchehen muß:
denn die Milch iſt nicht bloß ſehr ſchwierig und koſtbar
zu transportiren, ſondern ſie wird auch, beſonders bei
großer Hitze, nach wenigen Stunden ungenießbar, und
kann deshalb aus groͤßern Entfernungen nicht zur Stadt
gebracht werden.
Der Preis der Milch muß ſo hoch ſteigen, daß das
Land, was zum Zweck der Milcherzeugung verwandt wird,
durch kein andres Produkt ſo hoch genutzt werden kann.
Da die Ackerpacht in dieſem Kreiſe ſehr hoch iſt, ſo kommt
vermehrte Arbeit hier wenig in Betracht. Von der klein-
ſten Flaͤche die groͤßte Menge Viehfutter zu gewinnen, iſt
hier die Aufgabe. Man wird alſo moͤglichſt vielen Klee
bauen und Stallfuͤtterung treiben: denn es iſt entſchie-
den, daß man bei der Stallfuͤtterung, wo der Klee zur
rechten Zeit gemaͤht werden kann, von derſelben Flaͤche
weit mehr Vieh unterhalten kann, als bei der Beweidung,
wo die jungen Pflanzen durch das Zertreten und Ab-
beißen ſtets in ihrem Wachsthum geſtoͤrt werden. Oder,
wenn man der groͤßern Reinlichkeit wegen die Weide den-
noch vorziehen ſollte, ſo koͤnnen die Weideplaͤtze nur klein
ſeyn, und das Vieh wird doch groͤßtentheils mit abge-
maͤhtem gruͤnen Klee und mit dem Abfall von Kartoffeln,
Kohl, Ruͤben u. ſ. w. unterhalten werden.
Der unterſcheidende Charakter dieſes Kreiſes iſt, daß
hier der Dung aus der Stadt angekauft, und nicht wie
in den entferntern Gegenden, auf den Guͤtern ſelbſt erzeugt
wird.
1*
Dies gibt dieſem Kreiſe das Uebergewicht uͤber die
entferntern, und macht es moͤglich, daß hier Produkte ver-
kauft werden koͤnnen, die die andern Kreiſe zur Erhal-
tung der Fruchtbarkeit des Bodens ſelbſt behalten muͤſſen.
Verkauf von Heu und Stroh iſt hier Hauptzweck.
Da die entferntern Gegenden hierbei nicht in Konkurrenz
treten koͤnnen, ſo muß der Preis dieſer Produkte ſo hoch
ſteigen, daß das Land dadurch am hoͤchſten genutzt wird.
Das Korn iſt hier nur Nebenſache, denn dies kann we-
gen minderer Landrente und geringern Arbeitslohns in den
abgelegenen Kreiſen wohlfeiler gebauet werden. Man wuͤrde
den Kornbau ganz aufgeben, wenn dieſer nicht zur Ge-
winnung des Strohes nothwendig waͤre, und man opfert
durch dickes Saͤen einen Theil der Kornernte auf, um
nur mehr Stroh zu erhalten.
Außer dem Heu und Stroh muß dieſer Kreis die
Stadt noch mit allen den Produkten verſehen, die durch
den Transport aus einer weiten Entfernung zu koſtbar
werden. Dieſe ſind: Kartoffeln, Kohl, Ruͤben, gruͤner
Klee u. m. a.
Die kleinen, nicht verkaͤuflichen Kartoffeln, und der
Abfall von Kohl, Ruͤben u. ſ. w. koͤnnen als Futter fuͤr
die Milchkuͤhe hier ebenfalls am hoͤchſten benutzt werden.
Reine Brache findet in dieſem Diſtrikte aus zwei
verſchiedenen Urſachen nicht ſtatt: erſtens, weil die Land-
rente zu hoch iſt, um einen großen Theil des Feldes un-
benutzt laſſen zu duͤrfen; zweitens, weil durch den unbe-
ſchraͤnkten Ankauf des Dungs die Kraft des Bodens ſo
hoch gehoben werden kann, daß die Gewaͤchſe, auch ohne
die ſorgfaͤltige Bearbeitung des Bodens durch die Brache,
dem Maximum ihres moͤglichen Ertrages nahe kommen.
Man wird die Fruͤchte ſo hintereinander folgen laſ-
ſen, daß jedes Gewaͤchs den Boden in einem fuͤr daſſelbe
guͤnſtigen Zuſtande vorfindet; aber man wird nicht, des
bloßen Wechſels wegen, Fruͤchte bauen, die durch ihr
Preisverhaͤltniß unvortheilhaft fuͤr dieſe Gegend ſind. Hier
findet alſo die ſogenannte freie Wirthſchaft — die in der
Fruchtfolge keiner Vorausbeſtimmung unterworfen iſt —
ihren Platz.
Der Dungankauf aus der Stadt iſt am vortheilhaf-
teſten fuͤr den Theil des Kreiſes, der der Stadt am naͤch-
ſten liegt. Mit jeder Viertelmeile groͤßerer Entfernung
nimmt dieſer Vortheil raſch ab, indem dadurch nicht al-
lein die Anfuhr des Duͤngers, ſondern auch das Verfah-
ren der erbaueten Produkte vertheuert wird. Bei zuneh-
mender Entfernung von der Stadt kommen wir bald in
eine Gegend, wo es ſchon zweifelhaft wird, ob man noch
mit Vortheil Dung aus der Stadt holen kann, und wir
muͤſſen dann bald die Gegend treffen, wo es entſchieden
vortheilhafter iſt, den Dung ſelbſt zu produziren, als ihn
zu kaufen — und hier iſt dann die Graͤnze des erſten,
und der Anfang des zweiten Kreiſes.
§. 4.
Beſtimmung des Getreidepreiſes in den verſchiedenen Gegenden
des iſolirten Staats.
Ehe wir nun zur Betrachtung der Wirthſchaft des
zweiten und der folgenden Kreiſe uͤbergehen koͤnnen, muͤſ-
ſen wir vorher zu beſtimmen ſuchen, wie der Preis des
Getreides ſich mit der Entfernung von der Stadt aͤndert.
Wir haben angenommen:
1) daß die Zentralſtadt der einzige Marktplatz fuͤr
das Getreide ſey;
2) daß in dem ganzen Staat kein ſchiffbarer Kanal
ſey, und alles Getreide zu Wagen nach der Stadt
gebracht werden muͤſſe.
Unter dieſen Umſtaͤnden normirt der Getreidepreis
in der Stadt fuͤr das ganze Land. Auf dem Lande kann
aber der Werth des Korns nicht ſo hoch ſeyn, als der
Marktpreis in der Stadt iſt; denn um dieſen Preis zu
erhalten, muß das Korn erſt nach der Stadt gefahren
werden, und ſo viel, als dieſes koſtet, um ſo viel geringer
iſt der Werth des Korns auf dem Lande, als in der
Stadt.
Um das Verhaͤltniß der Werthsverminderung des Ge-
treides in Zahlen auszuſprechen, iſt es nothwendig, einen
Standpunkt aus der Wirklichkeit zu entnehmen, und die-
ſen in den iſolirten Staat mit hinuͤber zu nehmen.
Auf dem Gute T. (Tellow), welches 5 Meilen von
dem Marktplatz Roſtock entfernt iſt, haben die Transport-
koſten fuͤr eine Fuhre Korn nach dieſer Stadt, im Durch-
ſchnitt von 5 Jahren, betragen: 3 6/10 Roſtocker Scheffel
Rocken und 1 52/100 Thaler N⅔ welches in Berliner Schef-
feln und in Gold, den Ld’or zu 5 Thaler gerechnet,
2 57/100 Berliner Scheffel Rocken und 1 63/100 Thaler Gold
ausmacht Der Roſtocker Scheffel iſt gleich 5/7 Berliner Scheffel; 14 Tha-
ler N⅔ ſind bei dieſer und bei allen folgenden Reduktionen
gleich 15 Thlr. Gold gerechnet. Wenn im Verfolg dieſer Schrift
von Thalern und Scheffeln ohne weitern Beiſatz die Rede iſt, ſo
ſind hierunter immer Thaler Gold und Berliner Scheffel zu
verſtehen..
Die gewoͤhnliche Ladung fuͤr ein Geſpann von 4 Pfer-
den betraͤgt 2400 ℔. Das Futter, was fuͤr die Pferde
auf 2 Tage mitgenommen werden muß, wiegt ungefaͤhr
150 ℔; an Korn kann alſo geladen werden 2400 — 150
= 2250 ℔, welches 37½ Roſtocker oder 26,78 Berliner
Scheffel ausmacht.
Annahme. In der Zentralſtadt des iſolirten Staats
ſey der Mittelpreis des Rockens fuͤr den Berliner
Scheffel 1½ Thlr. Gold, und der Maßſtab fuͤr
die Transportkoſten des Getreides ſey derſelbe,
den wir aus der Wirklichkeit fuͤr das Gut T.
gefunden haben.
Wir fragen nun, wie hoch wird unter dieſen Vor-
ausſetzungen der Werth des Getreides in dem iſolirten
Staat, auf dem 5 Meilen von der Stadt entlegenen
Gute ſeyn?
Fuͤr eine Fuhre von 26,78 Berl. Schfl. Rocken wer-
den in der Stadt eingenommen 26,78 × 1½ = 40,17
Thlr. Gold. Die Transportkoſten betragen 1,63 Thlr. Gold
und 2,57 Schfl. Rocken. Zieht man dieſe ab, ſo bleiben
von der Einnahme 38,54 Thlr. minus 2,57 Schfl. Rocken.
Oder fuͤr 26,78 Schfl. Rocken, die nach der Stadt gefah-
ren ſind, und fuͤr 2,57 Schfl., die der Transport gekoſtet
hat, zuſammen alſo fuͤr 29,35 Schfl. Rocken, betraͤgt die
Geldeinnahme 38,54 Thlr. Dies macht fuͤr 1 Schfl.
1,313 Thlr.
Fuͤr 10 Meilen Entfernung von der Stadt erfordert
die Fuhre hin und zuruͤck 4 Tagereiſen.
An Futter muß alsdann mitgenommen werden 300 ℔.
Die Kornladung betraͤgt alſo 2400 — 300 = 2100 ℔.
Die Transportkoſten betragen 2 × 2,57 = 5,14 Schfl.
Rocken und 2 × 1,63 = 3,26 Thlr.
Durch eine aͤhnliche Rechnung, wie oben, ergibt ſich
dann, daß bei der Entfernung von 10 Meilen der Werth
des Scheffels Rocken auf dem Gute ſelbſt 1,136 Thaler
betraͤgt.
Aus der Anwendung dieſer Berechnung auf groͤßere
Entfernungen geht nun folgende Tabelle hervor:
1000 Berliner Schfl. Rocken ſind Gold
werth: Thaler
In der Stadt ſelbſt 1500
Auf dem Gute 5 Meilen von der Stadt entfernt 1313
10 » 1136
15 » 968
20 » 809
25 » 656
30 » 512
35 » 374
40 » 242
45 » 116
49,95 Meilen 0
Unter dieſen Verhaͤltniſſen iſt alſo der Transport des
Korns auf 50 Meilen unmoͤglich, weil die ganze Ladung
oder deren Werth auf der Hin- und Zuruͤckreiſe von den
Pferden und den dabei angeſtellten Menſchen verzehrt wird.
Aus dieſer Urſache muͤſſte in der Entfernung von
50 Meilen die Kultur des Bodens aufhoͤren, wenn auch
die Hervorbringung des Korns gar keine Koſten verur-
ſachte; da aber die Produktion des Getreides uͤberall Ar-
beit und Koſten erfordert, ſo wird der Reinertrag des Land-
baues ſchon in weit geringerer Entfernung von der Stadt
aufhoͤren, und mit dem Reinertrag endet auch die Kul-
tur des Bodens.
Es mag unrichtig erſcheinen, bei der Berechnung der
Transportkoſten fuͤr große Entfernungen anzunehmen, daß
der Wagen das Futter, welches die Pferde auf der Hin-
und Zuruͤckreiſe gebrauchen, gleich mitnimmt, da doch das
Futter auf der Ruͤckreiſe wohlfeiler zu kaufen ſey, als es
hier durch die Verminderung der Ladung koſtet.
Das Futter, was unterwegs gekauft wird, iſt nicht
fuͤr den Preis, den es an dem Orte wirklich gilt, zu ha-
ben, ſondern es muß auch der Handelsvortheil, den der
Wirth oder der Unterhaͤndler dafuͤr nimmt, mitbezahlt
werden. Jedoch kann die Bezahlung dieſes Handelsprofits
nicht ſo koſtbar werden, als die Mitnahme des Futters
auf großen Reiſen.
Fuͤr weite Entfernungen kommt aber noch folgender
Punkt in Betracht:
Die Transportkoſten ſind darnach berechnet, was ſie
fuͤr eine Entfernung von 5 Meilen wirklich koſten. Die
Pferde, welche im Sommer das Feld beſtellen, verfahren
hier im Winter das Korn. Es brauchen alſo keine beſon-
deren Pferde dazu gehalten zu werden, und auf das Konto
des Kornverfahrens kommen bloß diejenigen Koſten, wel-
che durch die verſtaͤrkte Arbeit der Pferde ſelbſt hervorge-
bracht werden, als Hufbeſchlag, Abnutzung des Wagenge-
raͤths, vermehrtes Futter u. ſ. w.; nicht aber die Zinſen
vom Kapitalwerth der Pferde, und das Futter, was die
Pferde im Winter zu ihrem Lebensunterhalt gebrauchen.
Fuͤr weite Entfernungen muͤſſen aber zum Kornver-
fahren eigene Geſpanne gehalten werden, und dadurch
vermehren ſich die Transportkoſten in Schfl. Rocken aus-
gedruͤckt, fuͤr die entfernten Gegenden ſehr betraͤchtlich.
Dieſe erhoͤheten Koſten betragen wahrſcheinlich reich-
lich ſo viel, als durch den Ankauf des Futters unterwegs
erſpart werden kann; wenigſtens vermindern ſich die bei-
den hier wiſſentlich gemachten Fehler gegenſeitig, und ich
habe unter mehreren Verſuchen die Transportkoſten auf
eine andere Art zu berechnen, der hier gewaͤhlten Methode,
als der zutreffendſten, den Vorzug geben muͤſſen.
In der Folge kommen wir oft in die Lage, den
Werth des Rockens auch fuͤr ſolche Entfernungen von der
Stadt, die in obiger Tabelle nicht angefuͤhrt ſind, wiſſen
zu muͤſſen. Wir beduͤrfen deshalb einer allgemeinen For-
mel, und muͤſſen, ehe wir weiter gehen, folgende Frage
loͤſen.
Wie hoch iſt der Werth des Rockens auf einem Gute,
welches x Meilen vom Marktplatze entfernt iſt?
Die ganze Ladung eines Wagens betraͤgt 2400 ℔,
oder da wir den Schfl. Rocken zu 84 ℔ annehmen,
2400/84 Schfl. Rocken. Hiervon geht aber das mitzuneh-
mende Pferdefutter ab, welches auf 5 Meilen 150 ℔, auf
x Meilen alſo 30x ℔ betraͤgt.
Zur Stadt gebracht werden alſo nur 2400 — 30x ℔,
oder Schfl. Rocken; wofuͤr die Einnahme, den
Schfl. Rocken zu 1½ Thlr. gerechnet
Thaler betraͤgt.
Die Transportkoſten betragen auf 5 Meilen 2,57
Schfl. Rocken und 1,63 Thaler; auf x Meilen alſo
Thaler.
Von der Einnahme = Thaler muͤſſen
abgezogen werden
die Transportkoſten =
Dies gibt Thlr. —
oder Thaler —
Dies iſt die reine Einnahme fuͤr die nach der
Stadt gebrachte Ladung von Schfl. Rocken;
Scheffel Rocken ſind alſo im Werth
Thaler Schfl. Rocken,
oder Schfl. Rocken Schfl. Rocken
Thlr., alſo Sch. R.
Thlr., oder 12000 + 65, 88x Sch. R.
= 18000 — 361,92x Thaler.
Hieraus ergibt ſich
der Werth eines Scheffels Rocken Thlr.
Dieſe Formel kann mit einer ſehr geringen Abwei-
chung in folgende verkleinert werden: 1 Scheffel Rocken
Thaler.
Berechnung der Fracht, die es koſtet, eine volle Ladung von
2400 ℔ nach der Stadt zu bringen.
Soll die ganze Ladung nach der Stadt kommen, ſo
muͤſſen den mit Waaren oder Produkten beladenen Wa-
gen, andere Wagen, die das fuͤr die Pferde noͤthige Futter
fahren, beygeſellt ſeyn.
Fuͤr 5 Meilen Entfernung von der Stadt beſteht
ſonſt die Ladung eines Wagens aus 2250 ℔ Korn oder
Waaren, und aus 150 ℔ Futter. Hier wird alſo um
15 volle Ladungen à 2400 ℔ nach der Stadt zu bringen,
ein Wagen mit Futter fuͤr die Pferde erfordert.
16 Geſpann Pferde, deren Arbeit 16 × (2,57 Schfl.
Rocken + 1,63 Thlr.) koſtet, bringen alſo nur 15 La-
dungen nach der Stadt, welches an Fracht oder Trans-
portkoſten fuͤr eine volle Ladung 16/15 (2,57 Schfl. Rocken
+ 1,63 Thlr.) ergibt.
Auf 10 Meilen Entfernung muß ſonſt ein Wagen
300 ℔ Futter mitnehmen, und die Ladung ſelbſt betraͤgt
nur 2100 ℔. Auf 7 Wagen mit voller Ladung kommt
alſo 1 Wagen mit Futter, und die Fracht fuͤr eine volle
Ladung die nach der Stadt gebracht wird, betraͤgt alſo
8/7 (2,57 Schfl. Rocken + 1,63 Thlr.)
Auf x Meilen Entfernung betraͤgt das mitzunehmende
Futter fuͤr jeden Wagen 30x ℔, und die Ladung bleibt
2400 — 30x ℔. Sollen nun einige Wagen ganz mit
Korn beladen werden, ſo muß fuͤr jeden 30x ℔ Futter
auf einem andern Wagen mitgenommen werden. Ein Wa-
gen kann alſo das Futter fuͤr andere Wagen
mitnehmen; oder auf Wagen mit voller La-
dung gehoͤrt ein Wagen mit Futter.
+ 1 Wagen = Wagen, wovon
jeder koſtet, die zu-
ſammen alſo
koſten, bringen volle Ladungen nach der Stadt.
Die Fracht fuͤr jede einzelne Ladung betraͤgt alſo
= (2,57x Schfl. Rocken + 1,63x Thlr.)
Nun iſt der Preis eines
Schfl. Rocken in der x Meilen von der Stadt entfernten
Gegend =
Setzen wir nun in obiger Formel fuͤr den Rocken
dieſen Preis, ſo erhalten wir
Dieſe Formel ſtimmt bis auf eine unbedeutende Kleinig-
keit mit folgender uͤberein: .
Ich nehme nun hiernach, in allen folgenden Berech-
nungen, die Fracht oder die Transportkoſten fuͤr eine La-
dung von 2400 ℔ zu Thlr. an.
§. 5.
Einfluß der Getreidepreiſe auf die Landrente.
Wir kommen nun zu dem Punkte, von wo die Un-
terſuchungen des Verfaſſers eigentlich begonnen haben.
Er fuͤhlte, durch eine innere Nothwendigkeit getrie-
ben, das Beduͤrfniß, uͤber den Einfluß der Getreidepreiſe
auf den Landbau und uͤber die Geſetze, wodurch der Ge-
treidepreis regulirt wird, zur klaren Anſicht zu gelangen.
Zur Loͤſung dieſer Aufgabe war eine genaue aus der
Wirklichkeit ſelbſt geſchoͤpfte Berechnung, uͤber die mit dem
Landbau und mit jedem einzelnen Zweige deſſelben ver-
knuͤpften Koſten, unentbehrlich.
Dem Verfaſſer lagen zu dieſem Zwecke, die von ihm
ſelbſt gefuͤhrten, ſehr ins Einzelne gehenden Rechnungen
des Guts T. vor.
In dem Arbeitsjournal dieſes Guts wird jede auf
dem ganzen Gute geſchehene Arbeit verzeichnet, und dies
Journal wird am Ende des Jahrs in eine Ueberſicht zu-
ſammengetragen, woraus ſich dann ergibt, wie viele Men-
ſchen zum Hoken, Maͤhen u. ſ. w. erforderlich waren, und
wie groß das Arbeitsquantum eines Arbeiters, eines Ge-
ſpanns Pferde u. ſ. w. geweſen iſt.
Die Geld- und Kornrechnung, verbunden mit der
Arbeitsrechnung, liefern die Data zu der Berechnung der
Koſten der arbeitenden Kraͤfte, z. B. der Koſten einer
Tageloͤhnerfamilie, eines Geſpanns Pferde, eines Wechſel-
hakens u. ſ. w.
Aus der Quantitaͤt Arbeit, die die Beſtellung eines
Feldes und die Einerntung einer Frucht erfordert, und aus
den Koſten der Arbeiten ergeben ſich dann die Produk-
tionskoſten dieſer Frucht; und endlich geht aus dem Roh-
ertrage nach Abzug der Produktionskoſten, der reine Ueber-
ſchuß, den der Anbau der Frucht liefert, hervor.
Eine ſolche Berechnung des Reinertrags jeder einzel-
nen Frucht, der Hollaͤnderei, der Schaͤferei und jedes ein-
zelnen Zweigs der Wirthſchaft, habe ich von dem Gute T.
fuͤr die 5 Jahre von 1810 bis 1815 durchgefuͤhrt — und
dieſe ſpecielle Berechnung hat mit der Summe des Reiner-
trags eine Uebereinſtimmung bis auf 29,8 Thaler gegeben.
Die Reſultate dieſer Rechnung ſind nun die Grund-
lage fuͤr alle in dieſer Schrift weiterhin vorkommenden
Berechnungen und Folgerungen.
Indem wir nun aber von den Erfahrungen, die ein
einzelnes Gut in einem beſtimmten Zeitraum geliefert hat,
ausgehen, wird die eigentliche Aufgabe fuͤr unſere naͤchſten
Unterſuchungen folgende:
wie muß ſich die Landrente und die Bewirth-
ſchaftungsart des Guts T. aͤndern, wenn wir ſtuf-
fenweiſe immer niedrigere Kornpreiſe annehmen.
Der iſolirte Staat iſt bei dieſer ganz auf der Wirk-
lichkeit beruhenden Unterſuchung nur eine bildliche Dar-
ſtellung, eine Form die den Ueberblick erleichtert und er-
weitert Ein Freund, dem ich das Manuſcript mittheilte, machte zu die-
ſer Stelle folgende Bemerkung, die ich, wie ich glaube, dem Le-
ſer mittheilen darf.
«Ein Spiegel, den die Theorie hinſtellt, um in ihm die ver-
«worrenen und ſich kreuzenden Linien der Erſcheinung, in reiner
«Perſpektive ſichtbar werden zu laſſen.»
«— Eine Form, mit der wir den Brennpunkt der Erſchei-
«nung meinen getroffen zu haben, ſo daß wir faſt analytiſch
«daraus die einzelnen vereinigten Richtungen entwickeln koͤnnen,
«indem wir zugleich durch eine geiſtige Syntheſis das Ganze
«naturgemaͤß erbauen.»
«— Was wir thun, iſt im Grunde dies, daß wir einen klei-
«nen beſtimmten Punkt der Erfahrung, ein einzelnes Gut, zur
«wiſſenſchaftlichen Hoͤhe, d. h. zur Allgemeinheit zu erheben ver-
«ſucht haben; denn in der That muß jedes Glied eines organi-
«ſchen Ganzen auch in dieſer vereinzelten Geſtalt den allgemei-
«nen Typus an ſich hervortreten laſſen, und nur, indem wir das
«allgemeine Geſetz an ſolchen beſtimmten Punkten nachzuweiſen,
«oder das Vereinzelte unter ſeiner urbildlichen Form aufzuſtellen
«im Stande ſind, koͤnnen wir ſagen, daß uns die erſcheinende
«Welt und ihr Geſetz klar geworden ſey. Und zu ſolcher Auf-
«faſſung ſind wir hier vollkommen berechtigt, ja aufgefordert;
«denn die buͤrgerliche Geſellſchaft und der Staat ſind keine Ma-
«ſchine, bei der Urſache und Wirkung ſich trennte, ſondern ein
«wahrhaft organiſches Gebilde, daher hier eben ſo Alles bewirkt,
«als ſelber wirkend wird, kurz es findet hier eine Wechſel-
«wirkung ſtatt.»
; die wir aber nicht aufgeben duͤrfen, weil ſie,
wie die Folge ergeben wird, ſo reich an Reſultaten iſt.
In dem iſolirten Staat nehmen die Kornpreiſe im-
mer mehr ab, je weiter ein Gut von der Stadt entfernt
liegt. Wenn wir nun fuͤr das Gut T. berechnen, wie
immer mehr verminderte Preiſe auf die Bewirthſchaftungs-
art des Guts einwirken muͤſſen: ſo koͤnnen wir fuͤr jeden
angenommenen Preis in dem iſolirten Staat einen Stand-
punkt nachweiſen, wo derſelbe Preis ſtatt findet. Wir koͤn-
nen uns dann das Gut nach dieſer Gegend verſetzt den-
ken, und wir erhalten dadurch eine bildliche Vorſtellung,
gleichſam eine Charte der Veraͤnderungen, die das Gut
durch die verminderten Kornpreiſe erlitten hat.
Die Arbeiten, welche mit der Produktion des Getrei-
des verbunden ſind, zerfallen in 2 Klaſſen:
1) in ſolche, die ſich nach der Groͤße des Feldes richten;
2) in ſolche, die mit der Groͤße der Ernte im Ver-
haͤltniß ſtehen.
Zur erſten Klaſſe gehoͤren: das Pfluͤgen, Hoken, Eg-
gen, Saͤen, Grabenaufraͤumen u. ſ. w.; denn fuͤr einen
und denſelben Boden bleiben dieſe Arbeiten gleich, das
Feld mag reiche oder kuͤmmerliche Ernten tragen. Die
Groͤße dieſer Arbeiten wird durch die phyſiſche Beſchaffen-
heit des Bodens bedingt, nicht durch den Ertrag. Ich
nenne dieſe Arbeiten, Beſtellungsarbeiten, und die Koſten
derſelben, Beſtellungskoſten.
«Bei einer Wechſelwirkung iſt aber klar, wie ſehr daſelbſt je-
«der Punkt, jedes Moment, ſobald es im Ganzen thaͤtig iſt, auch
«den ganzen Zuſammenhang muͤſſe in ſich aufgenommen haben,
«um nur thaͤtig ſeyn zu koͤnnen. Solchen Zuſammenhang nach
«ſeinem Beduͤrfniß einzuſehen, iſt die Aufgabe des denkenden
«Landwirths, der aber eben durch dieſen Zuſammenhang in die
«Sphaͤre der Nationaloͤkonomie wird verwieſen werden. Was
«ihm dann fruͤher aͤußere Noth und Nothwendigkeit daͤuchte,
«wird ihm nun als Geſetz innerer Belebung befriedigend ent-
«gegen treten.»
In die zweite Klaſſe kommen: das Einfahren des
Korns, das Dungfahren, das Dreſchen u. m. a. Das
Einfahren und Dreſchen richtet ſich augenſcheinlich nach
der Groͤße der Ernte, aber dies iſt nicht minder bei den
Dungfuhren der Fall; denn der Boden wird im Verhaͤlt-
niß der Groͤße der Ernten erſchoͤpft und bedarf in dem
Maße, wie die Ausſaugung groͤßer wird, auch einen groͤ-
ßern Dungerſatz. Die Koſten dieſer Arbeiten faſſe ich un-
ter der gemeinſchaftlichen Benennung, der Erntekoſten,
zuſammen.
Fuͤr einen und denſelben Boden haͤngt der groͤßere
oder geringere Kornertrag — wenn die Wirthſchaft und
alle andere einwirkende Potenzen dieſelben bleiben — al-
lein von dem Reichthum des Bodens an Pflanzennah-
rung ab Es iſt hier immer nur von einer und derſelben Bodenart die
Rede, die aber auf verſchiedenen Stufen des Reichthums ſteht.
Man kann unſtreitig durch eine ausſaugende Wirthſchaft einen
Boden von 10 Koͤrnern Ertrag bis zu 4 Koͤrnern herunter-
bringen, und bei dieſem niedern Ertrag erſpart man zwar an
Erntekoſten, aber der Boden erfordert dennoch dieſelben Beſtel-
lungskoſten, wie fruͤher bei dem hoͤhern Ertrage.
Boden von verſchiedener phyſiſcher Beſchaffenheit koͤnnen bei
gleichem Reichthum ebenfalls einen ſehr verſchiedenen Er-
trag geben, — der Thonboden vielleicht 10, der Sandboden nur
4 Koͤrner, und erſterer erfordert denn weit groͤßere Beſtellungs-
koſten als letzterer. In dieſem Werke aber iſt die Einwirkung
verſchiedener Bodenarten auf den Ertrag und auf die Bearbei-
tungskoſten nirgends Gegenſtand der Unterſuchung. Ich muß
bei dieſer Gelegenheit auf die bereits ausgeſprochene Bemerkung
verweiſen: daß naͤmlich die hier vorkommenden Zahlenverhaͤlt-
niſſe, von einem einzelnen Punkte der Erfahrung entnommen, auch
nur fuͤr dieſen einzelnen Fall zutreffend ſind, daß von jedem an-
dern Standpunkte aus die Berechnung mit andern Zahlen be-
ginnen, und andere Reſultate in Zahlen liefern muß; daß dage-
gen die hier beobachtete Methode allgemein anwendbar ſey, und
daß das von jedem einzelnen Standpunkte aus Betrachtete im-
mer dieſelben Folgerungen zulaſſe. Hier z. B., daß die Land-.
2
Da nun die Beſtellungskoſten immer gleich bleiben,
die Erntekoſten aber mit dem Kornertrage im direkten Ver-
haͤltniſſe zu oder abnehmen, ſo ſind wir, wenn dieſe beiden
Klaſſen von Ausgaben genau und ſcharf geſchieden ſind,
dadurch in den Stand geſetzt, den Geldertrag eines Guts
fuͤr alle Grade der Fruchtbarkeit des Bodens zu berechnen.
Die aus den auf dem Gute T. gemachten Erfah-
rungen entnommenen Daten, angewandt auf einen Ger-
ſtenboden erſter Klaſſe, und auf die Mecklenburgiſche ſie-
benſchlaͤgige Koppel-Wirthſchaft mit der Fruchtfolge:
1) Brache,
2) Rocken,
3) Gerſte,
4) Hafer,
5) Weide,
6) Weide,
7) Weide,
geben uns nun die nachſtehenden Reſultate.
Eine Ackerflaͤche von 100000 Mecklenburgiſchen Qua-
dratruthen Eine Mecklenburgiſche Ruthe haͤlt 16 Luͤbecker Fuͤße; 118
Meckl. □R. ſind einem Magdeburger Morgen gleich. gibt, wenn der Kornertrag 10 Berliner
Scheffel Rocken auf 100 □R. iſt Da der Ausdruck: «der Boden gibt auf 100 □R. ſo und ſo
viele Berliner Schfl. Ertrag,» ſo lang und ſchleppend iſt, und
doch ſo oft wiederkehren muͤßte, ſo habe ich es vorgezogen, in
der Folge, den Ertrag in Koͤrnern anzugeben. Unter Koͤrner-
ertrag verſtehe ich aber immer den Ertrag, den eine Flaͤche von
100 Meckl. □R. in Berliner Scheffeln gibt — wodurch denn
alle Unbeſtimmtheit, die ſonſt mit der Angabe des Ertrags in
Koͤrnern verbunden iſt, verſchwindet., und der Werth des
rente jedes Bodens bloß durch Verminderung des Reichthums
bis zu Null herabſinke.
Rockens auf dem Gute ſelbſt — alſo nach Abzug der
Transportkoſten — 1,291 Thaler Gold fuͤr den Berliner
Scheffel betraͤgt,
einen Rohertrag von 5074 Thlr. Gold.
Die Ausgaben betragen:
1) Der Werth der Ausſaat von den
drei Halmfruͤchten und dem Klee 626 » »
2) Beſtellungskoſten 873 » »
3) Erntekoſten 765 » »
4) Allgemeine Kulturkoſten, die ſich auf keinen ein-
zelnen Zweig der Wirthſchaft repartiren laſſen,
naͤmlich:
a) Adminiſtrationskoſten;
b) Unterhaltungskoſten der Gebaͤude;
c) Zinſen vom Werth der Gebaͤude, Einzaͤunungen
u. ſ. w. beim Zinsfuß von 5 prct.;
d) Beitraͤge zu dem Brand- und Hagelaſſekuranz-
Kompagnien;
e) Abgaben an Prediger und Schullehrer;
f) Zinſen des Betriebskapitals; (die Zinſen vom
Werth des Inventarii ſind repartirt);
g) Unterſtuͤtzung der Armen auf dem Gute;
h) Unterhaltung des Nachtwaͤchters;
i) Unterhaltungskoſten der Wege und Bruͤcken, der
Hauptabtheilungs- und Graͤnzgraͤben;
k) Vermiſchte Ausgaben, die das Ganze der Wirth-
ſchaft betreffen.
Dieſe allgemeinen Kulturkoſten betragen
zuſammen 1350 Thlr.
oder 26,6 prct. vom Rohertrage, mit welchem
dieſe Ausgaben zwar nicht ganz genau, aber
doch am mehrſten im Verhaͤltniß ſtehen.
Die Summe dieſer vier Ausgaben be-
traͤgt 3614 »
2*
dieſe vom Rohertrage 5074 Thlr.
abgezogen, bleibt der voͤllig reine Ertrag des
Bodens, oder die Landrente 1460 »
Wir muͤſſen die Gutseinkuͤnfte von dem Bodener-
trage, oder der Landrente, genau unterſcheiden. Ein Gut iſt
ſtets mit Gebaͤuden, Einzaͤunungen und andern Gegen-
ſtaͤnden von Werth, die vom Boden getrennt werden koͤn-
nen, verſehn. Die Einkuͤnfte, die ein Gut gewaͤhrt, ent-
ſpringen alſo nicht ganz aus dem Grund und Boden,
ſondern ſind zum Theil nur Zinſen des in dieſen Werths-
gegenſtaͤnden ſteckenden Kapitals. Was nach Abzug dieſer
Zinſen von den Gutseinkuͤnften noch uͤbrig bleibt, ge-
hoͤrt dem Grund und Boden an, und wird Landrente
genannt.
Noch muß ich darauf aufmerkſam machen, daß un-
ter den eben genannten, mit dem Landbau verbundenen
Ausgaben, keine Abgaben an den Staat aufgefuͤhrt und
auch nicht darunter begriffen ſind. Der Zweck unſerer
Unterſuchung fordert naͤmlich, daß wir den iſolirten Staat
im allgemeinen und den Landbau deſſelben insbeſondere
zuerſt unter der Bedingung betrachten, daß gar keine Ab-
gaben an den Staat ſtatt finden. Was wir Landrente
nennen, iſt alſo der reine Geldertrag des Bodens, von
dem noch keine Abgabe entnommen iſt.
Nach den obigen Saͤtzen koͤnnen wir nun auch die
Landrente deſſelben Bodens, der wegen minderen Reich-
thums an Pflanzennahrung auf einer niedrigern Stuffe
der Fruchtbarkeit ſteht, berechnen.
Es ſey z. B. der Koͤrnerertrag des Rockens = 8 Schfl.
Der Ertrag des Rockens iſt zugleich der Maßſtab fuͤr das
Gedeihen der beiden nachfolgenden Halmfruͤchte und der
Ergiebigkeit der Weide, und ſteht dadurch im direkten
Verhaͤltniſſe mit dem geſammten Rohertrage.
Fuͤr 10 Koͤrner war der Rohertrag 5074 Thlr.; fuͤr
8 Koͤrner alſo 8/10 × 5074 = 4059 Thlr.
Die Ausſaat bleibt unveraͤndert = 626 Thlr.
Die Beſtellungskoſten bleiben = 873 »
Die Erntekoſten richten ſich nach
dem Ertrag und betragen
8/10 × 765 = 612 »
Die allgemeinen Kulturkoſten ſte-
hen im Verhaͤltniß mit dem
Rohertrage und ſind demnach
= 8/10 × 1350 = 1080 »
Summe der Koſten — 3191 »
Die Landrente betraͤgt 868 Thlr.
Dieſe Berechnungen, wo das Geld zum Maßſtab
dient, koͤnnen aber nur fuͤr einen Standpunkt und fuͤr ei-
nen gewiſſen Getreidepreis — hier 1,291 Thlr. fuͤr den
Scheffel — zutreffend ſeyn, und das Reſultat aͤndert ſich
mit der leiſeſten Aenderung des Getreidepreiſes. Da nun
aber in unſerm iſolirten Staat der Rocken in den ver-
ſchiedenen Kreiſen einen ſo ſehr verſchiedenen Geldpreis
hat: ſo muͤſſen wir, um allgemeine Formeln zu entwer-
fen, den Rocken ſelbſt zum Maßſtab nehmen, in ſo weit,
als Ausgabe und Einnahme damit im Verhaͤltniß ſtehen
und ſich dadurch meſſen laſſen.
Der Rohertrag einer reinen ſiebenſchlaͤgigen Koppelwirth-
ſchaft, wie wir ſie eben angenommen haben, beſteht theils aus
Getreide, theils aus Produkten der Viehzucht. Die außer
dem Rocken noch erzeugten Getreidearten, Gerſte und
Hafer koͤnnen nach Verhaͤltniß ihres innern Werths und
ihrer Nahrhaftigkeit auf Rocken reduzirt werden, und ſo-
mit laͤßt ſich die ganze Getreideernte in Scheffeln Rocken
ausdruͤcken.
Im Preisverhaͤltniß zwiſchen dem Rocken und den
animaliſchen Produkten — Fleiſch, Butter, Wolle u. ſ. w. —
laſſen ſich zwei verſchiedene Faͤlle denken:
1) In ſo fern das Fleiſch durch ſeine groͤßere Nahr-
haftigkeit eine groͤßere Quantitaͤt Brot erſetzt,
wird zwiſchen Fleiſch und Brot ein feſtſtehendes
Preisverhaͤltniß ſtatt finden.
2) In ſo fern die Erzeugung der animaliſchen Pro-
dukte im Verhaͤltniß zu der Kornproduktion mehr
oder minder koſtbar iſt, werden auch die anima-
liſchen Produkte zu einem hoͤhern oder niedrigern
Preiſe, im Verhaͤltniß gegen den Getreidepreis zu
Markt gebracht werden koͤnnen.
Wir legen bei unſerer Unterſuchung den erſten Fall
zum Grunde, und nehmen an: daß der Preis der anima-
liſchen Produkte an jedem Orte des Staats mit dem Ge-
treidepreis in demſelben Verhaͤltniß ſtehe.
Demnach kann auch der Werth der animaliſchen Pro-
dukte, die der Landbau liefert, in Schfl. Rocken ausge-
druͤckt, und ſomit der Rohertrag ganz in Rocken ange-
geben werden.
Ob nun aber dieſe Annahme fuͤr unſern iſolirten
Staat die richtige iſt, oder nicht, wird aus der Folge die-
ſer Unterſuchung hervorgehen.
Unter den verſchiedenen Ausgaben beim Landbau be-
ſteht die Ausſaat faſt ganz aus Getreide, und braucht nur
ihrem wirklichen Betrage nach auf Rocken reduzirt zu
werden.
Von den Beſtellungs-, Ernte- und allgemeinen Kultur-
koſten beſteht ein Theil gradezu aus Korn, z. B. Dre-
ſcherlohn, Speiſung des Geſindes, Futter fuͤr die Pferde
u. m. a. Ein zweiter Theil wird durch Korn und Geld
zuſammen bezahlt. So richten ſich z. B. der Tageloyn
des gewoͤhnlichen Arbeiters und die Arbeitspreiſe der Hand-
werker, nicht ganz und gar nach dem Kornpreiſe; aber ſie
ſind theurer in der Gegend, wo der Mittelpreis des Korns
hoch iſt, wohlfeiler, wo dieſer niedrig iſt. Dieſe Ausga-
ben muͤſſen alſo durch Rocken und Geld zugleich, und
zwar in dem Maße, als jedes in dem Preiſe der Arbeit
enthalten iſt, ausgedruͤckt werden. Der dritte und letzte
Theil dieſer Ausgaben iſt von dem Getreidepreiſe ganz
und gar unabhaͤngig, z. B. Salz und alle Metalle; denn
wenn dieſe auch an dem Orte, wo ſie gewonnen und ver-
arbeitet werden, mit dem Getreidepreiſe der Gegend in
einer gewiſſen Verbindung ſtehen: ſo gibt doch der Ro-
ckenwerth derjenigen Gegend, wo ſie verbraucht werden,
gar keinen Maßſtab ihres Preiſes ab; ja ſie koͤnnen ſo-
gar in den Laͤndern, wo das Getreide am wohlfeilſten iſt,
am theuerſten ſeyn, wenn ſie naͤmlich aus weiter Ferne
dahin gebracht werden muͤſſen. Dieſer Theil der Ausga-
ben muß alſo in Geld ausgedruͤckt bleiben.
Welcher Antheil der ganzen Ausgabe nun durch Geld
und wie viel davon durch Korn zu bezahlen und auszu-
druͤcken ſey — dies muß nothwendig fuͤr jedes Land, ja
fuͤr jede Provinz verſchieden ſeyn. Je mehr ein Staat
ſeine Beduͤrfniſſe ſelbſt erzeugt, je mehr, durch eine gleich-
maͤßige Verbreitung der Fabriken und des Bergbaues
uͤber das ganze Land, die Transportkoſten beim Umtauſch
der Waaren vermindert werden, um ſo mehr wird der
Rocken Maßſtab des Werths der Dinge ſeyn, und ein
um ſo groͤßerer Theil der den Landbau treffenden Ausga-
ben kann in Rocken ausgedruͤckt werden. Je aͤrmer da-
gegen ein Land an Fabriken iſt, je mehr das Land ſeine
Beduͤrfniſſe durch Umtauſch von Waaren und durch den
Handel aus weiter Ferne erhaͤlt, je entfernter alſo Kon-
ſumenten und Produzenten von einander wohnen, um ſo
groͤßer wird der Antheil ſeyn, der von obigen Ausgaben
in Geld ausgedruͤckt werden muß.
So verſchieden nun auch fuͤr verſchiedene Stand-
punkte, dieſes Verhaͤltniß in Zahlen ausgeſprochen, erſchei-
nen muß, ſo gewiß iſt es doch, daß ein ſolches Verhaͤltniß
uͤberhaupt an jedem Orte ſtatt findet, daß es z. B. kein
einziges Land gibt, wo dieſe Ausgaben ganz in Geld, kein
einziges, wo ſie ganz in Korn angegeben werden duͤrfen.
Von jedem andern Standpunkt aus, wird man die Rech-
nung mit andern Zahlen beginnen; aber die Methode bei
der Entwickelung der Reſultate aus dieſem Verhaͤltniß
wird uͤberall dieſelbe ſeyn.
Wir nehmen bei unſern fernern Berechnungen einen
Standpunkt an, wo von den genannten Ausgaben ¼ in
Geld und ¾ in Korn angegeben werden muß.
Die oben gegebene Berechnung des Ertrags von
100000 □R. Ackerland erhaͤlt dann folgende Geſtalt:
Der Rohertrag war bei dem Ertrage von 10 Koͤr-
nern — 5074 Thlr. Dieſer Geldwerth des rohen Ertrags
findet ſtatt, wenn der Schfl. Rocken auf dem Gute den
Werth von 1,291 Thlr. hat.
In Rocken ausgedruͤckt iſt alſo der rohe Ertrag
= = 3930 Schfl. Rocken.
Der Werth der Ausſaat betraͤgt 626 Thaler, oder
= 485 Schfl. Rocken.
Die Beſtellungskoſten betragen 873 Thlr.;
hievon ¼ in Geld 218 »
in Korn muß angegeben werden 655 Thlr.;
655 Thlr. ſind gleich = 507 Schfl. Rocken.
Die Erntekoſten betragen 765 Thlr.;
hievon ¼ mit 192 »
bleibt in Korn auszudruͤcken 573 Thlr.;
573 Thaler ſind gleich = 444 Schfl. Rocken.
Der Betrag der allgemeinen Kultur-
koſten iſt 1350 Thlr.;
hievon ¼ in Geld 337 Um die Rechnung nicht zu ſehr zu erſchweren, ſind hier und in
den folgenden aͤhnlichen Rechnungen die Bruͤche theils weggelaſ-
ſen, theils ſind dafuͤr zur Ausgleichung ganze Zahlen geſetzt.
Da wir hier mit ziemlich großen Zahlen rechnen, ſo kann die
Richtigkeit der Reſultate dadurch nicht weſentlich verletzt werden. »
der Reſt von 1013 Thlr.
muß ebenfalls in Rocken angege-
ben werden und betraͤgt = 784 Schfl. Rocken.
Die vier genannten Ausgaben betragen zuſammen
2220 Schfl. Rocken und 747 Thlr. Zieht man dieſe Aus-
gabe von dem Rohertrage = 3930 Schfl. Rocken ab, ſo
bleibt ein Ueberſchuß an Korn von 1710 Schfl. Rocken,
wovon dann noch die Geldausgabe von 747 Thlr. abge-
zogen werden muß, um die reine Landrente zu finden.
Da dieſer Abzug hier aber nicht wirklich geſchehen kann, ſo
muß dies durch das Zeichen «÷» bloß angezeigt werden.
Die Landrente betraͤgt demnach 1710 S. R. ÷ 747 Thlr.
Nachdem wir nun fuͤr die Groͤße der Landrente eine
ſo einfache Formel gefunden haben, koͤnnen wir den Be-
trag der Landrente fuͤr jeden beliebigen Kornpreis in Geld
angeben.
a) Fuͤr den Preis von 2 Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken
betraͤgt die Landrente 1710 Schfl. Rocken à 2 Thaler
= 3420 Thlr. ÷ 747 Thlr. = 2673 Thlr.
b) Fuͤr den Preis von 1½ Thlr.
iſt die Landrente = 1710 × 1½ = 2565 — 747
= 1818 Thlr.
c) Fuͤr den Preis von 1 Thlr.
betraͤgt die Landrente 1710 à 1 = 1710 — 747
= 963 Thlr.
d) Fuͤr den Preis von ½ Thlr.
iſt die Landrente 1710 × ½ = 855 — 747 = 108 Thlr.
Es ergibt ſich hieraus, daß die Landrente in einem
viel groͤßern Verhaͤltniſſe als die Kornpreiſe abnimmt.
Die Landrente verſchwindet endlich gaͤnzlich, wenn 1710
Schfl. Rocken im Werth gleich 747 Thlr. ſind, und dies
iſt der Fall, wenn der Scheffel Rocken 0,437 Thlr. oder
21 ßl. gilt.
Die Berechnung der Landrente fuͤr Boden von ver-
ſchiedenen Graden der Fruchtbarkeit iſt nun in nachfol-
gender Ueberſicht zuſammengeſtellt.
Es zeigt ſich hier allgemein folgendes Geſetz:
Je mehr die Fruchtbarkeit des Bodens abnimmt, deſto
koſtbarer wird die Erzeugung des Korns — und Boden
von geringer Fruchtbarkeit kann nur bei hohen Getreide-
preiſen angebauet werden.
Ehe wir weiter gehen, muͤſſen wir zuvor einen Blick
auf das bisher beobachtete Verfahren zuruͤckwerfen, und
fragen, ob aus den, von einem Stadpunkte aus, gemach-
ten Beobachtungen, allgemein guͤltige Geſetze entwickelt
werden koͤnnen.
Man kann und wird ſagen:
«Die Berechnungen uͤber die Koſten der Arbeit, uͤber
«das Verhaͤltniß des rohen zum reinen Ertrag, moͤgen
«mit noch ſo großer Genauigkeit aus der Wirklichkeit
«entnommen ſeyn: ſo ſind ſie doch nur fuͤr den einen
«Standpunkt, fuͤr dies eine Gut guͤltig. Schon auf dem
«benachbarten Gute iſt alles anders: hier iſt nicht mehr
«derſelbe Boden, hier ſind nicht mehr dieſelben Arbeiter.
«Der Boden kann ſchwerer oder leichter zu bearbeiten
«ſeyn, die Arbeiter koͤnnen mehr oder weniger thaͤtig und
«kraͤftig ſeyn; der Boden ſelbſt erfordert alſo eine groͤßere
«oder geringere Quantitaͤt Arbeit, und die Arbeit ſelbſt
«kann nach Verſchiedenheit der arbeitenden Kraͤfte wohl-
«feiler oder koſtbarer werden. Die von dem erſten Gute
«entlehnten Berechnungen werden hier alſo nirgends genau
«zutreffen, und die Richtigkeit derſelben iſt ganz an den
«Ort gebunden, von dem ſie hervorgegangen ſind. Aus
«dem, was nur an einem Orte und ſonſt nirgends guͤl-
«tig iſt, koͤnnen aber auch keine allgemein guͤltigen Ge-
«ſetze hervorgehen.»
Ich antworte hierauf:
Es iſt allerdings wahr, daß dieſe Berechnungen ſchon
auf dem benachbarten Gute nicht mehr voͤllig zutreffen,
vielweniger alſo noch auf ſehr entfernten Guͤtern, unter
einem andern Himmelsſtrich, mit Arbeitern von einem
andern Nationalcharakter. Aber ich frage: wird der Land-
wirth, der lange auf einem Gute gewohnt, und der durch
die moͤglichſt genaue Beachtung aller gemachten Erfahrun-
gen ſich eine genaue Kenntniß der Koſten und des Rein-
ertrags des Landbaues verſchafft hat, — wird dieſer Land-
wirth, nach einem andern Gute verſetzt, von ſeinen auf
dem erſten Gute erworbenen Kenntniſſen nun nichts mehr
gebrauchen koͤnnen? Waͤre dies der Fall, ſo wuͤrde jeder
Landwirth mit einer Ortsveraͤnderung ſeine Lehrjahre von
Neuem beginnen muͤſſen, ehe er die Wirthſchaft zu fuͤh-
ren verſtaͤnde, ſo koͤnnte keiner die Landwirthſchaft anders
als an dem Orte, wo er kuͤnftig wohnen ſollte, erlernen.
Dies kann und wird man nicht zugeben wollen. Alſo
muß auch in den, an einem Orte erworbenen Kennt-
niſſen etwas liegen, was allgemein guͤltig und nicht an
Zeit und Ort gebunden iſt. Und grade dies Allgemein-
guͤltige iſt es, was wir hier zu erforſchen ſtreben.
In dem Vorhergehenden ſind hauptſaͤchlich drei Saͤtze
ausgeſprochen, deren Allgemeinguͤltigkeit behauptet wird,
und von deren Richtigkeit die Richtigkeit unſerer Unter-
ſuchung abhaͤngig iſt, weshalb ich ſie hier zuſammenſtelle
und wiederhole.
Erſter Satz. Der Werth des Getreides auf dem
Gute ſelbſt nimmt ab mit der groͤßern Entfernung des
Guts vom Marktplatze.
Je entfernter das Gut vom Marktplatze iſt, deſto
groͤßer ſind die Transportkoſten des Getreides, folglich um
ſo geringer der Werth deſſelben auf dem Gute ſelbſt.
Das Getreide hat eben ſo, wie jede andere Waare,
gar keinen Werth, wenn ſich kein Konſument findet, der
deſſen bedarf. In unſerm iſolirten Staat finden ſich fuͤr
das Getreide, was mehr als zum eigenen Bedarf gebauet
iſt, keine andere Konſumenten, als die Bewohner der
Stadt. Wird nun aus ſo ſehr entfernten Gegenden Korn
nach der Stadt gefahren, daß das Zugvieh waͤhrend der
Reiſe die eine Haͤlfte der Ladung ſelbſt verzehrt, und nur
die andere Haͤlfte zum Verkauf und zur Konſumtion nach
der Stadt gelangt: ſo iſt es ſehr begreiflich, daß man
auf dem Lande mit 2 Schfl. Rocken nicht mehr Geld er-
kaufen kann, als mit einem Scheffel in der Stadt.
Doch dieſer Satz bedarf vielleicht ſo wenig einer Er-
laͤuterung als eines Beweiſes.
Zweiter Satz. Die Preiſe der Beduͤrfniſſe des
Landwirths ſtehen nicht alle im Verhaͤltniß mit dem Korn-
preiſe; oder die Koſten, die die Kultur des Bodens erfor-
dert, koͤnnen in verſchiedenen Gegenden nicht mit einer
und derſelben Quantitaͤt Getreide bezahlt werden.
Dieſer Satz geht aus dem erſten Satze hervor; denn
eine Waare, die in der Stadt mit einem Schfl. Rocken
in gleichem Preiſe ſteht, muß in der entfernten Gegend,
wo der Rocken nur den halben Werth hat, im Preiſe
gleich 2 Schfl. Rocken ſeyn, vorausgeſetzt, daß dieſe Waare
nicht anders als aus der Stadt zu haben iſt.
Wir haben oben Salz und Metalle als Waaren von
dieſer Gattung genannt; daſſelbe gilt vom Tuch und von
andern Waaren, die nicht auf dem Lande fabrizirt werden
koͤnnen.
Dies erſtreckt ſich aber auch auf die Beſoldungen und
Honorare der hoͤhern Staͤnde. Der Arzt, der Beamte u. m. a.
koͤnnen ihre Bildung nur in der Stadt erhalten; das Ka-
pital, was ſie auf ihre Ausbildung verwandt haben, rich-
tet ſich nach den Preiſen in der Stadt, und um dies
Kapital wieder verguͤtet zu erhalten, duͤrfen ihre Arbeiten
nicht im Verhaͤltniß des Rockenpreiſes der Gegend, wo
ſie wohnen, bezahlt werden.
Dritter Satz. Von den mit der Produktion des
Getreides verbundenen Koſten, ſteht ein Theil im Ver-
haͤltniß mit der Groͤße der beſtellten Flaͤche, ein anderer
Theil mit der Groͤße der Ernten.
Zu jenem Theil habe ich die Ausſaat- und Beſtel-
lungskoſten, zu dieſem die Erntekoſten und allgemeinen
Kulturkoſten gerechnet.
Man kann die Richtigkeit der von mir gemachten
Eintheilung in Zweifel ziehen; man kann ſagen, daß die
Ausſaat und die Beſtellungskoſten nicht unveraͤndert blei-
ben, wenn der Ertrag von derſelben Flaͤche ſich aͤndert;
daß ferner die Erntekoſten nicht gleich bleiben, wenn die-
ſelbe Ernte von einer groͤßern oder geringern Flaͤche ge-
wonnen wird. Aber nimmermehr wird man behaupten
koͤnnen, daß die Arbeit des Pfluͤgens ſich nach der Groͤße
der Ernte, oder daß das Einfahren des Getreides ſich
ganz nach der Groͤße des Feldes richte. Wie man nun
auch die von mir gewaͤhlte Eintheilung modifiziren mag,
immer wird man darauf zuruͤckkommen, daß irgend ein
Antheil der Arbeit der Groͤße des beſtellten Feldes, ein
anderer der Groͤße der Ernte proportional ſey, und hierin
liegt ſchon die Anerkennung des oben ausgeſprochenen
Satzes.
Wenn nun Jemand ein anderes Gut — unter Ver-
haͤltniſſen, die denen des Guts T. nicht aͤhnlich ſind —
zum Standpunkt ſeiner Betrachtung naͤhme, die Koſten
der Arbeit, die Produktionskoſten des Getreides, die Land-
rente u. ſ. w. nach den aus der Wirklichkeit entnommenen
Daten berechnete, und nun auf der Baſis der obigen
Saͤtze und nach derſelben hier beobachteten Methode die
Rechnung fortfuͤhrte und Folgerungen daraus zoͤge: ſo
wuͤrde ſich aus der Vergleichung beider Unterſuchungen
ergeben, daß die Rechnungen mit ganz verſchiedenen Zah-
len gefuͤhrt waͤren; aber es wuͤrde ſich finden, daß in
manchen Endreſultaten und Folgerungen, wenn dieſe in
Worten ausgeſprochen werden, wieder eine voͤllige Ueber-
einſtimmung herrſche.
Was nun daſſelbe Verfahren, auf ein 3tes und 4tes
Gut u. ſ. w. angewandt, als Gemeinſchaftliches, voͤllig
Uebereinſtimmendes ergaͤbe, das wuͤrden wir als allge-
meines Geſetz anerkennen muͤſſen: denn was, von jedem
Standpunkt aus betrachtet, ſich immer gleich zeigt, das
muß auch allgemeine, an Ort und Zeit nicht gebundene,
Guͤltigkeit haben.
Wir koͤnnten mehrere in dieſer Schrift entwickelte
Reſultate als Beiſpiele aufſtellen, wenn wir dieſe vorweg
anfuͤhren duͤrften; aber wir koͤnnen uns auch ſchon auf
das im Vorhergehenden dargeſtellte Geſetz, daß die Pro-
duktion des Getreides immer koſtbarer wird, je aͤrmer
der Boden iſt, beziehen.
Dieſe Geſetze muͤſſen, gerade weil ſie allgemein ſind,
in jeder Wirthſchaft, auf jedem Gute wirkſam ſeyn. Die
Groͤße der Ernte, des Reinertrags u. ſ. w., iſt der ſicht-
bare Ausdruck dieſer Geſetze, modifizirt durch oͤrtliche Ein-
wirkungen.
Wenn wir nun fuͤr einen einzelnen Standpunkt die
Groͤßen, worin ſich die Natur ausſpricht, aus der Natur
ſelbſt ſchoͤpfen (durchaus aber nicht willkuͤrlich annehmen)
und nun mit Konſequenz aus den bekannten Groͤßen und
den allgemeinen Grundſaͤtzen, Folgerungen und Reſultate
ziehen: ſo koͤnnen wir demnach verſichert ſeyn, daß auch
in dieſen — nur aus einem Standpunkt entnommenen —
Reſultaten, ſich die allgemeinen Geſetze ausgeſprochen ha-
ben. Aber ſicherlich iſt nicht jedes gefundene Reſultat ein
allgemeines Geſetz, ſondern manches iſt nur eine bloß
oͤrtlich guͤltige Regel.
3
Da nun der Einzelne nicht im Stande iſt, die Un-
terſuchung von mehreren Standpunkten, viel weniger noch
von jedem Standpunkt aus, anzuſtellen (wodurch nach
Obigem das Allgemeinguͤltige von dem bloß Oertlichguͤlti-
gen geſchieden wird): ſo iſt es ſehr wichtig, Merkmale
aufzufinden, woran auch der einzelne Beobachter die Ge-
ſetze von den oͤrtlichen Regeln unterſcheiden koͤnne.
Ein ſolches Huͤlfsmittel gewaͤhrt uns nun die Buch-
ſtabenrechnung. Erlaubt naͤmlich die Natur des Gegen-
ſtandes, daß man ſtatt der Zahlen, Buchſtaben ſetzt, und
gibt dann die mit Buchſtaben durchgefuͤhrte Rechnung
noch eben den Ausſpruch, den die Zahlen gaben: ſo iſt
dieſer Ausſpruch ein allgemeines Geſetz und keine oͤrtliche
Regel.
Als Beiſpiel, und um das Verfahren zu zeigen, wol-
len wir hier die Landrente und den Preis des Rockens,
wobei die Landrente = 0 wird, durch eine allgemeine
Formel darſtellen.
Der Koͤrnerertrag ſey = x
Der Rohertrag = ax Thaler
Die Ausſaat koſte b »
Die Beſtellungskoſten ſeyen = c »
Zwiſchen dem Rohertrage und den Koſten, die
mit der Groͤße der Ernten im Verhaͤltniß ſte-
hen, naͤmlich den Erntekoſten und allgemeinen
Kulturkoſten zuſammen, finde das Verhaͤltniß
von 1 : q ſtatt, wo q dann ein Bruch ſeyn
muß, weil dieſe Koſten nur einen Theil der
Ernte, niemals aber die ganze Ernte, hinweg-
nehmen koͤnnen. Da nun 1 : q = ax : aqx,
ſo iſt der Betrag der mit dem Rohertrage im
Verhaͤltniß ſtehenden Koſten = aqx Thaler
Der Theil von den Arbeits- und allgemeinen Kul-
turkoſten, der in Geld angegeben werden muß, betrage
p Theile; der, welcher in Korn ausgedruͤckt werden muß,
iſt dann 1 — p Theile; wo p ein Bruch iſt. Der Werth
des Rockens auf dem Gute ſelbſt ſey = h Thaler.
Die Ausgaben in Korn und Geld zugleich und zwar
in dem Maße, wie jeder Theil darin enthalten iſt, aus-
gedruͤckt, gibt nun folgende Rechnung:
Der Zweck dieſer Rechnung war der, zu unterſuchen
wie der vermehrte oder verminderte Koͤrnerertrag auf den
Preis wirke, bei welchem die Landrente = 0 wird.
In der hier gefundenen Formel iſt aber, da x ſowohl
im Zaͤhler als im Nenner vorkommt, noch nicht zu er-
kennen, ob der Preis fuͤr den Rocken hoͤher oder niedriger
wird, wenn x, oder der Koͤrnerertrag, ſteigt. Wir muͤſ-
ſen deshalb mit dieſer Formel einige Verwandlungen vor-
nehmen.
3*
Der Preis fuͤr ein Schfl. iſt = Thlr.
alſo auch =
Nun ſetzen wir aqx + c = z; wo z waͤchſt wenn x
waͤchſt und umgekehrt. Alsdann iſt x = Dieſen
Werth von x in obige Formel geſetzt, ergibt
.
Nun wird unſtreitig immer kleiner, je mehr z
waͤchſt; je kleiner aber der negative Theil des Nenners
wird, um ſo mehr waͤchſt der ganze Nenner. Da nun
auch x waͤchſt wenn z groͤßer wird, und fuͤr ein wachſen-
des x der Nenner immer kleiner wird, waͤhrend der Zaͤh-
ler unveraͤndert bleibt: ſo nimmt auch die Groͤße des
Bruchs, wodurch der Preis des Rockens ausgedruͤckt iſt,
immer mehr ab, je groͤßer x wird; und umgekehrt, je kleiner
x wird, um ſo mehr waͤchſt der Preis des Rockens.
Das Geſetz, «je mehr die Fruchtbarkeit des Bodens
abnimmt, um deſto koſtbarer wird die Erzeugung des
Korns», iſt hiedurch nun ganz allgemein erwieſen.
In der That haͤtte es nicht der Muͤhe gelohnt, einen
einfachen, ſchon bekannten Satz, der auch durch bloßes
Raͤſonnement uͤberzeugend dargethan werden kann, durch
eine ausfuͤhrliche Rechnung zu erweiſen, wenn es hier
nicht zugleich Zweck geweſen waͤre, die Methode, wie der
Beweis gefuͤhrt werden kann, zu zeigen, und die Geſichts-
punkte, wonach die folgenden Unterſuchungen zu betrach-
ten ſind, ein fuͤr allemal feſtzuſtellen.
Aufgabe. Fuͤr ein Gut, deſſen Koͤrnerertrag = 8
iſt, die Landrente zu beſtimmen, wenn dies Gut x Mei-
len von der Stadt entfernt iſt.
Fuͤr 100000 □R. Ackerland iſt beim Ertrage von 8
Koͤrnern die Landrente = 1168 Schfl. Rocken ÷ 641 Thlr.
Der Scheffel Rocken hat nach §. 4. auf einem Gute,
welches x Meilen von der Stadt entfernt liegt, den
Werth von Thaler. Die Landrente iſt alſo
gleich — 641 Thlr.,
= Thaler.
§. 6.
Einfluß der Getreidepreiſe auf das Wirthſchaftsſyſtem.
Annahme. In dem iſolirten Staat habe der Bo-
den, mit alleiniger Ausnahme des erſten Kreiſes,
uͤberall den Grad der Fruchtbarkeit, daß in der
7ſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft der Rocken nach der
Brache einen Ertrag von 8 Koͤrnern liefere
(8 Schfl. von 100 □R., oder 9,44 Schfl. vom
Magdburger Morgen). Auch beſitze die noch unkul-
tivirte Wildniß einen Boden von derſelben phyſi-
ſchen Beſchaffenheit, von demſelben Reichthum an
Pflanzennahrung, und folglich von derſelben Er-
tragsfaͤhigkeit, wie die ſchon kultivirte Ebene.
Fuͤr einen Boden von dieſem Koͤrnerertrag betraͤgt
die Landrente nach §. 5. auf 100000 □R. 1168 Schfl.
Rocken ÷ 641 Thaler.
Die Landrente verſchwindet, oder wird = 0, wenn
1168 Schfl. Rocken 641 Thaler gelten, welches fuͤr den
Schfl. 0,549 Thaler oder 26,2 ßl. ausmacht.
Nach §. 4. iſt der Werth des Rockens auf dem 28,6
Meilen von der Stadt entlegenen Gute ebenfalls 0,549
Thaler pro Scheffel.
Alſo gibt ein Gut, unter den angenommenen Ver-
haͤltniſſen in der Entfernung von 28,6 Meilen von der
Stadt keine Landrente mehr.
In einer groͤßern Entfernung als 28,6 Meilen wird
die Landrente negativ, d. h. der Landbau iſt mit Verluſt
verbunden, und das Land kann deshalb hier nicht mehr
bebauet werden.
Wenn nun hier die Graͤnze der Kultur fuͤr die Kop-
pelwirthſchaft iſt, ſo folgt daraus noch nicht, daß dies die
abſolute Graͤnze der Kultur ſey; denn wenn es irgend ein
Wirthſchaftsſyſtem gaͤbe, bei welchem die Beſtellung des
Ackers weniger Arbeit und folglich weniger Koſten verur-
ſachte, als bei der Koppelwirthſchaft, ſo muß bei dem
Preiſe von 0,549 Thalern fuͤr den Scheffel Rocken noch
ein Ueberſchuß und eine Landrente bleiben, und alſo der
Anbau des Landes in noch groͤßerer Entfernung von der
Stadt moͤglich ſeyn.
Wir muͤſſen nun in Betracht ziehen, wie der zu ei-
nem Gute gehoͤrende Acker, wenn dieſer auch von durch-
aus gleicher Beſchaffenheit und gleicher Ertragsfaͤhigkeit
iſt, doch einen ſehr verſchiedenen Werth hat, je nachdem
er dem Hofe naͤher oder ferner liegt. Die Koſten der
Dungfuhren und des Einfahrens der Produkte ſtehen in
geradem Verhaͤltniß mit der Entfernung des Ackers vom
Hofe. Fuͤr die uͤbrigen Arbeiten, die auf dem Felde ſelbſt
geſchehen, geht der Theil der Zeit, den die Menſchen und
Pferde zum Hin- und Zuruͤckgehen gebrauchen, verloren;
und dieſer Theil waͤchſt ebenfalls mit der groͤßern Entfer-
nung vom Hofe. Die Arbeitskoſten ſind alſo geringer
fuͤr den nahe am Hofe liegenden Acker, als fuͤr den ent-
fernteren; bei gleicher Fruchtbarkeit muß jener alſo einen
hoͤhern Reinertrag geben als dieſer.
Wenn nun beim Preiſe von 0,549 Thalern fuͤr den
Scheffel Rocken der Ertrag eines ganzen Guts in der
Koppelwirthſchaft = 0 iſt, die vordere Haͤlfte des Ackers
aber einen groͤßern Ertrag gibt, als die entferntere Haͤlfte:
ſo folgt daraus, daß der Reinertrag der erſten Haͤlfte po-
ſitiv, der Reinertrag der zweiten aber negativ ſeyn muͤſſe,
und daß der Gewinn, den die Bebauung des naͤhern
Ackers gibt, durch den Verluſt, den der Anbau des ent-
ferntern bringt, wieder verſchlungen wird, und ſo der
Reinertrag des Ganzen zu 0 herabſinkt.
Die Koppelwirthſchaft, deren Reinertrag im Ganzen
= 0 iſt, wird alſo dann wieder zum Reinertrag gelan-
gen, wenn der entferntere Acker unbebauet liegen bleibt,
und nur der naͤhere kultivirt wird. Unter dieſer Bedin-
gung endet anchauch die Kultur noch nicht bei der Entfer-
nung von 28,6 Meilen von der Stadt.
Aber auch dieſe Koppelwirthſchaft, bloß auf den naͤ-
hern Boden beſchraͤnkt, muß bei noch groͤßerer Entfernung
vom Marktplatze, oder was daſſelbe iſt, bei noch niedri-
gern Kornpreiſen endlich einen Punkt finden, wo ihr Rein-
ertrag verſchwindet, und es wird eine zweite Arbeitserſpa-
rung nothwendig, wenn der Anbau des Bodens daſelbſt
nicht enden ſoll.
In der Koppelwirthſchaft iſt der Aufbruch des Dree-
ſches und die Zubereitung deſſelben zur Winterſaat beſon-
ders koſtbar. Bei einer Muͤrbebrache wird das Hoken
der Dreeſchfurche und mindeſtens die Haͤlfte des Eggens,
welches eine Dreeſchbrache erfordert, erſpart. Eine Wirth-
ſchaft mit einer Muͤrbebrache kann alſo da noch rentiren,
wo eine Koppelwirthſchaft keinen Reinertrag mehr gibt,
vorausgeſetzt, daß der Koͤrnerertrag ſich gleich bleibe, wel-
ches durch das Verhaͤltniß zwiſchen Ackerland und Weide
immer zu erreichen iſt.
Eine Wirthſchaft mit einer Muͤrbebrache iſt aber nur
dann moͤglich, wenn man den Acker nicht mehr abwech-
ſelnd zur Weide niederlegt, ſondern ihn jedes Jahr be-
ackert, wogegen dann der entferntere Theil des Feldes zur
beſtaͤndigen Weide fuͤr das Vieh liegen bleibt. Dies bringt
wieder eine neue Erſparung, indem nun die Ausſaat von
Kleeſaamen wegfaͤllt.
Nach dieſen aus der Natur der Sache hervorgegan-
genen nothwendigen Veraͤnderungen, ſtimmt nun unſere
Wirthſchaft in den weſentlichſten Punkten mit der Drei-
felderwirthſchaft uͤberein; und wir wenden uns jetzt zu
der naͤhern Betrachtung dieſes ſo weit verbreiteten Wirth-
ſchaftſyſtems.
Bei der Darſtellung des Verhaͤltniſſes zwiſchen der
Koppelwirthſchaft und der Dreifelderwirthſchaft muͤſſen fol-
gende 4 Fragen beantwortet werden:
1) Um wie viel wohlfeiler wird die Beſtellung der
Muͤrbebrache, als die der Dreeſchbrache?
2) In welchem Verhaͤltniß ſtehen die Arbeitskoſten
beim Landbau mit der Entfernung des Ackers vom
Hofe?
3) In welchem Verhaͤltniß muͤſſen bei der Dreifel-
derwirthſchaft Acker und Weide gegen einander ſtehen,
wenn dieſe Wirthſchaft, eben ſo wie die Koppelwirthſchaft
ſich in gleicher Dungkraft erhalten ſoll, ohne einen Dung-
zuſchuß von Außen zu erhalten?
4) Wenn zwei Ackerflaͤchen im Ganzen gleichen Reich-
thum an Pflanzennahrung enthalten, die eine aber in
Koppelwirthſchaft, die andere in Dreifelderwirthſchaft
liegt — wie verhaͤlt ſich dann der Koͤrnerertrag des Ro-
ckens in der erſten Wirthſchaft zu dem der zweiten
Wirthſchaft?
Die Beantwortung der 3ten und 4ten Frage ſetzt die
Kenntniß der Statik des Landbaues voraus, und kann
ohne dieſe eben ſo wenig verſtanden, als dargeſtellt
werden.
Ich ſehe mich deshalb genoͤthigt, einige Hauptſaͤtze der
Statik des Landbaues vorangehen zu laſſen. Da aber eine
ausfuͤhrliche Darſtellung dieſer Lehre hier einen unverhaͤlt-
nißmaͤßigen Raum einnehmen wuͤrde: ſo kann ich dieſe
Saͤtze nur hinſtellen, ohne auf Entwickelung der Gruͤnde
und auf Erlaͤuterungen einzugehen. Ich muß deshalb die-
jenigen meiner Leſer, denen dieſer neue Zweig unſers Wiſ-
ſens noch unbekannt ſeyn ſollte, und die ſich eine genauere
Kenntniß davon zu verſchaffen wuͤnſchen, auf die, dieſen
Gegenſtand betreffenden Schriften des Herrn Staatsraths
Thaer und des Herrn von Wulffen, und auf meine im
8ten Jahrgang der Mecklenburgiſchen Annalen befindliche
Abhandlung verweiſen In der erſt kuͤrzlich erſchienenen ſo gehalt- als geiſtreichen.
§. 7.
Einige Saͤtze aus der Statik des Landbaues.
Die Erzeugung der Getreideernten bewirkt eine Ver-
minderung der im Acker enthaltenen Pflanzennahrung. Ein
Acker, der 100 Schfl. Rocken getragen hat, iſt um dasje-
nige Quantum Pflanzennahrung, was zur Erzeugung die-
ſer 100 Schfl. verwandt iſt, aͤrmer geworden.
Keine Frucht vermag es, ſich des ganzen im Acker
befindlichen Reichthums an Pflanzennahrung in einem
Jahre anzueignen.
Das Verhaͤltniß zwiſchen dem, was die Ernte dem
Acker in einem Jahre an Pflanzennahrung entzogen hat,
und dem ganzen Reichthum des Ackers, nenne ich die re-
lative Ausſaugung. Dieſe ergiebt ſich aus der Abnahme
der Groͤße der nach einander folgenden Ernten: iſt z. B.
der Ertrag des 1ſten Rocken 100 Schfl. geweſen, und eine
2te Rockenernte gibt dann bei gleicher Beſtellung, gleicher
Witterung und gleichen ſonſt noch einwirkenden Umſtaͤn-
den nur 80 Schfl.; ſo ſagen wir, daß die relative Aus-
ſaugung des Rockens ⅕ betragen habe.
Aus der relativen Ausſaugung ſchließen wir nun auf
den ganzen Reichthum des Ackers: war z. B. der Ertrag
des erſten Rockens 100 Schfl., die relative Ausſaugung
⅕, ſo enthielt der Acker vor der Ernte Pflanzennahrung
Sammlung landwirthſchaftlicher Schriften des
Freiherrn v. Voght zu Kleinflotbeck wird beſonders
der Laye in der Statik des Ackerbaues einen aͤußerſt faßlichen
Aufſatz unter der Rubrik vorfinden: Meine Anſicht der
Statik des Landbaues im Jahre 1817, mit ange-
haͤngten, in ſpaͤtern Jahren hinzugekommenen An-
merkungen.
fuͤr 500 Schfl. Rocken, nach der Ernte nur noch fuͤr
400 Schfl.
Das Quantum Pflanzennahrung, was dem Acker
durch die Ernte von einem Berliner Scheffel Rocken ent-
zogen wird, wird ein Grad genannt und durch «1°» be-
zeichnet.
Die Ausſaugung der uͤbrigen Getreidearten wird
durch das Verhaͤltniß, worin dieſe im Werth und in der
Nahrhaftigkeit gegen den Rocken ſtehen, beſtimmt, und ich
nehme an, daß die Ernte von
1 Schfl. Weizen eine Ausſaugung bewirkt von. 1⅓°
1 Schfl. zweizeiliger Gerſte ¾°
1 geſtrichnen Schfl. Hafer ½°
Fuͤr eine ſiebenſchlaͤgige Koppelwirthſchaft auf einem
Gerſtenboden 1ſte Klaſſe nehme ich nun nach den auf dem
Gute T. gemachten Erfahrungen und Beobachtungen, fol-
gendes Verhaͤltniß des Ertrags der verſchiedenen Schlaͤge an:
wenn der 1ſte Schlag Ertrag 100 Sch. R. von 1000 □R.,
ſo gibt der 2te Schlag 100 Sch. Gerſte,
und der 3te Schlag 120 Sch. Hafer.
Der 4te, 5te und 6te Schlag liefern dann auf jede
270 □R. den Weidebedarf fuͤr eine Kuh, die taͤg-
lich 17 ℔ auf Heu reduzirtes Gras verzehrt, und
140 Tage auf dem Dreeſch ſelbſt (alſo mit Aus-
ſchluß der Stoppel- und Wieſenbehuͤtung) ihre
Nahrung findet.
Der 7te Schlag gibt in der Dreeſchbrache den fuͤnften
Theil der Grasproduktion, den ein Weideſchlag
liefert.
Nach den auf dem Gute T. in den Jahren 1811
und 1816 angeſtellten Probewiegungen uͤber das Verhaͤlt-
niß des Korns zum Stroh, verglichen mit den, auf eini-
gen andern Mecklenburgiſchen Guͤtern angeſtellten Wie-
gungen, habe ich als Durchſchnittsverhaͤltniß angenommen,
daß mit
1 Schfl. Rocken an Stroh geerntet wird 190 ℔
1 Schfl. Weizen — wenn der Weizen ſtehend war 190 ℔
1 Schfl. Weizen — wenn ⅓ des Weizens aus
Lagerkorn beſteht 200 ℔
1 Schfl. zweizeiliger Gerſte 93 ℔
1 Schfl. Hafer 64,5 ℔
Der Weizen gibt bei gleichem Koͤrnerertrage eine
geringere Strohmaſſe, als der Rocken; aber das Weizen-
ſtroh hat ein ſpezifiſch groͤßeres Gewicht als das Rocken-
ſtroh, und ich habe auch in ſpaͤtern Jahren das Gewicht
des mit einem Schfl. Weizen geernteten Strohes nicht
geringer gefunden, als beim Rocken; jedoch mag dies Ver-
haͤltniß bei ſchwachem Weizen mit kurzem Stroh an-
ders ſeyn.
Eine moͤglichſt ſorgfaͤltige Berechnung des auf dem
Gute T. in den 5 Jahren von 1810 bis 15 verfuͤtterten
und eingeſtreueten Strohes und des verfuͤtterten Heues
und Korns, verglichen mit der Zahl der abgefahrnen Fuder
Dung, ergibt als Reſultat, daß 1 Fuder Dung aus der
Verfuͤtterung und Einſtreuung von 878 ℔ trockenem Fut-
ter entſtanden iſt. Nimmt man nun, wie gewoͤhnlich, das
Gewicht eines vierſpaͤnnigen Fuders Dung zu 200℔ an,
ſo hat ein Pfund trockenes Futter 2,28 ℔ Dung gege-
ben. Es ergibt ſich hier eine in der That uͤberraſchende
Uebereinſtimmung mit der Annahme des Herrn Staats-
raths Thaer, der, durch Beobachtungen im Großen gelei-
tet, ſchon vor vielen Jahren den Faktor fuͤr die Dung-
vermehrung zu 2,3 beſtimmte.
Fuͤr den Faktor 2,3 den ich nun bei den fernern
Berechnungen zum Grunde lege, gehoͤren zu einem Fuder
Dung von 2000 ℔ = 870 ℔ trockenes Futter,
und ich werde in der Folge unter 1 Fuder Dung, immer
diejenige Dungmaſſe verſtehen, die durch Verfuͤtterung
und Einſtreuung von 870 ℔ trockenes Futter entſtan-
den iſt.
Wir koͤnnen hiernach die Quantitaͤt Dung, welche
die Kornernten durch das Stroh zuruͤckgeben, berechnen.
Fuͤr 100 Scheffel Rocken betraͤgt die Strohernte
100 × 190 = 19000 ℔ Stroh, und hieraus erfolgen
= 21,8 Fuder Dung.
Fuͤr 100 Schfl. Gerſte iſt der Strohgewinn 93 × 100
= 9300 ℔, und der Dunggewinn = 10,7 Fuder
die Ernte von 120 Scheffel Hafer bringt 120 × 64,5
= 7740 ℔ Stroh und = 8,9 Fuder Dung.
Es iſt allgemein bekannt, daß die Weide, oder das
Dreeſchliegen den Boden bereichert.
Nach vieljaͤhrigen Beobachtungen hat es ſich mir als
ſehr wahrſcheinlich ergeben, daß die Pflanzennahrung, wel-
che von den auf der Weide wachſenden Graͤſern und Klee-
arten konſumirt wird, durch die im Boden zuruͤckbleiben-
den und beim Umbruch des Dreeſches in Verweſung uͤber-
gehenden Wurzeln dieſer Gewaͤchſe wieder erſetzt werde,
daß alſo aller waͤhrend der Beweidung auf den Dreeſch
fallende Dung als eine Vermehrung des Dunggehalts des
Bodens zu betrachten iſt — jedoch unter der Bedingung,
daß der Dreeſch nicht aͤlter als 3 Jahr werde.
Aus der Zahl der Kuͤhe, die die Weide ernaͤhrt, laͤßt
ſich die Grasproduktion des Dreeſches berechnen. Eine
Kuh verzehrt in 140 Tagen à 17 ℔ — 2380 ℔ auf
Heu reducirtes Gras, welche auf 270 □R., als dem Wei-
debedarf einer Kuh, gewachſen ſind. Auf 1000 □R. iſt
die Produktion demnach = 8815 ℔ Heu.
Der aus der Weide in einem Jahre hervorgehende Dung-
gewinn betraͤgt hiernach = 10,1 Fuder, auf einem
Gerſtenboden der einen Rockenertrag von 10 Koͤrnern ge-
geben hat.
Der Brache meſſen wir eine doppelte Wirkung bei:
naͤmlich erſtens, daß ſie die im Boden befindliche Pflan-
zennahrung zu einem hoͤhern Grade von Wirkſamkeit
bringt; und zweitens, daß ſie den Reichthum des Bodens
durch die auf der Brache wachſenden Graͤſer und Kraͤuter,
welche theils untergepfluͤgt, theils vom Vieh abgefreſſen
und in Dung verwandelt werden, wirklich vermehrt.
In der Vermehrung des Reichthums ſchaͤtze ich die
Dreeſchbrache gleich ⅕ einer Dreeſchweide, und die Muͤr-
bebrache in der Dreifelderwirthſchaft, wenn ſie erſt zu Jo-
hannis umgebrochen wird, gleich ⅓ einer Dreeſchweide.
In einer Wirthſchaft, die in einem beharrenden Zu-
ſtande iſt, d. h. die im Ertrage und im Reichthum des
Bodens ſich gleich bleibt, muß die Ausſaugung mit dem
Erſatze im Gleichgewicht ſeyn. Reduziren wir nun den
Ertrag, den die ausſaugenden Getreideſaaten gegeben ha-
ben, auf Scheffel Rocken und druͤcken den Erſatz, den der
Acker durch Duͤngung und Weide erhalten hat, in Fuder
Dung aus: ſo ergibt ſich aus der Gleichſtellung der Aus-
ſaugung und des Erſatzes, fuͤr wie viele Scheffel Rocken
Nahrung in einem Fuder Dung enthalten iſt, oder was
daſſelbe iſt, durch wie viele Scheffel Rocken dem Boden
ein Fuder Dung entzogen wird.
Die Anwendung dieſer Rechnung auf verſchiedene
Bodenarten hat ergeben, daß dies Verhaͤltniß nach der
Guͤte des Bodens verſchieden iſt. Die Produktion einer
gleichen Ernte koſtet dem guten Boden weniger Dung
als dem ſchlechten.
Bei unſern folgenden Berechnungen iſt ein Boden
zum Grunde gelegt, der ſich in der ſiebenſchlaͤgigen Kop-
pelwirthſchaft ohne aͤußern Zuſchuß in gleicher Dungkraft
erhaͤlt — und auf dieſem Boden, der mit dem Gerſten-
boden 1ſte Klaſſe wahrſcheinlich zuſammenfaͤllt, koſtet die
Produktion von 3,2 Schfl. Rocken dem Acker ein Fuder
Dung, oder ein Fuder Dung iſt gleich 3,2°.
Herr von Wulffen hat in der Statik den ſo folgen-
reichen Satz aufgeſtellt, daß die Fruchtbarkeit als das Pro-
dukt zweier Faktoren, der Kraft des Bodens und des
Reichthums, anzuſehen ſey.
Sobald wir nun verſchiedene Bodenarten gegen ein-
ander ſtellen, duͤrfen wir nicht bloß den Reichthum in
Betracht ziehen, ſondern wir muͤſſen auch den Faktor fuͤr
die Einwirkung des Bodens in die Rechnung mitauf-
nehmen.
Da wir hier aber nur einen und denſelben Boden
vor Augen haben, ſo wird der Faktor der Bodeneinwir-
kung eine beſtaͤndige Groͤße. Vergleicht man nun denſel-
ben Boden unter verſchiedenen Graden des Reichthums
mit einander, ſo wird der Faktor der Bodeneinwirkung
durch ſich ſelbſt dividirt immer = 1, alſo indifferent fuͤr
das Produkt. Fuͤr unſern ſpeziellen Zweck duͤrfen wir alſo
dieſen beſtaͤndigen Faktor weglaſſen, und den Reichthum
als den einzigen veraͤnderlichen Faktor auch allein in
Rechnung bringen.
Fruchtbarkeitszuſtand
einer ſiebenſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft, jeden Schlag zu
1000 □R. gerechnet.
Fruchtbarkeitszuſtand
einer Dreifelderwirthſchaft, jedes Feld zu 1000 □R. gerechnet.
In der Koppelwirthſchaft war die Dungerzeugung ei-
nes Weideſchlags 10,1 Fuder fuͤr einen Reichthum des
Bodens von 265°. Ein Boden, deſſen Reichthum = 325°,
wie der nach der Gerſtenernte iſt, wuͤrde zur Weide nie-
dergelegt × 10,1 = 12,4 Fuder Dung erzeugen.
Da nun angenommen iſt, daß die Dungerzeugung einer
Muͤrbebrache ⅓ von der eines Weideſchlags betraͤgt: ſo
ſind hier dafuͤr = 4,1 Fuder in Rechnung gebracht.
§. 8.
In welchem Verhaͤltniß muß bei der Dreifelderwirth-
ſchaft Acker und Weide gegen einander ſtehen, wenn der
Acker ſich in gleicher Dungkraft erhalten ſoll?
Die Dreifelderwirthſchaft, deren Reichthum zu An-
fang des Umlaufs 500° war, hatte am Ende deſſelben
noch 442,2° Reichthum, und verliert alſo in einem Um-
laufe 57,8°.
Ein Fuder Dung iſt gleich 3,2°; zu 57,8° gehoͤren
alſo = 18 Fuder Dung, und eines ſolchen jaͤhrli-
chen Zuſchuſſes bedarf die Dreifelderwirthſchaft, wenn ſie
in gleicher Dungkraft bleiben ſoll.
Wenn nun dieſer Dungzuſchuß allein aus der mit
dem Acker verbundenen Weide hervorgehen ſoll, ſo fragt
es ſich, wie viele Quadratruthen Weide erforderlich ſind,
um 18 Fuder Dung fuͤr das Ackerland zu liefern.
Da dieſe Weide nie aufgebrochen und verjuͤngt wird,
ſo iſt ſie viel ſchlechter als die Weide in der Koppelwirth-
ſchaft, und eine Kuh, oder eine dafuͤr zu ſubſtituirende
Zahl Schafe, bedarf anſtatt 270 □R. hier 405 □R. zur
Weide. In der Koppelwirthſchaft erzeugen 1000 □R.
Weide 10,1 Fuder Dung, hier aber, weil die Dunger-
4
zeugung mit der Grasproduktion im Verhaͤltniß ſteht, nur
⅔ dieſes Quantums, alſo ⅔ × 10,1 = 6¾ Fuder.
Wird nun die Weide durch Schafe genutzt, ſo kann
die Haͤlfte des Duͤngers, den die Weide gibt, fuͤr das
Ackerland gewonnen werden, wenn die Schafe des Nachts
auf der Brache in Huͤrden liegen. Unter dieſer Bedin-
gung geben 1000 □R. Weide 6¾ × ½ = 3⅜ Fuder
Dung fuͤr das Ackerland ab.
Der Dungbedarf des Ackerlandes iſt 18 Fuder; um
dieſe zu gewinnen werden erfordert × 1000 □R.
= 5333 □R. Weide.
Wenn alſo die 3 F. W. ſich in ſich ſelbſt erhalten
ſoll, ſo muͤſſen 3000 □R. Ackerland mit 5333 □R. Weide
verbunden ſeyn; oder von 8333 □R. muß der Acker
3000 □R., die Weide 5333 □R. betragen.
Fuͤr eine Flaͤche von 100000 □R. wird unter die-
ſem Verhaͤltniß der Acker betragen
8333:3000 = 100000: × 100000 = 36000 □R.
Die Weide betraͤgt alsdann × 100000 = 64000 □R.
Die reine Koppelwirthſchaft kann eben ſo wenig als
die reine 3 F. W. ohne Wieſen beſtehen, weil zur Unter-
haltung des Viehes im Winter das Heu unentbehrlich iſt,
wenn dies nicht durch eine ſehr koſtbare Koͤrnerfuͤtterung
erſetzt werden ſoll.
Der Zweck unſerer Unterſuchung fordert aber, daß
wir das Ackerland, ſowohl in ſeinem Geldertrage als in
ſeiner Dungproduktion, fuͤr ſich allein, alſo getrennt von
den Wieſen betrachten, und es fragt ſich nun, wie aus
dem Reinertrage eines aus Acker und Wieſen zuſammen-
geſetzten Guts, der Reinertrag und die Dungproduktion
jedes dieſer beiden Gegenſtaͤnde gefunden werden kann.
Der Werth des Heues zerfaͤllt in zwei Theile: 1ſtens
in ſeinen Futterwerth, und 2tens in den Werth, den der
aus dem Heu erfolgende Dung hat.
Der Futterwerth des Heues laͤßt ſich aus der reinen
Nutzung, den das Milchvieh und die Schafe geben, be-
rechnen.
Den Dungwerth des Heues habe ich nach folgendem
Prinzip beſtimmt:
Man denke ſich das zu einem Gute gehoͤrende Acker-
land, von gleicher Guͤte und gleichem Reichthum in zwei
Abſchnitte getheilt. Der erſte Abſchnitt erhalte den ſaͤmmt-
lichen aus den Wieſen erfolgenden Dungzuſchuß, und
liege in einer Koppelwirthſchaft mit einer verhaͤltnißmaͤ-
ßig ſo großen Kornausſaat, daß ſie ſich mit Huͤlfe des
Dungzuſchuſſes nur grade in gleicher Dungkraft erhaͤlt.
Der zweite Abſchnitt liege in einer Koppelwirthſchaft, bei
welcher das Verhaͤltniß der Kornſaaten zu den Weiden-
ſchlaͤgen von der Art iſt, daß ſie ſich in und durch ſich
ſelbſt in derſelben Dungkraft, worin ſie einmal iſt, erhaͤlt.
Der hoͤhere reine Geldertrag des erſten Abſchnittes von
gleicher Flaͤche iſt dann allein dem Dungzuſchuß beizu-
meſſen, und aus der Groͤße dieſes Zuſchuſſes, vergleichen
mit dem Gelduͤberſchuß, ergiebt ſich dann der Geldwerth
eines Fuders Dung.
Die Statik liefert die Data zu einer ſolchen Berech-
nung.
Wie aber das Verhaͤltniß zwiſchen Acker und Weide
in der 3 F. W. veraͤndert wird, wenn das Ackerland ei-
nen Theil ſeines Dungbedarfs von den Wieſen erhaͤlt,
mag folgendes Beiſpiel zeigen:
Geſetzt mit der Flaͤche von 100000 □R. Acker und
Weide ſeyen Wieſen verbunden, deren jaͤhrlicher Ertrag 100
Fuder Heu à 1800 ℔ ausmache.
Ein Fuder Heu von 1800 ℔ liefert durch Verfuͤtte-
4*
rung = 2,07 Fuder Dung; durch 100 Fuder Heu
erhaͤlt das Ackerland einen Zuſchuß von 207 Fuder Dung.
Eine Ackerflaͤche von 3000 □R. bedarf eines jaͤhrli-
chen Zuſchuſſes von 18 Fuder Dung; 207 Fuder reichen
alſo hin fuͤr × 3000 = 34500 □R. Ackerland.
Zieht man dieſe 34500 □R. von der ganzen Flaͤche
= 100000 □R. ab, ſo bleiben noch 65500 □R., die
keinen weitern Zuſchuß erhalten koͤnnen, und die ſich in
ſich ſelbſt erhalten muͤſſen. Unter dieſer Bedingung be-
traͤgt aber das Ackerland, wie wir oben gefunden haben,
der ganzen Flaͤche, und die Weide derſelben,
welches fuͤr eine Flaͤche von 65500 □R. an Acker
65500 × = 23580 □R., und an Weide 65500 ×
= 41920 □R. ergibt.
Es betraͤgt demnach
1) das Ackerland was ſich durch den Dung-
zuſchuß aus den Wieſen erhaͤlt 34500 □R.
2) das Ackerland was ſeinen Dungbedarf
von der Weide erhaͤlt 23580 □R.
Summe des Ackers 58080 □R.
3) die Weide 41920 □R.
Auf Acker von einem niedrigern Koͤrnerertrag reicht
derſelbe Dungzuſchuß fuͤr eine groͤßere Ackerflaͤche hin. Bei
einem Ertrage von 5 Koͤrnern beduͤrfte die 3 F. W. nur
eines Dungzuſchuſſes von 9 Fudern, um ſich in gleicher
Kraft zu erhalten, 100 Fuder Heu wuͤrden hier alſo fuͤr
2 × 34500 = 69000 □R. Ackerland hinreichen. Die
ſich ſelbſt erhaltende Flaͤche bliebe dann nur 31000 □R.,
wovon nach dem oben angegebenen Verhaͤltniß 11160 □R.
Acker und 19840 □R. Weide ſeyn wuͤrden.
Die Summe des Ackers betruͤge dann 80160 □R.,
und die Weide nur 19840 □R.
§. 9.
Wie verhaͤlt ſich der Koͤrnerertrag des Rockens in
der Koppelwirthſchaft zu dem in der Dreifelderwirthſchaft,
wenn die Ackerflaͤchen, auf denen beide Wirthſchaftsarten
betrieben werden, im Ganzen gleichen Reichthum an Pflan-
zennahrung enthalten?
Wenn man eine 3 F. W. in eine ſiebenſchlaͤgige Kop-
pelwirthſchaft umlegt, ſo wird nun die ganze auf dem
Hofe befindliche Dungmaſſe auf den 7ten Theil des Fel-
des gebracht, anſtatt daß ſie bisher auf den 3ten Theil
dieſes Feldes vertheilt wurde.
Aus dieſem Grunde muß alſo der Rocken ſchon im
erſten Jahre nach der Umlegung einen hoͤhern Ertrag ge-
ben als fruͤher in der 3 F. W.; aber dieſer erhoͤhte Ertrag
beweiſet keinesweges einen erhoͤheten Reichthum des gan-
zen Feldes — welcher im erſten Jahre noch gar keine
Veraͤnderung erlitten haben kann — ſondern ruͤhrt bloß
von der groͤßern Konzentrirung des Dungs auf einen
Theil des Feldes her.
Wir duͤrfen alſo durchaus nicht Koppel- und Drei-
felderwirthſchaften, die einen gleichen Koͤrnerertrag im Ro-
cken geben, mit einander vergleichen; ſondern wir muͤſſen
ausmitteln, wie bei gleichem Reichthum beider Ackerflaͤ-
chen der Koͤrnerertrag ſich gegen einander verhalte.
Der Reichthum des ganzen Feldes ergibt ſich aus
der Summe des Reichthums der einzelnen Schlaͤge. Waͤh-
rend des Sommers iſt die im Boden befindliche Quan-
titaͤt Pflanzennahrung einer ſteten Veraͤnderung unterwor-
fen, indem durch den Pflanzenwachsthum auf den Ge-
treidefeldern eine ſtete Ausſaugung, auf den Weideſchlaͤgen
eine fortgehende Dungerzeugung bewirkt wird. Wir
waͤhlen deshalb den Fruͤhling zum Zeitpunkt der Betrach-
tung, wo die Vegetation noch nicht begonnen hat, und
alle Schlaͤge noch den Grad von Reichthum haben, der
fuͤr ihren Ertrag die Norm abgibt.
Um verſchiedene Wirthſchaftsſyſteme in dieſer Bezie-
hung mit einander vergleichen zu koͤnnen, muͤſſen wir,
außer dem im Acker wirklich befindlichen Reichthum, auch
noch den auf dem Hofe befindlichen, aus der Ernte des
vorigen Jahrs erzeugten oder noch zu erzeugenden Dung
in Rechnung mit aufnehmen. Denn wenn in dem einen
Wirthſchaftsſyſtem der Dung ſchon im Fruͤhjahr, in dem
andern erſt nach vollendeter Saatbeſtellung abgefahren
wird, und man nun bloß auf den im Acker befindlichen
Reichthum Ruͤckſicht naͤhme: ſo wuͤrde dies nicht zu der
Ueberſicht fuͤhren, wie viel Reichthum im Ganzen zur
Hervorbringung einer gegebenen Ernte erforderlich iſt.
Die letztere Wirthſchaft kann naͤmlich ohne das auf dem
Hofe befindliche Dungkapital den angenommenen Ertrag
nicht liefern.
Die Data zu einer ſolchen Berechnung koͤnnen wir
aus den in §. 7. mitgetheilten Tabellen uͤber den Frucht-
barkeitszuſtand der K. W. und der 3 F. W. entnehmen.
Nur iſt noch zu bemerken, daß, da wir in der K. W.
Weidegang vorausſetzen, der durch die Weide erzeugte
Dung auf dem Felde ſelbſt bleibt, und nicht nach dem
Hofe kommt; da nun die Dungerzeugung eines Weide-
ſchlages 10,1 Fuder betraͤgt, ſo wird der Reichthum die-
ſes Schlages mit jedem Jahr um 10,1 × 3,2 = 32,3°
erhoͤht.
Reichthum einer ſiebenſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft beim Er-
trage von 10 Koͤrnern.
Grade
1ſter Schlag. Rocken enthaͤlt 500°
2ter Schlag. Gerſte 400°
3ter Schlag. Hafer 325°
4ter Schlag. Weide 265°
5ter Schlag. Weide 297,3°
6ter Schlag. Weide 329,6°
7ter Schlag. Brache 361,9°
Duͤngung aus dem Stroh 41,4 Fuder à 3,2° 132,5°
In 7000 □R. ſind enthalten 2611,3°
dies macht auf 1000 □R. 373°
Reichthum einer Dreifelderwirthſchaft beim Ertrage von 10
Koͤrnern.
Grade
1ſtes Feld. Rocken 500°
2tes Feld. Gerſte 400°
3tes Feld. Brache 325°
Duͤngung aus dem Stroh 32½ Fuder à 3,2° 104°
3000 □R. enthalten 1329°
dies macht auf 1000 □R. 443°
Um einen Koͤrnerertrag = 10 im Rocken hervor zu-
bringen, bedarf die Dreifelderwirthſchaft in 1000 □R.
Acker eines Reichthums von 443°, waͤhrend in der Kop-
pelwirthſchaft ein Reichthum von 373° dazu hinreicht.
Der Reichthum von 373° in 1000 □R. wuͤrde dagegen
in der Dreifelderwirthſchaft nur 8,4 Koͤrner hervorbrin-
gen; denn 443°:373° = 10: × 10 = 8,4.
Derſelbe Acker, welcher in der 3 F. W. einen Ertrag
von 8,4 Koͤrnern gab, wird alſo nach der Umlegung in
eine ſiebenſchlaͤgige K. W. einen Ertrag von 10 Koͤrnern
liefern, ohne daß der Reichthum des Feldes im Ganzen
erhoͤht waͤre; oder, die Koppelwirthſchaft von 10 Koͤrnern
und die Dreifelderwirthſchaft von 8,4 Koͤrnern Ertrag
ſtehen auf gleicher Stuffe des Reichthums.
Reichthum einer ſechsſchlaͤgigen Fruchtwechſelwirthſchaft, wenn
der Kartoffelſchlag und der Rockenſchlag nach Wicken jeder
500° enthalten.
Grade
1ſter Schlag. Kartoffeln 500°
2ter Schlag. Gerſte 400°
3ter Schlag. Maͤhnklee 325°
4ter Schlag. Rocken 299°
5ter Schlag. Wicken zu Gruͤnfutter 525°
6ter Schlag. Rocken 500°
6000 □R. enthalten 2549°
dies macht fuͤr 1000 □R. 425°
Wenn nun jemand den Geldertrag einer F. W. W.
(Fruchtwechſelwirthſchaft) mit den einer K. W. vergleicht
und fuͤr beide Wirthſchaftsarten denſelben Koͤrnerertrag im
Rocken annimmt: ſo berechnet er in der erſten Wirthſchaft
den Ertrag eines Ackers von 425° und in der zweiten den
von 373° mittlerm Reichthum.
Die Nichtbeachtung dieſes Umſtandes gibt zu ſehr ge-
faͤhrlichen Irrthuͤmern Anlaß.
Bei der Vergleichung zweier Wirthſchaftsſyſteme muß
man unſtreitig Acker von gleichem Reichthum zum Grunde
legen. Nun verhaͤlt ſich in der K. W. der mittlere Reich-
thum zu dem des Rockenſchlages wie 373° zu 500°, in
der F. W. W. aber wie 425° zu 500°. Fuͤr einen Acker
von 373° mittlerm Reichthum wird der Rockenſchlag in
der F. W. W. nur 439° erhalten; denn 425: 500
= 373: 439. Oder, mit andern Worten, wenn eine K.
W. in eine F. W. W. umgelegt wird, ſo erhaͤlt der Ro-
ckenſchlag ſtatt 500° jetzt 439° Reichthum, und der Koͤr-
nerertrag muß ſchon aus dieſer Urſache von 10 auf 8, 8
zuruͤckſinken.
§. 10.
Arbeitserſparung in der Dreifelderwirthſchaft im Verhaͤltniß zur
Koppelwirthſchaft.
Meine auf Erfahrung beruhenden Berechnungen ge-
ben nur die Koſten einer Dreeſchbrache an, und erſtrecken
ſich nicht auf eine Muͤrbebrache. Die hier gegebene Ueber-
ſicht der Minderkoſten einer Muͤrbebrache hat daher nicht
aus der Wirklichkeit entnommen werden koͤnnen, ſondern
beruht auf einer durch Beobachtung geleiteten Schaͤtzung.
§. 11.
Ueber den Einfluß, den die Entfernung des Ackers vom Hofe
auf die Arbeitskoſten hat.
In dieſer Hinſicht ſind die Arbeiten in folgende 4
Klaſſen zu theilen:
1ſte Klaſſe. Arbeiten, deren Groͤße ganz von der Ent-
fernung abhaͤngt, z. B. Dungfahren und Einfahren des
Korns.
2te Klaſſe. Arbeiten, die des Tags ein zweimaliges
Hin- und Hergehen erfordern, die aber durch Regen haͤu-
fig unterbrochen werden, z. B. Maͤhen, Binden und an-
dere Erntearbeiten. Ich nehme an, daß dieſe Unterbre-
chung im Durchſchnitt taͤglich einmal ſtatt findet, ſo daß
fuͤr dieſe Klaſſe der dreifache Zeitverluſt, den das Hin-
und Zuruͤckgehen verurſacht, in Rechnung kommt.
3te Klaſſe. Arbeiten, die ein zweimaliges Hin- und
Zuruͤckgehen erfordern, durch den Regen aber nicht leicht,
wenigſtens nicht ſo haͤufig als die Erntearbeiten unter-
brochen werden. Dahin gehoͤren Haken, Eggen, Saͤen,
Graben machen u. ſ. w.
Das Haken mit Ochſen ſcheint zwar nicht zu dieſer
Klaſſe zu gehoͤren, da die Haͤker des Morgens nach dem
Felde gehen und erſt des Abends zuruͤckkehren, alſo den
Weg nach dem Orte der Arbeit nur einmal des Tags
hin- und zuruͤck machen. Die Ochſen muͤſſen aber, da ſie
taͤglich 3 mal gewechſelt werden, den Weg 4 mal zuruͤck-
legen, wodurch ſie bei weiten Entfernungen ſehr ange-
griffen werden. Man kann deshalb das Haken fuͤglich
mit zu dieſer Klaſſe rechnen.
4te Klaſſe. Arbeiten, die auf dem Hofe ſelbſt geſche-
hen, als Dreſchen, Dungaufladen, Kornabladen u. ſ. w.
Dieſe bleiben immer gleich, die Entfernung des Ackers
vom Hofe mag ſeyn, welche ſie wolle.
Die Koſten der Beduͤngung des Feldes, und das
Einholen des Korns vom Felde gehoͤren zu verſchiedenen
Klaſſen.
Bei der Beduͤngung des Feldes gehoͤrt die Geſpann-
arbeit zur 1ſten Klaſſe, das Streuen des Dungs auf dem
Felde zur 3ten, und das Aufladen auf dem Hofe zur 4ten
Klaſſe der Arbeiten.
Die genauere Berechnung hat ergeben, daß von den
geſammten Koſten der Beduͤngung des Feldes
zur 1ſten Klaſſe gehoͤren 7/10
3ten » » 1/10
4ten » » 2/10
Von den Arbeiten beim Einbringen des Korns ge-
hoͤrt die Geſpannarbeit zur 1ſten Klaſſe, das Aufſtaken
und Laden des Korns auf dem Felde zur 2ten, und das
Abſtaken und Taſſen oder Banſen zur 4ten Klaſſe.
Von den in meinen Arbeitsrechnungen unter der
Rubrik «Auf- und Abladen» zuſammengefaßten Arbeiten,
betragen die Koſten der Arbeit auf dem Felde faſt ganz
genau ⅓, und die der Arbeit auf dem Hofe ⅔ des
Ganzen.
Die mittlere Entfernung des Ackers vom Hofe be-
traͤgt auf dem Gute T., welches bei einer nicht ganz re-
gelmaͤßigen Figur 160000 □R. Ackerland enthaͤlt, c c
210 Ruthen.
Wie aͤndern ſich nun die Arbeitskoſten, wenn dieſe
Entfernung ſich aͤndert, und welcher Antheil der Arbeits-
koſten bleibt dann noch, wenn die Entfernung des Ackers
vom Hofe = 0 iſt?
Die Arbeitszeit der Leute betraͤgt hier vom 24ſten
Maͤrz an bis zum 24ſten October, als in welcher Zeit die
mehrſten Feldarbeiten geſchehen, im Durchſchnit 10⅔
Stunden.
Die Arbeiter gebrauchen, nach meiner Beobachtung, zum
Hin- und Zuruͤckgehen von 210 Ruthen c c 32 Minuten.
Fuͤr die Arbeiten der 2ten Klaſſe, die ein dreimali-
ges Hin- und Zuruͤckgehen erfordern, gehen alſo taͤglich
3 × 32 = 96 Minuten fuͤr die eigentliche Arbeit ver-
loren, welches 3/20 der ganzen Arbeitszeit ausmacht.
Von den Arbeiten der 2ten Klaſſe erfordert das Hin-
und Zuruͤckgehen 2 × 32 = 64 Minuten, und die Ar-
beitszeit wird dadurch um 1/10 verkuͤrzt.
Nach den ſchon oͤfters angefuͤhrten Berechnungen vom
Gute T. betragen auf 70000 □R. Acker von 210 Ru-
then mittlerer Entfernung
die Beſtellungskoſten 569,8 Thlr. N⅔
die Erntekoſten ....... 499,5 Thlr.
Nach einer ſpeziellen Berechnung, deren Mittheilung
hier zu viel Raum einnehmen wuͤrde, gehoͤren
zur
Von den Bearbeitungskoſten, welche 70000 □R.
Acker in der Entfernung von 210 Ruthen vom Hofe und
beim Ertrage von 10 Koͤrnern erfordern, kommen (mit
Weglaſſung der Bruͤche)
a. von den Beſtellungskoſten = 570 Thlr. N⅔
auf die Entfernung vom Hofe 57 Thlr. N⅔
oder 10 prct. vom Ganzen;
unabhaͤngig von der Entfer-
nung ſind 513 Thlr.
b. von den Erntekoſten = 500 Thlr.
auf die Entfernung vom Hofe 176 Thlr.
oder 35,2 prct. vom Ganzen;
unabhaͤngig von der Entfer-
nung ſind 324 Thlr.
Die Ernte der hier angegebenen Acker-
flaͤche liefert nach Abzug der Arbeitskoſten
und der allgemeinen Kulturkoſten eine
Landrente von 954 Thlr. N⅔
Wenn wir nun die durch die Entfer-
nung verurſachten Koſten einſtweilen bei
Seite ſetzen, oder was daſſelbe iſt, die Ent-
fernung = 0 annehmen, ſo werden von
den in Ausgabe gebrachten
570 Thlr. Beſtellungskoſten erſpart 57 » »
500 Thlr. Erntekoſten 176 » »
Bei der Entfernung = 0 wird alſo
die Landrente betragen 1187 Thlr. N⅔
Mit jeden 210 Ruthen Entfernung aͤn-
dert ſich die Landrente um 233 » »
Es iſt demnach N⅔
Thaler
fuͤr 0 Entfernung die Landrente 1187
210 Ruthen 954
420 » 721
630 » 488
840 » 255
1050 » 22
1070 » 0
Fuͤr Acker von niederem Koͤrnerertrag bleiben die
Beſtellungskoſten dieſelben, und die Erntekoſten nehmen
mit dem Ertrage ab. Daſſelbe Verhaͤltniß findet fuͤr die
Koſten, die die Entfernung des Ackers vom Hofe verur-
ſacht, ſtatt.
Fuͤr einen Ertrag von 9 Koͤrnern ge-
hoͤren der Entfernung an:
a. von den Beſtellungskoſten 57 Thlr. N⅔
b. von den Erntekoſten 176 × 9/10 = 158 » »
215 » »
Die Landrente ſteigt oder faͤllt alſo mit jeden 210
Ruthen Entfernung um 215 Thaler.
Mit einem Korn-Ertrag vermindern ſich die Koſten
der Entfernung um 18 Thlr. (genauer um 17,6 Thlr.)
dieſe ſind alſo fuͤr den Ertrag von 8 Koͤrnern = 215 — 18
= 197 Thlr.
Hiernach iſt nun folgende Tabelle berechnet:
Zuſaͤtze.
A. Ueber die mittlere Entfernung des Ackers vom Hofe.
Der Ausdruck «mittlere Entfernung» bedarf, da er in
einem andern als dem gewoͤhnlichen Sinn genommen iſt,
einer Erklaͤrung.
Wenn man bei der Beduͤngung eines Schlags, der
eine regelmaͤßige Figur, z. B. ein gleichſchenkliches Dreieck
bildet, die Weite des Weges, die die Pferde mit dem
1ſten, 2ten, 3ten und allen folgenden, bis zur vollendeten
Beduͤngung des ganzen Schlags, abgefahrnen Fuder ma-
chen, ausmißt, aufzeichnet und ſummirt, und dann die ſo
gefundene Summe durch die Zahl der abgefahrnen Fuder
dividirt: ſo ergibt ſich die mittlere Entfernung, in dem
Sinne wie wir dieſe hier genommen haben. Nimmt man
nun auf einer Linie, die den Schlag, in der Richtung
vom Hofe nach der Graͤnze zu, in zwei gleiche Theile
theilt, einen Punkt, der ſo weit vom Hofe entfernt iſt,
als die gefundene mittlere Entfernung ausweiſ’t: ſo iſt
dieſer Punkt gleichſam der Repraͤſentant fuͤr die Entfer-
nung aller Theile des ganzen Schlags, und es wuͤrde in
Hinſicht der Weite des beim Dungfahren zu machenden
Wegs ganz gleichguͤltig ſeyn, ob man den Dung nach
allen Theilen des Schlags fuͤhre, oder ob man allen Dung
nach dieſem Punkte auf einen Haufen braͤchte.
Mir iſt nicht bekannt, daß in der Mathematik ſchon
eine Formel dargeſtellt ſey, wornach dieſe mittlere Ent-
fernung zu berechnen waͤre; und alle meine Bemuͤhungen,
ein allgemeines Geſetz dafuͤr aufzufinden, ſind bis jetzt
immer vergeblich geweſen.
Fuͤr den praktiſchen Gebrauch muß es einſtweilen ge-
nuͤgen, wenn man die Entfernung des Schwerpunkts —
welcher zwar nicht mit dem Punkte der mittlern Entfer-
nung zuſammenfaͤllt, aber, bei regelmaͤßigen Dreiecken,
auch nicht bedeutend davon abweicht — bei Vergleichun-
gen zum Maßſtab nimmt.
Einfacher wird die Aufgabe noch, wenn man fuͤr das
Mergelfahren, ſtatt des Dungfahrens die mittlere Entfer-
nung ſucht. Man kann ſich dann das zu befahrende Feld,
welches aber regelmaͤßig z. B. ein rechtwinklichtes Viereck
ſeyn muß, in lauter kleine Quadrate getheilt denken, wo
auf jeden Durchſchnittspunkt eine Karre Mergel kommt.
Die Summe aller Entfernungen, von jedem einzelnen
Durchſchnittspunkt bis zur Spitze des Vierecks (der Mer-
gelgrube) dividirt durch die Zahl der Durchſchnittspunkte,
gibt dann die mittlere Entfernung.
B. Ueber die Lage der Hoͤfe in Mecklenburg.
Wenn man die Lage der Hoͤfe auf den mehrſten
Guͤtern in Mecklenburg und Vorpommern betrachtet: ſo
muß man uͤber die Widerſinnigkeit der Anlage erſtaunen.
Sichtlich tragen ſie die Spuren ihrer erſten Entſte-
hung noch an ſich, und ſind als hiſtoriſche Denkmaͤler der
erſten Anſiedelungen zu betrachten. Wo ein See, ein
Fluß, ein Bach iſt, da lehnen ſich die Hoͤfe daran, und
aller Acker liegt in einer oft unabſehbaren Strecke an ei-
ner Seite des Hofes. Der erſte Kultivator einer wilden
und bisher oͤden Gegend hatte ganz recht, wenn er ſeinen
Wohnſitz an einem See, Fluß oder Bach aufſchlug, weil
er ſich dadurch das erſte und nothwendigſte Beduͤrfniß,
das Waſſer, auf die mindeſt koſtbarſte Weiſe verſchaffte,
und weil er zuerſt nur ſo wenig Acker in Kultur nahm,
daß die Entfernung deſſelben vom Hofe hoͤchſt unbedeu-
tend blieb. Als aber in den folgenden Jahrhunderten
Wohlſtand und Bevoͤlkerung ſtiegen, der Ackerbau ſich aus-
dehnte, die Viehheerden vermehrt wurden — da trieb der
Beſitzer des Hofes ſein Vieh ſo weit, bis er auf ein na-
tuͤrliches Hinderniß, einen Bach, einen Moraſt u. ſ. w.
ſtieß, oder bis ein Graͤnznachbar ihn an der weitern Aus-
breitung mit Gewalt hinderte. In der neuern Zeit ſind
nun ſelbſt dieſe Viehweiden groͤßtentheils zu Acker gemacht
worden, der aber wegen ſeiner großen Entfernung haͤufig
einen negativen Reinertrag gibt.
So ſind unſere Guͤter entſtanden und im Lauf der
Zeit verwandelt; aber die Hoͤfe der großen Guͤter ſtehen
noch auf derſelben Stelle, wo einſt der erſte Anſiedler ſeine
Huͤtte aufſchlug.
In Gegenden, wo es keine Fluͤſſe und Seen
gibt, iſt zwar die Sache minder ſchlimm; aber auch hier
laufen haͤufig die Gutsgraͤnzen geſchlungen oder mit ſte-
ten Aus- und Einbiegungen neben einander hin, und zu-
gleich iſt es nicht ſelten, daß von zwei benachbarten Guͤ-
tern, der Acker des einen bis nahe an den Hof des an-
dern reicht, waͤhrend dieſes Gut ſich mit ſeinem Acker
wieder dem Hofe eines dritten Guts naͤhert.
Wir ſind durch unſere vorhergehenden Berechnungen
in den Stand geſetzt, den Verluſt, der aus dieſer unre-
gelmaͤßigen Lage der Hoͤfe entſpringt, fuͤr einen gegebenen
Fall, in Zahlen auszuſprechen, und der Gegenſtand iſt
wichtig genug, um noch einen Augenblick dabei zu ver-
weilen.
Geſetzt das Gut A habe ein Stuͤck Acker von 70000
□R. à 8 Koͤrner Ertrag, welches von dem Hofe des Guts
A 400 Ruthen, von dem des benachbarten Guts B aber
nur 100 Ruthen entfernt iſt. Das Gut B beſitze dagegen
ein Stuͤck Acker von gleicher Groͤße und Guͤte, welches
ebenfalls 400 Ruthen entfernt iſt, dem Hofe des Guts C
aber bis auf 100 Ruthen nahe liegt.
Um wie viel wird nun die Landrente des Guts B
ſteigen, wenn es das 400 Ruthen entfernte Stuͤck an C
abtritt, und dagegen das 100 Ruthen entfernte Stuͤck von
A wieder erhaͤlt?
5
Fuͤr das Gut B geben 70000 □R. Acker à 8 Koͤr-
ner Ertrag,
1) auf 100 Ruthen Entfernung eine Land-
rente von 763 ÷ 197 × 100/210 = 669 Thlr.
2) auf 400 Ruthen Entfernung eine Land-
rente von 763 ÷ 197 × 400/210 = 388 »
Durch den Umtauſch gewinnt das Gut B 281 Thlr.
Landrente und an Kapitalwerth beim Zins-
fuß von 5 prct. 5620 »
Das Gut C gewinnt durch die Erwerbung
von 70000 □R. Acker, welche nur 100 Ru-
then vom Hofe entfernt ſind,
an Landrente 669 »
an Kapitalwerth 13380 »
Durch dieſe Veraͤnderung gewinnt alſo
das Gut B an Kapitalwerth 5620 »
das Gut C » » » 13380 »
zuſammen 19000 Thlr.
das Gut A verliert dagegen 7760 »
bleiben 11240 Thlr.
Die drei Guͤter zuſammen haben alſo bloß durch die
beſſere Vertheilung des Ackers 11240 Thlr. an Kapital-
werth gewonnen.
Es iſt zu bemerken, daß der aus dieſem Umtauſch
des Grundeigenthums hervorgehende Gewinn, nicht wie
der Gewinn bei einem gewoͤhnlichen, ſo genannten guten
Handel, wo der eine Kontrahent ſo viel verliert als der
andere gewinnt, zu betrachten iſt; ſondern dieſer Gewinn
iſt ein reiner Zuſchuß zum Nationaleinkommen und zum
Nationalvermoͤgen.
Bedenkt man nun, daß faſt auf keinem Gute die
Gebaͤude in der Mitte der Feldmark ſtehen, daß faſt jedes
Gut durch Abrundung und Austauſch gewinnen kann: ſo
muß man erſtaunen und trauern uͤber die Groͤße des Ka-
pitals, das fuͤr den Nationalreichthum auf dieſe Weiſe
ohne irgend einen Erſatz verloren geht. Wollte man die-
ſen Verluſt an Nationalvermoͤgen fuͤr Mecklenburg in Geld
anſchlagen: ſo wuͤrde bei den niedrigſten Anſaͤtzen die
Rechnung doch immer einige Millionen Thaler ergeben.
Aber warum, kann und muß man fragen, ſind denn
dieſe Gutsgraͤnzen ſo unveraͤnderlich, unveraͤnderlicher ſo-
gar als die Graͤnzen der Staaten?
Dem Austauſch ſteht zuerſt die Anhaͤnglichkeit an
dem bisher beſeſſenen Eigenthum entgegen. Man uͤber-
ſchaͤtzt nur zu leicht den Werth des Grundſtuͤcks, das man
ſchon lange in Beſitz gehabt, oder gar von den Vorfahren
ererbt hat, und an deſſen Verbeſſerung man eigene Muͤhe
und Koſten verwandt hat. Aber dieſe Anhaͤnglichkeit, im
ſteten Widerſtreit mit der klaren Einſicht und dem wohl-
verſtandenen Intereſſe, wuͤrde doch nicht Generationen und
Jahrhunderte hindurch den Umtauſch verhindert haben,
wenn nicht andere reellere Hinderniſſe mitgewirkt haͤtten.
Dieſe finden wir nun genuͤgend in Folgendem:
1) In der Groͤße der Abgaben, die in Mecklenburg nicht
bloß beim Verkauf ganzer Guͤter, ſondern auch beim
Verkauf einzelner Gutspertinenzien erlegt werden,
und die beim Umtauſch ſogar doppelt, d. h. von dem
Werth jedes der beiden an einen andern Beſitzer uͤber-
gegangenen Grundſtuͤcke, entrichtet werden muͤſſen;
2) in den Koſten, welche die Vermeſſung des angekauf-
ten oder verkauften Stuͤcks, die Umſchreibung im
Steuerkataſter u. ſ. w. verurſacht;
3) in den Schuldenverhaͤltniſſen der Guͤter, wodurch
naͤmlich kein Stuͤck des Guts ohne ſpezielle Einwilli-
5*
gung aller Gutsglaͤubiger weder verkauft noch ver-
tauſcht werden kann.
Die hohe Abgabe beim Verkauf ganzer Guͤter iſt der
Kultur des Bodens nicht hinderlich, ſondern vielmehr guͤn-
ſtig, indem ſie das leichtſinnige Uebergehen der Guͤter von
einer Hand in die andere hemmt und vermindert; aber
ſicherlich iſt die Abgabe auf den Austauſch einzelner Guts-
theile hoͤchſt nachtheilig fuͤr den Nationalwohlſtand.
Da dieſe Abgabe in Verbindung mit den andern
Schwierigkeiten ſtark genug iſt, um faſt alle Austauſchun-
gen zu verhindern: ſo wuͤrde auch die Aufhebung derſel-
ben kein Opfer ſeyn, oder doch nur ein ſehr geringes De-
fizit in den Staatsrevenuͤen hervorbringen. Wollte man
auch dieſes Defizit decken: ſo koͤnnte dies durch eine ge-
ringe Erhoͤhung der Abgabe beim Verkauf ganzer Guͤter
ohne allen Nachtheil fuͤr die Landeskultur geſchehen.
Ob und wie nun aber die dritte, aus den Schuld-
verhaͤltniſſen der Guͤter hervorgehende Schwierigkeit zu
entfernen ſey — daruͤber wage ich kein Urtheil zu faͤllen.
Aber es iſt voraus zu ſehen, daß wenn wir, in unſerm
alt gewordenen Welttheil, die Feſſeln, die die Zeit und
das Herkommen um uns geſchlungen hat, nicht zu loͤſen
wiſſen, wir dann im Ackerbau und an Nationalwohlſtand
gegen die friſch aufbluͤhenden Staaten der neuen Welt
gar bald zuruͤckſtehen werden.
Auf den Doͤrfern, wo die Bauern im Dorfe zuſam-
menwohnen und ihren Acker nicht zuſammenhaͤngend, ſon-
dern Stuͤck um Stuͤck liegen haben, und wo dieſe Stuͤcke
dann vom Dorf bis zur Feldſcheide reichen, da iſt der
Verluſt an Landrente noch ſehr viel groͤßer als bei den
ſchlecht arrondirten, aber in großen Flaͤchen zuſammenhaͤn-
genden Guͤtern. Dieſe Doͤrfer erleiden alle Nachtheile der
großen Guͤter, ohne daß ſie irgend einen ihrer Vortheile
genießen. Ein Staat der lauter ſolche Bauerdoͤrfer haͤtte,
koͤnnte nur ein unbedeutendes Nationaleinkommen beſitzen,
und wuͤrde deshalb in der Vertheidigung gegen einen aͤu-
ßern Feind hoͤchſt ohnmaͤchtig ſeyn.
Die Kraft der Menſchen und der Zugthiere wird hier
durch ein muͤſſiges Hin- und Hergehen auf dem Felde
verſchwendet; und wenn ſonſt eine mit dem Landbau be-
ſchaͤftigte Arbeiterfamilie, auf fruchtbarem Boden gar wohl
die Lebensmittel fuͤr zwei Familien erzielen kann: ſo ver-
zehrt ſie hier faſt alles wieder, was ſie durch ihre Arbeit
dem Boden abgewonnen hat, und ſie kann zum Unterhalt
der Stadtbewohner nur ſehr wenig an Lebensmitteln ab-
geben.
Die Abhuͤlfe iſt hier aber ſchwierig, weil der entlegene
Boden dieſer Doͤrfer gewoͤhnlich ſo mager iſt, daß er die
Koſten des Aufbaues neuer Gebaͤude nicht bezahlen, und
auch keine Familie ernaͤhren wuͤrde. — Doch dieſer Gegen-
ſtand gehoͤrt nicht weiter zu unſerer Unterſuchung.
§. 12.
Beſtimmung der Landrente der Dreifelderwirthſchaft.
Da dieſe Beſtimmung ſich ganz auf die Berechnun-
gen ſtuͤtzt, die ich aus den auf dem Gute T. gemachten
Erfahrungen fuͤr eine Koppelwirthſchaft entworfen habe:
ſo finde ich mich veranlaſſt, hier zuvor die Reſultate die-
ſer Berechnungen mitzutheilen.
Siebenſchlaͤgige Koppelwirthſchaft auf 70000 □R. Ackerland.
Dieſe Berechnung iſt dieſelbe, welche der in §. 5
gegebenen Beſtimmung der Landrente fuͤr die Koppelwirth-
ſchaft zur Grundlage dient.
Die Bearbeitung einer Dreeſchbrache
koſtet auf 10000 □R. 274,5 Thlr. N⅔
Die Muͤrbebrache erſpart nach §. 10. an
Koſten 88,5 » »
Eine Muͤrbebrache von 10000 □R. ko-
ſtet alſo 186 Thlr N⅔
dies macht fuͤr 12000 □R. 223,2 » »
Die Beſtellungskoſten des Gerſtenſchlags, ſo wie die
Erntekoſten des Rockens und der Gerſte ſind bei gleichem
Koͤrnerertrage denen in der Koppelwirthſchaft gleich.
Dreifelderwirthſchaft auf 100000 □R., wovon 12000 □R.
Brache, 12000 □R. Rocken, 12000 □R. Gerſte und
64000 □R. Weide ſind.
§. 13.
Einfluß der Entfernung des Ackers vom Hofe auf die Arbeits-
koſten bei der Dreifelderwirthſchaft.
Fuͤr 36000 □R. Ackerland betragen nach dem vori-
gen §. die Beſtellungskoſten 423,4 Thlr. N⅔
die Erntekoſten 451,3 » »
In Beziehung auf die in §. 11. gemachte Klaſſifika-
tion gehoͤren zur
Mit jeden 210 Ruthen Entfernung vom
Hofe aͤndern ſich alſo die Beſtellungs-
koſten um 42,3 Thlr. N⅔
die Erntekoſten um 160,1 » »
zuſammen um 202,4 Thlr. N⅔
Bei dem Ertrage von 9 Koͤrnern be-
tragen die durch die Entfernung her-
vorgebrachten Beſtellungskoſten 42,3 » »
Erntekoſten 160,1 × 9/10 = 144,1 » »
zuſammen 186,4 Thlr. N⅔
Die Koppelwirthſchaft verbreitet ihren Ackerbau uͤber
die ganze ackerbare Flaͤche; die Dreifelderwirthſchaft benutzt
dagegen von einer Flaͤche von 100000 □R. nur 36000
□R. als Acker.
Wenn nun in der Koppelwirthſchaft fuͤr 100000 □R.
Ackerland die mittlere Entfernung vom Hofe 210 Ruthen
betraͤgt, wie groß wird dann in der Dreifelderwirthſchaft
die mittlere Entfernung fuͤr 36000 □R. zunaͤchſt am
Hofe liegenden Ackers ſeyn?
Bei aͤhnlichen Figuren verhalten ſich die mittlern
Entfernungen wie die Quadratwurzeln aus dem Flaͤchen-
inhalt der Figuren;
alſo √ 100000: √ 36000 = 210 : x
oder 316 : 190 = 210: 190/316 × 210 = 126.
Bei gleichem Flaͤcheninhalt des Ganzen verhaͤlt ſich
alſo die mittlere Entfernung des Ackers in der K. W. zu
der in der D. F. W. wie 210: 126.
Die Koſten, welche der Entfernung angehoͤren, betra-
gen in der D. F. W. fuͤr 36000 □R. Acker von 10 Koͤr-
nern Ertrag 202,4 Thlr. N⅔, wenn die mittlere Entfer-
nung des Ackers vom Hofe = 210 Ruthen iſt.
Dieſe Koſten nehmen in gradem Verhaͤltniß mit der
Entfernung ab oder zu; ſie ſind alſo fuͤr 126 Ruthen
Entfernung — 210 : 126 = 202,4 : 126/210 × 202,4
= 121,5 Thlr. N⅔
Hievon betragen die Beſtellungskoſten 25,5 » »
die Erntekoſten 96 » »
Die D. F. W. erſpart alſo dadurch, daß ſie bei glei-
cher Landflaͤche ihren Acker ſo viel naͤher am Hofe hat, als
die K. W.,
an Beſtellungskoſten 42,3 — 25,5 = 16,8 Thlr. N⅔
an Erntekoſten 160,1 — 96 = 64,1 » »
zuſammen 80,9 » »
Fuͤr einen Ertrag von 9 Koͤrnern iſt
die Erſparung an Beſtellungskoſten 16,8 » »
an Erntekoſten 64,1 × 9/10 = 57,7 » »
74,5 » »
In der Dreifelderwirthſchaft von 10 Koͤrnern Ertrag war
In Thaler Gold ausgedruͤckt macht dies
Wenn Ausſaat und Rohertrag ganz in Korn — den
Schfl. Rocken zu 1,291 Thlr. Gold gerechnet — die Ar-
beits- und allgemeinen Kulturkoſten aber zu ¾ in Korn und
zu ¼ in Geld ausgedruͤckt werden; ſo entſpringt aus dem
Vorſtehenden folgende Tabelle, in der die Bruͤche wegge-
laſſen oder ausgeglichen ſind.
Dreifelderwirthſchaft auf 100000 □R.
§. 14.
Vergleichung der Landrente bei der Koppelwirthſchaft und der
Dreifelderwirthſchaft.
Wollen wir die Landrente, welche dieſe beiden Wirth-
ſchaftsarten geben, mit einander vergleichen: ſo muͤſſen
wir fuͤr beide nicht bloß denſelben Boden und eine gleiche
Landflaͤche, ſondern auch einen gleichen mittlern Reichthum
des Ackers zum Grunde legen.
Nun haben wir in §. 9. geſehen, daß ein Feld, wel-
ches in der K. W. 10 Koͤrner an Rocken gibt, bei gleich-
bleibendem Reichthum, in der D. F. W. nur einen Rocken-
ertrag von 8,4 Koͤrnern liefert.
Um zu erfahren, welches Wirthſchaftsſyſtem fuͤr ein
gegebenes Verhaͤltniß am vortheilhafteſten ſey, muͤſſen wir
alſo die Landrente der K. W. von 10 Koͤrnern, mit der
Landrente der 3 F. W. von 8,4 Koͤrnern Ertrag ver-
gleichen.
Nach §. 5. iſt die Landrente von 100000 □R. Acker
in der Koppelwirthſchaft bei
10 Koͤrnern 1710 Schfl. R. ÷ 747 Thlr.,
und nach dem vorigen §. in
der Dreifelderwirthſchaft bei
8,4 K. 1000 » » ÷ 381 »
Es iſt naͤmlich fuͤr 8 Koͤrner
die Landrente 928 » » ÷ 368 »
Mit 1 Korn ſteigt oder faͤllt
die Landrente um 181 Schfl.
R. — 32 Thlr. mit 4/10 Korn
alſo um (181 Schfl. — 32
Thlr.) × 4/10 = 72 » » ÷ 13 »
fuͤr 8 4/10 Koͤrner alſo 1000 Schfl. R. ÷ 381 Thlr.
Die Landrente betraͤgt demnach
a. beim Preiſe von 1½ Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken.
in der K. W. — 1710 × 1½ — 747 = 1818 Thlr.
in der D. F. W. — 1000 × 1½ — 381 = 1119 »
Die K. W. gibt mehr Landrente 699 Thlr.
b. beim Preiſe von 1 Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken.
in der K. W. — 1710 × 1 — 747 = 963 Thlr.
in der D. F. W. — 1000 × 1 — 381 = 619 »
Die K. W. gibt mehr 344 Thlr.
c. beim Preiſe von ½ Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken.
in der K. W. — 1710 × ½ — 747 = 108 Thlr.
in der D. F. W. — 1000 × ½ — 381 = 119 »
Die K. W. gibt weniger 11 Thlr.
Folgerung. Es findet alſo kein abſoluter Vorzug
der Koppelwirthſchaft vor der Dreifelderwirthſchaft ſtatt;
ſondern es wird durch die Getreidepreiſe bedingt, ob die-
ſes oder jenes Wirthſchaftsſyſtem in der Anwendung vor-
theilhafter ſey. Sehr niedrige Kornpreiſe fuͤhren zur Drei-
felder-, hoͤhere Preiſe zur Koppelwirthſchaft.
Fuͤr den Preis des Rockens von 0,437 Thlr. pr.
Schfl. iſt die Landrente der Koppelwirthſchaft
1710 × 0,437 — 747 = 0 Thlr.
Die Landrente der Dreifelderwirthſchaft iſt dann
1000 × 0,437 — 381 = 56 Thlr.
Folgerung. Bei einem Kornpreiſe, der ſo niedrig
iſt, daß in der Koppelwirthſchaft die Koſten nicht mehr
bezahlt werden, kann das Land durch die Dreifelderwirth-
ſchaft noch mit Vortheil angebauet werden.
Es muß einen gewiſſen Getreidepreis geben, bei wel-
chem das Land durch K. W. eben ſo hoch als durch die
D. F. W. genutzt wird. Dieſen Preis findet man, wenn
man die Landrente beider Wirthſchaftsarten ſich gleich ſetzt.
Z. B. fuͤr den Ertrag von 10 Koͤrnern waͤren
1710 Schfl. R. — 747 Thlr. = 1000 Schfl.R. — 381 Thlr.
-
— 1000 + 747 — 1000 + 747
710 Schfl. Rocken = 366 Thlr.
alſo 1 Schfl. Rocken = 0,516 Thlr.
Iſt nun der Rockenpreis hoͤher als 0,516 Thlr., ſo iſt
fuͤr einen Acker von 10 Koͤrnern Ertrag die Koppelwirth-
ſchaft vortheilhafter; iſt der Preis niedriger, ſo bringt die
Dreifelderwirthſchaft einen hoͤhern Remertrag.
In unſerm iſolirten Staat, wo der Mittelpreis des
Rockens in der Stadt ſelbſt 1½ Thlr. betraͤgt, hat nach §.
4. der Rocken auf dem Gute, welches 29,9 Meilen von der
Stadt entfernt liegt, ebenfalls den Werth von 0,516 Thlr.
Haͤtte nun die Ebene des iſolirten Staats den Grad
von Fruchtbarkeit, daß ſie ſtatt 8 Koͤrnern, wie wir ange-
nommen haben, 10 Koͤrner truͤge: ſo wuͤrde die Koppel-
wirthſchaft bis 29,9 Meilen von der Stadt reichen, dort
aufhoͤren und der Dreifelderwirthſchaft Platz machen.
Bei noch mehr ſinkenden Preiſen wird aber auch die
Landrente der Dreifelderwirthſchaft immer geringer, und
wir muͤſſen zuletzt auf einen Punkt kommen, wo ſie
= 0 wird.
Dies findet ſtatt, wenn 1000 Schfl. R. — 381 Thlr. = 0
oder 1000 Schfl. R. = 381 Thlr. ſind,
alſo 1 Schfl. R. 0,381 Thlr. gilt.
Dieſer Preis findet ſtatt auf dem Gute, welches
34,7 Meilen von der Stadt entfernt iſt.
Fuͤr dieſen Grad von Fruchtbarkeit wuͤrde alſo das Land
in der Dreifelderwirthſchaft bis auf 34,7 Meilen Entfer-
nung von der Stadt bebauet werden koͤnnen, und der
konzentriſche Kreis, den die Dreifelderwirthſchaft einnimmt,
haͤtte dann eine Ausdehnung von 34,7 — 29,9 = 4,8
Meilen.
Die hier fuͤr den Ertrag von 10 Koͤrnern gegebenen
Berechnungen auf Acker von niederm Grade der Frucht-
barkeit angewandt, habe ich in den nachſtehenden Tabel-
len zuſammengetragen.
Die Dreifelderwirthſchaft.
Die genauere Anſicht dieſer Tabellen zeigt uns, daß
bei einem gegebenen Getreidepreiſe der reichere Boden
durch Koppelwirthſchaft, der aͤrmere Boden durch Dreifel-
derwirthſchaft hoͤher genutzt werde; daß es alſo voͤllig kon-
ſequent ſeyn koͤnne, wenn in einer Gegend, die denſelben
Getreidepreis, aber Boden von verſchiedener Fruchtbarkeit
hat, Koppel- und Dreifelderwirthſchaften neben einander
beſtehen. So iſt z. B. fuͤr den Preis von 1 Thaler fuͤr
den Scheffel Rocken die Landrente beider Wirthſchaftsar-
ten im Gleichgewicht, wenn der Acker den Reichthum hat,
der in der K. W. 6,3 in der D. F. W. 5,3 Koͤrner her-
vorbringt, und in dieſem Fall iſt es gleichguͤltig, welche
Wirthſchaftsart hier betrieben wird; aber jeder Boden
hoͤhern Ertrags muß durch K. W., jeder Boden niedern
Ertrags durch D. F. W. genutzt werden. Nun iſt aber
der Reichthum des Bodens eine veraͤnderliche Groͤße und
ſteht mehr oder weniger in der Gewalt des Landwirths
Es kann alſo auch dann, wenn die Getreidepreiſe ſich gleich
bleiben, durch die Vermehrung des Bodenreichthums al-
lein, ein hoͤheres Wirthſchaftsſyſtem auf demſelben Gute
zweckmaͤßig und nuͤtzlich werden.
In unſerm iſolirten Staate haben wir es nur mit
Boden von einer und derſelben Fruchtbarkeit zu thun,
und hier wuͤrde fuͤr den Koͤrnerertrag von 5,4 — welches
aber gegen unſere Annahme iſt — die K. W. durch die
D. F. W. ſelbſt bei dem Preiſe von 1½ Thlr. gaͤnzlich
verdraͤngt werden. In dieſem Fall wuͤrde naͤmlich die D.
F. W. bis an die Thore der Stadt reichen, wenn der
Boden des erſten Kreiſes durch den Dungankauf aus der
Stadt nicht einen hoͤhern Reichthum erhalten haͤtte.
Folgerung. Niedrige Kornpreiſe und geringe Frucht-
barkeit des Bodens haben auf die Bewirthſchaftungsart
eine und dieſelbe Wirkung: beide fuͤhren zur Dreifelder-
wirthſchaft.
§. 15.
Verhaͤltniß der Dungproduktion, und der mit Korn beſtellten
Flaͤche, in der Koppel- und in der Dreifelderwirthſchaft.
Es iſt ſchon fruͤher geſagt, und es erhellet auch aus
dem ganzen Gang der Unterſuchung, daß hier nur von
ſolchen Koppel- und Dreifelderwirthſchaften die Rede iſt,
welche ſich in und durch ſich ſelbſt, alſo ohne aͤußern
Dungzuſchuß, in gleichem Reichthum erhalten.
In der Dreifelderwirthſchaft geht die Haͤlfte des Dungs,
den die Weide gibt, fuͤr den Acker, und alſo auch fuͤr den
Getreidebau verloren, und dieſe Weide ſelbſt iſt wenig
produktiv. Wegen dieſer geringen Dungerzeugung kann
ſie von 100000 □R. nur 24000 □R. mit Korn beſtel-
len, wenn ſie ſich in gleicher Dungkraft erhalten ſoll.
Die Koppelwirthſchaft benutzt dagegen den Dung,
den die beſſere Weide gibt, ganz; und dies bewirkt, daß
ſie 3/7 der Flaͤche, oder von 100000 □R. c c 43000 □R.
6
mit Korn beſtellen kann, und ſich doch in gleicher Dung-
kraft erhaͤlt.
Obgleich nun die Koppelwirthſchaft durch ihre ſtaͤr-
kere Dungerzeugung eine ſo viel groͤßere Flaͤche mit Korn
beſtellen kann, als die D. F. W., ſo wird dieſe bei nie-
drigen Kornpreiſen doch vortheilhafter als jene, und ſie
kann da noch fortdauern, wo die K. W. einen negativen
Reinertrag gibt, und alſo aufhoͤren muß.
Bei ſehr niedrigen Kornpreiſen koͤnnen alſo die Ko-
ſten, welche die groͤßere Dungerzeugung in der K. W.
verurſacht, durch den Ertrag, den die groͤßere mit Korn
beſaͤete Flaͤche bringt, nicht gedeckt werden; oder mit an-
dern Worten, der Dung koſtet mehr als er werth iſt.
Im entgegengeſetzten Fall, wenn die Kornpreiſe hoch
ſind, oder wenn die Fruchtbarkeit des Bodens ſehr groß
iſt, und zumal wenn beide Urſachen zuſammenwirken, uͤber-
wiegt die Landrente der K. W. die der D. F. W. bei
weitem. So iſt z. B. fuͤr den Ertrag von 10 Koͤrnern
und den Preis von 1½ Thlr. die Landrente von 100000 □R.
durch Koppelwirthſchaft genutzt 1818 Thlr.
durch Dreifelderwirthſchaft 1119 »
der Mehrertrag der K. W. alſo 699 Thlr.
Hier verſchwinden die Koſten, die die Dungerzeu-
gung in der K. W. verurſacht, gegen den Nutzen, den die-
ſer Dung durch einen vergroͤßerten Kornbau bringt.
§. 16.
Wirthſchaftsſyſtem mit hoͤherer Dungproduktion.
Aus dem Vorhergehenden laͤßt ſich ſchon ſchließen,
daß bei ſehr erhoͤhten Kornpreiſen, verbunden mit einer
großen Fruchtbarkeit des Bodens, wir endlich auf einen
Punkt kommen muͤſſen, wo eine noch ſtaͤrkere Dungerzeu-
gung als in der Koppelwirthſchaft ſtatt findet, ſich reich-
lich bezahlen wird.
Daß aber eine noch hoͤhere Dungproduktion moͤglich
iſt, liegt klar vor Augen; denn
1) hat die K. W. noch eine reine Brache, welche zwar
in manchen andern Beziehungen ſehr nuͤtzlich iſt, zur
Dungvermehrung ſelbſt aber ſehr wenig beitraͤgt, in-
dem ſie nur den 5ten Theil des Dungs, den die
Weide erzeugt, hervorbringt;
2) iſt die Weide ſelbſt bei weitem nicht ſo produktiv,
als ſie ſeyn koͤnnte, indem ſie immer in die Schlaͤge
kommt, die ſchon drei Kornſaaten nach der Duͤngung
getragen haben, und deshalb auf einer geringen
Stuffe des Reichthums ſtehen.
Der Nutzen der Brache beſteht hauptſaͤchlich in Fol-
gendem:
1) wird der Dreeſch durch die Brache mit den gering-
ſten Arbeitskoſten zur Aufnahme der Winterſaat taug-
lich gemacht; denn man kann zwar den Dreeſch auch
durch die Fruͤhjahrsbearbeitung muͤrbe machen, aber
dies iſt mit einer großen Arbeitsvermehrung ver-
bunden, und koſtet 30 bis 50 prct. mehr als die
regelmaͤßige Brachbearbeitung im Sommer, wo die
Raſenfaͤulniß der Bearbeitung zu Huͤlfe kommt;
2) wird der Dung- und Humusgehalt des Bodens
durch die Brache in eine ſo große Wirkſamkeit ge-
ſetzt, daß dies durch keine Vorfrucht in dem Grade
zu erreichen iſt.
So wird z. B. ein Boden, der nach der Brache 6
Koͤrner an Rocken traͤgt, nach gruͤn abgemaͤhten Wicken,
nur ungefaͤhr 5 Koͤrner geben. Daß einzelne Jahre und
gewiſſe Bodenarten hievon eine Ausnahme machen, kann
die Regel nicht umſtoßen, daß die Brache die beſte Vor-
bereitung zur Winterſaat iſt; wohl aber wird das Ver-
haͤltniß in Zahlen ausgeſprochen (hier wie 6 zu 5 ange-
6*
nommen) nach Verſchiedenheit des Bodens, der Bearbei-
tung und des Klimas ſehr verſchieden ſeyn.
Dieſer Minderertrag des Rockens nach den Wicken
ruͤhrt aber nicht bloß von einer durch dieſe Frucht be-
wirkten Erſchoͤpfung des Bodens her, indem dieſer auch
dann noch ſtatt findet, wenn der Acker nach der Aberntung
der Wicken denſelben Dunggehalt wie die Brache hat;
ſondern entſpringt daraus, daß die Bearbeitung des Bo-
dens minder vollkommen geweſen iſt, und daß ein gerin-
gerer Theil der ganzen, im Boden befindlichen Dung-
und Humusmaſſe, zur Nahrung fuͤr die Pflanzen zube-
reitet und geſchickt gemacht iſt, welches ich durch den Aus-
druck «geringere Wirkſamkeit des Dungs» bezeichne.
Auf das Credit der Vorfrucht kommen zu ſtehen:
1) Werth des gewonnenen Viehfutters;
2) Werth des Dungs, den das Futter mehr gibt, als
die Produktion deſſelben dem Acker koſtet — wodurch
dann eine groͤßere Ausdehnung des Kornbaues moͤg-
lich wird.
Das Debet der Vorfrucht enthaͤlt:
1) vermehrte Beſtellungskoſten,
2) Koſten der Ausſaat,
3) Verminderung des Ertrags der Winterſaat, welche
der Vorfrucht unmittelbar folgt.
Es entſteht nun die Frage: bei welchem Getreide-
preis und bei welchem Koͤrnerertrag des Ackers wird das
Credit der Vorfrucht dem Debet derſelben gleich kommen?
Wenn die Data zu einer ſolchen Berechnung gege-
ben ſind, ſo muß ſich dieſer Punkt unſtreitig eben ſo ſcharf
darſtellen laſſen, als dies bei der Beſtimmung der Graͤnze
zwiſchen der Koppelwirthſchaft und der Dreifelderwirth-
ſchaft geſchehen iſt. Aber dieſe Rechnung wird doch ſehr
verwickelt werden, und ich vermag ſie fuͤr jetzt noch nicht
zu geben; weil uͤber die Ausſaugung des Gruͤnfutters
und der Wurzelgewaͤchſe eine ſo große Meinungsverſchie-
denheit ſtatt findet, und der Verfaſſer ſelbſt erſt die Re-
ſultate ſeiner hieruͤber angeſtellten Verſuche abwarten muß,
ehe er ſeine Anſichten dem Publikum ausfuͤhrlich vorlegen
und eine Berechnung darauf gruͤnden kann. Er begnuͤgt
ſich daher mit der Anfuͤhrung einzelner Grundzuͤge, die,
wie ich glaube, aus der durchgefuͤhrten Berechnung her-
vorgehen wuͤrden.
Bei einer mittelmaͤßigen Fruchtbarkeit des Ackers
wird erſt bei einem ſehr hohen Kornpreis die Abſchaffung
der Brache vortheilhaft ſeyn koͤnnen: denn wenn auch die
vermehrte Arbeit durch hoͤhere Preiſe bald bezahlt wird,
ſo iſt doch der verminderte Ertrag des Winterkorns von
ſo großem Einfluß auf den Reinertrag, daß der vergroͤ-
ßerte Kornbau, etwa bis zur Haͤlfte der ganzen Flaͤche,
dieſen Verluſt nur ſchwer und nur bei ſehr hohen Korn-
preiſen wird decken koͤnnen.
Der Werth des gewonnenen Viehfutters kann aber
zur Deckung dieſes Verluſtes nicht ſehr viel beitragen,
indem die gewoͤhnliche Viehzucht zwar ein bedeutendes,
ſehr in die Augen fallendes, verkaͤufliches Produkt liefert,
aber nur eine geringe, oder — wie die Folge ergeben
wird — oft gar keine Landrente abwirft.
Fuͤr Boden von geringer Fruchtbarkeit, alſo von nie-
derm Koͤrnerertrag, wird die Abſchaffung der Brache auch
bei den hoͤchſten Kornpreiſen nicht mehr konſequent ſeyn.
Betrachten wir nun aber einen Boden von ſehr ho-
her Fruchtbarkeit, ſo aͤndern ſich dieſe Verhaͤltniſſe gar ſehr.
Mit der ſteigenden Dungkraft des Ackers ſteigt der
Koͤrnerertrag bis zu einem gewiſſen Punkt wahrſcheinlich
in gradem Verhaͤltniſſe.
Die Steigerung des Kornertrags kann aber nicht wie
die der Dungkraft unbegraͤnzt ſeyn; ſie findet dieſe Graͤnze
vielmehr in der Natur der Pflanze, die auch beim groͤß-
ten Ueberfluß an Nahrung ein gewiſſes Maß von Groͤße
und Ertrag nicht uͤberſchreiten kann. Hat der Boden
nun eine ſolche Dungkraft, daß die darauf geſaͤeten Pflan-
zen zum Maximum ihres Ertrags gelangen koͤnnen: ſo
iſt jeder fernere Zuſatz von Dung unwirkſam, ja er wird
ſogar ſchaͤdlich, indem er das Lagern des Getreides und
dadurch einen verminderten Ertrag hervorbringt.
Geſetzt das Maximum des Rockenertrags fuͤr einen
gegebenen Boden ſey = 10 Koͤrner. Erhoͤhen wir nun
die Dungkraft dieſes Bodens noch um ⅕, ſo daß er die
Faͤhigkeit bekaͤme 12 Koͤrner zu produziren, wenn die
Natur der Pflanze dies erlaubte: ſo wird auf dieſem Bo-
den nach reiner Brache nur Lagerkorn gebauet werden.
Wenn nun aber ſtatt der Brache gruͤne Wicken genom-
men werden: ſo wird die Wirkſamkeit des im Boden be-
findlichen Dungs und Dungruͤckſtandes ſo weit vermin-
dert, daß der Boden nun wiederum 10 Koͤrner produzirt.
Unter dieſen Umſtaͤnden faͤllt alſo der Nachtheil der
Vorfrucht auf die nachfolgende Winterung ganz weg; auf
dem Debet der Vorfrucht bleiben bloß noch die vermehr-
ten Beſtellungskoſten und die Koſten der Ausſaat, welche
aber ſchon bei maͤßigen Kornpreiſen durch den vermehr-
ten Dunggewinn und dadurch erweiterten Kornbau erſetzt
werden.
Es leidet alſo keinen Zweifel, daß unter dieſen Ver-
haͤltniſſen die Abſchaffung der Brache konſequent ſey —
vorausgeſetzt, daß die phyſiſche Beſchaffenheit des Bodens
und das Klima nicht von der Art ſind, daß die Brache
durchaus nothwendig iſt.
Mit der Abſchaffung der Brache aͤndert ſich nun
aber die ganze Form der Koppelwirthſchaft. Um die Be-
arbeitung des Dreeſches zur Vorfrucht zu erleichtern, wird
man es vortheilhaft finden, den Dreeſch nicht mehr 3
Jahre, ſondern nur ein, hoͤchſtens zwei Jahre zur Weide
liegen zu laſſen. Um die Verwilderung des Ackers, die
wenn es keine reine Brache gibt, ſo leicht ſtatt findet, zu
vermeiden, wird eine ausgezeichnete Aufmerkſamkeit auf
die Folge, in welcher die Fruͤchte nach einander am be-
ſten gedeihen, nothwendig. Man wird die Fruchtfolge
ſo waͤhlen, daß fuͤr jede Frucht die moͤglichſt beſte Bear-
beitung ſtatt finden kann, und daß die abgeerntete Frucht
den Reichthum des Bodens in der groͤßten zu erreichen-
den Wirkſamkeit fuͤr die folgende Saat hinterlaͤßt — eine
Vorſicht, die in der Koppelwirthſchaft auch nicht uͤberfluͤſ-
ſig, aber nicht ſo nothwendig iſt, und die hier andern
Ruͤckſichten weichen muß. — Mit einem Wort: hohe
Fruchtbarkeit des Bodens, verbunden mit guten Korn-
preiſen, verwandelt die Koppelwirthſchaft in eine Frucht-
wechſelwirthſchaft.
Wenn fuͤr einen gegebenen Boden das Maximum
des Mittelertrags an Rocken = 10 Koͤrner iſt, welches
in der 7ſchlaͤgigen K. W. einen mittlern Reichthum von
373° in 1000 □R. vorausſetzt: ſo kann in dieſer Wirth-
ſchaftsform ein Zuſatz von Reichthum keine Anwendung
mehr finden, weil dieſer nur Lagerkorn und alſo vermin-
derten Ertrag hervorbringen wuͤrde. Wer nun die Kop-
pelwirthſchaft als die Graͤnze der Kultur anſieht, wird
auf einem Boden von dieſem Reichthum die Schaͤtze, die
ſich auf ſeinem Felde an Moder und Mergel finden, ent-
weder gar nicht benutzen koͤnnen, oder er wird das, was
er durch die Anwendung dieſer Mittel dem Acker gegeben
hat, durch eine vergroͤßerte Kornausſaat augenblicklich
wieder hinwegnehmen muͤſſen, und ſomit kein groͤ-
ßeres produktives Kapital im Acker fundiren koͤnnen.
In der Fruchtwechſelwirthſchaft findet aber ein weit
groͤßerer mittlerer Reichthum noch eine nuͤtzliche Anwen-
dung: denn 1) iſt ſchon durch die gleichmaͤßigere Verthei-
lung des Reichthums in allen Schlaͤgen ein groͤßerer mitt-
lerer Reichthum erforderlich, um 10 Koͤrner an Rocken her-
vorzubringen, und 2) muß wegen der durch die Vorfrucht
verminderten Wirkſamkeit des Dungs, der Reichthum des
Rockenſchlags ſelbſt bedeutend hoͤher ſeyn, wenn dieſer das
Maximum von 10 Koͤrnern liefern ſoll.
Aus der erſten Urſache iſt nach §. 9. in der 6ſchlaͤgi-
gen F. W. W. der mittlere Reichthum 425°, wenn der
Rockenſchlag nach Wicken 500° enthalten ſoll; aus der
zweiten Urſache gehoͤren aber zur Hervorbringung von 10
Koͤrnern 600° Reichthum.
Das Maximum des Ertrags der Kartoffeln und des
Gruͤnfutters liegt nicht ſo nahe als beim Getreide, und
ihr Anbau iſt grade auf ſolchem Boden, der uͤber 500°
Reichthum enthaͤlt, am vortheilhafteſten. Sollen nun die
Schlaͤge unter ſich in dem Verhaͤltniß des Reichthums
bleiben, wie dies in §. 9. angegeben iſt, ſo wird fuͤr ei-
nen Koͤrnerertrag an Rocken = 10, auch der Kartoffel-
ſchlag 600° erhalten, und der mittlere Reichthum wird
dann um ⅕ erhoͤht, alſo von 425° auf 425 × 1⅕
= 510° gebracht.
Da nun in der F. W. W. der Reichthum nur fuͤr die
Winterſaat, nicht aber fuͤr die Kartoffeln, das Sommer-
korn und das Gruͤnfutter eine mindere Wirkſamkeit hat,
als in der K. W.: ſo iſt auch der Reinertrag dieſer Wirth-
ſchaft ſehr viel hoͤher, als der der Koppelwirthſchaft von
10 Koͤrnern Ertrag.
Es findet alſo in der F. W. W. ein mittlerer Reich-
thum von 510° eine nuͤtzliche, produktive Anwendung,
waͤhrend in der K. W. nur 373° mittlerer Reichthum nuͤtz-
lich verwandt werden koͤnnen; oder die F. W. W. kann
510° mittleren Reichthum zinstragend im Boden fundiren,
die K. W. nur 373°.
In Staaten, deren Konſumtion durch die Produktion
grade gedeckt wird, die alſo weder Korn ausfuͤhren noch
einfuͤhren, ſteht ſicherlich die Bevoͤlkerung mit der Summe
der erzeugten Lebensmittel in irgend einem Verhaͤltniß.
Nun erzeugt die K. W. von gleicher Flaͤche eine viel groͤ-
ßere Maſſe von Lebensmitteln, als die D. F. W., aber
eine viel geringere, als die F. W. W., wenn der Koͤrner-
ertrag des Rockens in allen drei Wirthſchaftsarten gleich
iſt; und wenn die K. W. von 10 Koͤrnern Ertrag etwa
3000 Menſchen auf der Quadratmeile ernaͤhrt ſo wird
die D. F. W. nur ungefaͤhr fuͤr 2000, die F. W. W. aber
vielleicht fuͤr 4000 Menſchen auf der Quadratmeile den
Lebensunterhalt verſchaffen.
Die F. W. W. iſt ein herrliches Mittel, um einen
reichen Boden hoch zu benutzen; aber fuͤr armen Boden
iſt ſie ein Mittel, um den Reinertrag, den andre Wirth-
ſchaftsarten hier gegeben haͤtten, zu vernichten.
Wenn man die Quantitaͤt Gras berechnet, die eine
Dreeſchweide jaͤhrlich hervorbringt, und dieſe dann mit
dem Heuertrag des rothen Maͤheklee’s vergleicht, ſo wird
man, auch dann wenn man Boden von gleicher Dung-
kraft nimmt, einen ſehr betraͤchtlichen Unterſchied in der
Produktion zu Gunſten des Maͤheklee’s finden.
Da nun dieſer Vorzug des Maͤheklee’s auch dann
noch ſtatt findet, wenn die Weidepflanzen ſelbſt groͤßten-
theils aus rothem Klee beſtehen: ſo geht hieraus hervor,
daß die beſtaͤndige Stoͤrung, welche die Weidepflanzen in
in ihrer Vegetation durch das Abbeißen und Zertreten er-
leiden, ſehr nachtheilig auf das Wachsthum des Graſes
und des Klee’s wirkt.
Die Dungerzeugung, ſo wie der Futtergewinn werden
alſo betraͤchtlich vermehrt, wenn man die Dreeſchweiden
in Felder mit gruͤn gemaͤhten Futterkraͤutern verwandelt —
welches Stallfuͤtterung, ſtatt Weidegang herbeifuͤhrt.
Mit der durch die Stallfuͤtterung erhoͤhten Dunger-
zeugung kann nun abermals der Kornbau erweitert wer-
den, und wenn, nach einer oberflaͤchlichen Berechnung, die
F. W. W. mit Weidegang c. c. 50 prct. der Ackerflaͤche
mit Korn beſtellen kann; ſo wird die F. W. W. mit
Stallfuͤtterung vielleicht 55 prct. der Ackerflaͤche dem Ge-
treidebau widmen koͤnnen, und doch in demſelben Grad
von Reichthum verbleiben Es iſt hier immer nur von einem vorzuͤglichen Hoͤheboden die
Rede, der ſich in der 7ſchlaͤgigen K. W. ohne Dungzuſchuß er-
halten kann. Fuͤr jeden minder guten Boden wuͤrde ein ſo aus-
gedehnter Kornbau zum Verderben gereichen — und dies wird
ſelbſt auf dem vorzuͤglichen Boden der Fall ſeyn, wenn Weizen
ſtatt Rocken gebauet wird.
In waͤrmern Klimaten kann auf fruchtbarem Boden
in die Stoppel des abgeernteten Getreides noch eine zweite
Frucht, als Ruͤben, Spoͤrgel u. ſ. w. gebauet werden.
Dies iſt gleichſam ein beſchleunigter Umlauf: man bauet
in einem Jahre zwei Fruͤchte, zu deren Hervorbringung
in kaͤltern Klimaten zwei Jahre gehoͤren. Da die Stop-
pelfrucht immer zum Viehfutter dient, und hiezu nur
ſolche Gewaͤchſe genommen werden, die durch Verfuͤtte-
rung mehr Dung wiedergeben, als die Produktion derſel-
ben dem Acker gekoſtet hat: ſo hat die Ausſaugung der
Getreidefrucht in der Dungerzeugung der Stoppelfrucht
ein ſtetes Gegengewicht. Ein Theil der durch die Halm-
frucht bewirkten Ausſaugung wird durch den Erſatz, den
die Stoppelfrucht liefert, wieder aufgehoben, und ſo iſt es
nicht zu verwundern, daß dieſe Wirthſchaften 60 bis 70
prct. der Ackerflaͤche mit Korn und Handelsgewaͤchſen be-
ſtellen koͤnnen, ohne den Reichthum des Bodens zu er-
ſchoͤpfen.
Allemal aber gehoͤrt neben einem ausgezeichnet frucht-
baren Boden ein hoher Werth der Produkte dazu, wenn
dieſe im Sturm gewonnenen Ernten (wie ſich ein ano-
nymer Schriftſteller ausdruͤckt) die Koſten bezahlen ſollen.
Nach dem Zeugniß bewaͤhrter Schriftſteller bewirkt
der rothe Klee, in manchen Gegenden, gar keine Ausſau-
gung, ſondern vielmehr eine Bereicherung des Bodens.
In Mecklenburg ſprechen dagegen die Erfahrung und
die uͤberwiegende Meinung den Satz aus, daß der rothe
Klee als eine ausſaugende Frucht zu betrachten ſey.
Es iſt ferner in Mecklenburg und Neu-Pommern
ſehr haͤufig bemerkt, daß Felder, welche aus der D. F. W.
zur K. W. uͤbergegangen ſind, in den erſten Umlaͤufen
ſehr uͤppigen Klee, ſowohl weißen als rothen getragen
haben; daß aber in den ſpaͤtern Umlaͤufen dieſer Boden
weder durch einen erhoͤhten Reichthum, noch durch den
Mergel den erſten großen Klee-Ertrag wieder liefert.
Wie laͤßt ſich nun fuͤr dieſe anſcheinend widerſpre-
chenden Thatſachen eine gemeinſchaftliche Urſache auffinden.
Mir ſcheint es, daß ſich dieſe Erfahrungen unter ei-
nen Geſichtspunkt auffaſſen laſſen, wenn man annimmt,
daß in dem Dung irgend ein Stoff — gleichviel welcher
es ſey und wie er genannt werde — enthalten ſey, der
von den Halmfruͤchten nicht ergriffen wird, dagegen aber
dem Klee ganz vorzuͤglich zuſagt.
Kommt nun der Klee auf einen Boden, der ſchon
lange kultivirt iſt, bisher aber bloß Korn getragen hat:
ſo findet der Klee dieſen Stoff als Ruͤckſtand aller fruͤhern
Duͤngungen im Boden vor, und gedeiht wegen der ihm
grade angemeſſenen, im Uebermaß vorhandenen Nahrung
in einem ungemeinen Grade. Der Boden verliert dann
durch den Klee einen Stoff der fuͤr das Korn indifferent
war, und erhaͤlt dagegen durch die Stoppeln und Wur-
zeln des Klee’s eine Duͤngung zuruͤck, die fuͤr das Korn
wirkſam iſt. Das Korn findet dann eine vermehrte Maſſe
des demſelben zuſagenden Nahrungsſtoffes vor, und wenn
man nun das Gedeihen des Korns, vor und nach dem
Klee, zum Maßſtab der Ausſaugung nimmt, ſo muß der
Klee weit mehr bereichernd als ausſaugend erſcheinen.
Sobald nun aber der Klee, in die regelmaͤßige Frucht-
folge aufgenommen, ſo oft wiedergekehrt iſt, daß der ei-
genthuͤmliche Nahrungsſtoff erſchoͤpft iſt: ſo findet derſelbe im
naͤchſten und in allen folgenden Umlaͤufen von dieſem eigen-
thuͤmlichen Stoff nur ſo viel vor, als in der friſchen
Duͤngung davon enthalten war. Da aber dies Quantum
zur Ernaͤhrung des Klee’s nicht hinreicht, ſo greift der-
ſelbe den fuͤr das Korn geeigneten Nahrungsſtoff im ver-
ſtaͤrkten Maß an, und ſo zeigt ſich der Klee nun nicht
mehr bereichernd, ſondern ausſaugend.
Wahrſcheinlich iſt der fuͤr den rothen und der fuͤr
den weißen Klee geeignete Stoff, wenn auch nicht iden-
tiſch doch aͤhnlich, und da in der K. W. der weiße Klee
in jedem Umlauf uͤber das ganze Feld kommt: ſo findet
hier gar keine Anhaͤufung des Klee-Nahrungsſtoffs ſtatt.
Bringt man nun zur Abwechſelung auf dieſen Boden
einmal rothen Klee, ſo muß dieſer groͤßtentheils von den
fuͤr das Korn geeigneten Stoffen leben, und zeigt ſich
dann ausſaugend.
Mag nun aber dieſe Erklaͤrung begruͤndet oder un-
begruͤndet ſeyn, ſo kann ich doch, nach meinen bisherigen
Erfahrungen und Beobachtungen, den gruͤn gemaͤhten
Wicken und dem rothen Klee — wenn dieſe in jedem
Umlaufe regelmaͤßig wiederkehren — keine bereichernde
Kraft beimeſſen; ſondern ich muß vielmehr annehmen,
daß dieſe Gewaͤchſe, welche eine ſo große Maſſe Futter
liefern, und welche, bei der regelmaͤßigen Wiederkehr, nur
in dem Maße wachſen, als ſie Reichthum im Boden vor-
finden, eine ausſaugende Wirkung auf den Boden aus-
uͤben. Es ſcheint mir aber gewiß, daß der rothe Klee,
auch nach Abzug deſſen, was ſeine Produktion an Dung
gekoſtet hat — auf einem fuͤr denſelben geeigneten Bo-
den — einen betraͤchtlich groͤßern Dunguͤberſchuß liefert,
als eine Dreeſchweide auf dieſem Boden zu geben vermag.
Das Credit der Stallfuͤtterung in Vergleichung mit
dem Weidegang des Viehes enthaͤlt demnach:
1) vermehrtes Futter,
2) vergroͤßerte Dungerzeugung und dadurch bewirkte
groͤßere Ausdehnung des Kornbaues.
Das Debet enthaͤlt:
1) die koſtſpieligere Ausſaat von Wicken und rothem
Kleeſaamen;
2) die durch den Wickenbau vermehrten Beſtellungskoſten;
3) die Anfahrungskoſten des Gruͤnfutters nach dem
Hofe;
4) die Koſten des Abfahrens des aus dem Gruͤnfutter
erfolgten Dungs — welche beim Weidegang ganz
erſpart werden.
Die durch die Stallfuͤtterung verurſachten Koſten
ſind nicht unbedeutend, und nur auf einem Boden von
hohem Werth wird der erweiterte Kornbau und das ver-
mehrte Viehfutter dieſe Koſten decken und uͤberwiegen
koͤnnen.
Ein Boden von geringer Fruchtbarkeit kann dieſe
Koſten nicht wieder bezahlen, und fuͤr einen ſolchen Bo-
den wird dieſe Wirthſchaft um ſo verderblicher, als die
erwartete Futter- und Dungvermehrung in eine Vermin-
derung umſchlaͤgt; indem die Futterkraͤuter hier ganz ver-
ſagen, einen noch geringern Ertrag als der Weideklee und
die Weidegraͤſer geben, und kaum die Koſten des ver-
wandten Saamens erſetzen.
In einer Koppelwirthſchaft von 10 Koͤrnern Ertrag
hat der 535 Ruthen vom Hofe entfernte Acker nach §. 11
noch die Haͤlfte des Werths von dem am Hofe liegenden
Acker.
In der mit Stallfuͤtterung verbundenen Fruchtwech-
ſelwirthſchaft werden die Arbeiten, deren Groͤße in gradem
Verhaͤltniß mit der Entfernung vom Hofe ſtehen, naͤm-
lich das Einfahren der Feldfruͤchte und das Abfahren des
Dungs, außerordentlich vermehrt. Wenn man hieruͤber
eine eben ſo genaue Berechnung, als die fuͤr die Koppel-
wirthſchaft gegebene, anſtellte: ſo wuͤrde man wahrſchein-
lich finden, daß fuͤr dieſe Wirthſchaftsart, der 300 Ruthen
vom Hofe entfernte Acker ſchon auf die Haͤlfte des Werths
des am Hofe liegenden Ackers herabſinkt.
Es laͤßt ſich alſo wohl mit Sicherheit annehmen, daß
F. W. W. mit Stallfuͤtterung ſich nur bei kleinen Guͤtern
uͤber das ganze Feld ausbreiten kann; daß aber auf gro-
ßen Guͤtern, auch beim hohen Werth des Bodens, dieſes
Wirthſchaftsſyſtem nur auf dem vordern Theil des Ackers
vortheilhaft und ausfuͤhrbar ſey, der entferntere Acker da-
gegen durch K. W. hoͤher genutzt werde.
Da nun beim hohen Werth des Bodens — der aus
der Fruchtbarkeit des Bodens und aus dem Preiſe der
Erzeugniſſe gemeinſchaftlich entſpringt — die F. W. W.
mit Stallfuͤtterung eintraͤglicher iſt, als die K. W., ſo
koͤnnen wir umgekehrt ſchließen, daß mit dem ſteigenden
Werth des Bodens die Guͤter von maͤßiger Groͤße mehr
und mehr den Vorzug vor den großen Guͤtern erhalten;
und in der That finden wir in allen Laͤndern, wo eine
ſehr hohe Kultur des Bodens ſtatt findet, nur Guͤter
von geringem oder maͤßigem Umfange.
§. 17.
Reſultate einer Vergleichung zwiſchen der belgiſchen Wirthſchaft
und der mecklenburgiſchen Wirthſchaft.
Wir legen hier fuͤr beide Wirthſchaftsarten einen Bo-
den zum Grunde, auf welchem die relative Ausſaugung
des Rockens ⅙ betraͤgt.
Fruchtfolge der belgiſchen Wirthſchaft, die wir hier
zum Gegenſtand der Betrachtung nehmen:
1) Kartoffelln,
2) Rocken und Stoppelruͤben,
3) Hafer,
4) Klee,
5) Weizen und Stoppelruͤben.
Die Fruchtfolge der mecklenburgiſchen Wirthſchaft,
welche wir bei dieſer Vergleichung zum Grunde legen,
iſt die gewoͤhnliche in der ſiebenſchlaͤgigen Koppelwirth-
ſchaft ſtatt findende Fruchtfolge, die wir oben ſchon an-
gefuͤhrt haben.
Reichthum und Ertrag der belgiſchen Wirthſchaft.
(jeden Schlag zu 10000 □R. den Reichthum
Ctr. zu 100 ℔ gerechnet.) Grade Ertrag
1) Kartoffeln 7680 11500 Schfl.
2) Rocken 6974 1056 Schfl.
Ruͤben — 6500 Ctr.
3) Hafer 7650 1650 Schfl.
4) Klee 6910 3150 Ctr. Heu
5) Weizen 7349 1056 Schfl.
Ruͤben — 6500 Ctr.
In 50000 □R. ſind enthalten 36563°
dies macht fuͤr 10000 □R. … 7313°
Reichthum und Ertrag der mecklenburgiſchen Wirthſchaft.
1) Rocken 6336° 1056 Schfl.
2) Gerſte 5280 1056 Schfl.
3) Hafer 4488 1267 Schfl.
4) Weide 3854 898 Ctr. Heu
5) Weide 4145 898 Ctr. Heu
6) Weide 4435 898 Ctr. Heu
7) Brache — enthaͤlt im Fruͤh-
jahr 4726 180 Ctr. Heu
Hiezu die Duͤngung aus dem
Stroh 1552
In 70000 □R. ſind enthalten 34816°
dies macht fuͤr 10000 □R. … 4973°
Bei gleichem Koͤrnerertrag an Winterkorn verhaͤlt ſich
alſo der mittlere Reichthum des mecklenburgiſchen Ackers
zu dem des belgiſchen wie 4973° zu 7313° oder wie 100
zu 147.
Meine Berechnungen liefern als endliches Reſultat
folgende Ueberſicht der Koſten und der Landrente:
A. der belgiſchen Wirthſchaft, auf 100000 □R.
B. der mecklenburgiſchen Wirthſchaft auf 100000 □R.
1.
Es iſt zuvoͤrderſt zu bemerken, daß der Ertrag des
Winterkorns in Belgien mit dem Ertrage, den Weizen zu
T. im Durchſchnitt gegeben hat, faſt genau zuſammen-
faͤllt. Der Verſuch, den Weizen zu T. zu einem noch
hoͤhern Mittelertrag zu bringen, har aufgegeben werden
7
muͤſſen, weil der Weizen ſich dann lagerte und einen ver-
minderten Ertrag lieferte. Wir koͤnnen alſo den belgiſchen
Mittelertrag von 10,56 Koͤrnern zugleich als das Maxi-
mum des Mittelertrags auf gutem Hoͤheboden anſehen.
2.
Mit dem Ertrage von 10,56 Koͤrnern iſt in der
Koppelwirthſchaft eine Landrente von 1600 Thlr. N⅔
verbunden, und weil der Koͤrnerertrag nicht weiter geſtei-
gert werden kann: ſo iſt auch in der reinen Koppelwirth-
ſchaft, wo reine Brache gehalten und aller Dung derſelben
zugefuͤhrt wird, eine hoͤhere Landrente nicht zu erreichen.
Dagegen liefert die belgiſche Wirthſchaft bei demſel-
ben Koͤrnerertrage eine Landrente von 2779 Thlr. N⅔;
oder bei dem Ertrage von 10,56 Koͤrnern verhaͤlt ſich die
Landrente der mecklenburgiſchen Wirthſchaft zu der der bel-
giſchen Wirthſchaft wie 100 zu 174.
Der Rohertrag beider Wirthſchaftsarten verhaͤlt ſich
wie 5137 zu 11081, oder wie 100 zu 216.
Denken wir uns nun dieſe beiden verſchiedenen
Wirthſchaften uͤber zwei Staaten von gleichem Umfange
verbreitet: ſo muß in dem Reichthum, der Bevoͤlkerung
und der Macht beider Staaten ein ungeheurer Unterſchied
ſtatt finden.
Die Bevoͤlkerung ſteht wahrſcheinlich, wenn auch nicht
im direkten doch im nahen Verhaͤltniß mit dem rohen
Ertrage, und vor allem wird die Zahl der produktiven
Arbeiter mit dem Rohertrage in naher Verbindung ſtehen.
Wir haben oben, aber freilich als eine bloße Muthmaßung,
angenommen, daß die Koppelwirthſchaft von 10 Koͤrnern
Ertrag einer Bevoͤlkerung von 3000 Menſchen auf der
Quadratmeile Nahrung verſchaffe. Hiernach wuͤrde eine
K. W. von 10,56 Koͤrnern Ertrag c c 3200 Menſchen
auf der Quadratmeile ernaͤhren; und da in dieſer Bezie-
hung die K. W. ſich zur B. W. wie 100: 216 verhaͤlt:
ſo wuͤrde der Staat, in welchem die belgiſche Wirthſchaft
betrieben wird, c c 6900 Einwohner auf der Quadratmeile
enthalten koͤnnen.
Es lohnt wohl der Muͤhe, dieſe hypothetiſche Berech-
nung mit der Wirklichkeit zu vergleichen, und ſie dadurch
zu berichtigen.
Nach Haſſels Handbuch der Erdbeſchreibung und Sta-
tiſtik, enthielten im Jahr 1817
Dieſe 6 Provinzen, in welchen der belgiſche Ackerbau
am vorzuͤglichſten betrieben wird,
enthalten alſo auf 420,54 □Meilen 3150299 Einwohner;
dies macht fuͤr eine Quadratmeile 7491 Einwohner.
So viel ich weiß, bedarf Belgien in der Regel kei-
ner Korneinfuhr. Iſt dies nun richtig, und ernaͤhrt alſo
Belgien ſeine Bevoͤlkerung ſelbſt, ſo bleibt unſere Berech-
nung noch hinter der Wirklichkeit zuruͤck.
Wenn der Reichthum eines Staats nicht weiter zu-
nimmt, ſondern im beharrenden Zuſtande iſt; ſo wird die
Landrente von der unproduktiven Klaſſe der Nation ver-
zehrt. Die Zahl der unproduktiven Menſchen die ein Staat
ernaͤhren kann, haͤngt alſo weſentlich mit der Groͤße der
Landrente zuſammen.
7*
Da auch das Militaͤr zu dieſer Klaſſe der Staats-
buͤrger gehoͤrt: ſo wird der Staat ein um ſo groͤßeres
Heer aufſtellen und unterhalten koͤnnen, alſo um ſo maͤch-
tiger nach Außen ſeyn, je groͤßer die Landrente iſt.
3.
Welches iſt nun aber der Hebel, die eigentliche Grund-
urſache des Uebergewichts des belgiſchen Ackerbaues? Iſt
dies Uebergewicht an Klima, Boden und geographiſche
Lage gebunden; oder ſteht es in der Macht des Landwirths,
eine aͤhnliche — wenn auch nicht gleiche — hohe Kultur
einzufuͤhren?
Um dieſe Fragen zu beantworten, muͤſſen wir den
Reichthum, den der Acker bei der belgiſchen Wirthſchaft
enthaͤlt, mit dem bei der mecklenburgiſchen Wirthſchaft
vergleichen.
Nach der zu Anfang dieſes Paragraphen gelieferten
Berechnung, erfordert die belgiſche Wirthſchaft einen mitt-
lern Reichthum des Ackers von 731,3° in 1000 □R.;
die mecklenburgiſche Wirthſchaft aber nur 497,3°
erſtere alſo mehr 234°
Die B. W. enthaͤlt auf gleichem Flaͤchenraum und
bei gleichem Koͤrnerertrage einen um beinahe 50 prct.
hoͤhern Reichthum des Ackers, als die M. W.
Alſo wird die groͤßere Landrente der B. W. zwar
von gleichem Flaͤchenraum, aber nicht von gleichem Reich-
thum des Ackers gewonnen; und welchen Antheil auch
Klima, Boden, Fruchtfolge, Nationalcharakter der Belgen
u. ſ. w. an dem hoͤhern Ertrag des belgiſchen Ackers ha-
ben moͤgen, immer iſt der hohe Reichthum des Bodens
die Grundbedingung, ohne welche alle andern guͤnſtigen
Einwirkungen nicht den hohen Ertrag hervorbringen
koͤnnen.
4.
Vergleichung beider Wirthſchaftsarten bei niedrigern Stuffen
der Fruchtbarkeit des Ackers.
Betrachten wir die oben mitgetheilten Tableaux uͤber
die Landrente beider Wirthſchaften genauer, ſo finden wir,
daß der glaͤnzende Vorzug der B. W. immer mehr und
mehr verſchwindet, je mehr der Koͤrnerertrag abnimmt; ja
beim Ertrage von 6 Koͤrnern gibt die K. W. ſchon eine
hoͤhere Landrente als die B. W., und die Landrente der
letztern Wirthſchaft wird ſchon bei 5,68 Koͤrnern = 0,
waͤhrend die Landrente der K. W. erſt bei dem Ertrage
von 5,32 Koͤrnern verſchwindet.
Dieſes Reſultat wird noch auffallender, wenn man
erwaͤgt, daß die belgiſche Wirthſchaft bei gleichem Koͤr-
nerertrage einen viel groͤßern Reichthum enthaͤlt, als die
mecklenburgiſche.
Die belgiſche Wirthſchaft bedarf zur Produktion von
10,56 Koͤrnern auf 100000 □R. Acker eines Reichthums
von 73130°; dies macht fuͤr den Ertrag von einem Korn
6925°.
Die mecklenburgiſche Wirthſchaft bedarf zur Hervor-
bringung eines gleichen Koͤrnerertrags in 100000 □R.
Acker nur 49730° Reichthum, alſo fuͤr 1 Korn 4710°.
Beim Ertrage von 6 Koͤrnern enthaͤlt demnach
die B. W. 6 × 6925 = 41550°
die K. W. 6 × 4710 = 28260°
Die belgiſche Wirthſchaft gibt hier bei einem um
13290° hoͤhern Reichthum eine geringere Landrente als
die Koppelwirthſchaft.
Bei dem Ertrage von 5,68 Koͤrnern, wo die Land-
rente der belgiſchen Wirthſchaft = 0 wird, enthaͤlt der
Acker noch Reichthum.
Die Landrente der mecklenburgiſchen Wirthſchaft ver-
ſchwindet dagegen erſt, wenn der Acker nur 5,32 Koͤrner
traͤgt, und alſo einen Reichthum von
enthaͤlt.
Ein Acker, der in 100000 □R. 39334° Reichthum
enthaͤlt und der durch B. W. genutzt gar keine Landrente
abwirft, wird durch K. W. genutzt einen Ertrag von
Koͤrnern geben, und eine Landrente von
Thlr. abwerfen. Wenn
nun umgekehrt auf einem Boden von dieſer Fruchtbarkeit
die B. W. eingefuͤhrt wird: ſo wird dadurch die ganze
Landrente von 925,1 Thlr., welche die K. W. hier bisher
gegeben hat, vernichtet.
Dies mag wohl zur Warnung dienen, keine Wirth-
ſchaft aus fremden Laͤndern nachzuahmen und bei ſich ein-
zufuͤhren, wenn man nicht alle Verhaͤltniſſe, worin dieſe
ihre Begruͤndung findet, klar uͤberſchauet, und das innere
Weſen des Landbaues zuvor erforſcht hat.
Dies mag ferner erklaͤren, warum die Anſetzung von
Koloniſten aus Belgien und der Pfalz faſt immer un-
gluͤckliche Reſultate geliefert hat: man gab ihnen in der
Regel einen Boden, wo die Fortfuͤhrung ihrer heimathli-
chen Wirthſchaft eine Thorheit war, wo ſie verderben muß-
ten, wenn ſie nicht zur landuͤblichen Wirthſchaft uͤbergin-
gen — und ſo wurde ihr Beiſpiel, anſtatt zur Nacheife-
rung zu reizen, eine Warnung gegen alle Neuerungen.
In dem noͤrdlichen Brabant liegen noch jetzt große
mit Heide bewachſene Flaͤchen oͤde und wuͤſt. Da dieſer
Boden in ſeiner phyſiſchen Beſchaffenheit nicht zu dem
ganz ſchlechten gehoͤrt, indem er noch Heide und theilweiſe
Eichen traͤgt, und in einer Ebene liegt, die nur wenig
uͤber den Waſſerſpiegel des nahen Meers erhaben iſt; da
ferner dieſe Flaͤche rings von großen Staͤdten umgeben
iſt, in deren Naͤhe das Land einen hohen Werth hat: ſo
muß es nothwendig befremden, daß ſelbſt die belgiſche
Induſtrie an der Urbarmachung dieſes Bodens ſcheiterte.
Woher mag dies ruͤhren?
Daß der koſtſpielige belgiſche Landbau ſich auf einem
Boden von dieſer Art nicht bezahlt macht, iſt gewiß; daß
die belgiſchen Fruchtfolgen einen armen Boden nicht be-
reichern, ſondern voͤllig erſchoͤpfen, iſt ebenfalls gewiß. Ha-
ben nun die Belgen — wie es der Fall zu ſeyn ſcheint —
hier eine aͤhnliche, wenn auch nicht gleiche Wirthſchaft als
auf ihrem reichen Boden verſucht: ſo mußten dieſe Ver-
ſuche nothwendig fehlſchlagen.
Vielleicht wuͤrde hier dem mecklenburgiſchen Land-
wirth gelingen, was dem belgiſchen Landwirth bisher miß-
lang; vielleicht, ich moͤchte ſagen, wahrſcheinlich waͤren
dieſe Heiden laͤngſt in kultivirtes Land umgeſchaffen, wenn
die Koppelwirthſchaft an den Ufern der Maas bekannt und
landuͤblich geweſen waͤre.
Die K. W. von 10,56 Koͤrnern und die B. W. von
7,18 Koͤrnern Ertrag enthalten gleichen Reichthum, naͤm-
lich 49730° in 100000 □R.
Die K. W. gibt von dieſem Reichthum
eine Landrente von 1600 Thlr. N⅔
Die B. W. gibt von dieſem Reichthum
eine Landrente von 854,3 » »
Der Reichthum des Bodens wird alſo durch K. W.
viel hoͤher genutzt als durch B. W., und dieſe wird erſt
da vortheilhaft, wo der Reichthum des Bodens ſo hoch
ſteigt, daß die K. W. denſelben wegen Lagern des Ge-
treides nicht mehr nutzen kann.
5.
Die B. W. beſtellt von der ganzen Ackerflaͤche 60
prct. mit Getreide und erhaͤlt ſich dabei in gleicher Frucht-
barkeit, waͤhrend die M. W. nur 43 prct. der Ackerflaͤche
mit Getreide beſtellen darf, wenn ſie ſich in und durch
ſich ſelbſt in gleicher Kraft erhalten ſoll.
Die Belgen erreichen dies Reſultat dadurch, daß ſie
1) den Klee, als die wichtigſte dungerzeugende Frucht,
in einen eben ſo reichen Boden bringen, als das
Winterkorn ſelbſt, waͤhrend die Mecklenburger ihre
Weide nur in ſolche Schlaͤge nehmen, die durch drei
Kornſaaten bereits einen großen Theil ihres Reich-
thums verloren haben;
2) daß ſie den Klee nicht vom Vieh abweiden laſſen,
wodurch ſonſt eine bis auf die Haͤlfte verminderte
Kleeproduktion, und eine ungefaͤhr um ein Drittel
verminderte Dungerzeugung entſtehen wuͤrde, ſondern
ihn abmaͤhen und mit dem Vieh auf dem Stall ver-
fuͤttern — und dieſe beiden Urſachen zuſammen be-
wirken, daß der einzige belgiſche Kleeſchlag = 20
prct. der Ackerflaͤche in der Dungerzeugung den drei
mecklenburgiſchen Weideſchlaͤgen = 43 prct. der Acker-
flaͤche faſt gleich kommt;
3) daß ſie die Stoppel des Wintergetreides noch in
demſelben Jahre mit Ruͤben beſtellen, und ſo von
demſelben Felde nach der ausſaugenden Halmfrucht
noch eine Frucht gewinnen, die mehr Dung wieder-
gibt, als ſie dem Acker entnommen hat.
Meine Berechnungen uͤber den Geldertrag und die
Koſten, ſo wie uͤber die Dungkonſumtion und den Dung-
erſatz der einzelnen Schlaͤge — die ich gerne vorgelegt
haͤtte, um das pruͤfende und berichtigende Urtheil des Pub-
likums daruͤber zu vernehmen, die ich hier aber nicht mit-
theilen kann, weil ſie zu vieler Eroͤrterungen und Erklaͤ-
rungen beduͤrften, und dadurch zu vielen Raum einneh-
men wuͤrden — ergeben, daß der Kartoffelnſchlag von
10000 □R. durch den Werth, den die Kartoffeln als Vieh-
futter haben, nach Abzug der verwandten Arbeitskoſten
nur einen Gelduͤberſchuß von 25,5 Thlr. N⅔ liefern,
und daß der Dungerſatz, den die Kartoffeln durch ihre
Verfuͤtterung geben, die Dungkonſumtion, die ihre Ernte
bewirkt hat, nur um 46,2° uͤberwiegt.
Hiernach waͤren alſo die Kartoffeln in beiden Bezie-
hungen als eine neutrale Frucht zu betrachten; man koͤnnte
die Brache an ihre Stelle ſetzen, ohne daß dadurch weder
der Geldertrag noch die Dungerzeugung weſentlich veraͤn-
dert wuͤrde. Aber der Kartoffelnbau erſpart die in der
Koppelwirthſchaft ſo koſtſpielige Brachbearbeitung zum
groͤßern Theil, indem nach den Kartoffeln nur einmal,
bei der Brachbearbeitung aber viermal zum Rocken ge-
pfluͤgt werden muß — und dadurch wird der Kartoffeln-
bau von großer Bedeutung fuͤr den Reinertrag der belgi-
ſchen Wirthſchaft.
Der Anbau der Futtergewaͤchſe gibt in Belgien ſo
wenig als anderswo einen bedeutenden Reinertrag; aber
der Bau des Klees und der Ruͤben wird durch die Dung-
erzeugung, die allein einen ausgedehnten Kornbau moͤg-
lich macht, der Bau der Kartoffeln durch die Erſparung
der Brachbearbeitung wichtig und nothwendig.
6.
Aus der zu Anfang dieſes Paragraphen gelieferten
Gegeneinanderſtellung des Ertrags und des im Acker be-
findlichen Reichthums geht hervor
Wenn man Weizen und Rocken zuſammen nimmt,
ſo gehoͤren in Belgien zur Produktion von 1 Schfl. Win-
terkorn 3,78° Reichthum.
In Mecklenburg gehoͤren dagegen zu ei-
nem Schfl. Winterkorn 6° »
Alſo ſind 6° Reichthum nach reiner Brache fuͤr den
Pflanzenwachsthum eben ſo wirkſam als 6,78° nach einer
Vorfrucht. Das Verhaͤltniß der Wirkſamkeit des Dungs
nach reiner Brache zu der nach einer Vorfrucht iſt alſo
wie 6,78 : 100 = 11,3 : 10; oder wo nach reiner Brache
11,3 Koͤrner wachſen koͤnnten, da wachſen nach der Vor-
frucht nur 10 Koͤrner.
Wo die Bearbeitung des Bodens minder vollkom-
men als in Belgien iſt, da wird auch der Nachtheil der
Vorfrucht auf die Wirkſamkeit des Reichthums immer
groͤßer, und fuͤr eine gewoͤhnliche Bearbeitung moͤchte das
fruͤher angenommene Verhaͤltniß von 12: 10 ziemlich zu-
treffend ſeyn.
Fuͤr den Hafer, der niemals nach der Brache koͤmmt,
muͤßte der Reichthum des Bodens in Belgien eben ſo
wirkſam ſeyn, als in Mecklenburg. Wir finden aber, daß
in Belgien zu der Produktion von einem Schfl. Hafer
4,64°, in Mecklenburg nur 3,54° Reichthum gehoͤren.
Die Erklaͤrung uͤber dieſe Abweichung finden wir in der
verſchiedenen Beſtellung des Hafers. Die Belgen brin-
gen naͤmlich die ſtarke Duͤngung zum Hafer, wenn unter
dieſen Klee geſaͤet werden ſoll, erſt mit der Saatfurche
unter. Bei dieſer Behandlung iſt nun die Duͤngung
fuͤr den Hafer ſelbſt faſt ganz unwirkſam. Aber wahr-
ſcheinlich wollen die Belgen grade dies, damit der Hafer
ſich nicht lagere und den Klee erſticke, und damit dem
Klee die ganze Duͤngung, ohne Abzug, zu Nutzen komme.
Daß der Klee in Belgien von demſelben Reichthum
faſt den doppelten Ertrag gibt, liegt theils im belgiſchen
Klima, welches dem Kleewuchs viel guͤnſtiger iſt, haupt-
ſaͤchlich aber darin, daß wir ihn in Mecklenburg abweiden
und zertreten laſſen, waͤhrend derſelbe in Belgien vom
Viehtritt nicht geſtoͤrt, ſondern regelmaͤßig abgemaͤhet wird.
7.
Wenn man von dem Ertrage des Getreides und der
Kartoffeln die Ausſaat abzieht, und den hieraus hervor-
gehenden Ueberſchuß mit der Summe der auf die Pro-
duktion derſelben verwandten Arbeitskoſten vergleicht: ſo
ergibt ſich hieraus, wie viel ein Scheffel von jedem dieſer
Gewaͤchſe an Arbeitskoſten (alſo mit Ausſchluß der allge-
meinen Kulturkoſten) erfordert hat.
Meine Berechnungen geben hieruͤber folgende Re-
ſultate:
Es iſt zu bemerken, daß bei dieſer Berechnung der
Preis von 1 Thlr. 12 ß. N⅔ fuͤr den Berliner Schfl.
Rocken zum Grunde liegt, und daß, da die Arbeitskoſten
mit dem Preiſe des Getreides ſteigen oder fallen, dieſe
Berechnung auch nur fuͤr dieſen einen Getreidepreis
guͤltig iſt.
Die Arbeitskoſten zur Produktion eines Scheffels
Rocken betragen in Mecklenburg 25,9 ß., in Belgien da-
gegen nur 18,7 ß. Hier zeigt ſich der große Einfluß,
den der Kartoffelnbau ſtatt der Brache auf die Erſparung
der Arbeitskoſten hat.
Den Rocken nach Kartoffeln zu nehmen, iſt eine
ſchlechte Fruchtfolge. Deſſen ungeachtet ernten die Belgen
das Maximum, was dieſe Frucht im Durchſchnitt mehre-
rer Jahre geben kann; es zeigt ſich hier alſo, daß ein
Fehler in der Fruchtfolge auf einem reichen Boden und
durch eine hoͤchſt ſorgfaͤltige Bearbeitung unſchaͤdlich ge-
macht werden kann. Ein ſolcher Verſtoß gegen die Re-
geln des Fruchtwechſels wuͤrde ſich dagegen auf aͤrmern
Boden ſtrenge beſtrafen.
Bemerkungen und Erklaͤrungen.
Was den Verfaſſer zu der Vergleichung zwiſchen der
belgiſchen und der mecklenburgiſchen Wirthſchaft bewog,
war das genauere Studium von Schwerz herrlichem
Werke uͤber die belgiſche Landwirthſchaft. Er fand in die-
ſem Werke eine ſolche Menge ſchaͤtzbarer Data, er fand
die Angaben mit ſolcher Vorſicht und Umſicht gewaͤhlt,
und in denſelben einen ſolchen innern Zuſammenhang, daß
er glaubte, durch die Zuſammenſtellung und Vergleichung
derſelben mit ſeinen eigenen Erfahrungen, eine fuͤr ihn
ſelbſt hoͤchſt lehrreiche Arbeit zu unternehmen — und dieſe
Erwartung hat ihn nicht getaͤuſcht.
Als der Verfaſſer dieſe Vergleichung unternahm, war
es nicht ſeine Abſicht, ſie dieſer Schrift, welche zum groͤ-
ßern Theil bereits vor 6 Jahren zum erſtenmal niederge-
ſchrieben wurde, einzuverleiben; aber nach Vollendung
derſelben fand er in den Reſultaten einen ſo nahen Zu-
ſammenhang mit den in dieſer Schrift bereits entwickel-
ten Saͤtzen, daß er glaubte die Reſultate ſelbſt dem Pu-
blikum hier mittheilen zu duͤrfen — obgleich er die Man-
gelhaftigkeit dieſer Vergleichung, fuͤr welche die Einheit
des Standpunktes fehlt, ſehr wohl erkennt, und deshalb
dieſe Arbeit nur fuͤr einen Verſuch ausgeben kann und
will.
Wo die Berechnungen auf Punkte kamen, die in dem
Schwerzſchen Werke nicht angefuͤhrt ſind, da mußte die
Luͤcke durch die fuͤr T. gefundenen Verhaͤltniſſe ergaͤnzt
werden — dies war zum Theil bei der Beſtimmung der
Erntekoſten, beſonders aber bei der Beſtimmung der all-
gemeinen Kulturkoſten unvermeidlich.
Wo, zur Fortfuͤhrung der Berechnung, Annahmen
uͤber die Ausſaugung der Wurzelgewaͤchſe und des Gruͤn-
futters, ſo wie uͤber Quantitaͤt und Werth des Erſatzes
den ſie liefern, nicht zu vermeiden waren, da hat der
Verfaſſer die Saͤtze angenommen, welche, nach ſeiner Er-
fahrung und nach der Summe ſeiner Beobachtungen ihm
als die richtigſten erſcheinen; aber er iſt weit entfernt
dieſe Saͤtze ſchon fuͤr entſchieden zu halten, er ſieht viel-
mehr der Zeit, wo ſeine Anſicht durch entſcheidende Ver-
ſuche und durch Erfahrungen im Großen berichtigt wer-
den wird, mit Verlangen entgegen.
Die große Abweichung, welche in den von Schwerz
angefuͤhrten Marktpreiſen der Viehkartoffeln, des Klee’s,
des Strohes und anderer zum Viehfutter beſtimmten Ge-
waͤchſe, von dem Futterwerth, den ich dieſen Gewaͤchſen
anrechne, ſtatt findet, macht hier eine Erklaͤrung noth-
wendig.
In den Marktpreiſen dieſer Gewaͤchſe ſind enthalten:
a. der Futterwerth,
b. der Dungwerth,
c. die Transportkoſten dieſer Gewaͤchſe, von dem Orte
ihrer Erzeugung bis zum Marktplatz.
Die ſorgfaͤltigſte Pruͤfung und vergleichende Berechnung
hat mich nun uͤberzeugt, daß auch in Belgien der Rein-
ertrag vom Vieh, und alſo auch der Futterwerth dieſer
Gewaͤchſe nur geringe iſt, und daß der groͤßere Theil des
hohen Marktpreiſes, den dieſe Gewaͤchſe in Belgien ha-
ben, aus dem hohen Werth, den der Dung in dieſem
Lande hat, entſpringt.
Meine Berechnungen ergeben fuͤr 100000 □R.
Acker in der belgiſchen Wirthſchaft einen Pachtpreis von
3797,2 Thlr. N⅔.
Die wirkliche Pacht des Ackers, fuͤr den dieſe Be-
rechnung entworfen iſt, betraͤgt nach Herrn Dieroxens An-
gabe im 2ten Theil S. 398 des Schwerzſchen Werks 54
Florins pr. Bunder, welches fuͤr 100000 □R. Acker —
3706 Thlr. N⅔ ausmacht.
Zwiſchen meiner Berechnung und der wirklich bezahl-
ten Pacht findet alſo eine Differenz von 91,2 Thlr., oder
von c c 2½ prct. ſtatt.
Die Kornpreiſe ſind in meiner Berechnung ſo ange-
nommen, wie Herr Dieroxen ſie in ſeinen Notizen an-
gibt, wornach der Berliner Schfl. Rocken auf 1 Thlr.
12 ß. N⅔ kommt. Bei der Vergleichung der belgiſchen
mit der mecklenburgiſchen Wirthſchaft mußten nothwendig
fuͤr beide Wirthſchaftsarten dieſelben Getreidepreiſe zum
Grunde gelegt werden, und es iſt hier deshalb der meck-
lenburgiſchen Wirthſchaft der Schfl. Rocken ebenfalls zu
1 Thlr. 12 ß. N⅔ angerechnet. Dieſer Preis ſtimmt
zwar beinahe, aber doch nicht voͤllig genau mit dem
Preiſe uͤberein, der in dem uͤbrigen Theil dieſer Schrift
angenommen iſt. Aus dieſem Grunde, und auch weil in
der Vertheilung der allgemeinen Kulturkoſten und in ei-
nigen Anſaͤtzen der Statik, kleine Aenderungen getroffen
ſind, kann nun die hier fuͤr die K. W. gefundene Land-
rente nicht voͤllig mit der fruͤher fuͤr dieſe Wirthſchaft be-
rechneten Landrente uͤbereinſtimmen.
Es kann ferner die Berechnung uͤber die belgiſche
Wirthſchaft, weil ſie nicht von einem und demſelben Stand-
punkt mit unſern fruͤhern Unterſuchungen ausgegangen iſt,
nicht dazu dienen, den Platz, den die belgiſche Wirthſchaft
in unſerm iſolirten Staat einnehmen koͤnnte, nachzuweiſen.
Die hier gelieferte Vergleichung muß deshalb als eine
eingeſchobene, fuͤr ſich beſtehende Abhandlung betrachtet
werden.
§. 18.
Anfuͤhrung einiger andern Ruͤckſichten bei der Wahl eines
Wirthſchaftsſyſtems.
In dem Vorhergehenden haben wir unterſucht, wie
die beiden Potenzen: Getreidepreis und Reichthum des
Bodens das zu waͤhlende Wirthſchaftsſyſtem beſtimmen.
Dieſe Potenzen ſind zwar die wichtigſten aber keineswe-
ges die einzigen, die auf die Wahl eines Wirthſchaftsſy-
ſtems einwirken. Um den Einfluß der genannten beiden
Potenzen zu erforſchen, mußten wir ſie aus dem Konflikt,
worin ſie in der Wirklichkeit mit den uͤbrigen Potenzen
ſtehen, herausreißen, ſie gleichſam frei machen, damit das,
was jede — unter gegebenen Umſtaͤnden — fuͤr ſich allein
vermoͤge, ſichtbar werde. Wir haben zu dieſem Zweck alle
uͤbrigen Potenzen als gleichbleibende, beſtaͤndige Groͤßen
angenommen, und nun waren dieſe beiden Potenzen als
die einzigen veraͤnderlichen, auch die einzigen, die bei un-
ſerer Unterſuchung in Betracht kamen.
Unter andern Verhaͤltniſſen oder bei andern Geſichts-
punkten kann aber eine oder koͤnnen mehrere der von uns
als beſtaͤndige Groͤßen betrachteten Potenzen, als veraͤn-
derliche erſcheinen oder gedacht werden; und dann wird
der Einfluß, den das Wachſen oder Abnehmen dieſer Groͤ-
ßen auf das Wirthſchaftsſyſtem ausuͤbt, zum Gegenſtand
einer neuen Forſchung.
Die aus ſolchen veraͤnderten Suppoſitionen hervor-
gehenden neuen Unterſuchungen gehoͤren zwar nicht we-
ſentlich zum Zweck dieſer Schrift; aber ich glaube doch,
um Mißverſtaͤndniſſen moͤglichſt vorzubeugen, einige der
wichtigſten Ruͤckſichten dieſer Art anfuͤhren zu muͤſſen.
A. Wirthſchaften mit wachſendem Reichthum des Bodens.
Man pflegt bei der Vergleichung zweier Wirthſchafts-
ſyſteme es als einen Vorzug des einen oder des andern
anzufuͤhren, daß durch daſſelbe der Acker von Umlauf zu
Umlauf an Reichthum und Ertrag zunehme.
Nun iſt es aber kein weſentliches Attribut des einen
oder andern Wirthſchaftsſyſtems, daß es den Boden be-
reichere oder erſchoͤpfe. Man kann den Acker eben ſo wohl
durch Koppel- und Fruchtwechſelwirthſchaft, als durch Drei-
felderwirthſchaft ausſaugen. Eine 6ſchlaͤgige F. W. W.
mit 4 Kornſaten iſt, ſo wie die 7ſchlaͤgige K. W. mit 4
Halmfruͤchten eine ausſaugende Wirthſchaft; dagegen ſind
die 7ſchlaͤgige F. W. W. mit 3 und die 6ſchlaͤgige K. W.
mit 2 Kornſaaten bereichernde Wirthſchaften. Nicht in
der Fruchtfolge, nicht in dem Wirthſchaftsſyſtem liegt es,
ob eine Wirthſchaft eine bereichernde oder erſchoͤpfende ſey;
ſondern lediglich in dem Verhaͤltniß zwiſchen den dunger-
zeugenden und den erſchoͤpfenden Fruͤchten — fuͤr welches
Verhaͤltniß ich, der Kuͤrze wegen, mich kuͤnftig des Worts
«Saatenverhaͤltniß» bedienen werde.
Stellt man nun zwei Guͤter mit zwei verſchiedenen
Wirthſchaftsſyſtemen gegen einander, und nimmt fuͤr das
eine ein bereicherndes, fuͤr das andere ein erſchoͤpfendes
Saatenverhaͤltniß an, und will man nun aus dem endli-
chen Erfolge — gleichviel ob dieſer aus einer richtigen
Berechnung, oder aus der wirklichen Erfahrung hervor-
gehe — darthun, welches Wirthſchaftsſyſtem den Vorzug
verdiene: ſo beantwortet dieſe Unterſuchung nur die Frage,
ob der, durch die ſchonende Wirthſchaft bereicherte Boden,
am Ende einen hoͤhern Werth habe, als der in ſeinem
vorigen Zuſtand gebliebene aͤrmere Boden — eine Frage,
uͤber deren Beantwortung an ſich gar kein Zweifel ſtatt
finden kann.
Bei einer ſolchen Gegeneinanderſtellung muß ſtets
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dasjenige Wirthſchaftsſyſtem, dem man das am mehrſten
bereichernde Saatenverhaͤltniß zutheilt, den Sieg davon
tragen.
Soll nun die Vergleichung zweier Wirthſchaftsſyſteme
nicht zur Begriffsverwirrung ſondern zur klaren Einſicht
fuͤhren, ſo muͤſſen folgende Geſichtspunkte ſcharf geſchieden
werden:
1) Wenn der Zweck der Wirthſchaft iſt, den Boden in
Hinſicht ſeines Reichthums in einem beharrenden Zu-
ſtand zu erhalten, welches Wirthſchaftsſyſtem liefert
dann den hoͤchſten Geldertrag?
2) Unter welchen Verhaͤltniſſen iſt es vortheilhaft, den
Reichthum des Bodens auf Koſten des Geldertrags
zu erhoͤhen, und bis zu welchem Grad kann der Reich-
thum des Bodens mit Vortheil vermehrt werden?
3) Wenn der Zweck der Wirthſchaft nicht auf den hoͤch-
ſten Geldertrag ſondern auf die Bereicherung des
Bodens gerichtet iſt, durch welches Wirthſchaftsſyſtem
wird dann die Vermehrung des Reichthums mit den
mindeſten Koſten erreicht?
Die Loͤſung der erſten, aber nicht die der zweiten
und dritten Aufgabe iſt Gegenſtand dieſer Schrift: wir
haben zwar Acker von verſchiedenen Stuffen des Reich-
thums neben einander geſtellt und mit einander vergli-
chen; aber immer haben wir den Acker als im beharren-
den Zuſtande befindlich betrachtet und betrachten muͤſſen.
Die zweite und dritte Aufgabe, faſt noch wichtiger als
die erſte, erwarten ihre Loͤſung vielmehr von den derein-
ſtigen Fortſchritten der Statik des Landbaues.
B. Verhaͤltniß des Heuertrags aus den Wieſen zur Groͤße des
Ackerlandes.
Wenn mit einem Gute, welches in Koppel- oder
Dreifelderwirthſchaft liegt, keine Wieſen verbunden ſind,
und das Nutzvieh nun im Winter mit bloßem Stroh un-
terhalten wird: ſo magert das Vieh im Winter ſo weit
ab, daß es den groͤßten Theil des auf der Weide verzehr-
ten Graſes zu ſeiner Erholung und zur Herſtellung der
Beleibtheit anwenden muß, und nur einen geringen Theil
deſſelben auf die Erzeugung von Milch oder Wolle ver-
wenden kann. Unter dieſen Umſtaͤnden iſt aber der Roh-
ertrag des Viehes ſo geringe, daß dadurch die Koſten der
Viehhaltung kaum gedeckt werden, daß folglich nicht bloß
das verfutterte Stroh, ſondern auch die Weide ſelbſt gar
keine Nutzung abwirft.
In einem ſolchen Verhaͤltniß wird es nothwendig dem
Vieh im Winter durch Koͤrnerfutter zu Huͤlfe zu kommen —
ſey es nun, daß man das Korn rein gibt, oder daß man
das Stroh nicht rein ausdreſchen laͤßt — um daſſelbe in
einem ſolchen Zuſtand zu erhalten, daß wenigſtens die
Nutzung der Weide nicht ganz verloren gehe.
Das Zugvieh muß, wie es jedem einleuchtet, immer
in dem Stande erhalten werden, daß es die geforderte Ar-
beit vollbringen kann. Fehlt nun das Heu, ſo muß dies
augenſcheinlich durch Koͤrnerfuͤtterung erſetzt werden.
Vergleichen wir aber die Produktionskoſten des Klee-
heues und der Kartoffeln mit denen des Getreides, ſo
finden wir daß dieſes ein weit theureres Futter iſt als
Kleeheu und Kartoffeln.
Bei den Berechnungen uͤber die belgiſche Wirthſchaft
fanden wir, daß die Hervorbringung
von 1 Schfl. Hafer an Arbeitskoſten erforderte 13,4 ß.
1 » Kartoffeln 3,3 ß.
1 Ctnr. Kleeheu 4,3 ß.
Nach andern Beobachtungen und Berechnungen —
die hier aber nicht mitgetheilt werden koͤnnen — nehme
ich ferner an, daß ein Schfl. Hafer incluſive des mit
demſelben geernteten Strohes fuͤr das Nutzvieh, und zum
8*
Theil auch fuͤr das Zugvieh — bei welchem aber nicht
das ganze Quantum der Koͤrner durch Heu erſetzt werden
kann — einen gleichen Futterwerth habe mit 117 ℔ Klee-
heu, oder mit 2⅓ Schfl. Kartoffeln.
Die Hervorbringung
von 117 ℔ Heu koſtet an Arbeit × 4,3 = 5⅓ ß,
von 2⅓ Schfl. Kartoffeln 2⅓ × 3,3 = 7,7 ß,
von 1 Schfl. Hafer 13,4 ß.
Die Koſten der Haferfuͤtterung verhalten ſich hiernach
zu denen der Kartoffelnfuͤtterung wie 100: 58, und
zu denen der Kleeheufuͤtterung wie 100: 40.
Oder, wenn man bisher fuͤr 100 Thlr. Hafer mit
dem Nutzvieh verfuͤtterte, ſo erſpart man durch die Sub-
ſtitution der Kartoffeln 42 Thlr., und durch die des Klee-
heues 60 Thlr.
Es folgt hieraus, daß man in ſolchen Dreifelder- und
Koppelwirthſchaften, wo das Heu entweder ganz fehlt,
oder doch nicht in hinreichender Menge vorhanden iſt,
ſeine Zuflucht nicht zur Koͤrnerfuͤtterung, ſondern zum An-
bau der Futtergewaͤchſe nehmen muß. Da nun dieſe Fut-
tergewaͤchſe in keinem andern Wirthſchaftsſyſtem ſo wohl-
feil erzeugt werden koͤnnen, als in der Fruchtwechſelwirth-
ſchaft; ſo folgt hieraus ferner, daß dieſe Guͤter einen ſol-
chen Theil ihrer Ackerflaͤche, der hinreichend iſt, das noͤthige
Winterfutter an Heu, Kartoffeln u. ſ. w. zu liefern, in
F. W. W. legen muͤſſen, wenn auch der Getreidepreis
nicht die Hoͤhe und der Acker nicht den Grad von Frucht-
barkeit erlangt hat, wo dieſe Wirthſchaftsart fuͤr die ganze
Ackerflaͤche zweckmaͤßig waͤre.
Aber nur auf reichem Boden wird die Produktion
der Futtergewaͤchſe wohlfeil; auf armen Boden verſagt
der Klee ganz, und die Kartoffeln geben einen ſo ge-
ringen Ertrag, daß ihre Produktion leicht das Doppelte
von dem koſtet, was wir hier dafuͤr berechnet haben.
Wir werden dadurch zu einer neuen intereſſanten
Frage gefuͤhrt.
Wird naͤmlich bei mangelnden Wieſen auf Acker von
mittlerm oder geringem Reichthum es zweckmaͤßig ſeyn,
einen Theil des Ackers in hohe Dungkraft zu ſetzen und
F. W. W. darauf einzufuͤhren, wenn die Bereicherung die-
ſes Theils der Ackerflaͤche nur auf Koſten des andern groͤ-
ßern Theils geſchehen kann?
Ich wage hieruͤber kein beſtimmtes Urtheil zu faͤllen;
aber ich glaube, daß die genauere Unterſuchung dieſe Frage
bejahend beantworten wuͤrde.
Je aͤrmer indeſſen der Acker im Ganzen iſt, je ſchlech-
ter die phyſiſche Beſchaffenheit des Bodens iſt, um deſto
groͤßer ſind die Schwierigkeiten beim Anbau der Futter-
gewaͤchſe — und es erklaͤrt ſich hieraus, warum in Ge-
genden, wo ſolcher Boden vorherrſcht, die Wieſen einen
ſo hohen Werth haben, daß ihr Beſitz faſt die Bedingung
iſt, unter welcher man nur Ackerbau treiben kann.
Fuͤr unſern iſolirten Staat haben wir angenommen,
daß mit dem Acker eine ſolche Wieſenflaͤche verbunden iſt,
die das fuͤr die K. W. und fuͤr die D. W. noͤthige Heu
liefert, und daß der aus dem Wieſenheu erfolgende Dung
nicht der ganzen Ackerflaͤche, ſondern nur einem in einer
beſondern Rotation liegenden Theil des Ackers zu Gute
komme. Wir haben dieſen Theil dann nicht weiter be-
achtet, ſondern unſere Unterſuchung allein auf die groͤßere
Abtheilung der Ackerflaͤche — die ſich in und durch ſich
ſelbſt erhalten muß, und der das noͤthige Wieſenheu, gegen
Bezahlung des Futterwerths und gegen Zuruͤckgabe des
daraus erfolgenden Dungs geliefert wird — gerichtet.
Wir haͤtten eben ſo gut annehmen koͤnnen — und
vielleicht waͤre die Sache dadurch noch klarer geworden —
daß gar keine Wieſen vorhanden waͤren, daß die Ackerflaͤche
jedes Guts in zwei Abtheilungen laͤge, wovon die klei-
nere der Gewinnung des noͤthigen Winterfutters gewid-
met, durch F. W. W. genutzt wuͤrde, waͤhrend die groͤßere
Abtheilung in der Bewirthſchaftungsart den Geſetzen folgte,
die aus der Aenderung der Getreidepreiſe und des Boden-
reichthums hervorgehen.
C. Stallfuͤtterung.
Die Erfahrung lehrt, daß eine reichlich und mit kraͤf-
tigem Futter genaͤhrte Kuh das verzehrte Futter weit
hoͤher bezahlt, als eine kaͤrglich unterhaltene Kuh.
Bei der Stallfuͤtterung erhalten die Kuͤhe in der
Regel nicht bloß eine reichliche Sommerfuͤtterung, ſondern
auch eine kraͤftige Winterfuͤtterung.
Stellt man nun den Ertrag einer im Sommer und
Winter gleichmaͤßig reichlich gefuͤtterten Kuh, neben den
Ertrag einer Weidekuh, die im Sommer gut, im Winter
aber kaͤrglich genaͤhrt wird: ſo zeigt ſich nicht bloß im
Rohertrag, ſondern auch im Reinertrag ein ſehr großer
Unterſchied zu Gunſten der Stallfuͤtterung.
Nun iſt aber die kaͤrgliche Winterfuͤtterung keines-
wegs nothwendig mit der Weidewirthſchaft verbunden; es
iſt vielmehr gar kein Grund vorhanden, warum dieſe nicht
eben ſo reichlich gegeben werden koͤnnte, als bei der Stall-
fuͤtterung.
Bei der Vergleichung der Stallfuͤtterung mit der
Weidewirthſchaft muͤſſen deshalb folgende zwei Geſichts-
punkte genau unterſchieden werden.
1) Welchen Antheil an dem hoͤhern Ertrag der Stallkuh
hat die ſtaͤrkere und gleichmaͤßigere Fuͤtterung waͤh-
rend des ganzen Jahrs?
2) Wenn die Weidekuh eben ſo reichlich und gleichmaͤ-
ßig ernaͤhrt wird als die Stallkuh, welche Vorzuͤge
bleiben dann noch der Stallfuͤtterung?
Die gleichmaͤßig reichliche Unterhaltung des Viehes
waͤhrend des ganzen Jahres iſt von der groͤßten Wichtig-
keit. Bei der Sommerſtallfuͤtterung iſt dieſe Gleichmaͤ-
ßigkeit, wenn nur Gruͤnfutter in hinreichender Menge vor-
handen iſt, leicht zu erreichen. Bei der Weidewirthſchaft
iſt dies aber mit groͤßern Schwierigkeiten verbunden: denn
in den Monaten Mai und Juni iſt der Wachsthum des
Graſes ſo lebhaft, daß das Vieh nicht alles verzehren kann,
ſondern einen Theil deſſelben in Halme ſchießen laͤßt,
waͤhrend in den Monaten Juli und Auguſt der Gras-
wuchs nachlaͤßt, und das Vieh nun in der Regel
Mangel leidet, wenn es auf die Dreeſchweiden allein an-
gewieſen iſt.
Um dieſem Uebel abzuhelfen, muͤßte man in den Mo-
naten Juli und Auguſt von Zeit zu Zeit friſche Weide
auf einmal gemaͤhten Wieſen und auf der Kleeſtoppel ein-
raͤumen koͤnnen; oder man muͤßte zur Aushuͤlfe einiges
Gruͤnfutter nach der Weide fahren.
Iſt nun auf dieſe Weiſe die Gleichmaͤßigkeit in der
Ernaͤhrung des Viehes geſichert, und erhalten die Weide-
kuͤhe daſſelbe Winterfutter was die Stallkuͤhe bekommen:
ſo iſt nun weiter kein Grund abzuſehen, warum die Wei-
dekuͤhe von einer gleichen Quantitaͤt Futter nicht auch
eben ſo viele Milch und Butter produziren ſollten, als die
Stallkuͤhe.
Ich habe deshalb auch in §. 16., wo von der Stall-
fuͤtterung die Rede iſt, keine hoͤhere Nutzung des Futters
durch Stallkuͤhe als durch Weidekuͤhe angenommen, ſon-
dern der Stallfuͤtterung nur die weſentlichen, von ihr
unzertrennlichen Vorzuͤge und Nachtheile zu Gut und zur
Laſt geſchrieben.
Ob nun aber der im Stall gewonnene Miſt einen
hoͤhern oder geringern Werth hat, als der auf die Weide
gefallene, dem auch die Wohlthat des Viehlagers beige-
ſellt iſt, iſt ſo zweifelhaft und bis jetzt ſo wenig entſchie-
den, daß wir darauf gar nicht eingehen koͤnnen.
Die Grundbedingung, unter der die Stallfuͤtterung
uͤberhaupt nur moͤglich iſt, iſt die, daß der Boden reich
genug ſey, um Maͤheklee ſtatt des Weideklee’s und der
Graͤſer tragen zu koͤnnen.
Iſt nun dieſe Grundbedingung erfuͤllt, ſo beſteht der
weſentliche Vortheil der Stallfuͤtterung darin, daß nun
der Klee gemaͤhet, ſtatt abgeweidet wird, wodurch ein
betraͤchtlich groͤßeres, faſt doppeltes Quantum an Futter,
und eine groͤßere Dungerzeugung, d. i. ein groͤßerer Ueber-
ſchuß des Erſatzes uͤber die Ausſaugung, von derſelben
Flaͤche und demſelben Reichthum des Bodens gewonnen
wird.
Andererſeits ſind nun aber mit der Stallfuͤtterung
weſentlich und unzertrennlich Arbeiten und Koſten ver-
bunden, die bei der Weidewirthſchaft nicht ſtatt finden,
als Einholen des Gruͤnfutters, Abfahren des im Sommer
auf dem Stall gemachten Dungs u. m. a.
Ob nun Stallfuͤtterung oder Weidewirthſchaft vor-
theilhafter ſey, haͤngt ganz davon ab, ob der Werth des
durch die Stallfuͤtterung mehr gewonnenen Futters und
Dungs groͤßer oder geringer ſey, als der Betrag der Ko-
ſten, die durch die Stallfuͤtterung verurſacht werden.
Dies iſt aber wieder abhaͤngig von dem groͤßern oder
geringern Preis den das Futter und der Dung haben,
und ſo ſehen wir auch hier, daß der Preis der landwirth-
ſchaftlichen Produkte, neben dem Reichthum des Bodens
am Ende daruͤber entſcheidet, ob, wann und wo die Stall-
fuͤtterung den Vorzug vor der Weidewirthſchaft habe.
D. Modificationen der verſchiedenen Wirthſchaftsſyſteme.
Unſere Unterſuchungen haben ergeben, daß ſowohl
durch den Uebergang von niedrigen zu hohen Getreide-
preiſen, als auch durch die ſtuffenweiſe Erhoͤhung des
Reichthums im Boden, drei verſchiedene Wirthſchaftsſy-
ſteme, naͤmlich Dreifelder- Koppel- und Fruchtwechſel-
wirthſchaft nothwendig werden.
Die charakteriſtiſchen Merkmale dieſer Wirthſchaftsſy-
ſteme in der Beziehung, worin wir ſie hier betrachten, ſind:
a. Fuͤr die Dreifelderwirthſchaft,
1) ein Theil des Feldes liegt beſtaͤndig zur Weide,
2) der dritte Theil des Ackers iſt jaͤhrlich reine Brache,
3) aller Dung wird nach der reinen Brache gebracht.
b. Fuͤr die Koppelwirthſchaft,
1) die geſammte Ackerflaͤche wird wechſelsweiſe zum Ge-
treidebau und zur Weide benutzt,
2) in jedem Umlauf kommt eine reine Dreeſch-
brache vor,
3) aller Dung wird nach der Brache gebracht,
4) die Kornſaaten werden ohne Unterbrechung nach ein-
ander genommen, und die Weide kommt nach den
Kornſaaten in die Schlaͤge, die den geringſten Reich-
thum enthalten.
c. Fuͤr die Fruchtwechſelwirthſchaft,
1) aller Acker traͤgt Fruͤchte und es findet keine reine
Brache ſtatt,
2) die Duͤngung wird zu Futtergewaͤchſen verwandt, und
dieſe kommen in diejenigen Schlaͤge die den hoͤchſten
Reichthum enthalten,
3) Kornſaaten und Futtergewaͤchſe wechſeln mit ein-
ander ab.
Dieſe Wirthſchaftsſyſteme ſind nun aber ſehr vieler
Modificationen faͤhig, indem eine der charakteriſtiſchen
Eigenſchaften des einen Syſtems aufgeopfert und dafuͤr
eine Eigenſchaft des andern Syſtems aufgenommen wer-
den kann. Es entſtehen dadurch gemiſchte Wirthſchaften,
die in der Mitte zwiſchen den reinen Formen ſtehen, und
den Uebergang von der einen zur andern Form bilden.
Da die gemiſchten Wirthſchaften in unzaͤhligen Ab-
ſtuffungen ſich bald mehr bald minder dem Charakter der
reinen Wirthſchaftsſyſteme naͤhern koͤnnen, ſo iſt es un-
moͤglich ſie alle aufzufuͤhren, viel weniger noch moͤglich ſie
alle in der Theorie zu beruͤckſichtigen. Es wird hier ge-
nuͤgend ſeyn, in die Stuffenleiter der reinen Formen ei-
nige der Hauptmodificationen, die ſie erleiden koͤnnen, mit
aufzunehmen.
1) Reine Dreifelderwirthſchaft.
2) Dreifelderwirthſchaft, die ihre Weide von Zeit zu
Zeit, etwa alle 9 Jahre einmal aufbricht, ohne Duͤn-
gung ein paar Kornſaaten davon nimmt, und dann
wieder zur Weide niederlegt.
Dieſe Wirthſchaft verwendet die Koſten der Dreeſch-
bearbeitung — die durch die Kornernten vielleicht nicht
bezahlt werden — um durch das geerntete Stroh einen
Dungzuſchuß fuͤr das eigentliche Ackerland zu erhalten,
und um die Weide zu verjuͤngen.
3) Koppelwirthſchaften, die in einer Rotation neben der
Dreeſchbrache noch eine Muͤrbebrache haben, und dann
das Land laͤnger als drei Jahre zur Weide liegen
laſſen. Eine ſolche Wirthſchaft iſt die 12 ſchlaͤgige K.
W. mit folgender Fruchtfolge: 1) Dreeſchbrache, 2)
Winterkorn, 3) Sommerkorn, 4) Muͤrbebrache, 5)
Winterkorn, 6) Sommerkorn, 7) Sommerkorn, 8) bis
12) Weide. Dieſe Wirthſchaft traͤgt noch die Spu-
ren des Uebergangs aus der D. W. an ſich, indem
ſie die Muͤrbebrache beibehaͤlt und das Land ſo viele
Jahre hintereinander zur Weide liegen laͤßt. Sie
vermindert die Koſten der Dreeſchbearbeitung, indem
ſie dieſe auf den 12ten Theil des Feldes beſchraͤnkt,
und traͤgt dafuͤr den Nachtheil, daß ihre 4 und 5
jaͤhrige Weide wenig Gras und Dung erzeugt.
4) Reine Koppelwirthſchaft, die keine Muͤrbebrache, ſon-
dern nur Dreeſchbrache haͤlt.
5) Koppelwirthſchaft, die neben der Brache noch einen
Theil des Nachſchlags oder des Vorſchlags duͤngt.
Dieſe Wirthſchaft bleibt in der aͤußern Geſtalt der
reinen Koppelwirthſchaft voͤllig aͤhnlich; aber ſie hat
ſchon die weſentliche Eigenſchaft, daß die Weide nicht
mehr in magern, ſondern — wenigſtens zum Theil —
in reichen Acker kommt, mit der F. W. W. gemein,
und iſt deshalb als ein Uebergang zu derſelben zu
betrachten.
6) Reine Fruchtwechſelwirthſchaft.
Die angefuͤhrten Modificationen ergeben ſich ſchon
dann, wenn auch die geſammte Ackerflaͤche vom Hofe bis
zur Scheide in gleichmaͤßiger Dungkraft iſt. Wenn nun
aber der entfernte Acker, wie dies in der Wirklichkeit ge-
woͤhnlich der Fall iſt, magerer iſt als der uͤbrige Theil des
Ackers: ſo werden dadurch neue Modificationen begruͤndet.
Die groͤßern Koſten, die der Anbau des entfernten
Ackers verurſacht, bringen allein ſchon die Tendenz her-
vor, den entlegenen Acker in der Bewirthſchaftungsart von
dem uͤbrigen Acker zu trennen. Vereinigt ſich hiemit nun
noch Ungleichheit des Reichthums, fo iſt dieſe Trennung
entſchieden zweckmaͤßig. Bei der Koppelwirthſchaft ent-
ſteht dadurch ein ſogenanntes Binnenfeld, und ein Außen-
feld. Beide unterſcheiden ſich dann in der Bewirthſchaf-
tungsart dadurch, daß in dem Binnenfelde das Verhaͤlt-
niß zwiſchen den korntragenden Schlaͤgen und den Weide-
ſchlaͤgen groͤßer, in dem Außenfelde aber geringer iſt, als
dies ſeyn wuͤrde, wenn die ganze Flaͤche in einer Rota-
tion laͤge; daß alſo erſteres im groͤßern Verhaͤltniß dem
Kornbau, letzteres im uͤberwiegenden Verhaͤltniß der Weide
gewidmet iſt.
Wir haben in §. 14. geſehen, daß in unſerm iſolir-
ten Staat, die D. W. ſchon bei dem Preiſe von 0,470
Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken betrieben werden kann, und
daß erſt bei einem Preiſe, der hoͤher als 0,665 Thlr. fuͤr
den Schfl. iſt, die K. W. einen groͤßern Reinertrag gibt,
als die D. W. Gaͤbe es nun keine andern als die reinen
Wirthſchaftsformen, ſo wuͤrde der Acker bei den Preiſen,
die zwiſchen 0,470 Thlr. und 0,665 Thlr. liegen, nur
durch D. W. genutzt werden koͤnnen, waͤhrend hier doch
ſchon eine ſtaͤrkere Dungerzeugung, als die reine D. W.
liefert, vortheilhaft wird, wenn dieſe nur mit mindern
Koſten als bei der reinen K. W. ſtatt finden, bewirkt
werden kann — welches beides durch die gemiſchten Wirth-
ſchaften geſchieht.
Wir haben ferner in §. 16. geſehen, daß in der rei-
nen Koppelwirthſchaft nur ein mittlerer Reichthum von
373° in 1000 □R. genutzt werden kann, waͤhrend die
F. W. W. einen mittlern Reichthum von 510° nuͤtzlich
verwendet. Sollte nun beim ſteigenden Reichthum die
K. W. ploͤtzlich und auf einmal zur F. W. W. uͤberge-
hen: ſo wuͤrde hier eine Wirthſchaft eingefuͤhrt werden,
fuͤr die der Boden noch nicht reich genug iſt, und durch
die deshalb der reine Geldertrag vermindert wuͤrde. Die
K. W. mit geduͤngtem Nachſchlag kann einen hoͤhern mitt-
lern Reichthum als 373° ſehr gut nutzen, ohne in ihrer
Organiſation koſtbarer zu werden, als die reine K. W. —
und ſie wird dadurch zu einer nuͤtzlichen Stuffenleiter
zwiſchen der reinen K. W. und der F. W. W.
Denken wir uns nun, ſtatt des beharrenden Zuſtan-
des ein leiſes und allmaͤliges aber dauerndes Steigen
des Getreidepreiſes und des Bodenreichthums — wie dies
auch in der Wirklichkeit in der Regel der Fall iſt — ſo
wuͤrden wir in einer einzelnen Wirthſchaft im Laufe der
Zeit alle Formen erblicken, die wir hier als vereinzelt
und neben einanderſtehend betrachtet haben.
Sind naͤmlich die beiden Potenzen — Getreidepreis
und Bodenreichthum — ſo weit geſtiegen, daß eine etwas
mehr Koſten erfordernde Wirthſchaft als die D. W. ſich
bezahlen wuͤrde, aber noch nicht hoch genug um die reine
K. W. vortheilhaft zu machen, ſo wird eine gemiſchte,
aus beiden Formen zuſammengeſetzte Wirthſchaft einge-
fuͤhrt werden. Da nun dieſe gemiſchte Wirthſchaft ſich in
unzaͤhligen Modificationen bald mehr der einen, bald mehr
der andern Form anſchließen kann: ſo wird auch fuͤr jede
Stuffe des Getreidepreiſes und des Bodenreichthums eine
dieſer Stuffe genau entſprechende Wirthſchaftsform gefun-
den werden koͤnnen. Es wird — die Konſequenz der Be-
wirthſchaftung vorausgeſetzt — das leiſe Steigen beider
Potenzen ſtets von einer leiſen Veraͤnderung in der Wirth-
ſchaftsform begleitet ſeyn, bis dieſe endlich zur reinen K.
W. uͤbergeht.
Aber auch hier wird, wenn die beiden genannten
Potenzen fortwaͤhrend wachſen, nur ein augenblickliches
Verweilen, kein Ruhen und Beharren ſtatt finden.
Die Wirthſchaft zu der Dungkraft gelangt, daß die
Brache keine ſtaͤrkere Duͤngung ertraͤgt, wird bei noch mehr
ſteigendem Reichthum den entbehrlichen Dung zur Bedin-
dung des Nachſchlags, d. i. des dritten Kornſchlages in
welchen der Klee geſaͤet wird, verwenden. Der Klee, wel-
cher ſonſt in den magerſten Acker kam, erhaͤlt nun einen
reichen Boden, welcher nach vollendeten Weidejahren in
der Brache entweder gar nicht oder doch nur ſchwach ge-
duͤngt werden darf. Dadurch wird nun der Theil des
Nachſchlags, der geduͤngt werden kann, in einem von Um-
lauf zu Umlauf verſtaͤrkten Maaße vergroͤßert, bis auch
dieſe Verwendung des Dungs ihr Ziel erreicht hat. Die
fernere Steigerung des Reichthums fuͤhrt dann die Ab-
ſchaffung der Brache herbei, und mit derſelben verſchwin-
det zugleich die Koppelwirthſchaft, und die Fruchtwechſel-
wirthſchaft tritt an ihre Stelle.
In den gebirgigen Gegenden dienen nur die Thaͤler
zum Ackerbau und die Berge werden bloß zur Weide ge-
nutzt. Hier iſt nun, wenn die Berge die Beackerung
durchaus nicht geſtatten, eine Verbreitung der Koppel-
wirthſchaft uͤber die ganze Feldmark unmoͤglich. Es kann
alſo bei ſteigenden Getreidepreiſen und ſteigendem Reich-
thum des Bodens der Uebergang von der D. W. zur F.
W. W. nicht wie auf ebenem Boden, vermittelſt der K.
W. geſchehen.
Wenn nun die Ebene im Verhaͤltniß zu den Gebirgs-
weiden und den Wieſen ſo klein iſt, daß der Reichthum
des Ackers, trotz der ausſaugenden D. W. anwaͤchſ’t, ſo
entſteht die Frage: wie und bei welchem Grade des Reich-
thums dieſe Wirthſchaft zur F. W. W. uͤbergehen muß.
Meine Berechnungen erſtrecken ſich nicht auf dieſen
beſondern Fall, und ich kann deshalb theoretiſch hieruͤber
nichts entſcheiden. Die Praxis hat dieſe Frage aber ſchon
laͤngſt dahin geloͤſ’t, daß unter ſolchen Verhaͤltniſſen ein
Theil der Brache, oder auch die ganze Brache mit Kar-
toffeln, Klee, Erbſen, Flachs u. ſ. w. beſtellt wird. Eine
beſtellte Brache hoͤrt aber auf Brache zu ſeyn, und die
D. W. verliert unter dieſen Umſtaͤnden ihre weſentlichſten
charakteriſtiſchen Merkmale. Sie kommt vielmehr in dem
Hauptpunkt, der Abſchaffung der Brache und der Nutzung
des ganzen Ackerlandes, mit der F. W. W. uͤberein; ent-
behrt dagegen aber alle Vortheile, die aus einem richtigen
Fruchtwechſel entſpringen. Es leidet daher wohl keinen
Zweifel, daß unter ſolchen Umſtaͤnden die F. W. W. vor-
theilhafter als die D. W. mit beſtellter Brache ſey; und
in der That ſind, ſeitdem durch unſern Lehrer der wiſſen-
ſchaftlichen Landwirthſchaft, durch Thaer die Fruchtwechſel-
wirthſchaft unter uns bekannt, und ein Gegenſtand des
Nachdenkens aller gebildeten Landwirthe geworden iſt, eine
Menge ſolcher D. W. in den gebirgigen Theil von Schle-
ſien, Maͤhren und Sachſen zur F. W. W. uͤbergegangen.
Wir haben bei unſern Unterſuchungen zwar Boden
von verſchiedenen Stuffen des Reichthums, aber immer
nur Boden von einer und derſelben phyſiſchen Beſchaffen-
heit vor Augen gehabt. In der Wirklichkeit finden wir
dagegen faſt auf jedem Gute Boden von verſchiedener
Qualitaͤt vor. Der Zweck dieſer Schrift erlaubt es kei-
neswegs hierauf weiter einzugehen; aber einleuchtend muß
es ſeyn, wie komplizirt die Aufgabe der Wahl des Wirth-
ſchaftsſyſtems wird, wenn Verſchiedenheit im Reichthum
des Ackers, Verſchiedenheit in der Qualitaͤt des Bodens,
neben der ungleichen Entfernung des Ackers vom Hofe
auf einem und demſelben Gute zuſammentreffen; einleuch-
tend muß es ſeyn, daß wie vollendet auch einſt die Theo-
rie der Landwirthſchaft da ſtehen moͤge, dennoch das Ge-
ſchaͤft des Landwirths, wenn er nicht blinder Nachahmer
ſeyn, ſondern ſich der Gruͤnde, wornach er handelt, ſtets
bewußt ſeyn will, niemals mechaniſch werden kann, ſon-
dern immer ein ernſtes und tiefes Studium ſeines Stand-
punktes und der Verhaͤltniſſe der buͤrgerlichen Geſellſchaft
erfordern wird.
Nachdem nun die Unterſuchungen bis zu dieſem
Punkt fortgefuͤhrt ſind, koͤnnen wir jetzt zu dem iſolirten
Staat, und zwar zur Beſtimmung der ſich um die Stadt
bildenden Kreiſe zuruͤckkehren.
§. 19.
Zweiter Kreis.
Forſtwirthſchaft.
Die Ebene des iſolirten Staats muß die Stadt nicht
bloß mit Lebensmitteln verſorgen, ſondern auch den Be-
darf derſelben an Brennholz, Bauholz, Nutzholz, Kohlen
u. ſ. w. liefern.
Es entſteht nun die Frage, in welcher Gegend des
iſolirten Staats die Erzeugung des Holzes ſtatt finden
wird.
Nehmen wir den Preis, den das Holz in der Stadt
hat als gegeben, z. B. 16 Thaler fuͤr den Faden Buͤchen-
brennholz von 224 Kubikfuß, und rechnen die Transport-
koſten eines Fadens pr. Meile zu 2 Thlr., ſo ergaͤbe ſich
hieraus, daß aus einer groͤßern Entfernung als 8 Meilen
gar kein Brennholz zur Stadt gebracht werden koͤnnte,
wenn auch die Produktion des Holzes nichts koſtete und
der Boden gar keine Landrente tragen ſollte.
Hieraus folgte dann, daß die entfernten Gegenden
von der Produktion des Holzes zum Zweck des Verkaufs
nach der Stadt ausgeſchloſſen waͤren, und daß die Holz-
erzeugung in der Naͤhe der Stadt geſchehen muͤſſe.
Nehmen wir dagegen bloß den Preis des Getreides
als bekannt an (zu 172 Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken) und
fragen nun, wie hoch wird unter den gegebenen Verhaͤlt-
niſſen der Preis des Holzes in der Stadt ſeyn, ſo wird
dadurch die Aufgabe ſehr viel ſchwieriger.
Holz und Getreide haben keinen gemeinſchaftlichen
Maßſtab ihres Gebrauchswerths: eins kann nicht durch
das andre erſetzt werden.
«Warum, koͤnnte Jemand ſagen, ſollte der Faden
«Holz nicht 40 Thlr. gelten koͤnnen, wenn auch der Schfl.
«Rocken nur 1½ Thlr. gilt. Iſt dies aber moͤglich, ſo
«ſind Eure Schluͤſſe, daß das Holz in der Naͤhe der Stadt
«erzeugt werden muͤſſe, voͤllig unguͤltig; es kann vielmehr
«aus großer Entfernung geliefert werden. Der Einwand
«den Ihr macht, daß ein ſolches Preisverhaͤltniß nirgends
«ſtatt finde, kann nichts entſcheiden: denn faſt uͤberall ſind
«noch Reſte der alten Urwaͤlder vorhanden, und wo dieſe
«ſich nicht mehr finden, wird der Markt doch mehr oder
«minder von andern Gegenden mit Holz aus den Urwaͤl-
«dern verſorgt. Die Erzeugung der Urwaͤlder hat dem
«Menſchen aber keine Arbeit, Pflege und Kapitalanlage
«gekoſtet, und ſie haben deshalb an dem Orte, wo ſie ſich
«finden, kaum einen hoͤhern Tauſchwerth als das Waſſer,
«ſo hoch auch der Gebrauchswerth ſeyn mag. In dem
«iſolirten Staat aber, wo immer nur der endliche — an
«das Zeitmaß nicht gebundene — Erfolg, Gegenſtand der
«Unterſuchung iſt, muͤſſen alle Urwaͤlder als laͤngſt ver-
«ſchwunden, und alle Waldungen als durch menſchliche
«Arbeit hervorgebracht, betrachtet werden. Ihr muͤßt alſo
«einen innern Zuſammenhang zwiſchen Getreide- und
«Holzpreiſen nachweiſen, wenn Eure Schluͤſſe Guͤltigkeit
«haben ſollen.»
Wir muͤſſen die Konſequenz dieſes Einwurfs einraͤu-
men, und nun verſuchen, ob wir der gemachten Forderung
Genuͤge leiſten koͤnnen.
Der Preis eines Faden Holzes in der Stadt ſey alſo
unbekannt, oder gleich 9 Thaler.
Denken wir uns nun eine Buͤchenwaldung von
100000 □R. in 100 Kaveln getheilt, wovon jaͤhrlich
eine gehauen wird: ſo werden wir bei einer regelmaͤßigen
Bewirthſchaftung eine Kavel mit einjaͤhrigen, eine Kavel
mit zweijaͤhrigen u. ſ. w. bis zu hundertjaͤhrigen Baͤu-
men haben.
9
Der Ertrag der gefaͤllten Kavel ſey 500 Faden
Die Zwiſchennutzungen, die dadurch entſtehen,
daß aus den Kaveln mit juͤngerm Holz die
zu dicht ſtehenden Baͤume weggenommen wer-
den, moͤgen ebenfalls betragen 500 Faden
Summe des Ertrags 1000 Faden.
Die mit der Bewirthſchaftung dieſer Forſt verbunde-
nen Koſten, als Adminiſtrations- oder Aufſichtskoſten, Be-
ſaamung oder Bepflanzung der abgeholzten Kavel, Nach-
pflanzung der ausgegangenen Baͤume u. ſ. w., wollen wir
nach Abzug der Nutzung, die die Maſt und die Jagd lie-
fern, zu 500 Thlr. jaͤhrlich anſchlagen.
So wie wir beim Landbau nicht den ganzen Rein-
ertrag eines Guts, ſondern nur den Theil deſſelben der
nach Abzug der Zinſen des in den Gebaͤuden und andern
Werthsgegenſtaͤnden ſteckenden Kapitals uͤbrig bleibt, als
Landrente betrachtet haben: ſo duͤrfen wir auch bei der
Forſtwirthſchaft nicht den ganzen Ertrag, ſondern nur den
Theil, der nach Abzug der Zinſen des in dem Holzbeſtande
ſteckenden Kapitals uͤbrig bleibt, als Landrente, oder als
Ertrag des Grund und Bodens an und fuͤr ſich ſelbſt,
betrachten.
Der Ackerbau kann nicht ohne die Anlegung eines
in Gebaͤuden u. ſ. w. ſteckenden Kapitals betrieben wer-
den; die Betreibung der Forſtwirthſchaft ſetzt voraus, daß
Baͤume von einjaͤhrigem bis hundert- oder mehrjaͤhrigem
Alter vorhanden ſind.
Man koͤnnte den ganzen Holzbeſtand aller 100 Ka-
veln — einen hinreichend großen Markt vorausgeſetzt —
auf einmal niederſchlagen, verkaufen, und das daraus ge-
loͤſ’te Geld auf Zinſen geben; und nur in ſo fern als
der jaͤhrliche Reinertrag aus dem Holze, den Betrag der
auf dieſe Weiſe zu erlangenden Zinſen uͤberſtiege, koͤnnte
man dem Grund und Boden ſelbſt einen Werth beilegen.
Geſetzt nun, der Holzbeſtand aller 100 Kaveln ſey
= 15000 Faden; ſo wuͤrden, beim Zinsfuß von 5 prct.,
die Zinſen des im Holzbeſtande ſteckenden Kapitals gleich
dem Werthe von 750 Faden Holz ſeyn. Werden dieſe
von dem jaͤhrlichen Ertrag der Waldung = 1000 Faden
abgezogen, ſo bleibt die Nutzung des Grund und Bodens
ſelbſt = 250 Faden.
Auf dieſe 250 Faden fallen nun alle mit der Forſt-
wirthſchaft verbundenen Ausgaben: denn wenn jemand
den ganzen Holzbeſtand niedergeſchlagen und zu einem
Geldkapital gemacht haͤtte, ſo wuͤrden alle dieſe Ausgaben
ihn nicht mehr treffen — und nur um den Mehrertrag
von 250 Faden zu erhalten, werden die mit der Forſtbe-
wirthſchaftung verbundenen Koſten noch ferner verwandt.
Sind nun die jaͤhrlichen Ausgaben = 500 Thlr., ſo
betragen die Produktionskoſten fuͤr einen Faden, auf dem
Stamme ſelbſt — alſo ohne Faͤll- und Schlaglohn —
2 Thaler.
In den Produktionskoſten — in dem Sinne, wie ich
dieſen Ausdruck nehme — iſt keine Landrente enthalten:
denn nur aus dem Ueberſchuß des wirklichen Preiſes uͤber
die Produktionskoſten geht erſt die Landrente hervor.
Koſtet nun das Faͤllen und Zerſchlagen des Holzes
einen halben Thaler pr. Faden: ſo wird der Faden an Ort
und Stelle ſelbſt 2½ Thaler koſten.
Dieſer Preis iſt aber, ſo wie jeder andere in Geld
ausgedruͤckte Preis nur fuͤr einen Standpunkt guͤltig, und
aͤndert ſich mit der Aenderung der Getreidepreiſe. Die
Loͤſung unſerer Aufgabe fordert aber Anſaͤtze die fuͤr jeden
Standpunkt in dem iſolirten Staat guͤltig ſind.
Wir muͤſſen hier deshalb, eben ſo wie dies bei den
Berechnungen uͤber den Ackerbau geſchehen iſt, ¼ der Aus-
gabe in Geld und ¾ derſelben in Rocken ausdruͤcken.
9*
Von den Produktionskoſten eines Fadens = 2½ Thlr.
bleiben alſo ¼ × 2½ = 0,62 Thlr. in Geld ausge-
druͤckt, und in Korn muͤſſen ¾ × 2½ = 1,88 Thlr. an-
gegeben werden. Iſt nun die Berechnung wornach der Faden
2½ Thlr. koſtet, fuͤr einen Standpunkt entworfen, wo der
Schfl. Rocken 1,291 Thlr. gilt, ſo ſind 1,88 Thlr. im
Werth gleich = 1,46 Schfl. Rocken; und ſomit
betragen die Produktionskoſten eines Faden Holzes, allge-
mein ausgedruͤckt, 1,46 Schfl. Rocken × 0,62 Thlr.
Nun koͤnnen wir aber nach §. 4. den Preis des Ro-
ckens fuͤr jeden Standpunkt in dem iſolirten Staate be-
rechnen: der Schfl. Rocken gilt naͤmlich in der x Meilen
von der Stadt entfernten Gegend Thaler.
Wird der Rocken zu dieſem Preiſe angerechnet, ſo ſind
1,88 Schfl. Rocken + 0,62 Thlr. = Thlr.;
oder die Produktionskoſten, in der x Meilen von der
Stadt entfernten Gegend betragen fuͤr 1 Faden
Thaler.
Es fragt ſich ferner, wie hoch die Transportkoſten ei-
nes Fadens zu ſtehen kommen, wenn dieſer aus einer x
Meilen entfernten Gegend nach der Stadt geliefert wird.
Die Transportkoſten einer Ladung von 2400 ℔ be-
tragen nach §. 4. auf x Meilen Thaler.
Wenn nun der Faden 2 Ladungen ausmacht, ſo kom-
men die Transportkoſten eines Fadens auf Thlr.
zu ſtehen.
Wird dann das Holz auf einem Boden erzeugt, der
keine Landrente abwirft: ſo kann daſſelbe fuͤr einen Preis
der hinreichend iſt, die Produktions- und Transportkoſten
zu verguͤten, nach der Stadt geliefert werden.
In der Koppelwirthſchaft, deren Landrente wir hier
zum Maßſtab nehmen muͤſſen, gibt die 28,6 Meilen von
der Stadt entfernte Gegend keine Landrente mehr. Se-
tzen wir nun die fuͤr die Produktions- und Transportko-
ſten des Holzes gefundenen Formeln fuͤr x den Werth
von 28,6: ſo ergibt ſich, daß der Preis eines Faden Hol-
zes in der Stadt ſelbſt 55,6 Thlr. ſeyn muß.
Da nun das Holz fuͤr die Stadt ein unentbehrliches
Beduͤrfniß iſt: ſo wird auch dieſer hohe Preis bezahlt
werden muͤſſen, im Fall das Holz aus den naͤhern Ge-
genden nicht wohlfeiler geliefert werden kann.
Fuͤr das in den der Stadt naͤher gelegenen Gegenden
gebauete Holz vermindern ſich die Transportkoſten; aber
das Holz muß hier auf einem Boden erzeugt werden, der
eine Landrente abwirft, und durch den Preis des Holzes
muͤſſen nicht bloß die Produktions- und Transportkoſten,
ſondern auch die Landrente bezahlt werden.
Die Landrente fuͤr eine Ackerflaͤche von 100000 □R.,
welche x Meilen von der Stadt entfernt iſt, betraͤgt nach
§. 5. Thaler. Der Ertrag des Grund
und Bodens an Holz iſt auf 100000 □R. 250 Faden;
auf einen Faden faͤllt alſo (mit Weglaſſung der kleinen
Bruͤche) an Landrente Thaler.
Die drei Beſtandtheile, aus denen der Preis des
Holzes in der Stadt zuſammengeſetzt iſt, betragen dann:
a. Produktionskoſten Thaler
b. Transportkoſten »
c. Landrente Thaler
zuſammen Thlr.
Es muß alſo der Preis eines Faden Holzes in der
Stadt Thlr. betragen, und wenn wir
nun fuͤr x nach und nach andre Werthe annehmen, ſo
muß ſich hieraus ergeben, aus welcher Gegend des iſolir-
ten Staats das Holz am wohlfeilſten nach der Stadt ge-
liefert werden kann.
Wenn x oder die Entfer-
nung von der Stadt be-
traͤgt:
ſo iſt y oder der Preis ei-
nes Faden Holzes in der
Stadt:
28,6 Meilen 55,6 Thaler
20 » 42,5 »
10 » 25,8 »
7 » 20,4 »
4 » 14,9 »
1 » 9,2 »
0 » 7,2 »
Denken wir uns nun fuͤr einen Augenblick, daß die
Erzeugung des Brennholzes in der Gegend geſchehe, wo
der Boden keine Landrente gibt, ſo wuͤrde der Preis des
Fadens in der Stadt ſelbſt 55,6 Thlr. betragen. Die
Bewohner der naͤhern Gegenden wuͤrden dann aber bald
bemerken, daß ſie ihren Boden durch die Holzkultur hoͤher
nutzen koͤnnten, als durch den Getreidebau; ſie wuͤrden
das Holz zu einem niedrigern Preiſe liefern und dadurch
die entfernten Bewohner des iſolirten Staats mit ihrem
Holz vom Markte verdraͤngen. Dies wuͤrde ſo fortgehen,
bis am Ende die Holzkultur, zum Zweck des Verkaufs
nach der Stadt, auf die der Stadt ganz nahe gelegene
Gegend, von wo das Holz am wohlfeilſten geliefert wer-
den kann, beſchraͤnkt waͤre.
Die Kultur eines Gewaͤchſes, welches erſt ein Jahr-
hundert nach der Saat eine volle Ernte gibt, kann aber
nicht ploͤtzlich und augenblicklich von einer Gegend zur
andern wandern. Es iſt daher nicht zu verwundern,
wenn wir in der Wirklichkeit, Gegenden, die durch ihren
Boden ſowohl als durch ihre Lage auf die Holzkultur
verwieſen ſind, jetzt noch von allem Holz entbloͤßt finden.
Um endlich den Preis, den das Holz in der Zentral-
ſtadt unſers iſolirten Staats haben wird, beſtimmen zu
koͤnnen, muͤßte die Groͤße des Bedarfs gegeben ſeyn. Das
Quantum, deſſen die Stadt bedarf, beſtimmt die Groͤße
der Flaͤche die der Holzkultur gewidmet werden muß, und
der Preis, zu welchem das Holz von dem entfernteſten
Punkte dieſer Flaͤche nach der Stadt geliefert werden kann,
iſt die Norm fuͤr den Preis des Holzes in der Stadt.
Muͤßte z. B. die Holzkultur bis auf 7 Meilen von der
Stadt ausgedehnt werden, ſo wuͤrde der Preis eines Fa-
dens in der Stadt 20,4 Thaler betragen.
Der am aͤußerſten Rande dieſes der Holzkultur ge-
widmeten Kreiſes liegende Boden, gibt dann dieſelbe,
oder vielmehr, eine ſehr wenig hoͤhere Landrente, als die-
ſer Boden durch Ackerbau benutzt gegeben haͤtte. Eine
gleiche Flaͤche, die der Stadt nur um eine Meile naͤher
liegt, gibt aber durch Erſparung an den betraͤchtlichen
Transportkoſten des Holzes, ſchon eine ſehr viel hoͤhere
Landrente, und ſo muß die Landrente des durch die Holz-
produktion benutzten Bodens mit der Annaͤherung zum
Marktplatz in einem ſehr viel groͤßern Verhaͤltniß ſteigen,
als bei der Nutzung des Bodens durch die Koppel-
wirthſchaft.
Wir ſind nun alſo dahin gelangt, den innern Zu-
ſammenhang in dem Preisverhaͤltniß zweier Produkte —
Getreide und Brennholz — die ſich eins durch das an-
dere nicht erſetzen laſſen, nachweiſen zu koͤnnen.
Bei Produkten, die ſich eins durch das andre erſetzen
laſſen, die alſo einen gemeinſchaftlichen Maßſtab ihres Ge-
brauchswerths haben, wird das Steigen oder Fallen der
Preiſe auch fuͤr beide gemeinſchaftlich ſeyn, und das Preis-
verhaͤltniß ſelbſt zwiſchen beiden wird dadurch wenig oder
gar nicht geaͤndert werden.
Bei Produkten aber, denen dieſer gemeinſchaftliche
Maßſtab fehlt, kann eine Aenderung im Bedarf des einen
oder andern Produkts eine große Veraͤnderung in dem
Preisverhaͤltniß hervorbringen.
Wenn z. B. in unſerm iſolirten Staat, durch Erfin-
dung der Sparoͤfen der Holzverbrauch in der Stadt ſo
weit eingeſchraͤnkt wuͤrde, daß ein Kreis von 6 Meilen
im Halbmeſſer — anſtatt fruͤher von 7 Meilen — um
die Stadt zur Erzeugung des Holzbedarfs genuͤgte, ſo
wuͤrde dadurch der Preis eines Faden um etwa 4 Thlr.
oder um c c 20 prct. fallen.
Der hiedurch entbehrlich gewordene aͤußere Rand des
Holzkreiſes, wuͤrde dann dem Ackerbau gewidmet werden
und alſo Korn hervorbringen. Dieſer Theil iſt aber im
Verhaͤltniß zu der ganzen dem Ackerbau gewidmeten Flaͤ-
che ſo unbedeutend, daß dadurch nur ein geringes kaum
merkliches Sinken des Getreidepreiſes hervorgebracht wer-
den koͤnnte.
Stand fruͤher der Faden Brennholz in gleichem Preiſe
mit 14 Schfl. Rocken, ſo wird derſelbe, nach dieſer Ver-
aͤnderung, nur noch den Preis von c c 12 Schfl. Rocken
behalten.
Erfindungen und Verbeſſerungen in der Produktion
bringen eine aͤhnliche Wirkung wie die verminderte Kon-
ſumtion hervor.
Der Verfaſſer hat bei den vorſtehenden Berechnun-
gen uͤber die Forſtwirthſchaft die Angaben uͤber die Aus-
gaben und den Ertrag nicht — wie dies bei den Berech-
nungen uͤber den Ackerbau der Fall war — aus der Wirk-
lichkeit entnehmen koͤnnen, ſondern er hat die Zahlen, um
nur die Rechnung beginnen zu koͤnnen, nach einer Schaͤ-
tzung annehmen muͤſſen. Eine Unterſuchung die mit Schaͤ-
tzungen und Annahmen beginnt, kann aber, ſelbſt wenn
ſie ſich in den Schluͤſſen und Folgerungen konſequent
bleibt, nur zeigen, wie fuͤr ſolche Annahmen der Erfolg
ſey, nicht wie derſelbe in der Wirklichkeit iſt.
Kann man aber die Graͤnze, innerhalb welcher die
angenommenen Zahlen moͤglicher Weiſe von der Wirklich-
keit abweichen koͤnnen, angeben; kann man nachweiſen,
daß auch fuͤr dieſe moͤgliche Graͤnze die entwickelten Re-
ſultate noch guͤltig ſind: ſo iſt dadurch auch die Richtig-
keit derſelben dargethan.
Wir wollen nun dieſe Graͤnze moͤglichſt weit, weiter
als irgend eine Wahrſcheinlichkeit dafuͤr vorhanden iſt,
hinausſchieben, und annehmen, daß in dem einen Fall
die Produktionskoſten des Holzes das achtfache unſerer
Annahme, in dem andern Fall aber nur den achten Theil
derſelben betragen.
Erſter Fall. Die Produktionskoſten ſollen das acht-
fache der obigen Annahme betragen.
Die Erhoͤhung der Produktionskoſten kann aus zwei
verſchiedenen Urſachen hervorgehen: entweder 1) aus der
Erhoͤhung der mit der Forſtkultur im Ganzen verbunde-
nen Ausgaben, bei gleichbleibendem Holzertrage; oder 2)
aus der Verminderung des Holzertrags bei gleichbleiben-
den Ausgaben.
a. Die mit der Forſtwirthſchaft im Ganzen verbun-
denen Ausgaben ſollen auf das achtfache unſerer Annahme
ſteigen, der Holzertrag aber derſelbe bleiben.
Alsdann betragen
die Produktionskoſten
die Transportkoſten
die Landrente
Summe
Der Preis eines Faden Holzes
iſt dann fuͤr x = 20 55 Thlr.
x = 10 42 »
x = 0 27 »
b. Der Holzertrag ſoll nur den 8ten Theil unſerer
Annahme betragen, die Ausgaben ſollen aber dieſelben
bleiben. Alsdann betragen
die Produktionskoſten
die Transportkoſten
die Landrente 8 =
Summe
Der Preis eines Faden
iſt dann fuͤr x = 20 63 Thlr.
x = 10 61 »
x = 0 58 »
Zweiter Fall. Die Produktionskoſten ſollen nur
den 8ten Theil von dem, was wir dafuͤr angenommen ha-
ben, betragen.
a. Die Ausgaben ſollen ſich bis auf den 8ten Theil
vermindern, der Ertrag aber bleibe derſelbe. Alsdann er-
geben ſich
die Produktionskoſten = Thlr.
die Transportkoſten =
die Landrente =
Summe
Der Preis eines Fadens iſt dann fuͤr
x = 20 41 Thlr.
x = 10 24 »
x = 0 5 »
b. Die Ausgaben im Ganzen ſollen dieſelben bleiben,
der Ertrag ſteige dagegen auf das achtfache. Alsdann
betragen
die Produktionskoſten Thlr.
die Transportkoſten
die Landrente : 8 =
Summe
Der Preis eines Fadens iſt alſo fuͤr
x = 20 40 Thlr.
x = 10 21 »
x = 0 1 »
Die hier in Betracht gezogenen Faͤlle geben immer
das Reſultat, daß das in der Naͤhe der Stadt erzeugte
Holz zu einem niedrigern Preiſe nach der Stadt geliefert
werden kann, als das in einer fernern Gegend erzeugte
Holz. Da wir nun mit Gewißheit behaupten duͤrfen,
daß bei einer konſequenten Bewirthſchaftung — denn fuͤr
die Inkonſequenz gibt es weder Regel noch Schranke —
Ertrag und Ausgaben bei der Forſtkultur nicht außerhalb
der hier geſteckten Graͤnzen liegen koͤnnen: ſo iſt auch der
Satz «daß die Holzproduktion in der Naͤhe der Stadt ge-
ſchehen muͤſſe» hiedurch erwieſen.
Wir haben durch dieſe Unterſuchung eine Formel er-
halten, die nicht bloß zur Beſtimmung des Holzpreiſes
dient, ſondern in der That von einer ſolchen allgemeinen
Guͤltigkeit iſt, daß wir dadurch fuͤr den iſolirten Staat
den Preis jedes landwirthſchaftlichen Produkts beſtimmen,
und die Gegend, wo der Anbau deſſelben geſchehen muß,
nachweiſen koͤnnen — wenn Produktionskoſten, Landrente
und Bedarf bekannt ſind.
Um dieſes an einem Beiſpiel zu zeigen, wollen wir
uns die Frage «zu welchem Preiſe kann der Schfl. Ro-
cken zur Stadt geliefert werden, und in welcher Gegend
iſt der Anbau deſſelben am vortheilhafteſten» vorlegen und
zu beantworten ſuchen.
Nach §. 5. geben 100000 □R. Ackerland einen Roh-
ertrag von 3144 Schfl. Rocken; eine Ladung enthaͤlt
Schfl. Rocken; 3144 Schfl. ſind alſo gleich
Ladungen.
Die mit der Erzeugung dieſer Ernte verbundenen
Ausgaben, oder die Produktionskoſten, betragen 1976
Schfl. Rocken + 641 Thlr., welche auf 110 Ladungen
vertheilt, fuͤr eine Ladung 18 Schfl. Rocken + 5,83 Thlr.
ausmachen.
Fuͤr den Schfl. Rocken den Preis von
Thaler geſetzt, ergeben ſich hieraus die Produktionskoſten
fuͤr eine Ladung
Thaler. Die Landrente von 100000 □R. Ackerland oder
fuͤr 110 Ladungen Rocken betraͤgt ; auf
eine Ladung faͤllt alſo an Landrente
Fuͤr eine Ladung = 28,6 Schfl. Rocken betragen demnach
die Produktionskoſten
die Transportkoſten
die Landrente
Summe
Auf unſere Frage erhalten wir alſo die Antwort: daß
aus allen Gegenden des iſolirten Staats (ſo weit der Bo-
den durch Kornbau noch eine Landrente abwirft) der Schfl.
Rocken zu 1½ Thaler nach der Stadt geliefert werden
kann, und daß der Anbau des Getreides fuͤr alle Gegen-
den des iſolirten Staats gleich vortheilhaft iſt.
Dies muß ſo ſeyn, denn die Berechnung der Groͤße
der Landrente fuͤr die verſchiedenen Gegenden beruht grade
auf der Vorausſetzung, daß der Schfl. Rocken in der
Stadt 1½ Thaler gelte. Dieſe Berechnung konnte alſo
zu keiner Erweiterung der Einſicht fuͤhren; aber ſie gibt
eine intereſſante Beſtaͤtigung von der Richtigkeit des be-
obachteten Verfahrens, und wird dadurch hoͤchſt wichtig,
daß wir nun fuͤr alle Gewaͤchſe, wovon, im Verhaͤltniß
zum Getreide, die Produktionskoſten und die auf daſſelbe
fallende Landrente bekannt ſind, den Preis den daſſelbe
in der Stadt haben muß, und die Gegend wo es erzeugt
werden muß, beſtimmen koͤnnen.
Anwendung dieſer Formel auf verſchiedene andre Gewaͤchſe.
Erſtes Gewaͤchs, fuͤr welches die Landrente die-
ſelbe wie beim Getreide iſt, die Produktionskoſten aber
nur die Haͤlfte betragen.
Die Produktionskoſten betragen dann
die Transportkoſten fuͤr eine Ladung
die Landrente
Summe
Fuͤr x = 20 Meilen betraͤgt der Preis einer
Ladung 32,7 Thlr.
x = 10 » 29,7 »
x = 0 » 26,5 »
Dieſes Gewaͤchs kann alſo wohlfeiler aus der Naͤhe
der Stadt, als aus der Ferne geliefert werden, und der
Preis den daſſelbe in der Stadt haben wird, laͤßt ſich an-
geben, ſobald bekannt iſt, wie weit der Anbau deſſelben
ſich ausdehnen muß, um den Bedarf der Stadt zu be-
friedigen.
Zweites Gewaͤchs. Gleiche Landrente, doppelte
Produktionskoſten.
Hier betraͤgt die Summe der Koſten
Fuͤr x = 20 Meilen betraͤgt der Preis einer
Ladung 63,2 Thlr.
x = 10 » 69,2 »
x = 0 » 75,7 »
Der Anbau dieſes Gewaͤchſes muß alſo in einer von
der Stadt fernen Gegend ſtatt finden.
Drittes Gewaͤchs. Gleiche Produktionskoſten, halbe
Landrente.
Fuͤr dieſes Gewaͤchs betraͤgt die Summe der Ko-
ſten
Fuͤr x = 20 Meilen betraͤgt der Preis einer
Ladung 41,5 Thlr.
x = 10 » 39,7 »
x = 0 » 37,9 »
Der Anbau dieſes Gewaͤchſes geſchieht in der Naͤhe
der Stadt.
Viertes Gewaͤchs. Gleiche Produktionskoſten, dop-
pelte Landrente.
Summe der Koſten
Fuͤr x = 20 Meilen betraͤgt der Preis einer
Ladung 45,6 Thlr.
x = 10 » 49,1 »
x = 0 » 53,0 »
Der Anbau dieſes Gewaͤchſes gehoͤrt in die von der
Stadt entfernte Gegend.
Aus der genauern Betrachtung der vier hier entwi-
ckelten Faͤlle, ergeben ſich folgende allgemeine Geſetze:
1) Bei gleichen Produktionskoſten fuͤr eine Ladung,
muß dasjenige Gewaͤchs, auf welches die groͤßte Land-
rente faͤllt, am fernſten von der Stadt gebauet werden.
2) Bei gleicher, auf eine Ladung fallender Landrente,
muß dasjenige Gewaͤchs, was die groͤßten Produk-
tionskoſten erfordert, in groͤßerer Entfernung von der
Stadt gebauet werden.
Aufgabe. Zu welchem Preiſe kann ein Erzeugniß,
welches bei gleichem Gewicht vierzehnmal ſo viele
Produktionskoſten und die doppelten Transport-
koſten, wie der Rocken erfordert, zur Stadt gelie-
fert werden, wenn dieſes Erzeugniß gar keine Land-
rente abwerfen ſoll.
Die Produktionskoſten betragen dann
die Transportkoſten
Summe der Koſten
Fuͤr x = 30 Meilen iſt der Preis einer Ladung
266 Thlr. eines Pfundes 5,3 ß
x = 10 » 388 » 7,8 ß
x = 0 » 460 » 9,2 ß
Dieſes Erzeugniß kann alſo aus der 30 Meilen ent-
fernten Gegend faſt zur Haͤlfte des Preiſes, den die un-
mittelbar an der Stadt gelegene Gegend dafuͤr haben
mußte, nach der Stadt geliefert werden. Kann nun die
entfernte Gegend den Bedarf der Stadt befriedigen: ſo
muß die Hervorbringung dieſes Produkts fuͤr die der Stadt
naͤhern Gegenden mit großem Verluſt verbunden ſeyn.
Nach dieſer Unterbrechung kehren wir jetzt zu der
Betrachtung der Forſtkultur zuruͤck.
Wir haben bei unſern Berechnungen den jaͤhrlichen
Holzertrag zu 1000 Faden, und den Holzbeſtand aller
Kaveln zuſammen zu 15000 Faden angenommen. Hier-
nach verhaͤlt ſich der Zuwachs zu dem Beſtande wie 1 zu
15; oder der jaͤhrliche Holzzuwachs betraͤgt 1/15 des Holz-
beſtandes.
Die Erfahrung hat aber vielfach gelehrt, daß es beim
Ankauf eines Guts hoͤchſt gefaͤhrlich iſt, die mit dem Gute
verbundene Waldung nach der Quantitaͤt des Holzbeſtan-
des abzuſchaͤtzen, und dann nach dieſer Schaͤtzung zu kau-
fen. Manche Kaͤufer haben dadurch großen Schaden ge-
litten, Einige ſogar ihr ganzes Vermoͤgen verloren. Es
zeigte ſich naͤmlich ſpaͤter, daß das Holz keine volle Zin-
ſen trug, d. h. daß der jaͤhrliche Holzertrag nicht 1/20, ſon-
dern oft nur 1/30, oder gar nur 1/40 des Holzbeſtandes
ausmachte, daß alſo auch das auf den Ankauf der Wal-
dung verwandte Kapital nur 3⅓ oder gar nur 2½ prct.
Zinſen brachte.
Auch beſitzen wir Abſchaͤtzungen von Waldungen, in
welchen der jaͤhrliche Zuwachs, von Forſtkundigen ſelbſt,
nur zu 1/40 des Holzbeſtandes angenommen wird.
Nehmen wir nun an, daß das was die Erfahrung
lehrt, in der Natur des Baumes ſelbſt begruͤndet ſey,
daß vermoͤge dieſer Natur der Baͤume die Waldungen
nicht mehr als um 1/40 ihres Beſtandes jaͤhrlich zu-
nehmen koͤnnen, und entwickeln wir dann die hierin lie-
genden Folgen: ſo gelangen wir zu ſehr merkwuͤrdigen
Reſultaten.
1) Der mit Holz beſtandene Boden bringt nicht bloß
keine Landrente, ſondern der Ertrag des Bodens iſt
ſogar negativ, indem die Zinſen des im Holzbeſtande
ſteckenden Kapitals ſchon das Doppelte des jaͤhrlichen
Ertrags ausmachen.
2) Jeder Waldbeſitzer, der ſein eigenes Intereſſe kennt,
muß das ſaͤmmtliche Holz auf einmal niederſchlagen
und verkaufen, indem er durch das, aus dem Holz-
10
verkauf zu loͤſende Kapital die doppelten Zinſen be-
zieht, und den Grund und Boden der Waldung noch
oben ein erhaͤlt, den er ebenfalls verkaufen kann. Iſt
der Markt zu beſchraͤnkt, um alles Holz auf einmal,
verkaufen zu koͤnnen, ſo muß der Beſitzer das jaͤhr-
lich gefaͤllte Revier nicht wieder mit Holz beſaamen
— und ſo wird er, zwar langſamer aber nicht min-
der gewiß, mit der Ausrottung des Waldes zu
Stande kommen.
3) Ein ſolches allmaͤliges Ausrotten der Waͤlder muß
den Preis des Holzes ſteigern; aber das iſt das Be-
ſondere dieſes Falls, daß die hoͤchſten Holzpreiſe die
Forſtkultur nicht vortheilhaft machen, und die Waͤl-
der nicht vor der fernern Ausrottung ſchuͤtzen koͤn-
nen: denn mit den erhoͤh’ten Holzpreiſen waͤchſt auch
das in dem Holzbeſtande ſteckende Kapital, und die
Zinſen von demſelben betragen immer doppelt ſo viel
als die Einkuͤnfte aus der Waldung. Hohe Holz-
preiſe machen alſo die Ausrottung der Waͤlder nur
noch vortheilhafter und reizen um ſo mehr dazu an.
Nur das Herabſinken des Zinsfußes bis unter 2½
prct. kann der Vernichtung der Waͤlder ein Ziel ſe-
tzen. Tritt aber das Sinken des Zinsfußes nicht ein
und ſoll ein ſo unentbehrliches Material, wie das
Brennholz iſt, nicht gaͤnzlich von der Erde verſchwin-
den: ſo muͤſſen die Regierungen allen Privatperſo-
nen die freie Dispoſition uͤber ihre Waldungen neh-
men und die Beſitzer mit Gewalt zwingen, von ih-
rem Eigenthum nur den halben Nutzen zu ziehen,
den ſie haben koͤnnten. Nach dieſer Verletzung des
Eigenthumsrechts wird aber die Waldkultur mit der
hoͤchſten Nachlaͤſſigkeit betrieben werden, und ſomit
kann auch dieſe Maßregel nur auf eine kurze Zeit
Huͤlfe gewaͤhren.
Betrachten wir nun dagegen den Wachsthum eines
jungen Baumes, etwa den einer jungen Tanne, ſo finden
wir, daß die zweijaͤhrige Tanne die einjaͤhrige an Maſſe
vielleicht um das zehnfache uͤbertrifft, daß die dreijaͤhrige
Tanne wiederum etwa das ſiebenfache der zweijaͤhrigen
betraͤgt u. ſ. f., daß alſo der jaͤhrliche Zuwachs nicht bloß
einen Theil der Maſſe, die der Baum ſchon hatte, aus-
macht, ſondern dieſe Maſſe ſelbſt vielfach uͤbertrifft. In
den folgenden Lebensjahren des Baumes ſteigt die abſo-
lute Zunahme an Maſſe von Jahr zu Jahr, aber die re-
lative Zunahme, d. h. der jaͤhrige Zuwachs im Verhaͤltniß
zur Maſſe des Baumes, muß dennoch abnehmen, weil die
Maſſe, mit der der Zuwachs verglichen wird, immer groͤ-
ßer wird. Iſt nun etwa im fuͤnften Jahre der jaͤhrige
Zuwachs der Maſſe, die der Baum ſchon hatte, gleich, ſo
wird dann im ſechsten Jahre der Zuwachs etwa 9/10, im
ſiebenten Jahre vielleicht 81/100 u. ſ. f. betragen.
Bei dieſer ſtuffenweiſen Abnahme des relativen Zu-
wachſes muͤſſen wir unſtreitig zuletzt auf einen Punkt
kommen, wo der jaͤhrige Zuwachs 1/20 der Maſſe des Bau-
mes betraͤgt.
Denken wir uns nun ſtatt des einzelnen Baumes
ein ganzes Holzrevier, oder eine Kavel, worin lauter Baͤu-
me von gleichem Alter ſtehen: ſo muß auch fuͤr dieſe
ganze Flaͤche ein Zeitpunkt eintreten, wo der Holzzuwachs
grade 1/20 des ganzen auf dieſer Flaͤche befindlichen Holz-
beſtandes ausmacht.
Wird nun die Kavel grade in dieſem Zeitpunkt ab-
geholzt, und vergleicht man dann den Holzertrag mit der
Summe des Holzbeſtandes aller der Kaveln, die mit Baͤu-
men von einjaͤhrigem bis zum haubaren Alter beſetzt ſind,
ſo wird ſich ergeben, daß der jaͤhrige Ertrag mehr als
1/20 des Holzbeſtandes ausmacht: denn da der Zuwachs
in der haubaren Kavel noch 1/20 betraͤgt, in allen Kaveln
10*
mit juͤngern Baͤumen aber bedeutend ſtaͤrker iſt, ſo muß
auch der Zuwachs im Durchſchnitt, d. i. fuͤr alle Kaveln
zuſammen, groͤßer als 1/20 ſeyn.
Iſt es alſo einerſeits voͤllig entſchieden, daß die Na-
tur der Baͤume einen noch ſtaͤrkern relativen Zuwachs
als 1/20 moͤglich macht, und iſt andererſeits die Erfahrung,
daß in manchen Waͤldern der Zuwachs nur 1/40 betraͤgt,
unbeſtreitbar: ſo folgt hieraus, daß die Bewirthſchaftung
ſolcher Waldungen hoͤchſt unrichtig und fehlerhaft ſeyn
muͤſſe.
In Waldungen, wo 100 und 200jaͤhrige Baͤume
mit Baͤumen von 10 und 20jaͤhrigem Alter zuſammen-
ſtehen und untermiſcht ſind, in welchen Baͤume vorhan-
den ſind, die uͤberhaupt nicht mehr wachſen, die aber ei-
nen großen Raum einnehmen und das junge Holz unter-
druͤcken, wo folglich der abſolute Zuwachs ſelbſt ſehr ge-
ringe iſt, und dieſer mit einem ſehr großen Holzbeſtand
verglichen werden muß; da kann auch leicht der relative
Zuwachs bis zu 1/40 und noch tiefer herabſinken.
Eine ſolche Forſtkultur oder vielmehr Unkultur kann
nur da gerechtfertigt werden, wo das Holz nicht abzuſe-
tzen iſt, und der Boden ſelbſt einen ſo geringen Werth
hat, daß die Koſten des Ausrodens der Baumſtaͤmme und
der Verwandlung des Forſtgrundes in Ackerland nicht be-
zahlt werden.
In den fruͤhern Jahrhunderten mochte dies fuͤr einen
großen Theil Deutſchlands der Fall ſeyn. Die Verhaͤlt-
niſſe haben ſich ſeitdem ſehr geaͤndert; aber dieſe Aende-
rung der Verhaͤltniſſe hat nicht uͤberall eine Aenderung in
der Behandlung der Forſten hervorgebracht, und wir fin-
den auch in unſern Tagen noch viele Waldungen, die auf
die herkoͤmmliche aber jetzt hoͤchſt unkonſequente Weiſe
behandelt werden.
Aber auch da, wo die richtige Einſicht ſchon vorwal-
tet, koͤnnen die Waͤlder nur allmaͤlig aus ihrem Natur-
zuſtande geriſſen werden: denn ſo wie das Lebensalter
der Baͤume das des Menſchen weit uͤbertrifft, ſo gehoͤren
auch mehrere Menſchenalter dazu, um die richtige Forſt-
kultur uͤber eine ganze Waldflaͤche zu verbreiten.
Bei einer richtigen Forſtkultur werden nur Baͤume
von gleichem Alter zuſammenſtehen duͤrfen, und dieſe wer-
den gefaͤllt werden muͤſſen, ſo bald der relative Zuwachs
bis auf 5 prct. heruntergeſunken iſt. Bei Hochwaldun-
gen werden dann die Baͤume nicht auswachſen duͤrfen,
die Umtriebszeit wird viel kuͤrzer, als das Lebensalter der
Baͤume reicht, ſeyn muͤſſen; und es ſteht zur Frage, ob
der Umtrieb der Buchenwaldung, den wir hier zu 100
Jahren angenommen haben, nach dieſen Grundſaͤtzen nicht
noch kuͤrzer ſeyn muͤſſe.
Die Ruͤckſicht, daß das Holz von mehr ausgewach-
ſenen Baͤumen als Brennmaterial einen hoͤhern Werth
hat, und theurer bezahlt wird als das Holz von jungen
Baͤumen, kann zwar den Umtrieb uͤber den Zeitpunkt hin-
aus, wo der relative Zuwachs 5 prct. betraͤgt verlaͤngern;
aber doch nur auf wenige Jahre: denn dieſe Werthszu-
nahme des Holzes als Brennmaterial kann nicht lange
im uͤberwiegenden, oder auch nur gleichen Verhaͤltniß mit
den durch den Zinſenverluſt ſteigenden Produktionskoſten,
wachſen.
Ganz anders verhaͤlt ſich dies mit dem Bauholz.
Dieſes muß eine gewiſſe Staͤrke haben, wenn es uͤber-
haupt brauchbar ſeyn ſoll, und die Baͤume duͤrfen nicht
eher gefaͤllt werden, als bis ſie dieſe Staͤrke erreicht haben.
Der Umtrieb wird alſo viel laͤnger ſeyn muͤſſen als bei
der Brennholzerzielung. Die Produktionskoſten des Bau-
holzes werden dadurch ſehr bedeutend vermehrt; da daſſelbe
aber nicht entbehrt werden kann: ſo muß auch eine gleiche
Maſſe, z. B. ein Kubikfuß, um ſo hoͤher bezahlt werden,
je ſtaͤrker das Holz iſt, und zwar muß der Preis ſo hoch
und in dem Maaße ſteigen, daß dadurch die Produktions-
koſten des Bauholzes von jedem Grade der Staͤrke genau
verguͤtigt werden.
Das Bauholz muß alſo bei gleichem Gewicht einen
hoͤhern Preis haben als das Brennholz, und die Trans-
portkoſten im Verhaͤltniß zum Werth betragen bei erſte-
rem weniger als bei letzterem.
Aus dieſem Grunde muß auch in dem der Forſtkul-
tur gewidmeten Kreiſe des iſolirten Staats die Erzeugung
des Bauholzes in dem von der Stadt entfernteſten Theil
dieſes Kreiſes geſchehen.
Der Abfall vom Bauholz wuͤrde als Brennholz be-
nutzt die Transportkoſten nach der Stadt nicht tragen
koͤnnen, aber durch das Verkohlen in ein Material von
geringerm ſpezifiſchen Gewicht verwandelt, kann es noch
mit Vortheil nach der Stadt gebracht werden; und ſo
wird der aͤußere Rand des Holzkreiſes die Stadt nicht
bloß mit Bauholz, ſondern auch noch mit Kohlen verſorgen.
An dem innern, der Stadt am naͤchſten liegenden
Rand des Holzkreiſes wird es vielleicht vortheilhaft, ſchnell-
wuͤchſige Baͤume zu kultiviren, deren Holz als Brennma-
terial freilich keinen ſo hohen Werth hat, als das Buͤchen-
holz, die aber von derſelben Flaͤche einen groͤßern jaͤhrli-
chen Ertrag an Holz liefern; waͤhrend die mehr entfernte
Gegend nur noch Brennholz vom hoͤchſten Werth nach
der Stadt bringen kann.
So wuͤrden in dem der Forſtkultur gewidmeten Kreiſe
ſelbſt wieder mehrere Abtheilungen oder konzentriſche Ringe
entſtehen, in denen die Kultur auf Erzielung verſchieden-
artiger Baͤume gerichtet waͤre.
Dieſer Kreis muß die Stadt und den Kreis der
freien Wirthſchaft mit Holz verſorgen; aber nicht die ruͤck-
waͤrts, oder von der Stadt mehr entfernten Kreiſe. Dieſe
erzielen naͤmlich ihren Bedarf an Holz ſelbſt, koͤnnen aber
nichts zur Stadt liefern, und ſind in dieſer Beziehung
fuͤr die Stadt indifferent; weshalb denn auch bei der Be-
trachtung der uͤbrigen Kreiſe der Holzkultur nicht weiter
erwaͤhnt werden wird.
Geſetzt nun der Preis des Brennholzes ſey 21 Thlr.
fuͤr den Faden, wie hoch wird dann die Landrente in den
verſchiedenen Gegenden des Kreiſes der Forſtwirthſchaft ſeyn?
Die Einnahme fuͤr einen Faden betraͤgt 21 Thlr.
oder Thlr.
Die Produktionskoſten betragen fuͤr einen Faden
Thlr.
die Transportkoſten Thlr.
Dieſe beiden Ausgaben von der Einnahme abgezogen,
ergibt ſich eine Landrente fuͤr die Flaͤche, worauf ein Fa-
den Holz waͤchſt von Thlr.
Fuͤr eine Flaͤche von 100000 □R., auf welcher 250 Fa-
den wachſen, betraͤgt alſo die Landrente () 250
Fuͤr x = 0 betraͤgt die Landrente 4548 Thlr.
x = 1 4017 »
x = 2 3492 »
x = 4 2458 »
x = 7 948 »
An dem aͤußern Rande des Holzkreiſes iſt die Land-
rente, die die Forſtkultur gibt, der des angraͤnzenden Acker-
landes gleich; aber dieſe Landrente ſteigt mit der Annaͤ-
herung zu der Stadt, wegen der Erſparung der bedeuten-
den Transportkoſten, ſehr raſch, und betraͤgt bei der Stadt
ſelbſt 4548 Thlr.; waͤhrend die reine Koppelwirthſchaft,
wenn ſie eben ſo wie in den entfernten Gegenden betrie-
ben wuͤrde, hier nur eine Landrente von 1111 Thlr. ab-
werfen koͤnnte.
§. 20.
Ruͤckblick auf den erſten Kreis, in beſonderer Beziehung auf den
Bau der Kartoffeln.
Die Unterſuchungen in den vorigen Paragraphen ha-
ben ergeben, daß die Erzeugung des Brennholzes in der
Naͤhe der Stadt geſchehen muͤſſe, und daß die Forſtkultur
im Verhaͤltniß zum Ackerbau eine immer hoͤhere Landrente
gewaͤhrt, je naͤher ſie bei der Stadt betrieben wird.
Wir haben aber fruͤher ſchon angenommen, daß der
Kreis der freien Wirthſchaft die naͤchſte Umgebung der
Stadt einnehmen werde. Wir haben dieſe Annahme zwar
mit Gruͤnden unterſtuͤtzt; aber die Gruͤnde ſelbſt ſind nicht
tief genug entwickelt, um die aufgeſtellte Behauptung be-
weiſen zu koͤnnen, und wir muͤſſen deshalb dieſen Gegen-
ſtand noch einmal zur Unterſuchung ziehen.
Die freie Wirthſchaft und die Forſtwirthſchaft kaͤm-
pfen gleichſam um die Stelle, wo ſie betrieben werden
ſollen: beide machen Anſpruch auf die naͤchſte Umgebung der
Stadt. Da ſie nun aber nicht unter und nebeneinander
betrieben werden koͤnnen, ſo entſteht die Frage, welche der
beiden Wirthſchaftsarten den Sieg davon tragen und die
andere verdraͤngen werde.
Nun muß konſequenterweiſe in jeder Gegend dieje-
nige Wirthſchaft getrieben werden, durch welche der Bo-
den am hoͤchſten benutzt wird, und die obige Frage wird
alſo auf die Frage: «welche Wirthſchaftsart gibt in der
naͤchſten Umgebung der Stadt die hoͤchſte Landrente?»
zuruͤckgefuͤhrt.
Wir muͤſſen alſo unterſuchen, ob in der Naͤhe der
Stadt die Kultur eines andern Gewaͤchſes eine noch hoͤ-
here Landrente gewaͤhrt, als die Forſtwirthſchaft gibt; und
wir wenden uns in dieſer Beziehung zu der Betrachtung
des Anbaues der Kartoffel.
Preis der Kartoffeln in der Stadt.
Zwiſchen Kartoffeln und Rocken findet ein gemein-
ſchaftliches Maaß, naͤmlich das ihrer Nahrungsfaͤhigkeit
ſtatt, und wenn — was hier vorausgeſetzt wird — keine
beſondere Vorliebe fuͤr die eine oder andere Frucht ſtatt
hat: ſo wird der Preis beider genau in dem Verhaͤltniß
ihrer Nahrungsfaͤhigkeit ſtehen.
Nun ſtimmen die chemiſchen Analyſen und die Er-
fahrungen beim Branntweinbrennen faſt alle darin uͤber-
ein, daß drei gehaͤufte Scheffel Kartoffeln im Mehlgehalt
ſowohl als im Ertrage an Branntwein einem Scheffel
Rocken gleich ſind; und wir nehmen hiernach den Preis
eines Scheffels Kartoffeln in der Stadt ſelbſt zu ⅓ des
Rockenpreiſes, alſo zu ½ Thlr. pr. Schfl. an.
Bei den nachfolgenden Berechnungen uͤber den Er-
trag der Kartoffeln und den mit dem Bau derſelben ver-
bundenen Koſten liegen die in §. 17. mitgetheilten Un-
terſuchungen uͤber die belgiſche Wirthſchaft zum Grunde.
Wir haben dort angenommen, daß bei gleichem Reich-
thum des Bodens, auf derſelben Flaͤche wo 1 Schfl. Ro-
cken waͤchſt, 9 Schfl. Kartoffeln wachſen, und wir haben
dort gefunden, daß die Erzeugung von 5,7 Schfl. Kar-
toffeln nicht mehr Arbeit koſtet, als die von 1 Schfl.
Rocken.
Eine Frucht, die im Verhaͤltniß zum Rocken von
derſelben Flaͤche das Dreifache an Nahrungsſtoff liefert,
und die die Arbeit des Menſchen mit dem doppelten
Quantum an Nahrungsſtoff belohnt, iſt in der That ſo
merkwuͤrdig, und ihre allgemeine Verbreitung iſt ſo ſehr
geeignet eine gaͤnzliche Revolution in dem Betrieb der
Landwirthſchaft hervorzubringen, daß wir der Betrachtung
dieſer Frucht nothwendig einen Platz in dieſer Schrift
widmen mußten, wenn wir auch nicht durch die Beſtim-
mung der Graͤnzen des erſten Kreiſes unſers iſolirten
Staats dazu aufgefordert waͤren.
Wir haben ſchon fruͤher bei der Annahme, daß die
Ebene des iſolirten Staats den Grad von Reichthum
habe, daß der Boden nach reiner Brache uͤberall 8 Koͤr-
ner an Rocken trage, den Kreis der freien Wirthſchaft hie-
von ausgenommen, und dieſem wegen des Dungankaufs
aus der Stadt einen viel hoͤhern Reichthum ertheilt. In
den folgenden Berechnungen nehme ich nun fuͤr dieſen
Kreis denſelben Bodenreichthum an, den wir in §. 17.
fuͤr die belgiſche Wirthſchaft ausgemittelt haben.
Wenn die geernteten Kartoffeln mit dem Vieh ver-
fuͤttert werden, ſo geben ſie durch die Verfuͤtterung reich-
lich ſo viel Dung zuruͤck, als ihre Produktion dem Acker
gekoſtet hat. Ganz anders verhaͤlt ſich dies aber wenn
die Kartoffeln nicht verfuͤttert ſondern verkauft werden.
So wie beim Getreidebau nicht aller Acker mit Ge-
treide beſtellt werden kann, ſondern ein Theil des Feldes
Gewaͤchſe tragen muß, die mehr Dung wieder geben als
ſie dem Acker entnommen haben, damit die durch das
Getreide bewirkte Ausſaugung erſetzt werde, ſo kann auch
beim Bau der Kartoffel zum Zweck des Verkaufs nicht
die ganze Ackerflaͤche mit Kartoffeln beſtellt werden.
Will man nun berechnen wie viel eine gegebene
Flaͤche z. B. von 100000 □R., an Kartoffeln jaͤhrlich lie-
fern kann, und will man den Ertrag an Nahrungsſtoff,
den dieſe Flaͤche durch den Bau der Kartoffeln gibt, mit
dem, den dieſelbe Flaͤche durch den Bau des Getreides
bringen wuͤrde, vergleichen: ſo muß zuvor ausgemittelt
werden, der wie vielſte Theil der ganzen Flaͤche Kartof-
feln tragen kann, wenn der Acker ſich in und durch ſich
ſelbſt in gleichem Reichthum erhalten ſoll.
Beim Getreidebau wird ſtets mit dem Korn zugleich
Stroh geerntet, und dieſes Stroh erſetzt ſchon einen Theil
der Ausſaugung; aber der Erſatz, den das Stroh liefert,
iſt doch nicht hinreichend, um die ganze Ausſaugung zu
decken. In einer 7 ſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft mit der
Fruchtfolge: 1) Brache, 2) Rocken, 3) Gerſte, 4) Hafer,
5) Weide, 6) Weide, 7) Weide, finden wir eben ſo viele
Weideſchlaͤge als Kornſchlaͤge; und wenn nun auf gutem
Boden dieſe Wirthſchaft ſich in gleicher Kraft erhaͤlt, ſo
folgt daraus, daß ein Schlag mit Getreide mit einem
Weideſchlage verbunden ſeyn muß, wenn die Ausſaugung,
die die Kornſaat, nach Abzug des Erſatzes aus dem mit-
geernteten Stroh, bewirkt, erſetzt werden ſoll; oder die
Ausſaugung eines Getreideſchlages iſt ſo groß, wie die
Dungerzeugung eines Weideſchlages und der Erſatz aus
dem Stroh zuſammen.
Die Kartoffeln geben kein Stroh zuruͤck, und ihre
Ausſaugung muß alſo ganz durch den Anbau dungerzeu-
gender Gewaͤchſe erſetzt werden.
Wenn wir nun, um zu einer leichtern Ueberſicht zu
gelangen, einen Weideſchlag zur Einheit nehmen, ſo koͤn-
nen wir fragen: wie viele Weideſchlaͤge werden mit ei-
nem Kartoffelnſchlag verbunden ſeyn muͤſſen, wenn die
Ausſaugung der Kartoffeln durch die Dungerzeugung der
Weide gedeckt werden ſoll.
Nun iſt aber die abſolute Ausſaugung der Kartoffeln um
ſo groͤßer, auf je reichern Boden ſie kommen, oder je groͤßer
der Ertrag derſelben iſt; die Dungerzeugung der Weide iſt
ebenfalls groͤßer auf reichem, geringer auf armen Boden.
Um die Ausſaugung eines Kartoffelnſchlages von gegebenem
Reichthum zu decken, wenn die Weide auf magern Boden,
eine geringere Zahl wenn ſie auf reichen Boden kommt.
Meine hieruͤber angeſtellten Berechnungen ergeben
Folgendes:
a. Wenn der Kartoffelnſchlag denſelben Reichthum wie
der Gerſtenſchlag, die Weideſchlaͤge aber gleichen
Reichthum mit den Weideſchlaͤgen in der Koppel-
wirthſchaft haben: ſo gehoͤren zum Erſatz der durch
die Kartoffeln bewirkten Ausſaugung 2¾ (genauer
2,76) Weideſchlaͤge.
b. Wenn der Kartoffelnſchlag und die Weideſchlaͤge glei-
chen Reichthum enthalten: ſo muß ein Kartoffelnſchlag
mit 1⅚ Weideſchlaͤge verbunden ſeyn.
c. Werden die Kartoffeln auf ſehr reichem Boden er-
zeugt, wo Kleebau mit Stallfuͤtterung ſtatt findet,
und wo Klee und Kartoffeln in Boden von gleichem
Reichthum kommen: ſo erſetzen 1½ (genauer 1,46)
Kleeſchlaͤge die Ausſaugung eines Kartoffelnſchlages.
Wollen wir nun den Ertrag an Nahrungsſtoff, den
der Kartoffelnbau im Verhaͤltniß zum Getreidebau liefert,
vergleichen, ſo finden wir in dem unter a betrachteten
Fall 1) daß 3 Getreideſchlaͤge à 1000 □R. auf Boden,
der in der Koppelwirthſchaft 10 Koͤrner liefert, einen
Ertrag von 235 auf Rocken reduzirte Schfl. geben; 2)
daß ein Kartoffelnſchlag von dem Reichthum des Gerſten-
ſchlages dagegen 720 Schfl. Kartoffeln = 240 auf Ro-
cken reduzirte Schfl. hervorbringt. Die 3 Getreideſchlaͤge
muͤſſen um die Ausſaugung zu decken mit 3 Weideſchlaͤ-
gen, der Kartoffelnſchlag mit 2¾ Weideſchlaͤgen verbunden
ſeyn. Zu der Hervorbringung von 235 Schfl. Rocken ge-
hoͤren alſo 6 Schlaͤge, und zu der Produktion von 720
Schfl. Kartoffeln = 240 Schfl. Rocken gehoͤren 3¾ Schlaͤge.
Beim Getreidebau bringt alſo ein Schlag von 1000
□R. an Nahrungsmaſſe auf Rocken reduzirt 39 Schfl.
hervor; beim Kartoffelnbau liefert aber ein Schlag 64
auf Rocken reduzirte Schfl. Das Verhaͤltniß des Ertrags
zwiſchen Getreide und Kartoffeln iſt alſo wie 39 zu 64,
oder wie 100 zu 164.
Das bei der erſten oberflaͤchlichen Anſicht ſich erge-
bende Verhaͤltniß, nach welchem die Kartoffeln von glei-
cher Flaͤche dreimal ſo viel Nahrungsſtoff liefern, als der
Rocken, erleidet alſo bei genauerer Pruͤfung eine große
Ermaͤßigung; deſſen ungeachtet bleibt aber das Ueberge-
wicht der Kartoffeln noch immer hoͤchſt bedeutend.
Wo aber der Dung nicht auf dem Gute ſelbſt er-
zeugt wird, wo die Ausſaugung der Kartoffeln durch den
Ankauf von Dung erſetzt werden kann, da behaͤlt auch der
Satz, daß die Kartoffeln im Verhaͤltniß zum Rocken von
gleicher Flaͤche die dreifache Maſſe an Nahrungsſtoff fuͤr
Menſchen liefern, ſeine voͤllige Richtigkeit.
Wir werden alſo auch den Kartoffelnbau in der zwie-
fachen Beziehung, 1) wenn der Dung, deſſen der Kartof-
felnbau bedarf, auf dem Gute ſelbſt erzeugt wird, und 2)
wenn der Dung zu den Kartoffeln angekauft wird, unter-
ſuchen muͤſſen.
A. Wenn der Kartoffelnbau in einer ſich in und durch
ſich ſelbſt in gleicher Kraft erhaltenden Wirthſchaft betrie-
ben wird, und ein Kartoffelnſchlag zu dieſem Zweck mit
1½ Kleeſchlaͤgen verbunden iſt.
Meine uͤber dieſe Wirthſchaft angeſtellten Berech-
nungen ergeben fuͤr eine Ladung von 24 Schfl. Kar-
toffeln.
1) die Produktionskoſten
2) die Transportkoſten
3) die Einnahme 12 Thlr. oder
Zieht man nun von der Einnahme die Pro-
duktions- und Transportkoſten ab, ſo bleibt
eine Landrente von
Dies iſt die Landrente fuͤr eine Flaͤche, auf der jaͤhr-
lich eine Ladung Kartoffeln zum Verkauf erzeugt wird.
Nun kann aber, meinen Berechnungen zu Folge, eine
Ackerflaͤche von 100000 □R., wovon 40000 □R. mit
Kartoffeln und 60000 □R. mit Klee beſtellt werden, nach
Abzug der kleinen nur zum Viehfutter tauglichen Kartof-
feln, jaͤhrlich 1440 Ladungen zum Verkauf liefern.
Die Landrente von 100000 □R. betraͤgt demnach
B. Wenn der Dung, den der Kartoffelnbau erfordert,
aus der Stadt angekauft wird.
Anſtatt daß in der erſtern Wirthſchaft nur 40 prct.
der Ackerflaͤche dem Kartoffelnbau gewidmet werden durf-
ten, kann hier die ganze Flaͤche mit dieſer Frucht beſtellt
werden, und 100000 □R. Acker koͤnnen ſtatt 1440 nun
3600 Ladungen Kartoffeln nach der Stadt liefern.
Dieſe Wirthſchaft hat dagegen folgende Ausgaben,
die der erſten Wirthſchaft fremd waren;
1) die Koſten der Anfuhr des Dungs von der Stadt
nach dem Acker;
2) den Ankauf des Dungs.
Die Produktion von 24 Scheffel Kartoffeln koſtet
nach meinen Anſaͤtzen dem Acker 0,94 Fuder Dung,
wofuͤr ich hier, zur Erleichterung der Rechnung, 1 Fuder
annehme, ſo daß alſo fuͤr jede Ladung Kartoffeln die nach
der Stadt geliefert wird, ein Fuder Dung zuruͤckgebracht
werden muß.
Wenn nun jeder nach der Stadt fahrende Wagen mit
Kartoffeln ein Fuder Duͤnger zuruͤckbringt: ſo erfordert die
Anſchaffung des Dungs keine beſondere Fuhren; aber die
Pferde haben nun auf der Hin- und Zuruͤckreiſe ſtets eine
volle Ladung, und werden alſo ſtaͤrker angeſtrengt. In
Ermangelung eines Maaßſtabes aus der Wirklichkeit neh-
me ich nun an, daß die Fracht fuͤr eine auf der Ruͤck-
reiſe mitgenommene Ladung halb ſo viel als die gewoͤhn-
liche Fracht betrage, daß alſo die Anfuhrkoſten eines Fu-
ders Dung auf zu ſtehen kommen.
Welches iſt nun aber der Preis eines Fuders Dung
in der Stadt, und nach welchen Prinzipien wird dieſer
Preis regulirt?
Nach Adam Smith laͤßt ſich der Preis aller Waaren
in die drei Elemente: Arbeitslohn, Kapitalgewinn und
Landrente aufloͤſen. Wir ſind durch unſere Unterſuchun-
gen darauf gefuͤhrt, den Preis der landwirthſchaftlichen
Erzeugniſſe in die drei Beſtandtheile: Produktionskoſten,
Transportkoſten und Landrente zu zerlegen; und wenn
auch Produktions- und Transportkoſten ſich unlaͤugbar
wieder in Arbeitslohn und Kapitalgewinn aufloͤſen laſſen,
ſo ſind wir doch durch den Gang unſerer Unterſuchung zu
dieſer Trennung bis jetzt noch nicht aufgefordert worden.
Die Subſtanz von deren Preisbeſtimmung hier die
Rede iſt, kann aber weder Waare noch Produkt genannt
werden, und vergeblich werden wir fragen: wie viel Ar-
beitslohn, Kapitalgewinn und Landrente ihre Hervorbrin-
gung gekoſtet habe; oder wie groß die Produktionskoſten
und Transportkoſten derſelben ſeyen, und wie viel die
auf ihre Erzeugung fallende Landrente betrage. Dieſe
Subſtanz, deren Hervorbringung unfreiwillig iſt, deren
Quantitaͤt weder durch Vermehrung noch durch Vermin-
derung der Nachfrage vergroͤßert oder verkleinert werden
kann, und die der Beſitzer, ſey es auch mit noch ſo gro-
ßen Koſten verbunden, wegſchaffen muß, die folglich fuͤr
ihn einen nagativen Werth hat — eine ſolche Subſtanz
iſt in der That von ſo eigenthuͤmlicher Art, daß der Preis
derſelben durch keins der vorhin genannten Geſetze be-
ſtimmt werden kann, und die Frage, wie der Preis
derſelben auszumitteln ſey, erhaͤlt dadurch ein eigenes
Intereſſe.
Wir koͤnnen dieſe Frage hier aber noch nicht beant-
worten, ſondern wir muͤſſen vorlaͤufig den Preis eines
Fuders Straßenduͤnger als unbekannt oder gleich a Thlr.
annehmen.
In dieſer Wirthſchaft, wo der Dung angekauft wird,
betragen nun nach meiner Berechnung fuͤr eine Ladung
Kartoffeln
1) die Produktionskoſten Thlr.
2) die Transportkoſten der Kartoffeln »
3) die Koſten der Dungfuhre »
4) der Dungankauf a »
Summe der Koſten
Die Einnahme betraͤgt 12 Thlr. oder
Die Unkoſten von der Einnahme
abgezogen, bleibt Landrente fuͤr
eine Ladung
Fuͤr 100000 □R., welche 3600 Ladungen Kartoffeln lie-
fern, betraͤgt alſo die Landrente
3600 Thaler.
Die Landwirthe, die den Kreis der freien Wirthſchaft
bewohnen, haben ſtets die Wahl, ob ſie ſie den Dung auf
ihrem eigenen Felde erzeugen, oder denſelben aus der
Stadt ankaufen wollen; und ſie werden letzteres nur dann
thun, wenn der aus der Stadt gekaufte Dung ihnen wohl-
feiler zu ſtehen kommt, als der in der eigenen Wirthſchaft
erzielte Duͤnger.
Wir haben die Landrente beider Wirthſchaftsarten ge-
funden, und wenn wir dieſe einander gleich ſetzen: ſo muß
ſich ergeben zu welchem Preiſe das Fuder Dung bezahlt
werden kann.
Es ſey demnach
Iſt nun die Entfernung von
der Stadt, oder
ſo iſt a, oder der Preis ei-
nes Fuders Dung
x = 0 Meilen 5,4 Thlr.
x = 1 » 4,2 »
x = 2 » 3,1 »
x = 3 » 1,9 »
x = 4 » 0,83 »
x = 4,75 » 0 »
Es ergibt ſich hieraus: daß der unmittelbar an der
Stadt wohnende Landwirth das Fuder Duͤnger mit 5,4
Thlr. bezahlen koͤnnte, ohne daß es ihm theurer zu ſtehen
kaͤme, als wenn er daſſelbe auf ſeinem eigenen Acker er-
zeugen wollte; daß aber bei groͤßerer Entfernung von der
Stadt der Preis, den die dort wohnenden Landwirthe fuͤr
den Dung zahlen koͤnnen, raſch abnimmt; und daß end-
lich der 4¾ Meilen entfernt wohnende Landwirth auf die
Erwerbung des Straßenduͤngers zwar noch die Koſten der
Anfuhr verwenden, fuͤr den Dung ſelbſt aber gar nichts
bezahlen kann.
Bei der Preisbeſtimmung des Straßenduͤngers ſind
alſo gar ſehr verſchiedene Intereſſen im Spiel. Die Stadt-
bewohner muͤſſen den Dung los ſeyn, wenn ſie auch nichts
dafuͤr erhalten, ſondern ſogar noch fuͤr das Wegſchaffen
deſſelben bezahlen ſollten; die der Stadt nahe wohnenden
Landwirthe koͤnnen einen hohen, die ferner wohnenden
Landwirthe dagegen nur einen niedrigen Preis dafuͤr zah-
len. Welches dieſer verſchiedenen Intereſſen wird nun
die Oberhand gewinnen, und den Preis beſtimmen?
Wir muͤſſen hier zwei Faͤlle unterſcheiden:
1) wenn der Straßenduͤnger in ſo großer Menge vor-
handen iſt, daß er auf allen bis zu 4¾ Meilen von
der Stadt entfernten Guͤtern nicht ganz verbraucht
werden kann;
2) wenn die Quantitaͤt des Straßenduͤngers nicht ſo
groß iſt, daß dadurch der Dungbedarf aller bis zu
4¾ Meilen entfernten Guͤter befriedigt werden kann.
Im erſten Fall wird, nachdem die ganze Gegend bis
auf 4¾ Meilen von der Stadt mit Dung verſorgt iſt,
noch ein Theil uͤbrig bleiben, der auf Koſten der Stadt
weggeſchafft werden muß. Wollte nun unter dieſen Um-
ſtaͤnden die Stadt ſich den Dung, den die Landwirthe ab-
holen, bezahlen laſſen, z. B. 0,83 Thlr. fuͤr das Fuder
nehmen: ſo wuͤrden dadurch alle Landwirthe, die weiter
als 4 Meilen von der Stadt wohnen, das Dungholen
aufgeben, der uͤbrig bleibende Theil wuͤrde vergroͤßert, und
die auf die Wegſchaffung deſſelben zu verwendenden Koſten
wuͤrden bedeutend vermehrt werden. Die Stadt wird alſo,
wenn ſie ihrem eigenen Intereſſe nicht entgegen handeln
will, dem entfernt wohnenden Landwirthe den Dung um-
ſonſt uͤberlaſſen muͤſſen. Wird aber dann die Stadt ſich
den Kehricht oder Straßenduͤnger von dem nahe wohnen-
den Landwirth bezahlen laſſen koͤnnen, wenn der ferne
wohnende ihn umſonſt erhaͤlt? wird der Verkaͤufer einer
Waare den Preis derſelben nach dem Nutzen den ſie dem
Kaͤufer bringt, beſtimmen, und ſie dem Einen wohlfeil,
dem Andern theuer verkaufen koͤnnen? Dies ſcheint ohne
willkuͤhrliche Zwangsmaaßregeln nicht zu erreichen zu ſeyn;
und ſo muͤſſen wir annehmen, daß unter den gegebenen
Umſtaͤnden der Straßenkehricht uͤberall keinen Preis er-
halten, ſondern umſonſt zu haben ſeyn wird.
Im zweiten Fall, wenn der Straßendung nicht in
hinreichender Menge vorhanden iſt, um den Bedarf der
ganzen Gegend, die denſelben nuͤtzlich verwenden kann, zu
befriedigen, werden die naͤher und ferner wohnenden Land-
wirthe mit einander in Konkurrenz treten. Waͤre z. B.
der Dung anfaͤnglich umſonſt zu haben: ſo wuͤrde derſelbe
zum Theil nach den entfernten Gegenden gebracht wer-
den, und die naͤhern Gegenden, fuͤr die derſelbe doch einen
11*
ſo hohen Werth hat, wuͤrden ihren Bedarf nicht erhalten.
Um ſich dieſen Bedarf zu verſichern, wuͤrden die Bewoh-
ner der naͤhern Gegend gezwungen werden, fuͤr den Dung
einen Preis zu bezahlen, der hinreichend waͤre, das Ab-
holen deſſelben nach fernen Gegenden unvortheilhaft zu
machen. Geſetzt die Quantitaͤt Straßendung waͤre hin-
reichend fuͤr den Bedarf eines Kreiſes von 4 Meilen um
die Stadt herum, ſo werden ſie 0,83 Thlr. fuͤr das Fu-
der zahlen muͤſſen: denn wollten ſie weniger, z. B. nur
½ Thlr. fuͤr das Fuder geben, ſo wuͤrde die hinter dieſem
Kreiſe liegende Gegend den Dung noch mit Vortheil kau-
fen und abholen koͤnnen, und die naͤhere Gegend erhielte
dann nicht ihren Bedarf.
Wir legen nun bei unſerer Berechnung uͤber die Land-
rente dieſen letzten Fall zum Grunde, und nehmen an,
daß das Fuder Straßendung in der Stadt, oder vielmehr
vor den Thoren derſelben, 0,83 Thlr. koſte.
Setzen wir nun in der oben gefundenen Formel fuͤr
a den Werth von 0,83 Thlr., ſo betraͤgt die Landrente
der Wirthſchaft B auf 100000 □R. Ackerland
3600 Thaler.
In dieſem Kreiſe nimmt die Landrente des Bodens
mit der Annaͤherung zu der Stadt von Meile zu Meile
in einem ungewoͤhnlich großen Verhaͤltniß zu. Dies ruͤhrt
von dem Zuſammenwirken zweier Urſachen her: erſtens
werden hier Produkte gebauet, die im Verhaͤltniß zu ih-
rem Preiſe große Transportkoſten erfordern, und zweitens
vermindern ſich die Anfuhrkoſten des Dungs im direkten
Verhaͤltniß mit der Abnahme der Entfernung von der
Stadt.
Die Landrente, die unſere Berechnung fuͤr den Bo-
den, der in der naͤchſten Umgebung der Stadt liegt, an-
gibt, erſcheint aber ſo enorm hoch, daß wir veranlaßt wer-
den zu fragen: ob in der Wirklichkeit irgendwo ein Bei-
ſpiel von einer ſo hohen Landrente vorkomme.
Nun duͤrfte es uns aber nicht befremden, wenn in der
Wirklichkeit kein ſolches Beiſpiel aufzuweiſen waͤre: denn
erſtens gruͤnden ſich unſere Berechnungen auf einen Bo-
den, der nicht bloß den hoͤchſten nuͤtzlich zu verwendenden
Reichthum enthaͤlt, ſondern auch von einer vorzuͤglichen
phyſiſchen Beſchaffenheit iſt, und ein ſolcher Boden mag
in zuſammenhaͤngenden groͤßern Flaͤchen wohl nur ſelten
vorkommen; zweitens gibt es in der Wirklichkeit keine
betraͤchtliche, viel weniger eine ſehr große Stadt, die nicht
an einem ſchiffbaren Fluß laͤge; durch den Fluß wird aber
der Kreis, der die Stadt mit Kartoffeln verſorgt, gar ſehr
erweitert, und dies hat, wie wir bald ſehen werden; die
Folge, daß der Preis der Kartoffeln pr. Schfl. unter ⅓
des Rockenpreiſes herunterſinkt.
Bei genauerer Nachforſchung finden wir aber nicht
bloß Beiſpiele einer gleichen, ſondern einer noch hoͤhern
Landrente vor.
In den erſten Dezennien dieſes Jahrhunderts gaben
bei Hamburg die Viehweiden, die in der naͤchſten Umge-
bung der Stadt liegen, eine Pacht von einer Mark pr.
□R., welches c c 37 Thlr. Gold fuͤr 100 □R. betraͤgt.
Nach Sinclair (Grundgeſetze des Ackerbaues Seite
558) traͤgt ein Acre Gartenland in der Naͤhe von London
an Pachtzins 10 Pf. Sterling
an Armentaxen, Zehnten und andern Ab-
gaben 8 Pf. »
zuſammen alſo 18 Pf. Sterling;
dies macht fuͤr 100 □R. ungefaͤhr 58 Thaler.
Nun iſt der Pachtzins zwar noch keine reine Land-
rente, ſondern von der Pacht muͤſſen die Zinſen des in
den Glasfenſtern, den Bewehrungen u. ſ. w. ſteckenden Ka-
pitals abgezogen werden, um die wirkliche Landrente zu
finden; aber dieſe Zinſen koͤnnen ſehr betraͤchtlich ſeyn,
und die reine Nutzung des Bodens uͤberwiegt doch noch
die, welche wir fuͤr den iſolirten Staat gefunden haben.
So hoch nun auch durch die hohe Nutzung der Kauf-
preis dieſes Bodens in der Naͤhe der großen Stadt ſtei-
gen muß, ſo iſt dies doch nur das Vorſpiel einer ungleich
hoͤhern Steigerung des Grundwerths in der Stadt ſelbſt.
Wer außer den Thoren der Stadt ein neues Haus bauen
und ſich eine Bauſtelle dazu kaufen will, wird dafuͤr
nicht mehr als den Werth, den dieſe Stelle zur Produk-
tion von Gartengewaͤchſen hatte, zu bezahlen brauchen.
Nach der Erbauung des Hauſes verwandelt ſich die Land-
rente, die dieſer Platz ſonſt gab, in Grundrente; aber der
Betrag beider iſt an dieſer Stelle noch voͤllig gleich.
Weiter nach der Stadt herein ſteigt aber dieſe Grund-
rente immer hoͤher, bis am Ende in der Mitte der Stadt,
oder an dem Hauptmarktplatz, die bloße Stelle, wo ein
Haus ſtehen kann, mit mehr als 100 Thlr. fuͤr die □R.
bezahlt wird.
Forſchen wir den Urſachen, warum die Grundrente
der Haͤuſer nach der Mitte der Stadt hin immer mehr
ſteigt, genauer nach; ſo finden wir dieſe in der Arbeits-
erſparung, der groͤßern Bequemlichkeit und der Vermin-
derung des Zeitverluſtes, bei der Betreibung der Ge-
ſchaͤfte; wir finden alſo, daß die Grundrente und die Land-
rente durch ein und daſſelbe Prinzip regulirt werden.
Wir muͤſſen hier nun bemerken, daß wenn wir auch
die Landrente, die der Bau der Kartoffeln abwirft, be-
rechnet haben, ſich dadurch die Landrente, die der Boden
in dieſem Kreiſe wirklich gibt, noch nicht beſtimmen laͤßt:
denn erſtens erlaubt die Natur der Gewaͤchſe nicht, daß
ſie, ohne Abwechſelung mit andern Gewaͤchſen, alle Jahr
auf derſelben Stelle gebauet werden; und zweitens muß
in dieſem Kreiſe noch eine Menge andrer Gewaͤchſe er-
zeugt werden, die theils eine hoͤhere, theils eine gerin-
gere Landrente als die Kartoffeln gewaͤhren.
Die Kartoffeln koͤnnen alſo auf jedem Gute nur ei-
nen Theil des Feldes einnehmen, und die Landrente des
ganzen Feldes ergibt ſich erſt aus dem Reinertrag aller
in einer Rotation vorkommender Gewaͤchſe. Dieſe Be-
rechnung kann aber nur von einem Landwirthe geliefert
werden, der ſelbſt in der Naͤhe einer großen Stadt wohnt
und die Data dazu aus ſeiner eigenen Wirthſchaft ent-
nimmt. Eine ſolche Unterſuchung wuͤrde ſehr ſchwierig
aber auch hoͤchſt inſtruktiv ſeyn, und ſie wuͤrde manche
Dunkelheit in der Theorie der Landwirthſchaft zur Sprache
bringen und aufhellen.
Allemal aber werden die Kartoffeln einen großen
Theil des Ackers in dem Kreiſe der freien Wirthſchaft
einnehmen, und wir koͤnnen aus der Kenntniß der Land-
rente die der Kartoffelnbau gewaͤhrt genugſam auf die
wirkliche Landrente ſchließen, um die Frage, welchen Platz
die freie Wirthſchaft und die Forſtwirthſchaft in dem iſo-
lirten Staat einnehmen werden, entſcheiden zu koͤnnen.
In der naͤchſten Umgebung der Stadt betraͤgt die
Landrente
der Wirthſchaft A die den Dung zu den
Kartoffeln ſelbſt produzirt 13411 Thlr.
der Wirthſchaft B die den Dung zu den
Kartoffeln ankauft 29808 »
der Forſtwirthſchaft, wenn der Faden Holz
in der Stadt 21 Thlr. gilt 4548 »
Vier Meilen von der Stadt entfernt betraͤgt
die Landrente
der Wirthſchaft A 7462 »
der Wirthſchaft B 7467 »
der Forſtwirthſchaft 2458 »
Wenn nun auch wegen des nothwendigen Wechſels
der Fruͤchte, in der Fruchtfolge ſolche Gewaͤchſe aufgenom-
men werden muͤſſen, die eine mindere Nutzung von der-
ſelben Flaͤche geben, als die Kartoffeln, wenn auch da-
durch die Landrente des ganzen Feldes bis zur Haͤlfte
deſſen, was der mit Kartoffeln beſtellte Theil bringt, her-
abſinken ſollte: ſo uͤberwiegt deſſenungeachtet in der Naͤhe
der Stadt die Landrente der freien Wirthſchaft die der
Forſtwirthſchaft noch ſehr bedeutend.
Die Forſtkultur weicht hier vor der rohen Landrente
die der Boden traͤgt zuruͤck und wird nach einem Boden
von mindererer Landrente verwieſen.
Bis auf 4 Meilen von der Stadt, oder ſo weit als
der Dungankauf aus der Stadt reicht, iſt das Ueberge-
wicht der freien Wirthſchaft voͤllig entſchieden. Weiterhin
traͤte die Forſtkultur in Kolliſion mit der Wirthſchaft A
die den Dung zu den Kartoffeln ſelbſt produzirt, und
wuͤrde auch von dieſer noch eine Strecke zuruͤckgedraͤngt
werden, wenn der Boden hier noch denſelben Reichthum
wie in der Naͤhe der Stadt haͤtte. Wir haben aber an-
genommen, und wir muͤſſen dieſer Annahme treu bleiben,
daß der Boden nur ſo weit, als der Dungankauf aus der
Stadt reicht, einen hoͤhern Reichthum als der uͤbrige Theil
der großen Ebene enthaͤlt.
Es bleibt alſo nur noch zu unterſuchen, ob auf Bo-
den von minderm Reichthum, der nach reiner Brache 8
Koͤrner an Rocken traͤgt, durch den Anbau der Kartoffeln
zum Zweck des Verkaufs, die Landrente ſo hoch ſteigt,
daß dadurch die Forſtkultur zuruͤckgedraͤngt wird; wodurch
ſich dann ein neuer Kreis mit einer eigenthuͤmlichen Wirth-
ſchaftsart zwiſchen dem Kreiſe der freien Wirthſchaft und
dem der Forſtwirthſchaft bilden wuͤrde.
Wir beduͤrfen zu dieſer Unterſuchung die Loͤſung der
Frage: wie veraͤndern ſich die mit der Erzielung der Kar-
toffeln verbundenen Arbeitskoſten auf Boden von verſchie-
denem Ertrage.
Meine Berechnung die ſich auf die auf dem Gute
T. gemachten Erfahrungen gruͤndet, ergibt hieruͤber Fol-
gendes:
Wenn 100 □R. einen Er-
trag geben von
ſo betragen die Arbeitskoſten
fuͤr 1 Schfl. Kartoffeln
115 Schfl. Kartoffeln 3,8 ß
100 » » 4,2 ß
90 » » 4,6 ß
80 » » 5,1 ß
70 » » 5,7 ß
60 » » 6,5 ß
50 » » 7,8 ß
Dieſe Berechnung iſt zwar nicht ſo genau wie die
uͤber den Kornbau, theils weil der Kartoffelnbau nicht im
Großen betrieben iſt, hauptſaͤchlich aber weil die bei den
Kartoffeln vorkommenden Arbeiten zum Theil nur ſum-
mariſch, nicht ſpeziell, in den Rechnungen aufgezeichnet
ſind, wodurch denn bei der Trennung der Koſten in
ſolche die mit dem Ertrage, und in ſolche die mit der
Groͤße des Feldes im Verhaͤltniß ſtehen, einige Schaͤtzun-
gen nicht vermieden werden konnten; aber ich glaube doch,
daß das hier Mitgetheilte, von dem was eine voͤllig ge-
naue Berechnung ergeben wuͤrde, ſich nicht weit entfer-
nen wird.
Es muß bemerkt werden, daß die angefuͤhrten Arbeits-
koſten nicht die ſaͤmmtlichen Produktionskoſten ausmachen;
denn in dieſen ſind außer den Arbeitskoſten auch noch die
allgemeinen Kulturkoſten enthalten.
Wir finden hier, daß beim Ertrage von 115 Schfl.
auf 100 □R. der Schfl. Kartoffeln 3,8 ß an Arbeit ko-
ſtet; in der belgiſchen Wirthſchaft koſtet dagegen nach §.
17. bei gleichem Ertrage der Schfl. nur 3,3 ß an Arbeit.
Dieſer Unterſchied liegt eines Theils darin, daß wir hier
die Konſervationskoſten der Kartoffeln — Umſtechen, Ab-
keimen u. ſ. w. — mit berechnet haben, dort aber nicht,
daß alſo dieſe Berechnung angibt, was die Kartoffeln
beim Verbrauch, jene aber, was ſie gleich nach der Ein-
erntung koſten; andern Theils kann es aber gar wohl
ſeyn, daß die Kartoffeln in Belgien, wo der Anbau der-
ſelben im Großen ſtatt findet, und die Leute mit den da-
bei vorkommenden Arbeiten und Handgriffen beſſer be-
kannt ſind, wohlfeiler erzeugt werden als hier.
Aus der obigen Zuſammenſtellung ergibt ſich, daß
die Arbeitskoſten, welche die Hervorbringung eines Schef-
fels Kartoffeln verurſacht, bei dem abnehmenden Ertrag
des Bodens ſehr ſtark zunehmen, daß dieſe auf einem Boden,
der nur 50 Schfl. von 100 □R. liefert, doppelt ſo viel
betragen, als auf einem Boden von 115 Schfl. Ertrag
auf gleicher Flaͤche. Wenn nun auf dem reichen Boden
die Hervorbringung von 6 Schfl. Kartoffeln ungefaͤhr ſo
viele Arbeit koſtet als die von 1 Schfl. Rocken, ſo wird
dagegen auf aͤrmern Boden von 8 Koͤrnern Ertrag —
deſſen mittleren Reichthum 298° betraͤgt, und der von
dieſem Reichthum nur 54 Schfl. Kartoffeln traͤgt — die
Erzielung von 3 Schfl. Kartoffeln beinahe ſo viel koſten
als die von 1 Schfl. Rocken. Nehmen wir nun die Ar-
beit ſelbſt zum Maaßſtab, ſo ergibt ſich hieraus das Re-
ſultat, daß auf reichem Boden dieſelbe Arbeit durch den
Kartoffelnbau die doppelte Nahrungsmaſſe fuͤr Menſchen
hervorbringt, als durch den Getreidebau; daß aber auf
aͤrmern Boden, die auf den Kartoffelnbau verwendete Ar-
beit kein groͤßeres Produkt hervorbringt als die dem Ge-
treidebau gewidmete Arbeit.
Wenn nun einerſeits auf Boden der nur 8 Koͤrner
traͤgt, die Produktionskoſten der Kartoffeln ſo bedeutend
geſteigert werden; wenn wir andernſeits erwaͤgen, daß
auf Boden von dieſem Reichthum kein Kleebau mit
Stallfuͤtterung ſtatt finden kann, daß dann aber zum Er-
ſatz der Ausſaugung des Kartoffelnſchlages 2¾ Weide-
ſchlaͤge erforderlich ſind, daß folglich nur ein geringer Theil
der Ackerflaͤche mit Kartoffeln beſtellt werden darf: ſo
koͤnnen wir uns auch ohne genauere Berechnung davon
uͤberzeugen, daß ein Boden von dieſem Reichthum 4 Mei-
len von der Stadt gelegen, durch den Anbau der Kartof-
feln zum Zweck des Verkaufs nicht bis zu einer Landrente
von 2458 Thlr. gehoben werden kann, und daß folglich
die Forſtkultur durch eine ſolche Wirthſchaft nicht zuruͤck-
gedraͤngt werden kann.
Es wird alſo der Kreis der Forſtwirthſchaft ſich dem
Kreiſe der freien Wirthſchaft unmittelbar anſchließen.
Wir haben immer den Preis der Kartoffeln als be-
kannt angenommen, und daraus die Landrente, die der
mit Kartoffeln beſtellte Boden bringt, berechnet; wir muͤſ-
ſen nun auch umgekehrt fuͤr den Fall, daß die Landrente
gegeben iſt, den Preis zu dem die Kartoffeln geliefert wer-
den koͤnnen, beſtimmen.
Bei dieſer Unterſuchung lege ich wiederum die bel-
giſche Wirthſchaft, die wir in §. 17. betrachtet haben, zum
Grunde.
Die Landrente dieſer Wirthſchaft, die weder Kartof-
feln noch Heu und Stroh verkauft, und ihre ganze Ein-
nahme aus dem Verkauf von Getreide und Viehprodukten
bezieht, iſt 3749 Schfl. Rocken ÷ 2044 Thlr.
Wenn nun der Schfl. Rocken Thaler
gilt, ſo betraͤgt die Landrente in Geld ausgedruͤckt
Thaler.
Wird nun auf einem Boden, der durch die gewoͤhn-
liche Wirthſchaft dieſe Landrente abwirft, die vorhin be-
trachtete, den Verkauf der Kartoffeln bezweckende Wirth-
ſchaft A eingefuͤhrt; ſo kommt auf jede der 1440 Ladun-
gen Kartoffeln die dieſe Wirthſchaft hervorbringt
an Landrente
die Produktionskoſten betragen wie in der
Wirthſchaft A
die Transportkoſten
Summe der Koſten
Iſt nun die Entfernung
von der Stadt, oder
ſo iſt der Preis
einer Ladung
eines Scheffels
x = 0 Meilen 5,2 Thlr. 10,4 ß
x = 1 » 6,1 » 12,2 »
x = 2 » 7,1 » 14,2 »
x = 3 » 8 » 16 »
x = 4 » 8,9 » 17,8 »
x = 7,5 » 12 » 24 »
Der Preis zu welchem die Kartoffeln zu Markt ge-
bracht werden koͤnnen, haͤngt alſo gar ſehr ab von der
Entfernung zwiſchen dem Orte wo ſie produzirt, und dem
wo ſie konſumirt werden. Betraͤgt dieſe Entfernung nur
1 Meile, ſo iſt der Preis der Kartoffeln 12,2 ß pr. Schfl.;
waͤchſt aber die Entfernung bis zu 7½ Meilen, ſo ſteigt
der Preis bis auf 24 ß.
Nun wird der Anbau der Kartoffeln unſtreitig ſo
nah als moͤglich bei dem Orte wo ſie konſumirt werden
geſchehen, und nur in dem Fall, wenn der Bedarf einer
Stadt ſo groß iſt, daß dieſer aus der nahe liegenden Ge-
gend nicht befriedigt werden kann, muͤſſen die Kartoffeln
aus weiterer Ferne zu Markt gebracht werden.
Die Groͤße des Bedarfs entſcheidet alſo uͤber den
Preis der Kartoffeln, und dieſe werden deshalb in einer
großen Stadt ſehr viel theurer ſeyn als in einer kleinen.
Waͤre aber der Bedarf einer Stadt ſo groß, daß um die-
ſen zu befriedigen der Preis der Kartoffeln mehr als ⅓
des Rockenpreiſes betragen muͤßte, ſo wuͤrde das Getreide
ein wohlfeileres Nahrungsmittel als die Kartoffeln werden,
und dann wuͤrde der Verbrauch derſelben ſo weit einge-
ſchraͤnkt werden, bis der Preis wieder auf ⅓ des Rocken-
preiſes herunterginge.
Das gemeinſchaftliche Maaß, das zwiſchen Rocken
und Kartoffeln durch das Verhaͤltniß der Nahrhaftigkeit
ſtatt findet, beſtimmt alſo das Maximum des Preiſes der
Kartoffeln bei einem ſehr großen Bedarf; bei einem ge-
ringern Bedarf wird aber der Preis der Kartoffeln nicht
durch dieſes Verhaͤltniß der Nahrhaftigkeit, ſondern durch
die Koſten, die es verurſacht ſie zu Markt zu bringen,
regulirt.
Nun iſt die Stadt des iſolirten Staats von einem
ſolchen Umfange, daß der Bedarf derſelben an Kartoffeln
durch den Kreis der freien Wirthſchaft nicht ganz wird
befriedigt werden koͤnnen; der Preis der Kartoffeln muß
alſo bis zum Maximum ſteigen, und unſere obige An-
nahme, daß die Kartoffeln in der Stadt ſelbſt ⅓ des Ro-
ckenpreiſes gelten werden, iſt dadurch gerechtfertigt.
Es verdient bemerkt zu werden, daß die Kartoffeln,
obgleich ſie im Verhaͤltniß zum Getreide ein ſo großes
Quantum Nahrungsſtoff von derſelben Flaͤche liefern, den-
noch ſo wenig geeignet ſind, eine ſehr große Stadt ohne
Beihuͤlfe des Getreides mit Lebensmitteln zu verſorgen.
In der Wirthſchaft A fanden wir, daß die Landrente
beim Bau der Kartoffeln auf einem ſehr reichen Boden
ſchon bei 9,3 Meilen Entfernung von der Stadt ver-
ſchwindet, waͤhrend der Getreidebau auf Boden von weit
minderm Reichthum bis 31,5 Meilen von der Stadt eine
Landrente abwirft. Waͤren nun die Kartoffeln das ein-
zige vegetabiliſche Nahrungsmittel, ſo muͤßte die Kultur
des Bodens ſchon bei 9,3 Meilen von der Stadt enden,
der iſolirte Staat wuͤrde alſo eine geringe Ausdehnung
haben, und die Stadt ſelbſt wuͤrde eine ſehr viel gerin-
gere Volksmenge enthalten muͤſſen.
Die Kartoffeln bieten noch Stoff zu manchen Fragen
und Unterſuchungen dar. So koͤnnte man z. B. die Fra-
gen aufwerfen:
1) welche Einwirkung hat die Verbreitung des Kartof-
felnbaues, wenn die Kartoffeln zur Nahrung fuͤr
Menſchen verwandt werden, auf den Getreidepreis;
2) welchen Einfluß hat die Einfuͤhrung des Kartoffeln-
baues, wenn die Kartoffeln zum Viehfutter verwandt
werden, auf den Preis der Viehprodukte und auf die
Groͤße der Landrente, welche die Viehzucht gewaͤhrt?
Zu einer ſolchen Unterſuchung und zur Loͤſung der
aufgeſtellten Fragen ſind wir aber, indem uns die dazu
noͤthigen Vorderſaͤtze fehlen, hier noch nicht berechtigt. Nur
folgende Bemerkung duͤrfte hier noch an ihrer Stelle ſein.
Die Kartoffeln koͤnnen, wie wir geſehen haben, in
dem iſolirten Staat nach einer kleinen Stadt zu der
Haͤlfte des Preiſes den ſie in der großen Stadt haben,
geliefert werden. In der Wirklichkeit wird durch die Lage
der Staͤdte an Fluͤſſen dieſer Unterſchied gemindert, aber
nicht aufgehoben. So wie nun die Kartoffeln mehr und
mehr ein Hauptnahrungsmittel werden und den Verbrauch
des Getreides beſchraͤnken, ſo muß ſich auch der Unter-
ſchied in dem Arbeitslohn der in beiden Staͤdten gezahlt
wird, mehr und mehr vergroͤßern. Denn wenn auch der
reelle Arbeitslohn, d. i. die Summe der Lebensbeduͤrfniſſe
die ſich der Arbeiter fuͤr ſeinen Lohn verſchaffen kann, in
beiden Staͤdten voͤllig gleich iſt; ſo muß doch dieſer Lohn
in Geld ausgedruͤckt, nach der Verſchiedenheit des Preiſes
der erſten Lebensbeduͤrfniſſe ſehr verſchieden ausfallen.
Nun koͤnnen Fabrik- und Manufakturwaaren an dem
Orte, wo der Arbeitslohn am niedrigſten iſt, wenn alle
uͤbrigen Umſtaͤnde gleich ſind, auch am wohlfeilſten fabri-
zirt werden: und ſo liegt in der groͤßern Verwendung der
Kartoffeln zur menſchlichen Nahrung ein Streben gegen
die Anhaͤufung der Menſchen in ſehr große Staͤdte.
§. 21.
Dritter Kreis.
Fruchtwechſelwirthſchaft.
Wir haben in §. 16. geſehen, daß die Ausfuͤhrbarkeit
dieſes Wirthſchaftsſyſtems und die Ausdehnung in welcher
daſſelbe betrieben werden kann, durch die Groͤße des Koͤrner-
ertrags und durch die Hoͤhe der Getreidepreiſe bedingt wird.
Wir haben fuͤr den iſolirten Staat den Getreidepreis
in der Stadt zu 1½ Thlr. Gold fuͤr den Berliner Schfl.
Rocken, und den Ertrag des Bodens fuͤr die ganze Ebene
— mit Ausſchluß des erſten Kreiſes — uͤberall zu 8 Koͤr-
nern angenommen.
Unter dieſen Verhaͤltniſſen iſt aber der Werth des Bo-
dens noch zu geringe, um eine große Ausdehnung der
Fruchtwechſelwirthſchaft vortheilhaft zu machen.
Dieſe Wirthſchaftsart wird hier nur einen engen Kreis,
und nur den nahe um die Hoͤfe liegenden Acker einnehmen.
Fuͤr eine groͤßere Dungkraft des Ackers und fuͤr hoͤ-
here Getreidepreiſe wuͤrde ſich der Kreis ſelbſt erweitern,
und dieſe Wirthſchaftsart wuͤrde ſich auf einen groͤßern
Theil der Ackers jedes Guts ausdehnen Dies iſt im Jahre 1819 geſchrieben. Alle ſpaͤtern Unterſuchun-
gen, ſo wie die uͤber die belgiſche Wirthſchaft haben mich uͤber-
zeugt, daß unter den angenommenen Verhaͤltniſſen die Frucht-
wechſelwirthſchaft hier gar nicht — alſo auch nicht in der ange-
gebenen geringen Ausdehnung — ſtatt finden koͤnne. Ich konnte
deſſenungeachtet das hier Geſagte nicht wegſtreichen, ohne daß
eine Luͤcke im Zuſammenhang des Ganzen entſtanden waͤre; und
dann mußte doch auch fuͤr ein ſo wichtiges Wirthſchaftsſyſtem,
was bei zunehmendem Reichthum der Nationen mehr und mehr
das herrſchende werden wird, hier wenigſtens die Stelle bezeich-
net ſeyn, die daſſelbe unter andern Verhaͤltniſſen einnehmen
wuͤrde; und von der es in dem iſolirten Staat nur durch un-
ſere Annahme einer gleichmaͤßigen und zwar geringen Fruchtbar-
keit der ganzen Ebene, verdraͤngt wird..
§. 22.
Vierter Kreis.
Koppelwirthſchaft.
Die Koppelwirthſchaft beginnt hinter dem Kreiſe der
Fruchtwechſelwirthſchaft und endet nach §. 14. in der Ent-
fernung von 24,7 Meilen von der Stadt, wo ſie der
Dreifelderwirthſchaft, die hier vortheilhafter wird, weichen
muß.
Die Koppelwirthſchaft wird hier zwar uͤberall ſtatt
finden, aber ſie wird nicht in allen Gegenden dieſes ſehr
ausgedehnten Kreiſes eine und dieſelbe Form haben; ſon-
dern vielmehr alle die Modificationen erleiden, deren ſie
nach §. 18. faͤhig iſt.
In dem vordern Theil dieſes Kreiſes wird die K.
W. in ihrer reinen Form erſcheinen, aber mit der zuneh-
menden Entfernung von der Stadt und dem verminder-
ten Werth des Getreides werden ſtete auf Arbeitserſpa-
rung hinzielende Veraͤnderungen eintreten; an der aͤußern
Graͤnze dieſes Kreiſes werden die Außenſchlaͤge vielleicht
gar nicht mehr geduͤngt, ſondern nur dann und wann
zum Kornbau aufgebrochen werden, und ſo wird beim
Uebergang ſelbſt die K. W. der D. W. ſchon ſehr aͤhn-
lich ſeyn.
§. 23.
Fuͤnfter Kreis.
Dreifelderwirthſchaft.
Die Dreifelderwirthſchaft faͤngt nach §. 14. in der
Entfernung von 24,7 Meilen von der Stadt an, und
endet in der Entfernung von 31,5 Meilen, wo die Land-
rente derſelben, wenn die Wirthſchaft auf Kornverkauf be-
gruͤndet iſt, gleich 0 wird.
Jenſeits dieſer Graͤnze kann bei dem Preiſe von 1½
Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken kein Korn zum Verkauf nach
der Stadt mehr gebauet werden, und es muß alſo der
Kornuͤberſchuß den dieſe fuͤnf Kreiſe liefern mit dem Korn-
bedarf der Stadt im Gleichgewicht ſeyn.
§. 24.
Durch welches Geſetz wird der Preis des Getreides beſtimmt?
Um dieſe Frage beantworten zu koͤnnen, muͤſſen wir
fuͤr einen Augenblick annehmen, daß in dem iſolirten
Staat, nachdem derſelbe die Geſtalt gewonnen hat, die
wir in den vorhergehenden Unterſuchungen entwickelt ha-
ben, der Preis des Rockens in der Stadt ſelbſt von 1½
12
Thaler bis zu 1 Thaler fuͤr den Scheffel heruntergehe.
Dem 31,5 Meilen von der Stadt entfernten Gute
koſtet die Produktion des Schfl. Rocken 0,47 Thlr., die
Transportkoſten fuͤr Schfl. Rocken bis zur Stadt betra-
gen 1,03 Thlr.
Dieſes Gut wird alſo, ſobald der Schfl. Rocken in
der Stadt ſelbſt nur 1 Thlr. gilt, kein Korn mehr nach
der Stadt liefern koͤnnen. In einer aͤhnlichen Lage ſind
alle Guͤter, denen der Schfl. Rocken an Produktions- und
Transportkoſten nach der Stadt mehr als einen Thaler
koſtet, und dies iſt der Fall fuͤr alle Guͤter die weiter als
23½ Meilen von der Stadt entfernt liegen.
Indem nun die ganze Gegend, welche weiter als
23½ Meilen von der Stadt entfernt iſt, kein Korn mehr
zur Stadt liefert, muß in der Stadt ſelbſt, vorausgeſetzt
daß die Bevoͤlkerung und die Konſumtion unveraͤndert
geblieben ſind, der groͤßte Mangel entſtehen, wodurch
die Preiſe augenblicklich wieder ſteigen. Das heißt
mit andern Worten: der Preis von 1 Thlr. iſt hier un-
moͤglich.
Die Stadt kann ihren Kornbedarf nur dann geliefert
erhalten, wenn ſie einen Preis dafuͤr bezahlt, der hinrei-
chend iſt, dem entfernteſten Produzenten, deſſen Korn ſie
noch bedarf, mindeſtens die Produktions- und Transport-
koſten des Korns zu verguͤtigen.
Nun iſt aber der Kornbedarf der Stadt ſo groß, daß
zur Hervorbringung deſſelben der Kornbau bis 31,5 Mei-
len von der Stadt ausgedehnt werden muß; und weil
in dieſer Entfernung nur dann Korn gebauet werden
kann, wenn der Mittelpreis des Rockens 1½ Thlr. be-
traͤgt, ſo kann auch kein niedrigerer Preis ſtatt finden.
Nicht bloß fuͤr unſern iſolirten Staat, ſondern auch
in der Wirklichkeit, wird der Preis des Korns durch fol-
gendes Geſetz beſtimmt:
Der Preis des Korns muß ſo hoch ſeyn, daß die
Landrente desjenigen Guts, welchem die Lieferung
des Getreides nach dem Markt — weil es entweder
ſo ſchlechten Boden hat, daß die Produktion des Korns
ſehr theuer wird, oder weil es ſo weit entfernt liegt,
daß die Transportkoſten ſehr hoch zu ſtehen kom-
men — am koſtſpieligſten wird, deſſen Anbau aber
zur Befriedigung des Getreidebedarfs noch nothwen-
dig iſt, nicht unter Null herabſinke.
Der Getreidepreis iſt alſo weder willkuͤhrlich noch zu-
faͤllig, ſondern an feſte Regeln gebunden.
Faͤnde dagegen eine dauernde Veraͤnderung in dem
Bedarf ſtatt, ſo bringt dies auch eine dauernde Aende-
rung in dem Getreidepreis hervor.
Verminderte ſich z. B. die Konſumtion ſo weit, daß
ein Kreis von einem Halbmeſſer von 23½ Meilen den
Bedarf der Stadt befriedigen koͤnnte, ſo wuͤrde dadurch
auch der Mittelpreis des Getreides bis zu 1 Thlr. fuͤr
den Schfl. Rocken herunterſinken.
Vermehrte ſich im Gegentheil die Konſumtion, ſo
wuͤrde die bisher kultivirte Ebene den Bedarf der Stadt
nicht mehr befriedigen koͤnnen, und die mangelhafte Ver-
ſorgung des Markts wuͤrde hoͤhere Preiſe erzeugen. Durch
die Erhoͤhung des Preiſes wuͤrden die entlegenſten Guͤter,
welche bisher keine Landrente trugen, nun einen Ueber-
ſchuß gewaͤhren, der eine Landrente begruͤndete; der hinter
dieſen Guͤtern liegende Boden wuͤrde noch mit Vortheil
angebauet werden, die kultivirte Ebene wuͤrde ſich ſo weit
erweitern, als die Produktion des Korns noch eine Land-
rente abwuͤrfe.
Sobald dies geſchehen waͤre, wuͤrden Produktion und
Konſumtion wieder im Gleichgewicht ſeyn; aber der Ge-
treidepreis bliebe fuͤr immer erhoͤhet.
Die Erhoͤhung der Produktion bringt aͤhnliche Wir-
12*
kungen auf den Getreidepreis hervor, als die verminderte
Konſumtion.
Wuͤrde z. B. der Ertrag des Bodens in dem iſolir-
ten Staat von 8 auf 10 Koͤrner erhoͤht, und der Bedarf
der Stadt bliebe derſelbe: ſo wuͤrde ein viel geringerer
Theil der Ebene zur Verſorgung der Stadt mit Lebens-
mitteln hinreichend ſeyn; der uͤbrige Theil der Ebene waͤre
dann fuͤr die Stadt entbehrlich, und im Fall bei dieſer
Fruchtbarkeit des Bodens ein Kreis, deſſen Halbmeſſer
23½ Meilen betraͤgt, den Bedarf der Stadt befriedigen
koͤnnte, wuͤrde der Preis des Rockens bis zu 1 Thlr. fuͤr
den Schfl. heruntergehen.
Waͤre dagegen die Erhoͤhung des Koͤrnerertrags von
einer ſolchen Steigerung der Konſumtion begleitet, daß
der Getreidepreis fortwaͤhrend derſelbe bliebe: ſo wuͤrde
dies zu einer ungemein großen Zunahme der Bevoͤlke-
rung und des Nationalreichthums fuͤhren.
Wenn das Gut, deſſen Boden 8 Koͤrner traͤgt, un-
gefaͤhr 4 Koͤrner zur Verſorgung der Staͤdte abgeben kann,
ſo wird dagegen das Gut mit einem Bodenertrage von
10 Koͤrnern mindeſtens 5½ Koͤrner abgeben koͤnnen. Zu-
gleich erweitert ſich nach §. 14. mit dem ſteigenden Koͤrner-
ertrag des Bodens der Anbau der Ebene von 31,5 bis
zu 34,7 Meilen von der Stadt. Durch dieſe gleichzeitige
Steigerung der intenſiven und der extenſiven Kultur,
wuͤrde nun die Bevoͤlkerung des ganzen Staats um et-
wa 50 prct. vermehrt werden koͤnnen; und dieſe groͤßere
Volksmenge wuͤrde eben ſo reichlich ernaͤhrt werden als
fruͤher die kleinere.
Die Groͤße der Konſumtion in der Stadt muß, wenn
man nicht einzelne Jahre ſondern laͤngere Zeitraͤume uͤber-
blickt, mit der Groͤße des Einkommens dieſer Stadt im
Verhaͤltniß ſtehen. Bei einem gleichbleibenden Ertrage
des Bodens wird alſo das Steigen oder Fallen der Ge-
treidepreiſe von dem Zunehmen oder Abnehmen des Ein-
kommens, welches die konſumirende Klaſſe der Staatsbuͤr-
ger genießt, abhaͤngen.
Die Marktpreiſe des Getreides ſtimmen ſelten oder
faſt nie mit dem Mittelpreiſe deſſelben uͤberein: ſie ſind
vielmehr im ſteten Schwanken begriffen, ſtehen bald hoͤher
bald niedriger als der Mittelpreis, und haͤngen von dem
momentanen Ueberfluß oder Mangel ab.
So wie nun der Landbau Kapitalauslagen zur Er-
richtung von Gebaͤuden u. ſ. w. erfordert, die erſt nach
einer langen Reihe von Jahren wieder erſtattet werden:
ſo entſcheidet auch der Marktpreis eines Jahrs und die
daraus hervorgehende Gutseinnahme, nicht uͤber die rich-
tige oder unrichtige Verwendung dieſes Kapitals.
Bei unſern Unterſuchungen, die bisher ſtets auf den
letzten Erfolg, aber niemals auf die Erſcheinungen, die
ſich bei dem Uebergange aus einem Zuſtande in den an-
dern zeigen, gerichtet geweſen ſind, haben wir deshalb
immer auch nur den Mittelpreis des Getreides, der ſich
aus dem Durchſchnitt der Marktpreiſe einer großen Reihe
von Jahren ergibt, zum Grunde legen koͤnnen.
§. 25.
Urſprung der Landrente.
Wenn zu gleicher Zeit Rocken aus der weiteſten Ent-
fernung und aus der naͤchſten Umgebung der Stadt zu
Markt gebracht wird: ſo kann der in der Ferne gebauete
Nocken nicht unter 1½ Thlr. pr. Scheffel verkauft werden,
weil er den Produzenten ſo viel koſtet; dagegen koͤnnte
der in der Naͤhe wohnende Produzent ſeinen Rocken un-
gefaͤhr zu einem halben Thaler verkaufen, und er erhielte
doch die ſaͤmmtlichen auf die Produktion und den Trans-
port des Rockens verwandten Koſten wieder erſetzt.
Nun kann aber dieſer weder gezwungen, noch kann
es ihm zugemuthet werden, ſeine Waare von gleicher
Guͤte zu einem niedrigern Preiſe als dem, den jener da-
fuͤr erhaͤlt, zu verkaufen.
Fuͤr den Kaͤufer hat der aus der Naͤhe zu Markt ge-
brachte Rocken eben ſo vielen Werth als der aus der
Ferne, und es kuͤmmert ihn nicht, ob dieſer oder jener
mehr hervorzubringen gekoſtet habe.
Was nun der Produzent aus der Naͤhe der Stadt
fuͤr ſeinen Rocken mehr erhaͤlt, als was er ihm koſtet, das
iſt fuͤr ihn reiner Gewinn.
Da nun dieſer Gewinn dauernd iſt, und jaͤhrlich
wiederkehrt, ſo gibt auch der Grund und Boden ſeines
Guts eine jaͤhrliche Rente.
Die Landrente eines Guts entſpringt alſo aus dem
Vorzug, den es vor dem, durch ſeine Lage oder durch ſei-
nen Boden, ſchlechteſten Gut, welches noch Produkte her-
vorbringen muß, um den Bedarf zu befriedigen, beſitzt.
Der Werth dieſes Vorzugs, in Geld oder Korn aus-
gedruͤckt, bezeichnet die Groͤße der Landrente.
Anmerkung. Dieſe aus den bisherigen Unterſuchun-
gen hervorgehende Definition iſt keinesweges vollſtaͤn-
dig und umfaſſend: denn andre Unterſuchungen, die
ich hier aber außer dem Zuſammenhang nicht mit-
theilen kann, haben ergeben, daß Boden von gleicher
Fruchtbarkeit, von gleicher Lage in Hinſicht des Ab-
ſatzes der Produkte, und uͤberhaupt gleichem Werth
dennoch eine Landrente abwerfen kann — wenn die-
ſer Boden ſaͤmmtlich vertheilt und das Eigenthum
Einzelner geworden iſt.
Es bleibt aber immer merkwuͤrdig, daß die Land-
rente aus zwei verſchiedenen Urſachen entſpringen
kann, und es fragt fich, ob ſich in beiden ein ge-
meinſchaftliches Prinzip auffinden laſſe.
Fuͤr die Wirklichkeit, wo Boden von ſehr verſchie-
dener Qualitaͤt vorkommt, und wo in der Regel
ſchon ſchlechter Boden, der keine Landrente abwirft
in Kultur genommen iſt, wird die hier gegebene De-
finition faſt immer ausreichen.
§. 26.
Sechster Kreis.
Viehzucht.
Wir haben zwar in §. 23. geſehen, daß die Kultur
des Bodens, wenn die Wirthſchaft auf Kornverkauf be-
gruͤndet iſt, bei 31,5 Meilen von der Stadt endet; aber
hieraus folgt noch nicht, daß dies die abſolute Graͤnze
der Kultur ſey: denn wenn es Produkte gibt, die im
Verhaͤltniß ihres Werths mindere Transportkoſten erfor-
dern als das Getreide, ſo koͤnnen dieſe hier noch mit
Vortheil erzeugt werden.
Solche Produkte liefert nun die Viehzucht; und wir
wenden uns jetzt zu der Berechnung des Ertrags, den eine
ſogenannte Hollaͤnderei oder Kuherei hier geben wird.
Zuvor muͤſſen wir aber die Koſten, die der Transport der
Butter von hier nach der Stadt verurſacht, zu beſtim-
men ſuchen.
Die Fracht fuͤr eine Ladung von 2400 ℔ betraͤgt
nach §. 4. Thaler. Setzen wir nun x = 31,5
ſo finden wir, daß fuͤr dieſe Entfernung von der Stadt
die Transportkoſten 6/10 ß fuͤr ein Pfund betragen.
Der Transport der Butter kann aber aus mehreren
Gruͤnden nicht ſo wohlfeil ſeyn als der des Getreides.
Erſtens kann das Verfahren der Butter nicht wie das des
Korns bis zum Winter, wo die Pferde doch oft unbe-
ſchaͤftigt ſind, verſchoben werden, ſondern dieſe muß friſch
und alſo in kleinen Quantitaͤten verkauft und verfahren
werden. Es werden alſo oft halbe Ladungen zur Stadt
geſchickt werden muͤſſen; oder der Transport wird durch
Fuhrleute geſchehen, die, weil ſie aus dem Frachtfahren
ein Gewerbe machen und davon leben, eine hoͤhere Fracht
haben muͤſſen, als was der Transport durch eigene Pferde
koſtet. Auch wird im letztern Fall der Verkauf der But-
ter durch einen andern als den Produzenten geſchehen
muͤſſen, und ſo geſellen ſich dann zu der Fracht noch die
Koſten des Verkaufs der Butter hinzu. Zweitens muß die
Butter bei der Verſendung in Faͤſſer geſchlagen werden,
deren Anſchaffung mit Koſten verbunden iſt, und die durch
ihr eigenes Gewicht die Fracht fuͤr die Butter vermehren.
Dieſen Gruͤnden zu Folge nehmen wir nun an, daß
die Transport- und Verkaufskoſten fuͤr ein Pfund Butter
auf 5 Meilen ⅕ ß, auf 25 Meilen 1 ß und auf 30 Mei-
len 1⅕ ß, alſo ungefaͤhr das Doppelte von dem, was wir
fuͤr das Korn berechnet haben, koſten wird. Wir wollen
dabei keine Ruͤckſicht darauf nehmen, daß die Transport-
koſten pr. Meile mit der groͤßern oder geringern Entfer-
nung von der Stadt ſich aͤndern, ſondern dieſe gleich ſtel-
len; weil die Verfahrungskoſten der Butter im Verhaͤlt-
niß zu dem Werth derſelben ſo geringe ſind, daß die
Gleichſtellung kaum einen bemerkbaren Einfluß auf die
Richtigkeit der Rechnung, die dadurch aber ſehr viel kla-
rer und einfacher wird, aͤußern kann.
Wenn nun der Preis der Butter auf dem Marktplatz
9 ß N⅔ pr. Pfund betraͤgt,
Nach §. 4. betraͤgt der Werth eines Schfl. Rockens
auf dem 30 Meilen von der Stadt entfernten Gut 0,512
Thlr., alſo nur ungefaͤhr ⅓ des Marktpreiſes. Der Werth
der Butter in dieſer Entfernung von der Stadt iſt da-
gegen noch 7⅘ ß pr. ℔, welches beinahe ⅞ des Markt-
preiſes ausmacht.
Das Uebergewicht der naͤhern Gegenden, welches beim
Kornbau ſo bedeutend iſt, wird in Hinſicht der Viehpro-
duktionen ſehr geringe; ja dieſem, aus den mindern Trans-
portkoſten entſtehenden Uebergewicht treten die mindern
Koſten, welche in den entfernten Gegenden mit der Her-
vorbringung der Viehprodukte verbunden ſind, direkt ent-
gegen.
Die Koſten des Unterhalts der Leute welche bei der
Viehzucht gebraucht werden, die Erbauungs- und Erhal-
tungskoſten der Gebaͤude welche fuͤr das Vieh nothwendig
ſind, ſo wie die mehrſten andern Ausgaben bei der Vieh-
zucht richten ſich zum groͤßern Theil nach dem Kornpreiſe,
und muͤſſen da, wo der Schfl. Rocken einen halben Tha-
ler werth iſt, ſehr viel geringer ſeyn als da wo der Ro-
cken 1½ Thlr. gilt.
Ob nun aber die Erſparung an Produktionskoſten in
den entfernten Gegenden die Vermehrung der Transport-
koſten deckt, oder uͤberwiegt, werden wir aus der folgen-
den Berechnung erſehen.
Den Rohertrag, oder den Werth ſaͤmmtlicher Pro-
dukte die eine Kuh liefert, habe ich in T., wo eine Kuh
in den Jahren 1810 bis 15 im Durchſchnitt jaͤhrlich 1185
Pott Milch gegeben hat, zu 87½ ℔ Butter berechnet.
Ich rechne naͤmlich den Butterertrag ſelbſt zu 70 ℔
und den Werth des Kalbes, der Kaͤſe, der But-
termilch u. ſ. w. gleich 17½ ℔
Summe 87½ ℔
Die Koſten der mit der Viehhaltung verbundenen
Arbeit, die Werbungskoſten des Heues, die Zinſen vom
Werth des Viehes u. ſ. w. betragen in Tellow, wo der
Schfl. Rocken 1,205 Thlr. N⅔ oder 1,291 Thlr. Gold
werth iſt, fuͤr eine Kuh 10,13 Thlr. N⅔
Der Werth der Butter betrug in
den genannten Jahren auf dem Gute
ſelbſt 8⅗ ß N⅔ pr. Pfund.
Der Ertrag einer Kuh alſo 87½ ℔ × 8⅗ ß = 15,67 Thlr.
Die Kuh bezahlt das erhaltene Futter mit 5,54 Thlr.
Es entſteht nun die Frage, wie groß die allgemeinen
Kulturkoſten einer reinen Viehwirthſchaft ſeyn werden.
Da mir in der Wirklichkeit keine reinen Viehwirth-
ſchaften, ſondern nur ſolche Wirthſchaften, in welchen die
Viehzucht mit Ackerbau verbunden iſt, bekannt ſind, ſo
kann ich dieſe Frage aus der Erfahrung nicht loͤſen. Es
iſt aber ſehr ſchwierig einen Theilungsgrundſatz aufzuſtel-
len, nach welchem die allgemeinen Kulturkoſten einer aus
Ackerbau und Viehzucht zuſammengeſetzten Wirthſchaft auf
jeden dieſer beiden Zweige repartirt werden koͤnnen; oder
wie viel von den allgemeinen Kulturkoſten eines ganzen
Guts dem Ackerbau allein zur Laſt faͤllt, und wie viel
davon auf die Viehzucht gehoͤrt.
So viel iſt klar, daß eine reine Viehwirthſchaft die-
jenigen Gebaͤude haben muß, welche zum Stall fuͤr das
Vieh, zur Aufbewahrung des Heues, und zu Wohnungen
fuͤr die mit der Viehzucht beſchaͤftigten Menſchen dienen,
und daß deshalb die Zinſen vom Werth dieſer Gebaͤude,
ſo wie die Unterhaltungskoſten derſelben auf das Konto
dieſer Wirthſchaft kommen.
Die uͤbrigen in §. 5. unter die allgemeinen Kultur-
koſten gerechneten Ausgaben, als Adminiſtrationskoſten,
Beitraͤge zu den Aſſekuranzkompagnien u. ſ. w., kommen
auch in einer reinen Viehwirthſchaft vor; aber ſie find
von einer gleichen Flaͤche nicht ſo bedeutend, als beim
Ackerbau, weil die Viehzucht weniger Arbeit erfordert und
ihr rohes Produkt ſelbſt nicht von ſo großem Werth iſt.
Nach dem Werth des rohen Produkts und nach der Quan-
titaͤt Arbeit richtet ſich aber die Groͤße der allgemeinen
Kulturkoſten.
Fuͤr die Verhaͤltniſſe von T. habe ich nach einer ins
Einzelne gehenden Schaͤtzung die allgemeinen Kulturkoſten
einer Viehwirthſchaft zu 20 prct. vom Werth des rohen
Produkts angenommen.
Der rohe Ertrag von einer Kuh iſt in T. 15,67 Thlr. N⅔
Die allgemeinen Kulturkoſten betragen
hievon 20 prct., oder 3,13 Thlr.
Die Arbeitskoſten betragen 10,13 »
Dieſe beiden Ausgaben zuſammen 13,26 » »
Der voͤllig reine Ueberſchuß welcher eine
Landrente begruͤndet, betraͤgt alſo fuͤr
eine Kuh 2,41 Thlr. N⅔
Wir wollen nun ſehen, wie ſich die Landrente, die
der Boden durch die Betreibung der Viehzucht gewaͤhrt,
in verſchiedenen Entfernungen von der Stadt verhaͤlt.
Nach §. 14. wird die Landrente gleich 0, wenn der
Preis eines Schfl. Rockens = 0,47 Thlr. Gold, oder
Thlr. N⅔ betraͤgt. Da durch die-
ſen Preis bloß die Arbeitskoſten und die andern auf den
Kornbau zu verwendenden Ausgaben gedeckt werden, ſo
kann auch in einer noch groͤßern Entfernung von der
Stadt als 31,5 Meilen der Preis des Rockens nicht unter
0,45 Thlr. N⅔ ſinken; und wir nehmen deshalb fuͤr den
ganzen Kreis dieſen Preis an.
Das Getreide iſt fuͤr dieſen Kreis kein Gegenſtand
des Handels, weil kein Abſatz dafuͤr iſt, und der ganze
Getreidebau beſchraͤnkt ſich deshalb bloß auf die Befrie-
digung des eigenen Beduͤrfniſſes.
Wir haben oben fuͤr ein Verhaͤltniß, wo die Preiſe
der Viehprodukte ſich nach den Preiſen des Getreides rich-
ten, die Ausgaben zum Theil in Geld, zum Theil in
Korn ausgedruͤckt. Fuͤr dieſen Kreis, in welchem Korn
und Viehprodukte in einem ganz andern Werthsverhaͤlt-
niß zu einander ſtehen, laͤßt ſich — wenn man einen all-
gemeinen Maaßſtab haben will — die Wirthſchaftsaus-
gabe nicht mehr durch Korn und Geld allein ausdruͤcken,
ſondern man muß den Theil der Ausgabe, der in der Ver-
wendung von Viehprodukten beſteht, auch in Viehproduk-
ten angeben, und nicht auf Korn reduziren.
Eine voͤllig genaue Unterſcheidung und Berechnung
iſt hier nicht zu erreichen; aber ich glaube, daß wir uns
der Wahrheit ſehr naͤhern, wenn wir die allgemeinen Kul-
turkoſten in Viehprodukte, die Arbeitskoſten aber wie bis-
her zu ¾ in Korn und zu ¼ in Geld ausdruͤcken.
Der Ertrag einer Kuh iſt gleich 87½ ℔ Butter.
Hievon ⅕ ab fuͤr allgemeine Kulturkoſten 17½
bleiben 70 ℔ Butter
Die Arbeitskoſten betragen fuͤr eine Kuh 10,13 Thlr. N⅔
Hievon ¼ in Geld macht 2,53 Thlr.
¾ in Korn 7,60 »
7,60 Thlr. ſind in T., wo der Schfl.
1,205 Thlr. N⅔ werth iſt, gleich 6,3
Schfl. Rocken.
Allgemein ausgedruͤckt iſt demnach
der Reinertrag einer Kuh
= 70 ℔ Butter ÷ 2,53 Thlr. N⅔ ÷ 6,3 Schfl. Rocken.
Fuͤr eine Entfernung von 5 Meilen von der Stadt
iſt der Werth von 70 ℔ Butter à 8⅘ ß 12,83 Thlr. N⅔
Die Ausgabe:
6,3 Schfl. Rocken à 1,313 Thlr. Gold
oder 1,225 Thlr. N⅔ = 7,72
an Geld 2,53
bleibt Reinertrag 2,58 Thlr. N⅔
Fuͤr 10 Meilen Entfernung.
Die Einnahme:
70 ℔ Butter à 8⅗ ß 12,54 Thlr. N⅔
Die Ausgabe:
6,3 Schfl. Rocken à 1,136 Thlr. Gold
oder 1,06 Thlr. N⅔ = 6,78
an Geld 2,53
der Reinertrag 3,23 Thlr. N⅔
Fuͤr 20 Meilen Entfernung.
Die Einnahme:
70 ℔ Butter à 8⅕ ß 11,96 Thlr. N⅔
Die Ausgabe:
6,3 Schfl. Rocken à 0,809 Thlr. Gold
oder 0,755 Thlr. N⅔ = 4,76
an Geld 2,53
der Reinertrag 4,67 Thlr. N⅔
Fuͤr 30 Meilen Entfernung.
Die Einnahme:
70 ℔ Butter à 7⅘ ß 11,38 Thlr. N⅔
Die Ausgabe:
6,3 Schfl. Rocken à 0,512 Thlr. Gold
oder 0,478 Thlr. N⅔ = 3,01
an Geld 2,53
der Reinertrag 5,84 Thlr. N⅔
Fuͤr 40 Meilen Entfernung.
Die Einnahme:
70 ℔ Butter à 7⅖ ß = 10,80 Thlr. N⅔
Die Ausgabe:
6,3 Schfl. Rocken à 0,47 Thlr. Gold
oder 0,45 Thlr. N⅔ = 2,83
an Geld 2,53
der Reinertrag 5,44 Thlr. N⅔
Fuͤr 50 Meilen Entfernung.
Die Einnahme:
70 ℔ Butter à 7 ß 10,21 Thlr. N⅔
Die Ausgabe:
6,3 Schfl. Rocken à 0,47 Thlr. Gold
oder 0,45 Thlr. N⅔ = 2,83
an Geld 2,53
der Reinertrag 4,85 Thlr. N⅔
Die Landrente, die der durch Viehzucht benutzte Bo-
den gewaͤhrt, iſt alſo am niedrigſten in der Naͤhe der
Stadt, ſteigt allmaͤlig mit der groͤßern Entfernung, und
iſt am hoͤchſten bei 30 Meilen Entfernung (eigentlich bei
31,5 Meilen). Von dieſem Punkt an ſinkt die Landrente
wieder, aber nur ſo wenig, daß ſie bei 50 Meilen Ent-
fernung noch 4,85 Thlr., alſo noch faſt doppelt ſo hoch,
als in der Naͤhe der Stadt iſt.
Da die Viehzucht bei 50 Meilen Entfernung noch mit
ſo großem Vortheil betrieben werden kann, ſo wird auch
hier noch nicht die Graͤnze dieſer Wirthſchaft ſeyn; ſon-
dern ſie muß ſich ſo weit ausdehnen bis die Transport-
koſten am Ende den Ertrag verſchlingen, und die Land-
rente = 0 wird.
Dieſer Kreis erhaͤlt dann aber eine ungemein große
Ausdehnung, und es werden ſo viele animaliſche Produkte
nach der Stadt gebracht werden, daß dieſe außer allem
Verhaͤltniß mit dem zum Verkauf gebrachten Korn kom-
men, und nicht mehr konſumirt werden koͤnnen.
Die Produktion kann wohl momentan, aber nie
dauernd den Bedarf uͤberſteigen; denn das, was uͤber den
Bedarf zu Markt gebracht wird, findet entweder gar kei-
nen Kaͤufer, oder muß doch zu einem ſo niedrigen Preiſe
verkauft werden, daß dadurch die Produktions- und Trans-
portkoſten nicht verguͤtigt werden. Iſt nun die Preisver-
minderung dauernd, und iſt die Hervorbringung eines
Produkts oder einer Waare fortwaͤhrend mit Verluſt ver-
bunden: ſo muͤſſen diejenigen Produzenten, denen die Her-
vorbringung am koſtſpieligſten wird, zuerſt damit aufhoͤ-
ren, und dieſe Einſchraͤnkung der Produktion muß ſo lange
fortgehen, bis am Ende die Produktion mit dem Bedarf
wieder im Gleichgewicht iſt. Von den Produzenten wer-
den alsdann nur diejenigen uͤbrig bleiben, die durch ihre
Lage, oder andre Umſtaͤnde am mehrſten beguͤnſtigt ſind,
ſo daß ſie auch bei dem verminderten Preiſe noch beſte-
hen koͤnnen.
Geſetzt nun, daß durch den großen Ueberfluß der zu
Markt gebrachten Butter, der Preis derſelben von 9 ß bis
zu 5⅔ ß fuͤr das Pfund herunter ginge; in welcher Ge-
gend des iſolirten Staats wird dann die Produktion der
Butter aufhoͤren muͤſſen?
Faͤllt der Mittelpreis der Butter um 3⅓ ß pr. ℔,
ſo vermindert dies die Einnahme von einer Kuh um
70 × 3⅓ = 233 ß = 4,88 Thlr., und dieſe Vermin-
derung iſt fuͤr jede Gegend, ſie ſey 5 oder 50 Meilen
von der Stadt entfernt, ganz gleich.
Die Arbeitskoſten und die allgemeinen Kulturkoſten
werden durch die Preisverminderung der Butter nicht
veraͤndert, ſondern bleiben ſo wie wir ſie fuͤr den Preis
von 9 ß berechnet haben, und die Mindereinnahme geht
alſo von dem Reinertrage ſelbſt ab.
Der Reinertrag von einer Kuh
war bei dem Preiſe
von 9 ß
iſt bei dem Preiſe
von 5⅔ ß
Bei 5 Meilen Entfernung 2,58 Thlr. ÷ 2,30 Thlr.
10 » 3,23 » ÷ 1,65 »
20 » 4,67 » ÷ 0,21 »
30 » 5,84 » + 0,96 »
40 » 5,44 » + 0,56 »
50 » 4,85 » ÷ 0,03 »
Es ergibt ſich hieraus, daß bei dem Preiſe der But-
ter von 5⅔ ß fuͤr das Pfund, in der Naͤhe der Stadt
die Viehhaltung zum Zweck der Butterproduktion nicht
bloß keinen Reinertrag gibt, ſondern mit einem wirkli-
chen Verluſt verbunden iſt. Mit der groͤßern Entfernung
von der Stadt wird dieſer Verluſt allmaͤlig geringer und
verſchwindet endlich bei einer Entfernung von 21½ Mei-
len. Von hier an geben die Kuͤhe einen Reinertrag der
anfaͤnglich mit der zunehmenden Entfernung waͤchſ’t, bei
31,5 Meilen aber ſeinen hoͤchſten Punkt erreicht, dann
wieder abnimmt und endlich bei 50 Meilen Entfernung
ganz verſchwindet.
Das Reſultat, daß die Butterproduktion nur in den
entfernten Gegenden mit Vortheil betrieben werden kann,
haͤtten wir auch ſchon aus der in §. 19. mitgetheilten all-
gemeinen Formel — vermoͤge welcher ſich fuͤr jedes Ge-
waͤchs, deſſen Produktionskoſten und deſſen Ertrag von ei-
ner gegebenen Flaͤche bekannt ſind, die Stelle nachweiſen
laͤßt, wo daſſelbe erzeugt werden muß — entwickeln koͤn-
nen. Nach dieſer Formel iſt in §. 19. fuͤr ein Produkt,
welches in Hinſicht der Produktionskoſten ſich wie 14: 1
und in Hinſicht der Transportkoſten wie 2 : 1 gegen Ro-
cken verhaͤlt — und ungefaͤhr in dieſem Verhaͤltniß wer-
den Butter- und Getreideproduktion gegen einander ſte-
hen — berechnet worden, daß daſſelbe aus der Naͤhe der
Stadt nur zu 9,2 ß, aus der 30 Meilen entfernten Ge-
gend aber zu 5,3 ß das Pfund nach der Stadt geliefert
werden koͤnne. Kann nun — wie es hier der Fall iſt —
der ganze Bedarf durch die entlegene Gegend befriedigt
werden, ſo beſtimmt der Preis, zu welchem dieſe Gegend
ein ſolches Produkt nach der Stadt liefern kann, auch den
Mittelpreis dieſes Produkts in der Stadt ſelbſt, und es
geht hieraus hervor, daß die Erzeugung dieſes Produkts
in der Naͤhe der Stadt mit Verluſt verbunden ſeyn muß.
Es ſcheint demnach, daß die der Stadt naͤher gele-
genen Kreiſe die Viehzucht ganz aufgeben und ſich bloß
dem weit eintraͤglichern Kornbau widmen muͤßten.
Dies wuͤrde auch unſtreitig der Fall ſeyn, wenn es
nicht durch ein merkwuͤrdiges Geſetz der Natur verhindert
und unmoͤglich gemacht wuͤrde.
Die Pflanzennahrung, die dem Boden durch die Her-
vorbringung des Getreides entzogen wird, kann dem
Acker nicht durch das Auffahren von Heu, Stroh oder
Gras in dem natuͤrlichen Zuſtande erſetzt werden, ſondern
dieſe Subſtanzen muͤſſen durch die Verfuͤtterung mit dem
Vieh in Dung verwandelt werden, wenn ſie den Pflan-
zen wieder zur Nahrung dienen ſollen.
Das Vieh iſt alſo als eine unentbehrliche Maſchine
anzuſehen, wodurch Heu und Stroh in Dung verwandelt
werden; und die Viehzucht muß mit dem Ackerbau ver-
bunden bleiben, wenn ſie auch gar keine Einnahme ge-
waͤhren ſollte.
Durch dieſen Umſtand erhaͤlt nun aber die Frage:
«ob bei ſinkenden Preiſen der Viehprodukte die naͤhern
oder entferntern Gegenden die Viehzucht aufgeben muͤſſen»,
eine andere Entſcheidung.
Die naͤhern Gegenden koͤnnen den Verluſt, der aus
der Viehzucht entſteht, tragen, weil der Kornbau eine
Landrente abwirft; die entferntern Gegenden, die keine
13
andre Einnahme als aus dem Vieh haben, muͤſſen die
Viehzucht aufgeben, ſobald ſie nicht mehr rentirt.
Um nun endlich den Preis, den die Butter in der
Stadt haben wird, angeben zu koͤnnen, muͤßte die Quan-
titaͤt die gebraucht wird, und die Groͤße der Flaͤche, die
zu der Erzeugung dieſer Quantitaͤt erforderlich iſt, be-
kannt ſeyn.
Der Preis muß naͤmlich ſo hoch ſeyn, daß das ent-
legenſte Gut, deſſen Anbau aber zur Befriedigung des
Bedarfs der Stadt noch nothwendig iſt, die ſaͤmmtlichen
auf die Produktion und den Transport verwandten Ko-
ſten erſetzt erhaͤlt.
Iſt z. B. zur Befriedigung des Beduͤrfniſſes der
Stadt die Betreibung der Viehzucht bis auf 50 Meilen
von der Stadt nothwendig: ſo muß der Preis der But-
ter ſo hoch ſeyn, daß dem 50 Meilen entfernten Gut die
Koſten der Viehzucht erſetzt werden; es muͤſſen alſo 70 ℔
an Ort und Stelle ſelbſt 5,36 Thlr. N⅔ werth ſeyn,
das Pfund alſo 37/10 ß, und da die Transportkoſten 2 ß
pr. Pfund betragen, ſo muß der Mittelpreis der Butter
in der Stadt = 57/10 ß N⅔ ſeyn.
In der Entfernung von 40 Meilen von der Stadt
koſtet das Pfund zu produziren ebenfalls 3,7 ß N⅔
die Transportkoſten bis zur Stadt betragen 1,6
zuſammen 5,3 ß N⅔
Kann nun der Kreis von 40 Meilen um die Stadt
herum den Bedarf der Stadt liefern, ſo wird der Mittel-
preis der Butter 5,3 ß N⅔ pr. Pfund ſeyn. In die-
ſem Fall verſchwindet aber die Landrente bei 40 Meilen
Entfernung, anſtatt daß dieſe Gegend noch eine Land-
rente abwirft, wenn die Kultur des Bodens ſich bis auf
50 Meilen von der Stadt ausdehnt.
In der Entfernung von 30 Meilen koſtet die Pro-
duktion von 70 ℔ Butter 5,54 Thlr. N⅔, dies macht
fuͤr ein Pfund 3,8 ß. Die Butter aus dieſer Gegend
nach der Stadt zu fahren koſtet 1,2 ß. Reicht nun die-
ſer Kreis fuͤr das Beduͤrfniß der Stadt hin, ſo kann das
Pfund Butter zu 3,8 + 1,2 = 5 ß N⅔ gekauft
werden.
Zwiſchen dem Fleiſch und dem Getreide findet ein
gemeinſchaftliches Maaß, naͤmlich das der Ernaͤhrungsfaͤ-
higkeit ſtatt, und wir muͤſſen uns die Frage vorlegen, ob
denn der Preis des Fleiſches, der Butter u. ſ. w. allein
durch die Koſten, die es verurſacht dieſe Erzeugniſſe zu
Markt zu bringen, und nicht auch durch das Verhaͤltniß
der Ernaͤhrungsfaͤhigkeit beſtimmt werde.
Nun finden wir in der Wirklichkeit bei allen zivili-
ſirten Nationen — alſo mit Ausſchluß der bloß Viehzucht
treibenden Nomadenvoͤlker — daß eine gleiche Nahrungs-
maſſe im Fleiſch viel hoͤher bezahlt werde als im Brodte.
Dieſer hoͤhere Preis des Fleiſches entſpringt aus zwei
Quellen,
1) Es findet eine allgemeine Vorliebe fuͤr Fleiſchſpeiſen
ſtatt, und jeder der nicht in der aͤußerſten Duͤrftigkeit
lebt, verwendet einen Theil ſeiner Einnahme auf die
Erlangung dieſes wohlſchmeckenden und kraͤftigen Nah-
rungsmittels.
2) Die Gemuͤſe und die Kartoffeln ſind — mit allei-
niger Ausnahme der ſehr großen Staͤdte — uͤberall
ein weit wohlfeileres Nahrungsmittel, als das Brodt
und die aus dem Getreide bereiteten Mehlſpeiſen;
aber die Nahrungsmaſſe iſt in ihnen zu wenig kon-
zentrirt, als daß ſie das einzige Nahrungsmittel der
arbeitenden Klaſſe ausmachen koͤnnten. Werden aber
bei der Speiſung die Gemuͤſe mit Fleiſch, in wel-
chem die Nahrungsmaſſe noch viel konzentrirter als
im Getreide iſt, verbunden: ſo erſetzt dieſe Verbin-
13*
dung das Brodt und die Mehlſpeiſen vollkommen,
und der Arbeiter kann nun das, was er bei dem
Ankauf der Gemuͤſe, ſtatt des Getreides erſpart hat,
zur Bezahlung eines hoͤhern Preiſes fuͤr das Fleiſch
verwenden.
Dies fuͤhrt uns noch einmal auf die Kartoffeln zuruͤck.
Geſetzt ein Pfund Fleiſch enthalte gleiche Nahrungs-
maſſe mit dem Brodt, was aus zwei Pfund Rocken er-
folgt: ſo ſind 14 ℔ Fleiſch + 2 Schfl. Kartoffeln gleich
1 Schfl. Rocken.
Gilt nun der Schfl. Rocken 1 Thlr. 24 ß
der Schfl. Kartoffeln 12 ß; 2 Schfl. alſo 24 ß
ſo erſpart der Arbeiter 1 Thlr.,
welchen er zum Ankauf von 14 ℔ Fleiſch verwendet; er
kann alſo, ohne daß hieraus ein Verluſt fuͤr ihn entſpraͤn-
ge, das Pfund Fleiſch mit 3,4 ß bezahlen, obgleich er
dieſelbe Nahrungsmaſſe im Brodt zu 1,7 ß erkaufen
koͤnnte.
Nach Campbell (Siehe Thaers Grundſaͤtze der ratio-
nellen Landwirthſchaft, Band 4 Seite 221) bewirkt bei der
Ochſenmaſtung die Verfuͤtterung von 1 Schfl. Kartoffeln
einen Fleiſchanſatz von 3 ℔. Nach Thaer (Seite 369 des
angefuͤhrten Werks) nimmt ein Maſtochſe, der taͤglich 40
℔ gutes Heu bekoͤmmt, taͤglich 2 ℔ zu.
Nach Campbell’s Angabe wuͤrden zur Hervorbringung
von 42 ℔ Fleiſch, die nach unſerer Annahme gleiche Nah-
rungsmaſſe mit 1 Schfl. Rocken enthalten, die Verfuͤtte-
rung von 14 Schfl. Kartoffeln erforderlich ſeyn, waͤhrend
vor der Verfuͤtterung ſchon in 3 Schfl. Kartoffeln ſo viel
Nahrungsſtoff enthalten war als in 1 Schfl. Rocken.
Es folgte hieraus alſo, daß durch die Verwandlung
der Kartoffeln in Fleiſch die abſolute Nahrungsmaſſe faſt
bis auf ⅙ vermindert wuͤrde.
Kann nun 1 Schfl. Rocken durch 14 ℔ Fleiſch + 2
Schfl. Kartoffeln erſetzt werden, und ſind zur Hervorbrin-
gung von 14 ℔ Fleiſch 4 ⅔ Schfl. Kartoffeln erforderlich:
ſo wuͤrden 4 ⅔ + 2 = 6 ⅔ Schfl. Kartoffeln einen Schfl.
Rocken erſetzen.
Da nun von derſelben Flaͤche, wo 1 Schfl. Rocken
waͤchſt, mehr als 6 ⅔ Schfl. Kartoffeln geerntet werden,
ſo kann auch nach dieſer Berechnung — die aber keines-
wegs Anſpruch auf Vollſtaͤndigkeit und Genauigkeit ma-
chen ſoll — durch die Verbreitung des Kartoffelnbaues
eine groͤßere Zahl Menſchen, als fruͤher durch den Getrei-
debau, ernaͤhrt werden; aber bei weitem keine ſo viel
groͤßere Zahl als Manche behauptet haben.
Denken wir uns nun, daß in dem iſolirten Staate
der bisher bloß Viehzucht treibende Kreis allmaͤlig, und
zwar bis zur Graͤnze des kulturfaͤhigen Bodens, ange-
bauet und dem Getreidebau gewidmet werde: ſo nimmt
dadurch einerſeits die Menge der Viehprodukte, die nach
der Stadt geliefert wird, betraͤchtlich ab, und andererſeits
vermehrt ſich die Zahl der Konſumenten mit dem erwei-
terten Anbau der Ebene. Die geringere Quantitaͤt von
Viehprodukten muß dann unter eine groͤßere Zahl von
Konſumenten vertheilt werden, und die auf jeden Einzel-
nen fallende Portion muß alſo viel kleiner als fruͤher ſeyn.
Es entſteht nun die Frage, welchen Einfluß dieſe
Veraͤnderung auf den Preis der animaliſchen Produkte
haben wird, und wie nun die geringere Produktenmenge
unter die verſchiedenen Klaſſen der Staatsbuͤrger vertheilt
werden wird.
Bei der mangelhaften Verſorgung des Markts mit
Fleiſch wird durch die Konkurrenz der Kaͤufer eine Stei-
gerung des Preiſes hervorgebracht. Der Aermere kann
fuͤr das Fleiſch nur den Preis zahlen, den es ihm in
Verhaͤltniß zu andern Nahrungsmitteln werth iſt. Steigt
der Preis hoͤher, ſo muß er den Verbrauch deſſelben auf-
geben oder wenigſtens einſchraͤnken. Der Reiche dagegen
kann und wird fuͤr die wohlſchmeckendere Fleiſchſpeiſe ei-
nen hoͤhern Preis zahlen, als das Werthsverhaͤltniß zum
Getreide angibt. Indem nun der Reiche grade durch die-
ſen hoͤhern Preis den Armen von dem Ankauf des Flei-
ſches abhaͤlt, kann ſein Tiſch noch eben ſo reichlich als
fruͤher mit Fleiſch beſetzt ſeyn; waͤhrend die arbeitende
Klaſſe ſich nun mit den wohlfeilern, aber minder kraͤfti-
gen vegetabiliſchen Speiſen begnuͤgen muß.
So fuͤhrt alſo dieſer Uebergang zur hoͤhern Kultur
zu einer fuͤr die Arbeiter ſehr unerfreulichen Beſchraͤnkung
der gewohnten Beduͤrfniſſe.
Steigen nun aber bei weiterm Fortſchreiten des Reich-
thums der Nation die Preiſe der animaliſchen Produkte
ſo hoch, daß Kartoffeln zum Viehfutter mit Vortheil ge-
bauet werden koͤnnen: ſo findet nun auf einmal eine große
Vermehrung der Viehprodukte ſtatt, und die Portion die
auf jeden Einzelnen faͤllt, kann nun wieder betraͤchtlich
vergroͤßert werden.
Nach meinen Berechnungen ernaͤhrt ein Morgen mit
Kartoffeln 2 ⅔ mal ſo viel Vieh, als ein Morgen Dreeſch-
weide auf Boden von gleichem Reichthum.
Iſt nun der Arbeitslohn ſo hoch, daß der Arbeiter
den hoͤhern Preis fuͤr die animaliſchen Produkte bezahlen
kann — und dies muß man vorausſetzen, weil ohne die
Konkurrenz der arbeitenden Klaſſe der Preis ſchwerlich
ſo hoch haͤtte ſteigen koͤnnen — ſo wird der Arbeiter nun
den Verbrauch der Fleiſchſpeiſen vermehren und zu einer
behaglichen Lebensweiſe uͤbergehen koͤnnen.
Ein ſolcher Zuſtand der buͤrgerlichen Geſellſchaft bie-
tet aber noch eine andre ſehr erfreuliche Seite dar.
Wenn naͤmlich in einem Mißwachsjahr die Ernte fuͤr
den Bedarf nicht ausreicht, ſo koͤnnen nun die zur Vieh-
maſtung beſtimmten Kartoffeln direkt zur menſchlichen
Nahrung verwandt, das Vieh aber mager geſchlachtet wer-
den, und da hiedurch die ſonſt in Fleiſch verwandelte Nah-
rungsmaſſe faſt verfuͤnffacht wird: ſo iſt es faſt unmoͤglich,
daß eine Nation die dieſe Stuffe des Wohlſtandes ein-
mal erſtiegen hat, jemals von einer Hungersnoth heimge-
ſucht werden koͤnne.
Vermehrt ſich dagegen in einem Staat durch die
Einfuͤhrung des Kartoffelnbaues die Volksmenge ſo ſehr,
und ſinkt in Folge dieſer Vermehrung der Arbeitslohn ſo
tief, daß der Arbeiter fuͤr ſeinen Lohn nur Kartoffeln er-
kaufen kann, und ohne Beihuͤlfe animaliſcher Speiſen
ganz oder groͤßtentheils von Kartoffeln leben muß: ſo iſt
dieſer Zuſtand des Staats einer der bejammernswuͤrdigſten.
Die Kartoffeln koͤnnen nicht wie das Getreide von
einem Jahr zum andern aufgehoben werden: es kann der
Ueberfluß des einen Jahrs nicht den Mangel des andern
erſetzen.
Mißrathen nun aber die Kartoffeln, ſo iſt keine Ret-
tung durch den Uebergang von einem theuern zu einem
wohlfeilen Nahrungsmittel — wie der vom Fleiſch zu
Kartoffeln — moͤglich, und es tritt der Zuſtand ein, wo-
von Malthus ſagt: «wenn aber das Volk in der Regel
«vom allerniedrigſten Nahrungsmittel lebt, dann bleibt
«gar keine Zuflucht uͤbrig, als vielleicht etwas Baum-
«rinde, viele aber muͤſſen nothwendig des eigentlichen
«Hungertodes ſterben.»
In dieſem Fall wird alſo, ſo paradox dies auch ſchei-
nen mag, grade durch die Kartoffel die Geißel einer oͤf-
ters wiederkehrenden Hungersnoth herbeigefuͤhrt. Irland
bietet vielleicht ſchon jetzt das Beiſpiel eines ſolchen Zu-
ſtandes dar.
So hat alſo auch hier die Natur es der Willkuͤhr
des Menſchen uͤberlaſſen, ob er das herrliche Geſchenk, was
ſie ihm gab, zu ſeinem Verderben oder zu ſeinem Heil
benutzen will.
Viehmaſtung.
Das gemaͤſtete Vieh kann ohne bedeutende Koſten
nach entfernten Marktplaͤtzen getrieben werden, und die
Maſtung kann hier wohlfeiler als in den der Stadt naͤher
gelegenen Gegenden, wo der Boden eine betraͤchtliche Land-
rente abwirft, geſchehen. Da jedoch das Treiben des ſehr
fetten Viehes auf weite Strecken mit vieler Beſchwerde
und mit bedeutender Abmagerung des Viehes verbunden
iſt: ſo kann es ſeyn, daß die Maſtung hier nur begonnen,
aber erſt in einer der Stadt naͤhern Gegend vollendet wird.
Aufzucht von jungem Vieh.
Das Jungvieh kann mit geringer Muͤhe und unbe-
deutenden Koſten von einem Orte zum andern getrieben
werden. Da nun in dieſem Kreiſe die Landrente des
Bodens und der Werth des Futters ſehr niedrig ſind: ſo
kann auch von hieraus das Jungvieh ſo wohlfeil geliefert
werden, daß keine andre Gegend des iſolirten Staats die
Konkurrenz damit aushalten kann.
Der Kreis der Koppelwirthſchaft kann ſeinen Boden
durch Kuherei zum Zweck der Butterproduktion viel hoͤher
nutzen als durch Aufzucht; und dieſer Kreis wird ſeinen
ganzen Bedarf an Jungvieh aus dem Kreiſe der Vieh-
zucht kaufen.
In der Wirklichkeit kann in ſolchen Gegenden, wo
der Lage und den uͤbrigen Verhaͤltniſſen nach die Aufzucht
unvortheilhaft iſt, es doch zuweilen fuͤr einzelne Landwirthe
zweckmaͤßig ſeyn, ihren Bedarf an Jungvieh ſelbſt aufzu-
ziehen — wenn ſie naͤmlich den Zweck haben, eine beſſere
Race als die gewoͤhnliche zu erzielen. In dem iſolirten
Staat aber, wo wir fuͤr alle Landwirthe gleiche Intelli-
genz und alſo auch gleiche Kenntniß der guten Viehracen
annehmen, entſcheidet die Lage des Guts allein uͤber die
Zweckmaͤßigkeit oder Unzweckmaͤßigkeit der Aufzucht.
Wenn der Bedarf der Stadt an animaliſchen Pro-
dukten eine Ausdehnung der Viehzucht bis 50 Meilen um
die Stadt herum erfordert, ſo iſt, wie wir oben geſehen
haben, der Mittelpreis der Butter in der Stadt = 5 ⅔ ß
N ⅔ fuͤr das Pfund, und mit dieſem Preiſe der Butter
wird der Preis der andern thieriſchen Erzeugniſſe, als
Wolle, fettes Fleiſch u. ſ. w. im Verhaͤltniß ſtehen.
Der Reinertrag einer Kuh betraͤgt nach unſern obi-
gen Unterſuchungen fuͤr die Gegend, welche von der Stadt
entfernt iſt: 30 Meilen 0,96 Thlr. N ⅔
40 » 0,56 »
50 » 0 »
Die Landrente iſt alſo in dieſem ganzen Kreiſe aͤußerſt
geringe, und der Ertrag der Guͤter beſteht faſt nur aus
den Zinſen des Kapitals, welches auf die Errichtung der
Gebaͤude, auf die Anſchaffung des Inventarii u. ſ. w.
verwandt iſt.
In dieſem Kreiſe wird nicht mehr Korn gebauet, als
zur Ernaͤhrung der mit der Viehzucht beſchaͤftigten Men-
ſchen erforderlich iſt. Der Gewinn an Stroh iſt alſo aͤu-
ßerſt gering, und es darf nicht mehr Vieh gehalten wer-
den, als mit dieſem wenigen Stroh und mit dem Heu
von den natuͤrlichen Wieſen im Winter durchgefuͤttert
werden kann.
Die Sommerweide fuͤr das Vieh iſt hingegen, da
faſt der ſaͤmmtliche Acker der Guͤter zur Weide liegt, ſo
reichlich, daß das Vieh nicht alles Gras verzehren kann,
und daß ein Theil des Graſes ungenutzt verfault.
Durch den Anbau von Futterkraͤutern und Wurzel-
gewaͤchſen laͤßt ſich aber die Winterfuͤtterung nicht ver-
mehren, weil die dadurch verurſachten Koſten, durch den
ſehr geringen Ertrag des Viehes gar nicht erſetzt werden
koͤnnen.
Die Wieſen ſind alſo der einzige Maaßſtab fuͤr die
Zahl des Viehes welches gehalten werden kann, und man
wird die geringe Landrente, welche aus der Wirthſchaft
hervorgeht, einzig und allein den Wieſen zuſchreiben, weil
die Weide im Ueberfluß vorhanden iſt und nur durch die
Wieſen genutzt werden kann.
Dieſer Kreis kann alſo im Verhaͤltniß zu ſeiner gro-
ßen Ausdehnung nur eine geringe Quantitaͤt Viehpro-
dukte zu Markte bringen.
Auch iſt die Bevoͤlkerung dieſes Kreiſes aͤußerſt ge-
ring, und ein Gut von gleichem Umfange, welches in der
Naͤhe der Stadt 30 Familien ernaͤhrt, wird hier kaum
3 Familien Beſchaͤftigung und Nahrung geben.
Mit 50 Meilen Entfernung von der Stadt hoͤrt end-
lich die Landrente von der Viehzucht ganz auf, und weil
in einer groͤßern Entfernung die Zinſen des auf die Wirth-
ſchaft verwandten Kapitals nicht mehr bezahlt werden,
muß auch dieſer letzte Kulturzweig hier enden.
Hinter dem Kreiſe der Viehzucht koͤnnen nun noch
einige Jaͤger zerſtreut in den Waͤldern leben, welche mit
der Beſchaͤftigung und der Lebensart der Wilden auch die
Sitten derſelben annehmen werden. Die einzige Kom-
munikation welche dieſe Jaͤger mit der Stadt haben, be-
ſteht darin, daß ſie ihre wenigen Beduͤrfniſſe fuͤr die
Felle wilder Thiere eintauſchen.
Dies iſt nun die letzte Einwirkung, welche die Stadt
auf dieſe Ebene, die weiterhin zur Menſchenleeren Wild-
niß wird, ausuͤbt.
Ein Reiſender, der den iſolirten Staat durchreiſ’te,
wuͤrde in wenig Tagen alle jetzt bekannten Wirthſchafts-
ſyſteme praktiſch angewandt erblicken. Die regelmaͤßige
Folge, worin er die verſchiedenen Wirthſchaftsſyſteme nach
einander wahrnaͤhme, wuͤrde ihn vor dem Irrthum bewah-
ren, als laͤge es nur an der Unkenntniß der Landwirthe,
daß die Kultur der entfernten Gegenden nicht ſo gut iſt,
als die in der Naͤhe der Stadt.
Die hoͤheren Wirthſchaftsſyſteme haben dadurch daß ſie
kuͤnſtlicher, komplizirter ſind, und zugleich hoͤhere Einſich-
ten und Kenntniſſe erfordern, fuͤr das Auge etwas Blen-
dendes und Verfuͤhreriſches.
Da nun dieſe hoͤhern Wirthſchaftsarten an den Or-
ten, wo ſie landuͤblich ſind, unleugbar einen groͤßern Er-
trag geben und den Boden hoͤher benutzen, ſo iſt der Irr-
thum «daß man nur die noͤthigen Kenntniſſe zu beſitzen
brauche, um ein hoͤheres Wirthſchaftsſyſtem in eine weni-
ger kultivirte Gegend einzufuͤhren» leicht zu entſchuldigen,
aber auch um ſo gefaͤhrlicher.
Unſere Unterſuchungen haben ergeben, daß eine Kop-
pel- oder Fruchtwechſelwirthſchaft auf einem Gut in dem
Kreiſe der Dreifelderwirthſchaft eingefuͤhrt, von der Zeit
wieder hinweggeſpielt werden und ſpurlos verſchwinden
muß.
Umgekehrt wird eine Dreifelderwirthſchaft in den
Kreis der Koppel- oder Fruchtwechſelwirthſchaft verpflanzt,
nicht beſtehen koͤnnen; aber ein ſolcher Verſuch iſt zu we-
nig einladend, der Nachtheil zu ſehr in die Augen fallend,
als daß er oft gemacht werden koͤnnte.
Der iſolirte Staat ſtellt in Hinſicht des Ackerbaues
zugleich das Bild eines und deſſelben Staats in verſchie-
denen Jahrhunderten dar.
Vor einem Jahrhundert wurde in Mecklenburg bloß
Dreifelderwirthſchaft getrieben, und dieſe war den dama-
ligen Verhaͤltniſſen allein angemeſſen. In den fruͤheſten
Zeiten waren Jagd und Viehzucht wahrſcheinlich die ein-
zigen Quellen der Ernaͤhrung. Dagegen wird im naͤch-
ſten Jahrhundert die Fruchtwechſelwirthſchaft hier vielleicht
eben ſo allgemein ſeyn, als jetzt die Koppelwirthſchaft.
So wie der Reichthum und die Bevoͤlkerung eines
Staats ſteigen, ſo wird auch ein mehr intenſiver Land-
bau vortheilhaft. Sind die Verhaͤltniſſe nun bis zu dem
Punkt gereift, daß die Anwendung eines hoͤhern Wirth-
ſchaftsſyſtems nuͤtzlich wird, ſo iſt auch das Werk des
Landwirths, der dieſe neue Wirthſchaft zuerſt einfuͤhrt, der
Vergaͤnglichkeit nicht unterworfen. Dieſe Wirthſchaft wird
ſich nicht bloß auf ſeinem Gute erhalten, ſondern ſich,
zwar langſam aber unwiderſtehlich, uͤber das ganze Land
verbreiten und ſo die landuͤbliche Wirthſchaft werden.
Dies war in Mecklenburg der Fall, als die Koppel-
wirthſchaft zuerſt eingefuͤhrt wurde; dies war in England
der Fall, als die Koppel- und Dreifelderwirthſchaften der
Fruchtwechſelwirthſchaft weichen mußten.
Zweiter Abſchnitt.
Vergleichung des iſolirten Staats mit der
Wirklichkeit.
§. 27.
Ruͤckblick auf den Gang unſerer Unterſuchung.
In der vorhergehenden Darſtellung der Geſtaltung des
iſolirten Staats ſind die Verhaͤltniſſe des Guts Tellow
zum Grunde gelegt, indem wir entwickelt haben, wie die
Wirthſchaft dieſes Guts ſich aͤndern wuͤrde, wenn daſſelbe
dem Marktplatz fuͤr die landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe
naͤher oder ferner gedacht wird.
Wir haben in §. 5. angenommen, daß der Rohertrag
eines Guts ſich ganz in Korn angeben laſſe, und daß der
Preis der animaliſchen Produkte mit dem Preiſe des Ge-
treides im Verhaͤltniß ſtehe.
Dieſe Annahme iſt allerdings wahr und zutreffend,
wenn wir die wirklichen Verhaͤltniſſe eines kultivirten
Staats, der von keinen rohen, bloß Viehzucht treibenden
Laͤndern umgeben iſt, vor Augen haben. Die durchge-
fuͤhrte Darſtellung des iſolirten Staats zeigt uns aber
ſelbſt, daß das Gut T. in einer Gegend liegt, wo die
Einwirkung der rohen, bloß Viehzucht treibenden Laͤnder
ſich ſchon ſehr vermindert hat; und daß in dem iſolirten
Staat das Verhaͤltniß zwiſchen den Preiſen der Viehpro-
dukte und des Korns, nicht daſſelbe ſeyn kann, was auf
dem Gute T. ſtatt findet.
Wir muͤſſen deshalb unterſuchen, in wiefern ſich die
Geſtaltung des iſolirten Staats aͤndert, wenn der Preis
der animaliſchen Produkte von dem Preiſe des Getreides
unabhaͤngig iſt.
Fuͤr T. iſt der Preis der Butter 9 ß, und nach Ab-
zug der Transportkoſten 8 ⅗ ß N ⅔ pr. ℔; in dem iſo-
lirten Staat kann der Marktpreis der Butter nach unſe-
rer Berechnung nur 5 ⅔ ß betragen, aber der Werth der-
ſelben auf dem Gute ſelbſt nimmt mit der Entfernung
des Guts von der Stadt nicht ſo raſch ab, als der des
Getreides. Legen wir nun in unſerer Berechnung dieſen
Preis ſtatt jenes zum Grunde, ſo werden wir in der
Naͤhe der Stadt die Landrente geringer finden, aber dieſe
Landrente nimmt mit der wachſenden Entfernung von
der Stadt nicht ſo ſchnell ab, und ſie wird fuͤr das 25
Meilen entfernte Gut ſchon groͤßer ſeyn als wir ſie ange-
geben haben — weil die Butter ungeachtet des geringern
Marktpreiſes hier doch ſchon einen hoͤhern Werth hat, als
wenn ihr Preis ſich nach dem Getreidepreis dieſer Ge-
gend richtete.
Wir haben ferner bei unſern Unterſuchungen einen
Standpunkt zum Grunde gelegt, wo die mit dem Land-
bau verbundenen Ausgaben zu ¼ in Geld und zu ¾ in
Korn ausgedruͤckt werden muͤſſen — und wir konnten
dadurch fuͤr das gegebene Gut bei jedem Wechſel der Ge-
treidepreiſe den Reinertrag und die Bewirthſchaftungsart
beſtimmen.
Dann haben wir aber auch die Veraͤnderung in den
Getreidepreiſen durch die groͤßere oder geringere Entfer-
nung vom Marktplatz, alſo gleichſam raͤumlich dargeſtellt,
und auf dieſe Weiſe den iſolirten Staat konſtruirt.
Nun iſt aber wie wir bereits in §. 5. erwaͤhnt ha-
ben, das Verhaͤltniß in welchem die Ausgaben in Geld
und in Korn auszudruͤcken ſind, keineswegs gleichbleibend
ſondern mit dem Standpunkt ſelbſt veraͤnderlich, und dies
laͤßt ſich in dem iſolirten Staat noch weit klarer uͤberſe-
hen als in der Wirklichkeit.
Der Preis aller Waaren und Materialien, die der
Landwirth des iſolirten Staats nur aus der Stadt erhal-
ten kann, richtet ſich nicht nach dem Getreidepreis der
Gegend wo der Landwirth wohnt, ſondern dieſer muß den
Preis, den die Waaren in der Stadt haben und dann
noch die Fracht von der Stadt bis zu ſeiner Gegend, da-
fuͤr zahlen.
In dem Preiſe der Arbeitserzeugniſſe der Handwer-
ker die auf dem Lande wohnen, ſind enthalten:
1) die Auslage fuͤr Lebensmittel und andere Beduͤrf-
niſſe, die ſie waͤhrend der Arbeit verbrauchen,
2) die Auslage fuͤr das rohe Material.
Wird nun das Material, was der Handwerker ver-
arbeitet, z. B. das Eiſen aus der Stadt bezogen, ſo rich-
tet ſich der Preis ſeines Arbeitserzeugniſſes nur zum ge-
ringern Theil nach dem Getreidepreis der Gegend wo der
Handwerker wohnt; wird dagegen das rohe Material auf
dem Lande ſelbſt erzeugt, z. B. Flachs, ſo ſtehen die Fa-
brikationskoſten der Leinwand faſt ganz in Verhaͤltniß
mit dem Getreidepreiſe, indem nur dasjenige was der
Leinweber zu ſeiner Wohnung, ſeinen Geraͤthſchaften und
ſeinem Unterhalt aus der Stadt kaufen muß, in Geld
ausgedruͤckt werden darf.
Wir finden alſo, daß von den mit dem Landbau ver-
bundenen Ausgaben, alles dasjenige was der Landwirth
unmittelbar aus der Stadt bezieht, und alles was die
auf dem Lande lebenden, fuͤr den Landwirth arbeitenden
Handwerker aus der Stadt erkaufen, in Geld ausgedruͤckt
bleiben muß.
Fuͤr Guͤter von gleich großem Betrieb iſt alſo auch
die fuͤr Waaren und Materialien in der Stadt ſelbſt zu
zahlende Summe gleich groß, dieſe Guͤter moͤgen der
Stadt nahe oder ferne liegen. Aber dem Landwirth des
iſolirten Staats koſten nur dieſe Waaren außer dem An-
kaufspreis auch noch die Fracht fuͤr dieſelben von der
Stadt bis zu ſeiner Gegend; oder der Preis dieſer Waa-
ren iſt auf dem Lande um den Betrag der Fracht inclu-
ſive der Handelskoſten hoͤher als in der Stadt. Die Fracht
— wovon nach §. 4. wieder ein Theil in Geld ausge-
druͤckt werden muß — ſteigt aber mit der groͤßern Ent-
fernung von der Stadt, und ſo faͤllt auf die entfernter
liegenden Guͤter eine erhoͤhte Ausgabe ſowohl an Geld
als an Getreide.
Bei der Uebertragung unſerer von einem Standpunkt
ausgegangenen Berechnung auf den iſolirten Staat fin-
det alſo eine zwiefache Abweichung ſtatt:
1) iſt der Ertrag aus der Viehzucht in den entfernten
Gegenden groͤßer als unſere Berechnung angibt;
2) kommt fuͤr die entfernten Gegenden noch die Fracht
fuͤr die aus der Stadt zu kaufenden Beduͤrfniſſe in
Ausgabe.
Beide Abweichungen wirken ſich einander entgegen
und bringen dadurch wieder eine Annaͤherung zu dem
Reſultat unſerer Berechnung hervor.
Wie nun aber auch die Landrente in Zahlen ausge-
ſprochen ſich hiedurch aͤndern mag, ſo bleiben doch fol-
gende Hauptreſultate unſere Unterſuchung ganz unver-
aͤndert:
Die Koppelwirthſchaft muß bei ſehr niedrigen Korn-
preiſen zu der Dreifelderwirthſchaft uͤbergehen, weil dieſe
das Getreide mit geringern Arbeitskoſten produziren
kann.
Bei noch mehr verringerten Getreidepreiſen hoͤrt auch
die Landrente der Dreifelderwirthſchaft auf, und ſie kann
kein Korn mehr nach der Stadt liefern.
Hinter dem Kreiſe der Dreifelderwirthſchaft bildet
ſich dann der Kreis der Viehzucht.
Dieſe Hauptreſultate und mit ihnen alle daraus ge-
zogene Folgerungen bleiben unveraͤndert, aber die Aus-
dehnung der Kreiſe in Zahlen ausgeſprochen und die Graͤn-
ze, wo zwei Wirthſchaftsarten ſich trennen, wird der Mei-
lenzahl nach ſich aͤndern. Dieſe Zahlen dienen hier
aber nur zur Verſinnlichung der Idee und ſind keines-
wegs von einem weſentlichen Einfluß auf die entwickel-
ten Hauptgeſetze: denn es iſt in dieſer Beziehung gleich-
guͤltig, ob z. B. der Kreis der Dreifelderwirthſchaft einige
Meilen naͤher oder entfernter von der Stadt anfaͤngt.
§. 28.
Verſchiedenheiten zwiſchen dem iſolirten Staat und der
Wirklichkeit.
Die wirklichen Staaten und Laͤnder ſind in folgen-
den Punkten von dem iſolirten Staat weſentlich verſchie-
den:
1) Es gibt in der Wirklichkeit kein Land, wo der Bo-
den uͤberall gleichen Reichthum enthielte, und durch
weg von gleicher phyſiſcher Beſchaffenheit waͤre.
2) Es gibt keine einzige große Stadt, die nicht an
einem Fluß oder ſchiffbaren Kanal laͤge.
3) Jeder Staat von bedeutendem Umfange, mit einer
großen Hauptſtadt, hat außer dieſer Hauptſtadt noch
viele kleinere Staͤdte, die zerſtreut uͤber das ganze
Land liegen.
Ad. 1.
Unſere Unterſuchungen in §. 14. haben das Reſultat
gegeben, daß niedrige Kornpreiſe in ihrer Wirkung mit
einer geringen Dungkraft des Bodens darin uͤbereinſtim-
men, daß beide die Koppelwirthſchaft in Dreifelderwirth-
ſchaft verwandeln, und daß beide wenn ſie noch mehr ver-
14
mindert werden, die Landrente am Ende bis zu 0 her-
unter bringen.
Man koͤnnte nun eben ſo wie wir hier den Preis
des Getreides veraͤnderlich, die Fruchtbarkeit des Bodens
gleichbleibend angenommen haben, einen zweiten iſolirten
Staat darſtellen, in welchem der Getreidepreis gleichblei-
bend, die Fruchtbarkeit des Bodens dagegen veraͤnderlich
waͤre, und dann dieſe zwiefache Darſtellung auf die Wirk-
lichkeit anwenden.
Dieſe zwiefache Darſtellung iſt aber, wenigſtens in
dieſer Beziehung entbehrlich, weil wir ſchon aus dem bis-
herigen, den Standpunkt, den ein Gut von niedrigerm
Grade der Fruchtbarkeit bei dem Getreidepreis von 1 ½
Thlr. fuͤr den Scheffel Rocken, einnehmen wuͤrde, nach-
weiſen koͤnnen, wie aus der Loͤſung der nachfolgenden
Aufgaben hervorgehen wird.
Erſte Aufgabe. Welche Landrente wird ein Gut,
deſſen Acker Koͤrner in der Dreifeldex-
wirthſchaft traͤgt, gewaͤhren, wenn der Scheffel Rocken auf
dem Gute ſelbſt 1 ½ Thlr. werth iſt; und in welcher Ge-
gend des iſolirten Staats findet eine gleiche Landrente ſtatt?
Nach der in §. 14. gelieferten Tabelle betraͤgt die Land-
rente der Dreifelderwirthſchaft von Koͤr-
nern Ertrag 240 Scheffel Rocken ÷ 246 Thlr. Bei dem
Preiſe von 1 ½ Thlr. fuͤr den Scheffel ſind 240 Scheffel
Rocken 360 Thlr. werth; die Landrente betraͤgt alſo 360 ÷
246 = 114 Thlr.
In dem iſolirten Staat iſt bei dem Ertrage von
72 Koͤrnern die Landrente = 696 Scheffel ÷
327 Thlr.
Die Landrente beider Wirthſchaften wird alſo gleich,
wenn 696 Scheffel Rocken ÷ 327 Thlr. = 114 Thlr. ſind
+ 327 + 327
alſo 696 Scheffel Rocken 441 Thlr.
dieß macht fuͤr 1 Scheffel 0,633 Thlr.
und dieſen Preis hat der Rocken auf dem ungefaͤhr 26
Meilen von der Stadt entfernten Gute.
Es iſt alſo die Landrente eines Guts von 4, 2 Koͤr-
nern bei dem Rockenpreiſe von 1 ½ Thlr. pr. Schffl. gleich
der Landrente desjenigen Guts, welches in dem iſolirten
Staat, 24 Meilen von der Stadt entfernt iſt.
Zweite Aufgabe. Bei welchem Koͤrnerertrag wird die
Landrente der Dreifelderwirthſchaft = 0, wenn der Scheffel
Rocken auf dem Gute 1 ½ Thlr. werth iſt?
Nach §. 14. iſt fuͤr (10 — x) Koͤrner die Land-
rente 1000 Schffl. ÷ 152 x Schffl. ÷ 381 Thlr. + 27 x Thlr.
den Scheffel zu 1 ½ Thlr. gerechnet, gibt dieß
1500 Thlr. ÷ 228 x Thlr. — 381 Thlr. + 27 x Thlr.
oder 1119 Thlr. ÷ 201 x Thlr.
Wenn nun die Landrente = 0 ſeyn ſoll,
ſo ſind 201 x = 1119
alſo x = 5,57
Der geſuchte Koͤrnerertrag, fuͤr welche die Landrente
= 0 wird, iſt alſo .
Dritte Aufgabe. Bei welchem Koͤrnerertrag iſt die
Nutzung des Bodens durch Koppelwirthſchaft eben ſo hoch
als die durch Dreifelderwirthſchaft, wenn fuͤr beide Wirth-
ſchaftsarten der Werth des Schffl. Rocken auf dem Gute
1 ½ Thlr. betraͤgt?
Die Landrente beider Wirthſchaftsarten wird gleich,
wenn nach §. 14.
14*
Fuͤr einen Reichthum des Ackers, bei welchem die
Koppelwirthſchaft 10 — 4, 58 = 5, 42 Koͤrner, die
Dreifelderwirthſchaft aber (10 — 4, 58) = 4, 55
Koͤrner gibt, iſt alſo bei dem Preiſe von 1 ½ Thlr. fuͤr
den Scheffel Rocken die Landrente der Koppelwirthſchaft
der der Dreifelderwirthſchaft gleich.
Ad. 2.
Wenn es ausgemittelt iſt, wie viel wohlfeiler der
Transport des Korns zu Waſſer, als der zu Lande zu
ſtehen koͤmmt, ſo hat es keine Schwierigkeit, den Stand-
punkt eines Guts, welches ſein Korn zu Waſſer nach dem
Markt ſchicken kann, zu beſtimmen.
Geſetzt, die Schiffsfracht betruͤge 1/10 der Landfracht,
ſo iſt ein Gut, welches an einem Fluße liegend, 100
Meilen vom Marktplatz entfernt iſt, in Hinſicht des
Werths des Getreides auf dem Gute, und der dar-
aus entſpringenden Verhaͤltniße, dem Gute gleich, wel-
ches in dem iſolirten Staat 10 Meilen von der Stadt
entfernt iſt.
Ein Gut, welches 5 Meilen vom Fluße entfernt liegt,
traͤgt dann die Koſten von 5 Meilen Landfracht und 100
Meilen Schiffsfracht, und waͤre dem Gute des iſolirten
Staats gleich, welches 15 Meilen von der Stadt ent-
fernt iſt.
Ad. 3.
Die kleinen Staͤdte, welche zerſtreuet uͤber dem gan-
zen Lande liegen, muͤſſen eben ſowohl als die Haupt-
ſtadt mit Lebensmitteln verſorgt werden, und diejenigen
Guͤter, die in der Naͤhe einer ſolchen kleinen Stadt lie-
gen, werden ihr Korn nach dieſer Stadt, ſo lange ſie
noch etwas bedarf, und nicht nach der Hauptſtadt lie-
fern. Die Zahl der Guͤter, oder die Flaͤche Landes, welche
erforderlich iſt, um dieſe Stadt mit den noͤthigen Lebens-
mitteln zu verſorgen, koͤnnte man das Gebiet der Stadt
nennen. Der Hauptſtadt geht nun aber dieſes Gebiet
verloren, indem ſie von dort keine Produkte mehr erhaͤlt,
und die kleine Stadt wirkt auf die Hauptſtadt, in Hin-
ſicht der Verſorgung mit Lebensmitteln eben ſo, als wenn
jenes Gebiet in eine Sandwuͤſte verwandelt waͤre, die
nichts hervorbringt. Denkt man ſich nun die große Ebene
des iſolirten Staats mit vielen ſolchen Sandflaͤchen un-
termiſcht, ſo muß offenbar der Bedarf der Hauptſtadt
aus weiterer Ferne herbeigeſchafft werden, und die Kreiſe
muͤſſen um den Bedarf zu liefern, ausgedehnt werden.
Mit dieſer groͤßern Ausdehnung wachſen aber die Trans-
portkoſten des Getreides, welches von dem aͤußern Rand
der Ackerbau treibenden Ebene nach der Stadt geliefert
wird, und eine ſolche Vermehrung der Transportkoſten
hat, wie wir geſehen haben, eine Steigerung des Getrei-
depreiſes in der Hauptſtadt zur Folge.
In den kleinen Staͤdten wird nun aber der Preis
des Getreides nach ganz andern Geſetzen beſtimmt, als
wenn dieſe Staͤdte mit ihrem Gebiet iſolirt laͤgen. Die
Guͤter, welche in dieſem Gebiet liegen, haben die Wahl
ihr Korn entweder nach dieſer kleinen Stadt zu liefern,
oder es nach der Hauptſtadt zu fahren. Was nun der
Marktpreis des Getreides in der Hauptſtadt, nach Abzug
der Verfahrungskoſten ausmacht, d. h. was der Werth des
Korns auf dem Gute iſt, das muß ihnen die kleine Stadt
bezahlen, wenn ſie bewogen werden ſollen, ihr Korn die-
ſer Stadt zu uͤberlaſſen.
Die Getreidepreiſe in den kleinen Staͤdten werden
alſo durch den Marktpreis in der Hauptſtadt beſtimmt;
ja ſie ſind ganz und gar davon abhaͤngig.
Wir koͤnnen uns ſtatt der kleinen Staͤdte eigene
Staaten von betraͤchtlichem Umfange denken, und auch
dieſe koͤnnen beim freien Handel ſich der Allgewalt, welche
die große Stadt in der Beſtimmung der Getreidepreiſe
ausuͤbt, nicht entziehen.
Das Princip, welches dem iſolirten Staat ſeine Ge-
ſtaltung gab, iſt auch in der Wirklichkeit vorhanden, aber
die Erſcheinungen die daſſelbe hier hervorbringt, zeigen
ſich in veraͤnderten Formen, weil zugleich eine unendliche
Menge anderer Verhaͤltniße und Umſtaͤnde mitwirket.
So wie der Geometer mit Punkten ohne Ausdeh-
nung, mit Flaͤchen ohne Dicke rechnet, die doch beide in
der Wirklichkeit nicht zu finden ſind; ſo duͤrfen auch wir
eine wirkende Kraft von allen Nebenumſtaͤnden und al-
lem Zufaͤlligen entkleiden, und nur ſo koͤnnen wir erken-
nen, welchen Antheil ſie an den Erſcheinungen hat, die
uns vorliegen.
Da es fuͤr ein einzelnes Gut moͤglich iſt, einen Stand-
punkt in dem iſolirten Staat aufzufinden, der mit den
Verhaͤltniſſen deſſelben uͤbereinſtimmt; ſo laͤßt ſich, abgeſehn
von der Schwierigkeit der Ausfuͤhrung, die Moͤglichkeit
nicht leugnen, fuͤr ein ganzes Land eine Charte zu ent-
werfen, auf welcher der Kreis, wozu eine Gegend gehoͤrt,
durch die Illumination angedeutet waͤre. Eine ſolche
Charte wuͤrde eine hoͤchſt intereſſante und inſtruktive Ue-
berſicht gewaͤhren. Die Kreiſe wuͤrden aber nicht, wie in
unſerm iſolirten Staat regelmaͤßig auf einander folgen,
ſondern bunt durch einander gemiſcht ſeyn: es koͤnnte z. B.
das 100 Meilen von der Hauptſtadt entfernte, aber an
einem Fluſſe liegende und mit einem ſehr fruchtbaren Bo-
den verſehene Gut zum dritten Kreiſe gehoͤren, waͤhrend
das 10 Meilen von der Stadt liegende Gut mit Sand-
boden zum ſechsten Kreiſe gehoͤrte.
Wir wenden uns jetzt zu der Betrachtung eines mit
der Landwirthſchaft natuͤrlich verbundenen Gewerbes und
einiger Kulturzweige, deren im erſten Abſchnitt, um den
Zuſammenhang nicht zu unterbrechen, keine Erwaͤhnung
geſchehen iſt, und die wir jetzt mit Beziehung auf die
Wirklichkeit durchgehen koͤnnen.
§. 29.
Branntweinbrennerei.
Das Getreide kann, aus dem Kreiſe der Viehzucht
nicht mehr nach der Stadt geliefert werden, weil die Trans-
portkoſten deſſelben zu hoch zu ſtehen kommen; verwan-
delt man aber das Getreide in ein Fabrikat, welches im
Verhaͤltniß zu ſeinem Werth geringere Transportkoſten er-
fordert: ſo kann der Ackerbau in dem naͤhern Theil dieſes
Kreiſes noch mit Vortheil betrieben werden. Ein ſolches
Fabrikat iſt nun der Branntwein, indem der Spiritus
der aus 100 Schfl. Rocken gewonnen wird, kaum das
Gewicht von 25 Schfl. Rocken hat.
Der Abfall der Brennerei, oder die Branntweins-
ſchlempe, wird am zweckmaͤßigſten zur Viehmaſtung be-
nutzt. Da nun der Kreis der Viehzucht ohnehin ſchon
auf Viehmaſtung angewieſen iſt, und da hier das Getreide
und das Brennholz den moͤglichſt niedrigſten Preis haben:
ſo vereinigt ſich hier alles was Branntweinbrennerei vor-
theilhaft machen kann.
Der Branntwein kann deshalb von hier aus auch ſo
wohlfeil geliefert werden, daß keine andre Gegend des iſo-
lirten Staats, viel weniger die Stadt ſelbſt, die Konkur-
renz damit aushalten kann — wenn vollkommne Gewerb-
freiheit ſtatt findet: denn es iſt leicht einzuſehen, daß die
Hervorbringung des Branntweins in der Stadt, wo Korn
und Holz den dreifachen Preis haben und wo der Ar-
beitslohn viel hoͤher iſt, auch mindeſtens 2 bis 3 mal ſo
viel koſten muß, als wofuͤr dieſe Gegend den Brannt-
wein liefern kann.
Wenn durch den Gewerbszwang die Branntwein-
brennerei nur in den Staͤdten betrieben werden darf, ſo
bewirkt dies eine Verminderung des Nationaleinkommens,
indem eine große Menge Kraͤfte zum Transport des Korns
und des Brennmaterials ohne allen Nutzen verſchwendet
werden. Da nun aber die groͤßte Wohlfeilheit des Brannt-
weins aus andern Ruͤckſichten nicht wuͤnſchenswerth iſt,
ſo kann der Staat die Fabrikation deſſelben mit einer
ſtarken Abgabe belegen, wodurch derſelbe den Preis wieder
erhaͤlt, wofuͤr der Staͤdter ihn ſonſt geliefert hat; und
dieſe Vertheurung des Branntweins wird fuͤr den Staat
wohlthaͤtiger wirken, als jene durch unnuͤtze Verwendung
von Kraͤften — die nun auf andre nuͤtzliche Beſchaͤftigun-
gen gerichtet, produktiv verwandt werden koͤnnen — her-
vorgebrachte Theurung.
Die Abtheilung des Kreiſes der Viehzucht, in welcher
die Branntweinfabrikation ſtatt findet, wird Dreifelder-
wirthſchaft treiben, weil durch dieſe das zum Branntwein-
brennen erforderliche Korn am wohlfeilſten erzeugt wird.
Die Wirthſchaft, in welcher Branntweinbrennerei mit
Viehmaſtung verbunden iſt, gibt einen viel groͤßern Dung-
gewinn, als die auf Kornverkauf gerichtete Dreifelder-
wirthſchaft; erſtere kann alſo auch einen groͤßern Theil des
Ackers mit Getreide beſtellen, ohne denſelben zu erſchoͤpfen.
Sehen wir nun bloß auf die Feldeintheilung der
Wirthſchaften, ſo werden wir die die Branntweinbrenne-
rei betreibende Abtheilung und im Grunde auch den gan-
zen Viehzucht treibenden Kreis — wo aber der Ackerbau
nur einen kleinen Theil des Feldes einnimmt — zum
Kreiſe der Dreifelderwirthſchaft rechnen muͤſſen. Sehen
wir dagegen auf die Hauptprodukte, die die Wirthſchaft
liefert — und ich ziehe dieſen Theilungsgrund aus meh-
reren Urſachen hier vor — ſo muͤſſen wir die Gegend,
welche Getreide nach der Stadt bringt, von der welche
bloß Branntwein und Viehprodukte dahin liefert, trennen
und ich nenne nun jene Gegend vorzugsweiſe, den Kreis
der Dreifelderwirthſchaft.
Die Landrente der auf Kornverkauf gerichteten Drei-
felderwirthſchaft wird bei 31,5 Meilen von der Stadt
= 0. Branntweinbrennerei und Viehzucht geben an die-
ſer Stelle aber noch eine Landrente. Die Kreiſe der Drei-
felderwirthſchaft und der Viehzucht muͤſſen ſich da ſcheiden,
wo die Landrente beider Wirthſchaftsarten gleich hoch iſt;
der Kreis der Dreifelderwirthſchaft kann alſo nicht bis 31,5
Meilen von der Stadt reichen, ſondern muß ſchon in et-
was geringerer Entfernung von der Stadt aufhoͤren. Wir
ſind aber, da wir die Groͤße der Landrente, die der Bo-
den durch Branntweinbrennerei und Viehzucht gibt, nicht
kennen, auch nicht im Stande dieſe Entfernung in Zah-
len anzugeben.
§. 30.
Schaͤferei.
Seit der Einfuͤhrung der Merinos in Deutſchland
haͤngt die Nutzung einer Schaͤferei faſt ganz von der
Guͤte der Heerde ab, und iſt ſo wenig an Gegend und
Boden gebunden, daß ſich ſchlechterdings nicht allgemein
angeben laͤßt, welche Landrente der Boden, durch Schaͤferei
benutzt, abwirft.
Sind einſt die feinen Heerden ſo allgemein gewor-
den, und iſt einſt die Kenntniß der hoͤhern Schafzucht ſo
verbreitet, daß Jeder, fuͤr die Bezahlung des Preiſes den
die Aufzucht der Schafe koſtet, ſich in den Beſitz einer
feinen Heerde ſetzen kann, und dieſe auch zu behandeln
verſteht: ſo wird auch der Ertrag der Schaͤfereien, Ertrag
des Grund und Bodens oder Landrente werden. Von
dieſem Zuſtand ſind wir jetzt aber noch weit entfernt,
und ſo lange dieſer nicht erreicht iſt, ſo lange iſt auch die
hoͤhere Nutzung der feinen Schafzucht im Verhaͤltniß zur
Rindviehzucht nicht als Landrente, ſondern als Zins des
in der feinen Heerde ſteckenden Kapitals, und als Beloh-
nung der Induſtrie des Schafzuͤchters zu betrachten.
Die Einfuͤhrung der feinen Schafe in Deutſchland und
die almaͤlige Verdraͤngung der Schafe mit grober Wolle iſt
von manchen intereſſanten Erſcheinungen begleitet geweſen.
Die groͤbern Schafe gaben noch vor 30 Jahren ſo
geringen Ertrag, daß der Boden durch ſolche Schaͤfereien
benutzt gar keine Landrente abwarf. Die feinſten Heer-
den geben dagegen einen ſo hohen Reinertrag, daß ſelbſt
der Kornbau oft minder eintraͤglich iſt als die Schafzucht,
und dieſe iſt dadurch fuͤr den gegenwaͤrtigen Moment die
Angel um welche ſich die ganze Wirthſchaftseinrichtung
dreht. Um uͤber die Zweckmaͤßigkeit einer Wirthſchaft ein
Urtheil faͤllen zu koͤnnen, muß man jetzt zuerſt die Schaͤ-
ferei beſehen: denn die Guͤte der Heerde entſcheidet dar-
uͤber welchen Aufwand man zur Gewinnung des Futters
machen darf. Iſt die Heerde von der erſten Qualitaͤt, ſo
bezahlt ſich ſelbſt die Koͤrnerfuͤtterung reichlich, viel mehr
alſo noch die Kartoffeln- und Kleefuͤtterung; und ein
Gut welches ſonſt durch ſeinen Bodenreichthum und durch
ſeine Lage bei einer konſequenten Bewirthſchaftung auf
Koppelwirthſchaft verwieſen waͤre, kann dann mit Vortheil
zur Fruchtwechſelwirthſchaft uͤbergehen.
Die große Eintraͤglichkeit der feinen Schafzucht hat
im oͤſtlichen Deutſchland faſt bei allen Landwirthen das
Streben ſich feine Heerden zu verſchaffen, hervorgebracht.
Da nun die Schafe ſich ziemlich ſchnell vermehren, und
da außerdem noch betraͤchtliche Heerden von Merinos aus
Spanien und Frankreich eingefuͤhrt ſind, die aͤchten Schafe
ſelbſt ſich alſo betraͤchtlich vermehrt haben; und andern-
ſeits faſt alle Schaͤfereien durch Zulaſſung von Merino-
boͤcken veredelt worden ſind: ſo hat die Produktion der
feinen Wolle im oͤſtlichen Deutſchland ſeit 30 Jahren in
einem ganz außerordentlichen Grade zugenommen.
Man glaubte anfaͤnglich, daß mit dieſer exceſſiven
Vermehrung der feinen Wolle der Preis derſelben ſehr
bald fallen, und durch Ueberfuͤllung des Markts bald un-
ter den Preis, der zur Deckung der Produktionskoſten er-
forderlich iſt, ſinken wuͤrde.
Dieſe Furcht hat ſich bis jetzt aber ſo wenig beſtaͤtigt,
daß vielmehr bei dem Sinken der Preiſe aller andern
landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe der Preis der feinen Wolle
faſt die vorige Hoͤhe behalten hat, und alſo relativ, d. i.
im Verhaͤltniß zum Getreide, gar ſehr geſtiegen iſt. Die
vermehrte Produktion iſt ſtets von einer gleichen Schritt
haltenden vermehrten Nachfrage begleitet geweſen; und
der Preis der feinen Wolle uͤberſteigt den Preis, wofuͤr
ſie zu Markt gebracht werden kann, oder den natuͤrlichen
Preis noch bei weitem.
Wie kann nun aber der Preis einer Waare oder ei-
nes Erzeugniſſes ſo lange uͤber den natuͤrlichen Preis ſte-
hen, und wie kann eine ſo außerordentlich vermehrte Pro-
duktion noch immer Abnehmer finden und verbraucht
werden?
Ich erklaͤre mir dies hauptſaͤchlich aus folgenden bei-
den Urſachen:
1) aus den Entdeckungen und Verbeſſerungen in den
Tuchfabriken; und
2) aus der Bildung eines neuen Schafſtammes in
Sachſen, der die ſpaniſchen Staͤmme an Feinheit der
Wolle weit uͤbertrifft.
In dem Preiſe des Tuchs und andrer Wollenwaaren
machen die Fabrikationskoſten den groͤßern, die Koſten des
rohen Materials, oder der Wolle, nur den kleinern Be-
ſtandtheil aus. Wenn nun durch große und ausgezeich-
nete Verbeſſerungen in den Fabriken die Fabrikationsko-
ſten des Tuchs und andrer Wollenwaaren bedeutend ver-
mindert werden, ſo hat dies die dreifache Wirkung:
1) daß der Preis der Wollenwaaren abnimmt;
2) daß der Verbrauch dieſer Waaren zunimmt; und
3) daß das rohe Material, die Wolle, in groͤßerer Menge
begehrt wird, und der Preis derſelben ſteigt.
Wenn der Kaͤufer zwiſchen Waaren, die eine durch
die andere erſetzt werden koͤnnen, die Auswahl hat, ſo
waͤhlt er diejenige, die bei gleicher Brauchbarkeit fuͤr ihn
die wohlfeilſte iſt. Sinkt nun der Preis des Tuchs, waͤh-
rend der Preis der andern Bekleidungsmittel derſelbe
bleibt, ſo vermehrt ſich der Verbrauch des Tuchs, und der
der andern Bekleidungsmittel wird eingeſchraͤnkt. Um
den vermehrten Bedarf an Tuch zu liefern wird eine
groͤßere Quantitaͤt Wolle als fruͤher erfordert, zu deren
Hervorbringung der Produzent nur durch erhoͤhte Preiſe
bewogen werden kann. Bei der ſteigenden Nachfrage
nach Tuch wird auch der Fabrikant einen hoͤhern als den
gewoͤhnlichen Gewinn ziehen und dadurch zur Erweite-
rung ſeiner Fabrik aufgefordert werden. Die Vortheile
der neuen Entdeckungen theilen ſich alſo anfangs zwiſchen
dem Kaͤufer, dem Fabrikanten und dem Produzenten des
rohes Materials. Die Fabriken koͤnnen aber in kurzer
Zeit ſo weit vermehrt und erweitert werden, daß ſie das
Begehr an Fabrikaten befriedigen koͤnnen, und dann hoͤrt
der hoͤhere Gewinn in Unternehmungen dieſer Art auf;
langſamer geht die Vermehrung des rohen Materials von
ſtatten, und ſo wird auch der Gewinn des Produzenten
bei der Erzeugung dieſes Materials laͤngere Zeit dauern;
aber endlich muß auch hier die Hervorbringung mit dem
Begehr ins Gleichgewicht treten, und dann koͤmmt zuletzt
der ganze Vortheil der Entdeckung dem Kaͤufer oder Ver-
braucher der Waare zu Nutze.
In Sachſen iſt durch ſorgfaͤltige Auswahl der Zucht-
thiere, und vielleicht auch durch klimatiſche und oͤrtliche
Einwirkungen, eine Schafrace von hoher Feinheit der
Wolle entſtanden, wovon in Spanien ſelbſt nur Indivi-
duen aber keine ganzen Staͤmme vorhanden find.
Die hochfeine, ſehr ſanfte und geſchmeidige Wolle der
ſaͤchſiſchen Schafe — Elektoralſchafe genannt — iſt nun
im hohen Grade zur Verfertigung der feinen Zeuge, die
zur Bekleidung der Damen dienen, geeignet; waͤhrend
die minder feine, kraͤftige aber barſche Wolle der ſpani-
ſchen Schafe — der Infantadorace — hiezu nicht taug-
lich iſt. Dieſe feinen Zeuge, welche fruͤher gar nicht aus
Wolle verfertigt wurden, vertreten und verdraͤngen jetzt
zum Theil die ſeidnen und baumwollnen Zeuge; und ſo
ſchafft ſich die Elektoralwolle ſelbſt einen Markt der viel-
leicht noch einer großen Ausdehnung faͤhig iſt.
Indem nun die Elektoralwolle zu Waaren verwandt
wird, die fruͤher gar nicht exiſtirten, kann durch die Her-
vorbringung dieſer Wolle der Bedarf an anderen Wollgat-
tungen nicht abnehmen, und es kann deshalb die Pro-
duktion der Wolle im Ganzen betraͤchtlich zunehmen, ohne
daß dadurch ſogleich ein Ueberfluß entſteht.
Vor wenigen Jahren noch war in einem großen
Theil des oͤſtlichen Deutſchlands das reichwollige Infan-
tadoſchaf das Ziel des Strebens, und ein Schaf von die-
ſer Race, was neben einer maͤßigen Feinheit der Wolle
und dem Wollreichthum noch andre wuͤnſchenswerthe Qua-
litaͤten zeigte, wurde als ein Muſter, als das Ideal eines
Schafs betrachtet; und es ſind ſehr große Summen von
den Landwirthen des noͤrdlichen Deutſchlands zur Anſchaf-
fung ſolcher Heerden verwandt.
Jetzt bereuen Manche ihren Irrthum, indem man
nun das Elektoralſchaf mit hochfeiner Wolle, als das
Ideal eines Schafs, als dasjenige wodurch man Grund
und Boden am hoͤchſten nutzen kann, anſieht.
Aber war denn dies wirklich ein Irrthum, giebt es
hierin etwas abſolut Vollkommenes, gibt es eine Wolle die
fuͤr alle Zeiten die geſuchteſte ſeyn wird, und von der man
ſagen kann, daß die Schafe, die dieſe Wolle tragen, ſtets
die eintraͤglichſten ſeyn werden; oder iſt ein ſolches Ideal mit
dem Fortſchreiten der Schafzucht dem Wechſel unterworfen?
Das reichwollige Infantadoſchaf traͤgt eben ſo viele
Wolle, als das Landſchaf mit grober Wolle. Der Ueber-
gang von dieſem zu jenem, oder die Veredlung des Land-
ſchafs bis zum Grade der Feinheit des Infantadoſchafs iſt
alſo mit keiner Verminderung der Wollſchur verbunden,
und bezahlt ſich hoch durch den ſteigenden Werth der
Wolle.
Nun iſt es aber wohl ſchon allgemein anerkannt, daß
die hoͤchſte Feinheit der Wolle nicht mit dem hoͤchſten
Wollreichthum vertraͤglich iſt, daß von einem gewiſſen
Punkt an, die hoͤhere Feinheit nur auf Koſten des Woll-
ertrags erreicht werden kann.
War nun vor einigen Jahren der Preis der feinen
Wolle, wie das Infantadoſchaf ſie traͤgt, 1 Thlr. pr. Pfund
und trug dieſes Schaf 3 ℔ Wolle, ſo brachte jedes Schaf
durch ſeine Wolle 3 Thlr. ein; gab dagegen das Elekto-
ralſchaf 1¾ ℔ Wolle à 1½ Thlr., ſo war der Werth
des Vließes 2⅝ Thlr., alſo ⅜ Thlr. weniger als beim
Infantadoſchaf; und man hatte alſo recht, das Infantado-
ſchaf dem Elektoralſchaf vorzuziehen.
Nun iſt aber grade aus der Urſache, daß es vortheil-
hafter war, feine Wolle als hochfeine Wolle zu erzeugen,
und dann auch weil durch die bloße Veredlung der Land-
ſchafe ſchon jene aber nicht dieſe Wolle in betraͤchtlicher
Menge hervorgebracht iſt, die Produktion der feinen Wolle
ſo ſtark geworden, daß der Markt reichlich damit verſehen
und der Preis derſelben geſunken iſt, waͤhrend der Preis
der hochfeinen Wolle faſt unveraͤndert geblieben iſt. Gilt
jetzt z. B. das Pfund feine Wolle noch 36 ß, ſo traͤgt
das Infantadoſchaf fuͤr 2¼ Thlr., das Elektoralſchaf aber
noch immer fuͤr 2⅝ Thlr. Wolle.
Man hat alſo ganz recht das Elektoralſchaf jetzt dem
Infantadoſchaf vorzuziehen; aber das allgemeine Streben,
Elektoralwolle zu erzeugen, wird binnen wenigen Jahren
eine ſo große Quantitaͤt davon hervorbringen, daß auch
hiemit der Markt reichlich verſehn wird und der Preis
derſelben faͤllt — und man wird ſich dann wieder ein
andres Ziel zum Gegenſtand des Strebens ſtecken muͤſſen.
Mit dem Fallen des Preiſes der hochfeinen Wolle
werden auch die daraus verfertigten Waaren im Preiſe
fallen, und dadurch aufhoͤren ein Gegenſtand des Luxus
zu ſeyn. Bei der Vorliebe der Reichen, nur ſolche Waa-
ren zur Bekleidung zu nehmen, die ſo theuer ſind, daß
die Minderwohlhabenden von dem Gebrauch derſelben aus-
geſchloſſen bleiben, koͤnnten die feinen wollenen Zeuge,
grade durch ihre Wohlfeilheit wieder aus der Mode kom-
men, und die ſeidnen und baumwollenen Zeuge ihre
Stelle wieder einnehmen.
Zum Gluͤck fuͤr den Produzenten iſt aber noch eine
weitere Steigerung der Wollfeinheit moͤglich: man findet
naͤmlich in den hochfeinen Schaͤfereien einzelne Thiere
von einer noch weit hervorragenden Wollfeinheit, die man
aber nicht zu vermehren ſucht, weil ſie wegen des aͤußerſt
geringen Wollertrags bis jetzt nicht eintraͤglich ſind.
Wahrſcheinlich wird nun aber einſt, wenn die hoch-
feine Wolle erſt in hinreichender Menge vorhanden iſt,
der Preis dieſer hoͤchſt feinen Wolle ſo ſehr ſteigen, daß
es vortheilhaft wird, dieſe bis jetzt nicht beachteten Indi-
viduen hervorzuſuchen und aus ihnen ganze Staͤmme zu
bilden. Die Schafe die dieſe hoͤchſt feine Wolle tragen,
liefern nur einen Wollertrag von 1 bis 1½ ℔. Die
Produktionskoſten derſelben kommen alſo ſehr hoch zu ſte-
hen, und da die Verfertigung der Zeuge aus ſo feiner
Wolle ebenfalls ſehr koſtſpielig iſt: ſo werden dieſe Waa-
ren ſo theuer ſeyn, daß ſie ſtets ein Gegenſtand des Luxus
der Reichen bleiben.
Vielleicht werden einſt aus der Wolle Fabrikate von
eben ſo ungleichem Werth wie jetzt aus dem Flachs — wel-
ches zum Material fuͤr die grobe Leinwand und auch fuͤr
die feinſten Bruͤſſeler Spitzen dient — verfertigt werden.
Wenn nun aber zuletzt auch die hoͤchſt feine Wolle
in hinreichender Menge produzirt wird, wenn Angebot
und Begehr gleich geworden, und der beharrende Zuſtand,
wo weder eine Einſchraͤnkung der Produktion noch eine
Erweiterung derſelben vortheilhaft iſt, eingetreten iſt —
nach welchen Geſetzen wird dann der Preis der Wolle
und der Preis der verſchiedenen Wollſorten unter ſich be-
ſtimmt werden?
Mit dieſer Frage muͤſſen wir eine andre, naͤmlich
die: «in welcher Gegend des iſolirten Staats wird die
Wollproduktion ſtatt finden?» verbinden.
Wenn der beharrende Zuſtand eingetreten iſt, ſo fin-
den die Geſetze welche wir fuͤr die Preisbeſtimmung an-
derer Produkte entwickelt haben, auch auf die Wolle ihre
volle Anwendung.
Aus den in §. 19. dargeſtellten Formeln hat ſich bei
weiterer Entwickelung ergeben,
1) daß von zwei Produkten, die dem Gewicht nach
gleichen Ertrag von einer gegebenen Flaͤche liefern,
dasjenige welches die mehrſten Produktionskoſten er-
fordert, am fernſten von der Stadt gebauet wer-
den muß;
2) daß bei gleichen Produktionskoſten die Erzeugung
desjenigen Produkts, welches dem Gewicht nach von
15
derſelben Flaͤche den mindeſten Ertrag bringt, hinter
dem andern, d. h. ferner von der der Stadt, geſche-
hen muß.
Nun ſind die Produktionskoſten der Butter bei glei-
chem Gewicht z. B. einer Ladung, geringer als die der
Wolle, und von derſelben Flaͤche kann ungleich mehr But-
ter als Wolle erzeugt werden: die Produktion der Wolle
muß alſo hinter der der Butter ſtatt finden: oder in dem
iſolirten Staat wird die Kuherei die naͤhere Gegend, die
Schaͤferei die der Stadt fernere Gegend einnehmen.
Die feinen Schafe tragen weniger Wolle als die
groͤbern, erfordern aber mindeſtens eben ſo viel Futter
und Wartung. Da nun eine gegebene der Schafzucht
gewidmete Flaͤche weniger feine als grobe Wolle liefert,
und da zugleich die naͤmliche Quantitaͤt feiner Wolle mehr
Produktionskoſten erfordert als die grobe: ſo muͤſſen auch,
wenn keine andere Umſtaͤnde entgegenwirken,
die feinern Schaͤfereien hinter den groͤbern, oder in groͤ-
ßerer Entfernung von der Stadt betrieben werden.
Da nun ferner die entlegene Gegend eine geringere
Landrente gibt als die naͤhere: ſo folgt hieraus, daß die
minder feinen Schaͤfereien eine hoͤhere Landrente geben,
alſo eintraͤglicher ſeyn werden als die feinen Schaͤfereien,
obgleich der Preis der feinen Wolle, wegen der groͤßern
Produktionskoſten, ſtets hoͤher bleiben wird als der der
groͤbern Wolle.
Ich muß hier wiederholen, daß dieſer Satz auf den
Vorausſetzungen:
1) daß alle Schafzuͤchter gleiche Intelligenz und Kennt-
niſſe beſitzen;
2) daß die feinen Schafe in ſolcher Menge vorhanden
ſind, daß man ſie eben ſowohl als die groben Schafe
fuͤr die Aufzuchtkoſten erkaufen kann,
beruhet, und daß derſelbe alſo da, wo dieſe Vorausſe-
tzungen nicht ſtatt finden, auch keine Anwendung fin-
den kann.
Wenn wir in der Wirklichkeit von dieſem voraus-
geſetzten Zuſtand auch noch ſehr weit entfernt ſind: ſo
laͤßt ſich doch nicht leugnen, daß das Reſultat der fort-
ſchreitenden Kultur eine ſtete Annaͤherung zu dieſem Zu-
ſtande iſt, und daß ſchon in dem allgemeinen Streben
nach hoͤherer Kultur die Tendenz liegt im Lauf der Zeit
dieſen Zuſtand mehr und mehr herbeizufuͤhren.
In der Wirklichkeit ſind wir in Hinſicht der Schaͤ-
ferei noch in der Periode des Uebergangs begriffen, in
dem iſolirten Staat ſehen wir dieſen Uebergang als voll-
endet an, und betrachten nur den letzten an das Zeitmaß
nicht gebundenen Erfolg.
Ich habe oben geſagt: «wenn keine andern Umſtaͤnde
entgegenwirken»; denn es koͤnnte z. B. ſeyn, daß das feine
Schaf in den nie umgebrochenen, ſteppenaͤhnlichen Weiden
des Kreiſes der Viehzucht ausartete und wieder grobe
Wolle erzeugte. In dieſem Fall muͤßte die Erzielung der
feinen Wolle in dem entlegenern Theil des Kreiſes der
Koppelwirthſchaft geſchehen, und der Butterproduktion
muͤßte ſo viel Land entzogen werden, als zur Hervor-
bringung des Bedarfs an feiner Wolle nothwendig waͤre.
Die Betreibung der feinen Schaͤfereien wuͤrde dann eine
hoͤhere Landrente gewaͤhren, alſo eintraͤglicher ſeyn als die
groben Schaͤfereien; aber immer wuͤrde in dem der Stadt
zunaͤchſt gelegenen Theil des Kreiſes der Koppelwirthſchaft
die Kuherei vortheilhafter ſeyn, und einen hoͤhern Ertrag
gewaͤhren als die feinſte Schaͤferei.
Die Frage, ob Quantitaͤt und Qualitaͤt des dem
Schaf gereichten Futters und der Weide auf die Guͤte
und Feinheit der Wolle einwirke, iſt alſo, wenn wir auf
den endlichen Erfolg den unſere Bemuͤhungen bei der
Schafzucht haben werden, ſehen, von der aͤußerſten Wich-
15*
tigkeit. Faͤnde es ſich z. B. daß die Produktion der
Wolle von der hoͤchſten Qualitaͤt an gewiſſe Gegenden
oder gar an einzelne Guͤter gebunden waͤre: ſo wuͤrden
dieſe Gegenden oder dieſe Guͤter, eben ſo wie die Wein-
berge, die einen ausgezeichnet ſchoͤnen Wein liefern, ſtets
eine hohe Rente abwerfen, weil die Hervorbringung dieſer
Wollgattung dann nicht willkuͤrlich vermehrt werden koͤnnte.
Obgleich unſere bisherigen Unterſuchungen das Re-
ſultat gegeben haben, daß, wenn einſt die Seltenheit der
feinen Heerden aufgehoͤrt hat, und die Wollproduktion
mit dem Bedarf in Gleichgewicht getreten iſt, die feinen
Schaͤfereien dann einen mindern Ertrag als die Kuͤhe
und vielleicht gar einen geringern Ertrag als die groben
Schaͤfereien geben werden: ſo darf uns dies, aus mehre-
ren Gruͤnden, doch nicht von den fernern Beſtrebungen
zur Veredlung und Verbeſſerung unſerer Heerden abhalten.
a. Wenn auch die jetzige hohe Nutzung der feinen
Schaͤfereien nur waͤhrend der Uebergangsperiode ſtatt fin-
det, und aufhoͤrt, ſo bald der beharrende Zuſtand einge-
treten iſt: ſo erfordert doch, wie die Erfahrung bereits
gelehrt hat, dieſer Uebergang einen ſehr langen Zeitraum.
Sachſen hat nun ſchon ſeit 60 Jahren, das uͤbrige oͤſtliche
Deutſchland ſeit ungefaͤhr 30 Jahren die Fruͤchte dieſes
Uebergangs genoſſen, und leicht moͤglich koͤnnen noch 30
Jahre verfließen, ehe dieſer Uebergang ganz vollendet iſt.
Denn eines Theils wird mit dem Sinken der Wollpreiſe
der Verbrauch der wollenen Waaren noch immer zuneh-
men, die Nachfrage nach feiner Wolle wird alſo noch
wachſen, und wird ſelbſt durch die ſteigende Produktion
noch nicht ſobald befriedigt werden; andern Theils wird
durch die vielen Fehler, die bisher bei den Kreuzungen
der Heerden gemacht ſind, und die auch ferner wohl nicht
ausbleiben werden, die Vermehrung der hochfeinen Schafe
gar ſehr verzoͤgert.
b. Das oͤſtliche Deutſchland allein kann ſchwerlich ſo
viele feine Wolle horvorbringen, daß der Preis derſelben
bis zu dem natuͤrlichen Preiſe herabſinkt. Dies wird
vielmehr erſt dann geſchehen, wenn Polen und Rußland
die feine Schafzucht im Großen und mit Erfolg betrei-
ben. Polen und Rußland ſind in dieſer Beziehung fuͤr
den europaͤiſchen Markt das, was der Kreis der Vieh-
zucht fuͤr den iſolirten Staat iſt. Waͤre nun die Ver-
muthung, daß das feine Schaf auf den Steppenweiden
und auf den beſtaͤndigen Weiden der Dreifelderwirthſchaf-
ten ansartet, begruͤndet; ſo wuͤrde auch das oͤſtliche
Deutſchland noch lange Zeit vorzugsweiſe in dem Beſitz
der feinen Schaͤfereien bleiben: denn die wirkſame Ver-
pflanzung der feinen Heerden nach Polen und Rußland
waͤre dann an die Erhoͤhung der Kultur des Bodens,
an die Einfuͤhrung der Koppelwirthſchaft ſtatt der Drei-
felderwirthſchaft gebunden, und koͤnnte nur langſamen
Schritts vorwaͤrts gehen. Einſt, nach einem laͤngern Zeit-
raum, werden aber unſtreitig auch dieſe Laͤnder hoͤher
kultivirt ſeyn, und dann wird dort, wo der Boden eine
noch geringere Landrente gibt als bei uns im oͤſtlichen
Deutſchland, auch die feine Schafzucht eintraͤglicher ſeyn,
als hier.
Aber ehe noch, durch den allmaͤligen Uebergang zu
dieſem Zuſtand, die feine Wolle bis auf ihren natuͤrli-
chen Preis herabgeſunken iſt, wird die feine Schafzucht
in den reichern und hoͤher kultivirten Laͤndern des weſt-
lichen Europas, namentlich in Frankreich, ſchon laͤngſt
unvortheilhaft geworden ſeyn. Die Vermehrung der fei-
nen Schafe in den oͤſtlichen Staaten iſt alſo mit einer
Verminderung derſelben in den weſtlichen Laͤndern verbun-
den, wodurch die Periode des Uebergangs nothwendig
ſehr verlaͤngert werden muß.
c. Wenn aber dies alles auch nicht waͤre, wenn die
Wolle auch ſchon jetzt zu dem Preiſe, den man beim
voͤllig freien Handel durch ganz Europa den natuͤrlichen
Preis nennen koͤnnte, herabgeſunken waͤre: ſo ſind wir
doch bei den gegenwaͤrtig vorherrſchenden Sperrſyſtemen
ſchlechthin auf die Erzeugung feiner Wolle verwieſen.
Der Weltmarkt von London iſt fuͤr alle unſere an-
dern landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe verſchloſſen, und
bloß fuͤr die Wolle offen. Durch dieſe Sperrungen ſind
nun alle Bande, die die Nationen fruͤher an einander
knuͤpften, zerriſſen; keins der Geſetze, wodurch beim
freien Handel der Preis des Getreides beſtimmt wird,
kann wirkſam werden; jeder Staat will fuͤr ſich ein iſo-
lirter Staat ſeyn.
Die weſtlichen Staaten haben durch die Sperrung
einen unnatuͤrlich hohen Getreidepreis erzwungen, waͤh-
rend dieſer in den oͤſtlichen, ſonſt kornausfuͤhrenden Laͤn-
dern unnatuͤrlich niedrig geworden iſt. Der Weltmarkt
von London, der fruͤher den Preis aller unſerer land-
wirthſchaftlichen Erzeugniſſe regulirte, beſtimmt jetzt nicht
mehr den Preis unſers Getreides aber noch den der
Wolle. Der Weizen gilt jetzt in London das dreifache
von dem, was er in den Haͤfen der Oſtſee gilt, der
Preis der Wolle iſt in London nur um den Betrag
der Transportkoſten hoͤher als bei uns, und waͤhrend
der Preis des Getreides, des Fleiſches, der Butter u.
ſ. w. bei uns bis zum Unwerth geſunken iſt, iſt der
Preis der Wolle geblieben, wie ihn der freie Welthandel
regulirt.
Dies iſt nun der eigentliche Grund, warum die
Schafzucht ſo außer allem Verhaͤltniß bei uns eintraͤg-
licher iſt, als die Rindviehzucht und Pferdezucht. Wir
werden dadurch nicht bloß aufgefordert, ſondern gezwun-
gen, unſere ganze Kraft und Aufmerkſamkeit auf die
Schafzucht zu richten.
Auch beim voͤllig freien Handel gilt, wegen der be-
deutenden Transportkoſten, der Weizen in den Haͤfen der
Oſtſee nur ⅔ hoͤchſtens ¾ des Londoner Marktpreiſes.
Fuͤr den engliſchen Landwirth iſt dadurch der Kornbau,
auch ohne alle weitere Beguͤnſtigung, gar viel vortheil-
hafter als fuͤr uns, und der Kornbau muß in England
eine hohe Landrente gewaͤhren. Dieſes Uebergewicht des
engliſchen Landbaues wird dagegen bei der Wollproduk-
tion hoͤchſt unbedeutend: denn die rohe Einnahme von
der Schaͤferei — in ſo fern dieſe aus der Wolle erfolgt
— iſt in England nur ſo viel hoͤher als hier, als der
Transport der Wolle nach dem Londoner Markt weniger
koſtet. Wir koͤnnen alſo hier eine Weideflaͤche oder eine
gegebene Quantitaͤt Futter durch Schaͤferei faſt eben ſo
hoch nutzen, als die Englaͤnder. Der Reinertrag iſt aber
bei uns aus eben den Gruͤnden, warum in dem iſolirten
Staat die Landrente aus der Viehzucht in der Naͤhe der
Stadt negativ, in der groͤßern Entfernung aber poſitiv
iſt, bei uns ſehr viel hoͤher, und die Englaͤnder werden
alſo beim freien Handel nie die Konkurrenz mit uns
aushalten koͤnnen. Je groͤßer nun die Differenz in den
Kornpreiſen wird, um ſo groͤßer wird der Verluſt, den
die Schaͤferei in England bringt, um ſo hoͤher der Ge-
winn, den ſie hier gibt, und ſo muß unfehlbar das Sperr-
ſyſtem und die dadurch bewirkte, kuͤnſtliche Theurung des
Getreides, das Sinken der Schafzucht in England, und
das Emporbluͤhen derſelben bei uns zur Folge haben.
d) Die hoͤhere Schafzucht erhaͤlt dadurch noch einen
beſondern Reiz, daß die Regeln, wornach hier verfahren
werden muß, nicht ſo klar vorliegen, wie bei andern Kul-
turzweigen der Landwirthſchaft, und zum Theil ſelbſt noch
unerforſcht ſind. So wie der Ertrag, den die Schaͤferei
liefert, von der Guͤte der Heerde abhaͤngt, ſo haͤngt wie-
derum die Erhaltung und weitere Veredlung der Heerde
von der Perſoͤnlichkeit des Landwirths, von ſeiner Auf-
merkſamkeit und ſeiner mehr oder minder richtigen An-
ſicht ab. Nun iſt es aber ſehr zu bezweifeln, ob die
Kenntniſſe, welche zur hoͤhern Veredlung einer Heerde
gehoͤren, jemals ein Gemeingut werden koͤnnen, und ob
die mechaniſche Erlernung von Regeln und die Nachah-
mung eines Vorbildes hier jemals ausreichen wird. Reicht
dieß aber nicht zu, ſo wird auch der Ertrag der vorzuͤg-
lichſten Schaͤfereien niemals ganz zur Landrente uͤberge-
hen, ſondern ein Theil deſſelben wird Lohn der richtigern
und tiefern Einſicht bleiben.
§. 31.
Anbau der Handelsgewaͤchſe.
Wir haben, wie ſchon fruͤher angefuͤhrt iſt, ange-
nommen, daß der Acker jedes Guts in zwei Abtheilungen
getheilt ſei, wovon die erſtere, groͤßere Abtheilung ſich
in und durch ſich ſelbſt in gleicher Kraft erhaͤlt, die
zweite Abtheilung aber den Dung aus den Wieſen be-
koͤmmt, und in der Bewirthſchaftungsart andern Regeln
folgt, als die erſte.
In dem erſten Abſchnitt dieſer Schrift, wo von der
Geſtaltung des iſolirten Staats die Rede war, und wo
wir die verſchiedenen Wirthſchaftsſyſteme in ihrer reinen,
einfachen Form betrachteten, durften wir nur die erſte
Abtheilung des Ackers in Betracht ziehen, und konnten
des Anbaues der Handelsgewaͤchſe gar nicht erwaͤhnen.
Nun iſt es aber mit unſern uͤbrigen Annahmen voll-
kommen vertraͤglich, wenn wir uns denken, daß der An-
bau der Handelsgewaͤchſe in der zweiten Abtheilung Statt
findet, und wir muͤſſen jetzt unterſuchen, in welcher Ge-
gend des iſolirten Staats die Kultur der verſchiedenen
Arten von Handelsgewaͤchſen, deren die Stadt bedarf, be-
trieben werden wird.
In §. 19. iſt der Satz, daß bei gleichen Produk-
tionskoſten, dasjenige Gewaͤchs, auf welches eine groͤßere
Landrente faͤllt, ferner von der Stadt gebauet werden
muß, ausgeſprochen. Bei der Anwendung dieſes Satzes
auf beſtimmte Gewaͤchſe muß aber nun die Frage: wie
fuͤr ein gegebenes Gewaͤchs die auf daſſelbe fallende Land-
rente ausgemittelt werden koͤnne? zur Sprache kommen.
In der 7ſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft muß jeder Ge-
treideſchlag mit einem Weideſchlag verbunden ſeyn, um
die durch den Getreidebau bewirkte Ausſaugung zu erſetzen.
Nehmen wir nun — um die Frage zu vereinfachen —
vorlaͤufig an, daß hier von derjenigen Gegend, wo die
Viehhaltung, alſo auch der Weideſchlag gar keine Land-
rente, aber auch keinen Verluſt bringt, die Rede ſei;
ſo muß der Getreideſchlag die Landrente von 2 Schlaͤgen
tragen; oder auf den Getreideſchlag faͤllt die doppelte
Landrente von dem, was dieſer der Flaͤche nach tragen
wuͤrde.
Vergleicht man nun mit dem Getreide ein Gewaͤchs,
das den Boden noch ſtaͤrker erſchoͤpft, z. B. zwei Weideſchlaͤge
ſtatt einen zum Erſatz der bewirkten Ausſaugung be-
darf; ſo wird dieſem Gewaͤchs die dreifache Landrente von
derjenigen Flaͤche, wo daſſelbe gebauet iſt, zur Laſt fallen.
Bei gleichem Ertrage, dem Gewicht nach, wird alſo ſtets
dasjenige Gewaͤchs, welches die groͤßte Ausſaugung be-
wirkt, auch die groͤßte Landrente zu tragen haben, und
dem oben erwaͤhnten Geſetz zu Folge wird alſo das den
Boden am mehrſten erſchoͤpfende Gewaͤchs am fernſten von
der Stadt erzeugt werden muͤſſen.
Findet dieß nun aber ſchon dann Statt, wenn die
Landrente der Weideſchlaͤge = 0 iſt; ſo muß dieß noch
um ſo mehr der Fall ſeyn, wenn die Weideſchlaͤge in der
Naͤhe der Stadt eine negative, in groͤßerer Entfernung
aber eine poſitive Landrente geben: denn das ſtaͤrker er-
ſchoͤpfende Gewaͤchs, in der Naͤhe der Stadt gebauet, muß
dann nicht bloß die dreifache Landrente von der Flaͤche,
auf welcher es erzeugt wird, tragen, ſondern auch noch
den Verluſt, den die zwei mit demſelben verbundenen
Weideſchlaͤge bringen, mit uͤbernehmen; waͤhrend fuͤr daſ-
ſelbe Gewaͤchs, in groͤßerer Entfernung von der Stadt
gebauet, von der dreifachen Landrente der Ertrag, den
die beiden Weideſchlaͤge geben, wieder in Abzug koͤmmt.
In Verbindung mit den in §. 19. aufgeſtellten Ge-
ſetzen gehen nun hieraus, fuͤr die Beſtimmung der Rei-
henfolge, in welcher die verſchiedenen Handelsgewaͤchſe
nach einander gebauet werden muͤſſen, folgende Saͤtze
hervor:
1) bei gleichen Produktionskoſten, und demſelben Er-
trag, dem Gewicht nach, muß dasjenige Gewaͤchs,
welches den Boden am ſtaͤrkſten erſchoͤpft, am fern-
ſten von der Stadt gebauet werden;
2) bei gleichem Ertrage und gleicher Ausſaugung wird
dasjenige Gewaͤchs, welches die mehrſten Produk-
tionskoſten erfordert, in der entlegenern Gegend er-
zeugt;
3) bei gleicher Ausſaugung und gleichen Produktions-
koſten muß das Gewaͤchs, was von einer gegebenen
Flaͤche den kleinſten Ertrag an Gewicht liefert, in
der groͤßern Entfernung von der Stadt erzielt werden.
Wir kommen jetzt zu der Anwendung dieſer Saͤtze
auf einzelne Handelsgewaͤchſe. Ueber den Grad der Aus-
ſaugung, den dieſe Gewaͤchſe bewirken, herrſcht aber unter
den Landwirthen eine ſolche Meinungsverſchiedenheit, daß
es faſt ſcheint, als ſei die Erfahrung von Jahrtauſenden,
waͤhrend welcher die Landwirthſchaft ſchon betrieben iſt,
rein verloren gegangen. Unter dieſen Umſtaͤnden darf
man auch die Zahlen, wodurch ich in dem Folgenden den
Grad der Ausſaugung der Handelsgewaͤchſe bezeichne, nur
wie Zahlen, womit man eine Buchſtabenformel zu erlaͤu-
tern pflegt, anſehen; jedoch muß ich hinzufuͤgen, daß
ich ſie durch keine richtigern zu erſetzen weiß.
1) Raps.
Bei gleichem Reichthum des Bodens mag der Er-
trag des Winterrapſes, auf einem fuͤr denſelben geeigne-
ten Boden, dem des Rockens ziemlich gleich kommen.
Koſtet nun die Produktion von 1 Schfl. Raps dem
Acker ⅓° Reichthum, und werden mit jedem Berliner Schfl.
Raps 120 ℔ Stroh geerntet; ſo gehoͤren, nach meiner Be-
rechnung, zum Erſatz fuͤr die durch einen Schlag mit
Raps bewirkte Ausſaugung 2½ (genauer 2, 46) Weide-
ſchlaͤge, wenn der Raps auf einen Boden kommt, deſſen
Reichthum dem mittlern Reichthum der drei Kornſchlaͤge
in der 7ſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft, gleich iſt.
Auf Boden, deſſen Reichthum um 50 prct. hoͤher iſt
— und nur auf ſo reichem Acker iſt der Rapsbau ein-
traͤglich — iſt der Ertrag und die Ausſaugung des Rap-
ſes auch um 50 prct. hoͤher. Um fuͤr die Ausſaugung ei-
ner ſolchen Rapsernte den Erſatz zu liefern, muß der
Reichthum der Weide, wenn 2½ Schlaͤge genuͤgen ſollen,
ebenfalls um 50 prct. erhoͤhet werden; behaͤlt aber die Weide
ihren fruͤhern Reichthum, ſo muͤſſen dem Rapsſchlage ſtatt
2½ jetzt 3¾ Weideſchlaͤge beigeſellt ſeyn.
Wenn nun in einer, bisher im beharrenden Zuſtande
befindlichen Wirthſchaft ſtatt eines Getreideſchlages, ein
Schlag mit Raps genommen, die Zahl der Weideſchlaͤge
aber nicht vermehrt wird; ſo iſt es nicht zu verwundern,
wenn ſich nach einigen Umlaͤufen zeigt, daß der Acker
erſchoͤpft und verarmt iſt.
Die Produktionskoſten des Rapſes verhalten ſich zu
denen des Rockens, nach meiner Erfahrung, wie 731:
638 oder wie 115: 100.
Da nun der Raps, im Verhaͤltniß zum Rocken 1)
von gleicher Flaͤche gleichen Ertrag gibt; 2) etwas hoͤhere
Produktionskoſten erfordert, und 3) den Boden bedeutend
ſtaͤrker erſchoͤpft; ſo muß, den obigen Geſetzen zu Folge,
der Anbau des Rapſes, hinter dem des Getreides, alſo
in dem Kreiſe der Viehzucht ſtatt finden.
2) Taback.
Der Taback mag in Hinſicht der Ausſaugung dem
Rocken ungefaͤhr gleich kommen, wenn von dem Taback
die Struͤnke, von dem Rocken das Stroh dem Acker zu-
ruͤckgegeben wird. Auch in Hinſicht des Ertrags dem Ge-
wichte nach, wird zwiſchen beiden Gewaͤchſen kein bedeu-
tender Unterſchied ſtatt finden. Die Produktionskoſten des
Tabacks ſind aber ohne Vergleich hoͤher, und aus dieſem
Grunde muß die Erzeugung des Tabacks hinter der des
Getreides, oder in dem Kreiſe der Viehzucht geſchehen.
3) Zichorien.
Die Produktionskoſten und die Ausſaugung dieſes
Gewaͤchſes ſind mir nicht bekannt; der Ertrag an Wur-
zeln iſt aber dem Gewicht nach ſo groß, daß auf jede
Ladung nur eine geringe Landrente faͤllt, und wahrſchein-
lich auch nur geringe Produktionskoſten kommen; die Er-
zeugung dieſes Gewaͤchſes geſchieht deshalb in der Naͤhe
der Stadt.
4) Kleeſamen.
Die Produktionskoſten des Kleeſamens ſind, da das
Abdreſchen und Enthuͤlſen des Samens viele Arbeit ko-
ſtet, nicht unbedeutend. Die Ausſaugung, die der Sa-
menklee bewirkt, ſcheint mir nicht betraͤchtlich zu ſeyn,
und wird durch den Erſatz, den die mitgeernteten Klee-
ſtengel geben, wahrſcheinlich reichlich gedeckt. Dagegen
iſt der Ertrag von einer gegebenen Flaͤche ſo geringe, daß
auf eine Ladung Kleeſamen dennoch eine ſehr bedeutende
Landrente faͤllt. Aus dieſem Grunde wird die Erzielung
des Samenklees in der entlegenern Gegend des Kreiſes
der Koppelwirthſchaft geſchehen und der der Stadt naͤ-
here Theil dieſes Kreiſes wird es vortheilhafter finden,
den Kleeſamen zu kaufen, als ihn ſelbſt zu erzeugen.
5) Flachs.
Die Flachsernte von einer gegebenen Flaͤche, betraͤgt
ungefaͤhr ¼ von dem, was der Rocken hier dem Gewicht
nach gegeben haͤtte; oder der Ertrag des Flachſes verhaͤlt
ſich zu dem des Rockens wie 1: 4.
Wenn eine Flachsernte den Boden eben ſo ſtark er-
ſchoͤpft, als eine Gerſtenernte; ſo gehoͤren zum Erſatz der
Ausſaugung eines Schlags mit Flachs 2 (genauer 2,07)
Weideſchlaͤge, wenn der Flachs in der Koppelwirthſchaft
auf Boden von dem Reichthum des Gerſtenſchlages ge-
bauet wird.
Wenn von den Koſten, die mit dem Flachsbau ver-
bunden ſind, der Werth der Ernte an Leinſamen abge-
zogen wird; ſo finde ich nach meinen Berechnungen das
Verhaͤltniß zwiſchen den Produktionskoſten des Flachſes
und denen des Rockens wie 1352: 182, oder wie 7½: 1.
Die Bedingungen, die jede einzeln ſchon im Stande
ſind, den Anbau eines Gewaͤchſes hinter den des Getrei-
des zu verweiſen, ſind alſo beim Flachs alle vereinigt,
und der Flachsbau wird deshalb nicht bloß hinter dem
Getreidebau, ſondern erſt hinter dem Tabacks- und Raps-
bau ſeine Stelle finden.
Ich enthalte mich der Anfuͤhrung mehrerer Handels-
gewaͤchſe, weil ich den Anbau derſelben zum Theil gar
nicht, zum Theil nicht genuͤgend aus eigener Erfahrung
kenne.
Wir finden alſo, daß die Mehrzahl der Handelsge-
waͤchſe nicht in der Naͤhe der Stadt, ſondern in dem Kreiſe
der Viehzucht gebauet wird. Dieſer Kreis, der, wenn
er bloß auf Viehzucht beſchraͤnkt bliebe, aͤußerſt duͤnn be-
voͤlkert ſeyn wuͤrde, erhaͤlt durch die Branntweinbrennerei
und durch den Anbau der Handelsgewaͤchſe, einen gro-
ßen Zuwachs an Erwerbsquellen und an Bevoͤlkerung.
Beſonders kann der Flachsbau einer großen Menſchenzahl
Beſchaͤftigung und Unterhalt geben. Nach einer hieruͤber
angeſtellten Berechnung finde ich, daß eine Tageloͤhner-
familie, die im Sommer den Flachs erzielt, im Winter
verſpinnt und zu Leinwand verwebt, von 300 □R. guten
Acker mit Flachs ihren Unterhalt beziehen kann, wenn ſie
auch fuͤr den Acker 25 Thlr. Pacht bezahlt. Durch den
ausgedehnten Flachsbau iſt es auch allein erklaͤrlich, wie
in der Provinz Oſtflandern, in welcher außer Gent doch
keine bedeutende Stadt liegt, 12000 Menſchen auf der
Quadratmeile ihren Unterhalt finden koͤnnen.
Der vordere Theil des Kreiſes der Viehzucht bietet
das intereſſante Schauſpiel einer ziemlich gut kultivirten
Gegend, die wenig oder faſt gar keine Landrente gibt,
dar. Denn der Preis der hier erzeugten Gewaͤchſe kann
nicht ſo hoch ſteigen, daß daraus eine irgend betraͤchtliche
Landrente hervorginge, weil ſonſt der ruͤckwaͤrts liegende
Theil dieſes ſehr ausgedehnten Kreiſes ebenfalls die Kul-
tur dieſer Gewaͤchſe, die ſaͤmmtlich nur geringe Trans-
portkoſten erfordern, betreiben und den Preis derſelben
tiefer niederdruͤcken wuͤrde. Faſt die ſaͤmmtlichen Ein-
kuͤnfte dieſes Landſtrichs beſtehen alſo aus Kapitalgewinn
und Arbeitslohn.
Wir haben in §. 5. geſehen, daß auf Boden von 10
Koͤrnern Ertrag, die Produktionskoſten fuͤr einen Scheffel
Rocken 0,437 Thlr., und auf Boden von 5 Koͤrnern Er-
trag 1,358 Thlr. betragen, daß alſo die Produktion des
Getreides auf reichem Boden um ſehr vieles wohlfeiler iſt
als auf aͤrmern Boden. Dieſes iſt nun mit den Han-
delsgewaͤchſen ebenfalls, aber in noch weit ſtaͤrkerm Maaß
der Fall. Die mehrſten Handelsgewaͤchſe erfordern naͤm-
lich durch eine ſorgfaͤltige Bearbeitung des Bodens, durch
Behacken, Anhaͤufen, Jaͤten u. ſ. w. ſo viele Arbeiter,
die mit der Groͤße des beſtellten Feldes und nicht mit der
Groͤße der Ernte im Verhaͤltniß ſtehen, daß die groͤßere
Ernte des reichen Bodens wenig mehr koſtet, als die ge-
ringe des aͤrmern Bodens, und daß der Anbau dieſer
Gewaͤchſe faſt nur auf ſolchem Boden, der fuͤr das Ge-
treide — weil dieſes ſich lagern wuͤrde — zu reich iſt,
mit Vortheil betrieben werden kann.
Wenn wir uns nun in Beziehung auf die Kultur
der Handelsgewaͤchſe zu der Wirklichkeit wenden: ſo fin-
den wir hier nicht den gleichen Reichthum des Bodens, wie
in dem iſolirten Staat, ſondern wir finden in der Regel,
daß in den hochkultivirten Laͤndern mit den hoͤhern Ge-
treidepreiſen zugleich ein großer Reichthum des Bodens
verbunden iſt, und daß umgekehrt in den minder kulti-
virten Laͤndern niedrigere Kornpreiſe und geringer Reich-
thum des Bodens gewoͤhnlich zuſammen treffen.
Legen wir uns nun die Frage vor: in welchem Lande
die Kultur der Handelsgewaͤchſe beim freien Handel am
vortheilhafteſten iſt? ſo tritt hier dem Vortheil, den das
aͤrmere Land durch geringes Arbeitslohn und niedrige
Landrente beſitzt, der Vorzug, den das reiche Land durch
ſeinen reichen Boden hat, direkt entgegen. Der Vorzug
des reichen Bodens beim Anbau der Handelsgewaͤchſe iſt
aber ſo bedeutend, daß dadurch gar haͤufig die Erſparung
an Arbeitslohn und Landrente in dem aͤrmern Lande,
nicht bloß kompenſirt, ſondern auch uͤberwogen wird.
Dies iſt nun — neben der hoͤhern Induͤſtrie des
Volks und der beſſern Kenntniß der Behandlung dieſer
Gewaͤchſe — der eigentliche Grund, warum wir in den
reichen Laͤndern noch einen ausgedehnten Anbau der Han-
delsgewaͤchſe nicht bloß zum eigenen Bedarf, ſondern ſelbſt
zur Ausfuhr nach andern Laͤndern erblicken. So finden
wir noch jetzt, daß der Flachsbau, der in die minder kul-
tivirten Gegenden des oͤſtlichen Europas gehoͤrt, den
Hauptkulturzweig in Oſtflandern, dem Garten Europas,
ausmacht. Sobald aber in den Laͤndern am baltiſchen
Meer der Boden einen hoͤhern Grad von Reichthum er-
langt hat — und dies zu erreichen ſteht in der Macht des
Landwirths — wird dieſer Kulturzweig in Flandern un-
vermeidlich ſinken, und dieſes Sinken wird um ſo raſcher
herbeigefuͤhrt und um ſo mehr beſchleunigt werden, wenn
die Niederlaͤndiſche Regierung fortfaͤhrt, durch hohe Ein-
fuhrzoͤlle auf das Getreide die Differenz in den Korn-
preiſen beider Gegenden zu ſteigern.
Auch in England wird trotz des hohen Arbeitslohns
und der hohen Landrente der Anbau der Handelsgewaͤchſe
betrieben, und durch Zoͤlle auf die Einfuhr derſelben be-
guͤnſtigt. Durch die engliſche Kornbill iſt aber die Diffe-
renz in den Kornpreiſen ſo hoch geſtiegen, daß die Eng-
laͤnder es jetzt ſchon vortheilhaft finden, Dungmaterial
(Knochen, Rapskuchen u. ſ. w.) ſtatt Korn von uns zu
kaufen. Wenn nun England bei ſeiner Kornbill beharrt,
ſo werden die dortigen Landwirthe gar bald gewahr wer-
den, daß der Dung bei ihnen zu theuer iſt, um denſel-
ben an die meiſtens ſehr ausſaugenden Handelsgewaͤchſe,
namentlich an den Raps zu verwenden, und ſie werden
gar bald den fernen Laͤndern mit niedrigen Kornpreiſen
den Anbau dieſer Gewaͤchſe uͤberlaſſen und die Einfuhr
derſelben geſtatten muͤſſen.
§. 32.
Zu welchem Preiſe kann Flachs und Leinwand aus
den verſchiedenen Gegenden des iſolirten Staats nach der
Stadt geliefert werden?
Nach den oben mitgetheilten Daten uͤber den Flachs-
bau iſt die Ausſaugung eines Schlages mit Flachs gleich
dem Erſatz, den zwei Weideſchlaͤge geben. Von 3000 □
R. Acker koͤnnen alſo nur 1000 □R. Flachs tragen, wenn
der Reichthum des Bodens erhalten werden ſoll, waͤhrend
von dieſer Flaͤche 1500 □R. mit Getreide beſtellt werden
koͤnnen, ohne den Boden zu erſchoͤpfen.
In den Gegenden, wo die Landrente der Weide-
ſchlaͤge = 0 iſt, faͤllt aus dieſem Grunde auf einen Schlag
mit Flachs eine 1½ mal ſo hohe Landrente als auf das
Getreide, und da auf derſelben Flaͤche dem Gewicht nach,
nur ¼ ſo viel Flachs als Rocken waͤchſt; ſo koͤmmt auf
eine Ladung Flachs von 2400 ℔ ſechsmal ſo viel Land-
rente als auf eine Ladung Rocken.
Nun iſt aber in der Naͤhe der Stadt die Landrente
der Weide negativ, in groͤßerer Entfernung poſitiv, und
aus dieſem Grunde faͤllt auf den, in der Naͤhe der Stadt
gebaueten Flachs mehr, auf den in der Ferne erzeugten
Flachs weniger als die 6fache Landrente. Wir ſind
aber durch die bisherigen Unterſuchungen nicht in den
Stand geſetzt, den hieraus entſpringenden Unterſchied in
Zahlen anzugeben, und wir muͤſſen uns deshalb damit
begnuͤgen, fuͤr den ganzen iſolirten Staat dem Flachs die
6fache Landrente, von dem was das Getreide traͤgt, an-
zurechnen. Unſere Rechnung muß dann aber den Preis,
des in der Naͤhe der Stadt gebaueten Flachſes etwas zu
niedrig, und den des in der Ferne erzeugten, etwas zu
hoch angeben.
Nehmen wir nun die Produktionskoſten des Flachſes
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zu 7½, die Landrente zu 6 im Verhaͤltniß zum Getreide
an, ſo betragen fuͤr eine Ladung Flachs von 2400 ℔.
die Produktionskoſten
die Transportkoſten
die Landrente
Summe
Fuͤr
iſt der Preis
einer Ladung
eines Pfundes
x = 0 Meilen 307 Thlr. 6, 1 ß
x = 10 — 245 — 4, 9 ß
x = 28 — 148 — 3 ß
Das Pfund Flachs kann alſo aus der 28 Meilen ent-
fernten Gegend um 3, 1 ß, oder um ungefaͤhr 52 prct.
wohlfeiler geliefert werden, als aus der Naͤhe der Stadt.
Es iſt noch zu bemerken, daß bei allen dieſen Be-
rechnungen die Landrente, die die Koppelwirthſchaft gibt,
normirt. Wollte man die Landrente, die die freie Wirth-
ſchaft gewaͤhrt zum Grunde legen; ſo wuͤrde der in der
Naͤhe der Stadt erzeugte Flachs noch ungleich hoͤher zu
ſtehen kommen.
Wenn aus dem Flachs grobe Leinwand gemacht wird,
ſo betragen — nach den Notizen die ich hieruͤber habe
erhalten koͤnnen — die Koſten des Spinnens von 2400 ℔
Flachs und die Koſten des Webens und des Bleichens
der aus dieſem Flachs gemachten Leinwand zuſammen
413 Thlr. Vergleicht man dieſe mit den Produktions-
koſten einer Ladung Rocken, welche hier 18, 2 Thlr. be-
tragen; ſo ergibt ſich, daß die Koſten eine Ladung Flachs
in Leinwand zu verwandeln, oder die Fabrikationskoſten
der Leinwand, ſich zu den Produktionskoſten des Rockens
wie 22, 7 zu 1 verhalten.
Nun koͤnnen aber die Fabrikationskoſten der Lein-
wand, in Geld ausgedruͤckt, nicht allenthalben gleich hoch
ſeyn, ſondern dieſe aͤndern ſich mit dem Geldpreis der
Arbeit und des Getreides. Um alſo die Fabrikationsko-
ſten der Leinwand fuͤr jede Gegend des iſolirten Staats
angeben zu koͤnnen, muͤſſen wir ſie durch eine allgemeine
Formel ausdruͤcken, und hiezu ſind wir durch das obige
Verhaͤltniß in den Stand geſetzt.
Multiplizirt man naͤmlich dieſem Verhaͤltniß zu Folge
die in §. 19. angegebenen Produktionskoſten fuͤr eine La-
dung Rocken mit 22, 7, ſo ergibt ſich, daß die Fabrika-
tionskoſten der Leinwand, die aus 2400 ℔ Flachs ge-
macht wird, betragen
Thlr.
Hiernach fallen an Fabrikationskoſten
auf eine Ladung auf ein Pfund
fuͤr x = 0 Meilen 745 Thlr. 14, 9 ß
x = 10 — 596 — 11, 9 ß
x = 28 — 363 — 7, 3 ß
Aus dem ganzen Gang unſerer Unterſuchung erhellt,
daß wir den reellen Arbeitslohn oder die Summe der
Lebensbeduͤrfniſſe, die ſich der Arbeiter fuͤr ſeinen Lohn
erkaufen kann, fuͤr alle Gegenden des iſolirten Staats
gleich hoch annehmen; der Geldpreis der Arbeit iſt dage-
gen nach der Verſchiedenheit des Preiſes des Getreides
und der uͤbrigen Lebensbeduͤrfniſſe gar ſehr verſchieden,
und dieſe Verſchiedenheit im Geldlohn bringt eine ſolche
Verſchiedenheit in den Fabrikationskoſten der Leinwand
hervor daß die Verwandlung von 2400 ℔ Flachs in
Leinwand in der Naͤhe der Stadt 745, in der 28 Meilen
16*
entfernten Gegend aber nur 363 Thlr., alſo noch etwas
weniger als die Haͤlfte koſtet.
Bei der Verwandlung des Flachſes in gebleichte Lein-
wand geht ungefaͤhr 25 prct. von dem Gewicht des Flach-
ſes verloren; oder die Leinwand wiegt 25 prct. weniger
als das Flachs wog, aus welchem es verfertigt iſt.
Die Transportkoſten einer Ladung Flachs betragen
Thaler. Die Transportkoſten der aus dieſem
Flachs verfertigten Leinwand, betragen ¼ weniger, alſo
nur Thlr.
Wollen wir nun den Preis, zu welchem die Leinwand
aus den verſchiedenen Gegenden des iſolirten Staats ge-
liefert werden kann, beſtimmen; ſo muͤſſen wir ſowohl
die Koſten, die der Flachsbau verurſacht, als auch die
Fabrikationskoſten der Leinwand zuſammenſtellen.
Fuͤr 2400 ℔ Flachs betragen
die Produktionskoſten
die Landrente
die Fabrikationsk. der Leinwand
die Transportkoſten der Leinwand
Summe
Fuͤr iſt der Preis der Leinwand die gemacht iſt
aus 2400 ℔ Flachs aus 1 ℔ Flachs
x = 0 Meilen 1052 Thlr. 21 ß
x = 10 » 838 » 16,8 »
x = 28 » 505 » 10,1 »
Die Bewohner der Stadt wuͤrden alſo die Leinwand
um mehr als doppelt ſo hoch bezahlen muͤſſen, wenn der
Bau des Flachſes und die Fabrikation der Leinwand
in der Naͤhe der Stadt geſchehen muͤßte, als wenn ſie
dieſelbe aus der 28 Meilen entfernten Gegend beziehen
koͤnnen.
Die Anwendung, die wir von der zur Preisbeſtim-
mung der landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe entworfenen
Formel auf die Ausmittelung der Fabrikationskoſten der
Leinwand und auf die Preisbeſtimmung derſelben gemacht
haben, muß auf den Gedanken leiten, ob es nicht moͤg-
lich ſey, fuͤr die verſchiedenen Fabriken und Gewerbe die
Gegend zu beſtimmen, wo ſie am vortheilhafteſten betrie-
ben werden, und von wo aus die Fabrikate am wohlfeil-
ſten geliefert werden koͤnnen.
Wer die Fabrikgeheimniſſe durchdringen koͤnnte, und
eine ſo vollkommne Kenntniß aller Gewerbe beſaͤße, daß
er von jedem einzelnen die auf eine gegebene Quantitaͤt
fabrizirter Waare fallende Quote von Kapitalanlage, Ar-
beitslohn und Gewerbsprofit angeben koͤnnte, wuͤrde aller-
dings ein ſolches Tableau entwerfen koͤnnen.
Es wuͤrde ſich daraus ergeben, daß nicht alle Fabri-
ken und Manufakturen in die Hauptſtadt zuſammenge-
draͤngt wuͤrden, ſondern daß ein großer Theil derſelben
ihren Sitz in der Gegend, wo das rohe Material am
wohlfeilſten erzeugt wird, nehmen wuͤrde, daß alſo der
iſolirte Staat nicht bloß die eine große Stadt, ſondern
noch ſehr viele kleinere Staͤdte enthalten muͤſſe.
Dies ſtreitet wider unſre erſte Annahme; aber wir
bedurften dieſer Annahme auch nur zuerſt um die Unter-
ſuchung zu vereinfachen. Denn wir haben ſpaͤterhin in
§. 28. geſehen, daß die kleinen Staͤdte auf die Preisbe-
ſtimmung der landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe keinen Ein-
fluß haben, ſondern hierin von der Hauptſtadt ganz und
gar abhaͤngig ſind. Nur muß die Zentralſtadt der Haupt-
marktplatz bleiben, und in ihr muͤſſen alle laͤndlichen Er-
zeugniſſe den hoͤchſten Preis haben; daß dies aber ſtatt
finde, iſt ſchon dadurch hinlaͤnglich motivirt, daß dieſe
Stadt 1) in der Mitte der Ebene liegt, 2) der Sitz der
Regierung iſt und 3) die ſaͤmmtlichen Bergwerke in ihrer
Naͤhe hat.
Eine ſolche auf die Stellung der Fabriken gerichtete
Unterſuchung wuͤrde aber, wenn ſie praktiſche Brauchbar-
keit erlangen ſoll, zwei Geſichtspunkte, die bei der Preis-
beſtimmung der landwirthſchaftlichen Produkte nicht zur
Sprache gekommen ſind, mit aufnehmen muͤſſen.
1) Wir finden in der Wirklichkeit, daß in allen reichen
Laͤndern der Zinsfuß ſehr viel niedriger iſt als in den
aͤrmern Laͤndern — ob dies nun in der Natur und
dem Weſen der Sache ſelbſt begruͤndet iſt, oder von
der Spaltung in verſchiedene Staaten herruͤhrt, muß
hier dahin geſtellt bleiben. — Nun gibt es mehrere
Fabriken und Manufakturen, in denen die Zinſen der
Kapitalanlage einen Hauptbeſtandtheil, der Arbeits-
lohn und die Auslage fuͤr das rohe Material einen
verhaͤltnißmaͤßig minder bedeutenden Theil der jaͤhrli-
chen Ausgabe ausmachen, und alle dieſe Fabriken
werden in dem reichern Staat betrieben werden muͤſ-
ſen, wenn auch das rohe Material und der Arbeitslohn
daſelbſt viel hoͤher zu ſtehen kommen. Bei dieſer
Unterſuchung wird alſo die Zerlegung des Preiſes
der Waaren in die drei Beſtandtheile: Arbeitslohn,
Kapitalgewinn und Landrente, nothwendig.
2) Von der Groͤße des Markts oder des Abſatzes haͤngt
der Umfang und die Ausdehnung die eine Fabrik an
einem Orte erlangen kann ab, und von der Groͤße
der Unternehmung iſt wiederum der Grad, bis zu
welchem die Vertheilung der Arbeit und die Erſetzung
der menſchlichen Kraͤfte durch Maſchinen getrieben wer-
den kann, abhaͤngig. Dieſes hat aber, wie Adam
Smith uͤberzeugend dargethan hat, auf den Preis
zu welchem eine Waare geliefert werden kann, den
entſcheidendſten Einfluß.
Aus dieſen beiden Urſachen werden manche Fabriken,
die dem aͤrmern Lande anzugehoͤren ſcheinen, weil das
rohe Material daſelbſt erzeugt wird, doch mit groͤßerm
Vortheil in dem reichern Lande betrieben werden koͤnnen,
und das aͤrmere Land wird dieſe Waaren von dort zu
einem niedrigern Preis, als was ſie demſelben bei der
eigenen Fabrikation koſten wuͤrde, beziehen koͤnnen.
§. 33.
Ueber die Beſchraͤnkung der Handelsfreiheit.
Wie wird es auf den Reichthum des iſolirten Staats
wirken, wenn durch gewaltſame Verfuͤgungen der Regie-
rung der Flachsbau und die Leinwandfabrikation nach ei-
ner der Stadt naͤhern Gegend verpflanzt werden?
Um uns einen ſolchen Fall nur als moͤglich zu den-
ken, muͤſſen wir annehmen, daß der iſolirte Staat in
zwei verſchiedene Staaten geſpalten werde.
Wir wollen nun, um die Folgen einer ſolchen Spal-
tung unterſuchen zu koͤnnen, folgende Vorausſetzungen
machen:
1) die Zentralſtadt mit einem Kreis um die Stadt
herum, der 15 Meilen im Halbmeſſer hat, bilde ei-
nen eigenen Staat A;
2) der uͤbrige Theil der Ebene, und zwar in der Aus-
dehnung wie wir dieſe bisher betrachtet haben, bilde
einen zweiten Staat B, den wir im Gegenſatz mit
dem erſten den aͤrmern Staat nennen wollen;
3) jeder Staat ſorge nur fuͤr ſein eigenes Intereſſe,
ſelbſt dann, wenn der eigene Vortheil nur auf Ko-
ſten des andern Staats zu erreichen iſt.
Geſetzt nun der reiche Staat A verbiete die Einfuhr
des Flachſes und der Leinwand, um das Geld was ſonſt
dafuͤr aus dem Lande ging zu erſparen, und um die ei-
genen Unterthanen zur Erzeugung des Flachſes und zur
Fabrikation der Leinwand zu bewegen; wie wird dies auf
den Reichthum 1) des reichen die Einfuhr beſchraͤnkenden
Staats A, und 2) des aͤrmern Staats B wirken?
Um die Beantwortung dieſer Frage moͤglichſt zu ver-
einfachen, wollen wir annehmen, daß in allen uͤbrigen
Punkten noch eine vollkommne Handelsfreiheit zwiſchen
beiden Staaten ſtatt finde.
Nach dem Verbot der Einfuhr wird nun die Erzeu-
gung des Flachſes und die Fabrikation der Leinwand an
der Graͤnze des Staats A, alſo in der Entfernung von
15 Meilen von der Stadt geſchehen muͤſſen. Hier gibt
der Boden aber ſchon eine betraͤchtliche Landrente, und
der Arbeitslohn iſt wegen der hoͤhern Getreidepreiſe be-
deutend hoͤher als in der 30 Meilen von der Stadt ent-
fernten Gegend. Die Leinwand kann alſo von hier aus
nur zu einem viel hoͤhern als dem fruͤhern Preis nach der
Stadt geliefert werden. Da aber die Leinwand ein un-
entbehrliches Beduͤrfniß iſt, ſo werden die Bewohner der
Stadt dieſen hoͤhern Preis zahlen muͤſſen.
Dem Landwirth des Staats A der fruͤher Getreide,
jetzt Flachs erzeugt, erwaͤchſt aber aus der Einfuͤhrung des
Flachsbaues trotz dieſer Steigerung des Flachspreiſes kein
Vortheil. Denn da 1) der Getreidepreis durch dieſe Ver-
aͤnderung nicht ſteigt, ſondern — wie wir weiterhin ſehen
werden — eher etwas faͤllt, ſo iſt auch die aus dem Ge-
treidebau hervorgehende Landrente mindeſtens nicht geſtie-
gen: und da 2) innerhalb der den Kornbau betreibenden
Kreiſe die Groͤße der Landrente durch den Getreidebau
beſtimmt wird — welches aus allen fruͤhern Unterſuchun-
gen, wie ich hoffe, uͤberzeugend hervorgeht — ſo kann
auch der Flachsbau auf der Stelle, wo er jetzt betrieben
wird, keine hoͤhere Landrente geben, als der Getreidebau.
Es wird alſo durch die Einfuͤhrung des Flachsbaues nur
die Pflanze, wodurch der Boden genutzt wird, aber nicht
die Nutzung des Bodens ſelbſt geaͤndert.
Der Bezirk, in welchem jetzt der Flachsbau betrieben
wird, kann nun von dem Boden, der Flachs ſtatt Korn
traͤgt, kein Getreide mehr nach der Stadt liefern; und da
alles Korn, was dieſer Diſtrikt ſonſt erzeugte, zur Ver-
ſorgung der Stadt nothwendig war: ſo entſteht jetzt in
der Stadt Mangel an Getreide.
Woher ſoll nun das fehlende Getreide genommen
werden?
Der ſonſt den Flachs erzeugende Diſtrikt in dem
aͤrmern Staat B kann wegen der großen Transportkoſten
bei dem Preiſe von 1½ Thlr. fuͤr den Schfl. Rocken kein
Getreide nach der Stadt liefern. Soll nun der Mangel
erſetzt werden, ſo muß der Preis des Getreides ſteigen
und zwar ſo hoch ſteigen, daß der ſonſt Flachsbau betrei-
bende Diſtrikt — oder eigentlich die Gegend, die Brannt-
weinbrennerei und Rapsbau betreibt — zum Kornbau
uͤbergehen und daſſelbe nach der Stadt liefern kann.
Aber gibt es denn in der Stadt einen unerſchoͤpfli-
chen Fond, aus dem hoͤhere und immer hoͤhere Getreide-
preiſe bezahlt werden koͤnnen, und aus welcher Quelle
fließt denn das Geld zur Bezahlung des theuern Getreides?
Es gibt in der Stadt eine große Menge Menſchen,
deren ganzer Erwerb nur grade hinreicht, ſich bei den bis-
herigen Mittelpreiſen die nothduͤrftigſten Lebensmittel zu
verſchaffen. So wie der entfernteſte Produzent den Schfl.
Rocken nicht unter 1½ Thlr. nach der Stadt liefern kann,
ſo kann wiederum die arbeitende Klaſſe keinen hoͤhern
Preis bezahlen. So wie das Fallen des Getreides unter
den bisherigen Mittelpreis die Kultur des aͤußern Ran-
des der kornbauenden Ebene unmoͤglich macht, den Acker
wieder der Wildniß uͤberliefert, und die Menſchen zur
Auswanderung zwingt: ſo bringt das Steigen des Mit-
telpreiſes des Getreides Verarmung und Auswanderung
unter der arbeitenden Klaſſe in der Stadt hervor — wenn
keine neuen Erwerbsquellen eroͤffnet werden.
Aber das Sperrſyſtem ſelbſt hat nirgends neue Er-
werbsquellen geſchaffen, wodurch der Lohn des Arbeiters
erhoͤht und dieſer zur Bezahlung eines hoͤhern Getreide-
preiſes in den Stand geſetzt werden koͤnnte. Im Gegen-
theil leidet durch die Vertheurung eines nothwendigen
Beduͤrfniſſes — der Leinwand — der Wohlſtand Aller,
und der Arbeiter insbeſondre behaͤlt, nachdem er einen
groͤßern Theil ſeines Lohns fuͤr den Ankauf der Leinwand
hat hingeben muͤſſen, einen geringern Theil zum Ankauf
des Getreides; der Preis des Getreides wird alſo anſtatt
zu ſteigen, fallen muͤſſen, wenn der Arbeiter noch ferner
beſtehen ſoll.
Alſo keine Erhoͤhung des Getreidepreiſes und folglich
keine Moͤglichkeit den kornbautreibenden Kreis zu erwei-
tern. Der Diſtrikt, welcher fruͤher den Flachs erzeugte,
kann ſich nicht zum Kornbau, nicht zur Kultur andrer
Gewaͤchſe wenden, weil der Preis des Getreides und der
Handelsgewaͤchſe den Anbau derſelben in dieſer Entfernung
von der Stadt nicht lohnt. Der bisher kultivirte Boden
muß unangebauet liegen bleiben und den Viehheerden
eingeraͤumt werden, und alle Menſchen, die bisher vom
Flachsbau lebten, verlieren ihren Erwerb und muͤſſen
auswandern.
Mit der Verwuͤſtung des Diſtrikts, der bisher den
Flachsbau betrieb, und mit dem Verſchwinden aller Men-
ſchen, die bisher ihren Unterhalt davon zogen, hoͤren nun
aber auch alle Beduͤrfniſſe, die dieſe Menſchen an Eiſen-
waaren, Tuch, Geraͤthſchaften u. ſ. w. hatten, und die ſie
bisher aus der Stadt bezogen, auf. Die Bergbearbeiter,
die Fabrikanten, Handwerker u. ſ. w., welche die Waaren
fuͤr dieſen Diſtrikt bisher lieferten, verlieren dadurch ihren
ganzen Erwerb, und muͤſſen eben ſowohl als die Bewoh-
ner des Diſtrikts ſelbſt auswandern oder umkommen.
Die endliche Folge dieſer Beſchraͤnkung der Handels-
freiheit iſt alſo die:
1) daß in dem aͤrmern Staat B der die Flachskultur
betreibende Diſtrikt mit allen vom Flachsbau leben-
den Menſchen gaͤnzlich verſchwindet;
2) daß die Stadt des reichen Staats A alle Fabrikan-
ten, Handwerker u. ſ. w., die bisher fuͤr dieſen Di-
ſtrikt arbeiteten, verliert, und alſo an Groͤße, Reich-
thum und Bevoͤlkerung abnimmt.
Indem alſo der reiche Staat durch die Beſchraͤnkung
der Handelsfreiheit dem Wohlſtand des aͤrmern Staats
unvermeidlich eine tiefe Wunde ſchlaͤgt, verwundet er ſich
ſelbſt zugleich nicht minder tief.
Es verdient bemerkt zu werden, daß auch ohne alle
Repreſſalien von Seiten des aͤrmern Staats, die Sper-
rung dennoch nicht minder verderblich auf den reichen
Staat zuruͤckwirkt.
Waͤhrend es in der Theorie der Nationaloͤkonomie
ſchwierig iſt, eine richtige und vollſtaͤndige Definition
von dem Nationalreichthum zu geben, und die Kennzei-
chen von dem Wachsthum oder Sinken deſſelben mit Be-
ſtimmtheit anzugeben, haben wir in dem iſolirten Staat
an der Ausdehnung oder Verengung der kultivirten Ebene
ein ſinnlich wahrnehmbares, untruͤgliches Kennzeichen von
dem zu- oder abnehmenden Reichthum des Staats.
Wir haben hier die Wirkung der Beſchraͤnkung des
freien Verkehrs zwar nur an einem einzigen landwirth-
ſchaftlichen Erzeugniß, dem Flachs, gezeigt; wir werden
aber, wenn wir jeden andern Kulturzweig der Landwirth-
ſchaft zum Gegenſtand der Betrachtung nehmen, dieſelben
Schluͤſſe wiederholen muͤſſen und dann auch daſſelbe Re-
ſultat erhalten. So wird z. B. die gewaltſame Verpflan-
zung der Schafzucht, oder des Rapsbaues nach einer der
Stadt naͤhern Gegend ſtets ein und daſſelbe Reſultat:
«Verengung der kultivirten Ebene und Abnahme der
Groͤße der Stadt» hervorbringen.
Werfen wir nun einen Blick auf die europaͤiſchen
Staaten, ſo finden wir zwiſchen den verſchiedenen Laͤndern
Europas, in Hinſicht auf Kulturzuſtand, Bevoͤlkerung,
Getreidepreis und Landrente einen nicht minder großen
Unterſchied als zwiſchen, den verſchiedenen Gegenden des
iſolirten Staats.
Zwiſchen der Umgebung von London und zwiſchen
den Provinzen des oͤſtlichen Rußlands an den Ufern der
Wolga und des Uralfluſſes findet in dieſer Beziehung
vielleicht noch ein groͤßerer Unterſchied ſtatt, als in dem
iſolirten Staat zwiſchen der Umgebung der Zentralſtadt
und dem aͤußerſten Rand des Kreiſes der Viehzucht.
So wie nun in dem iſolirten Staat die Beſchraͤn-
kung des Handels nicht bloß dem aͤrmern Staat einen
Theil ſeiner Bewohner und ſeines Reichthums koſtet, ſon-
dern auch auf den reichern Staat verderblich zuruͤckwirkt:
ſo muß auch die Handelsbeſchraͤnkung zwiſchen den euro-
paͤiſchen Staaten, die auf verſchiedenen Stuffen der Kul-
tur ſtehen, nicht bloß den Ackerbau des aͤrmern Landes
niederdruͤcken, ſondern auch dem reichen Staat einen Theil
ſeiner Macht und ſeiner Groͤße entziehen.
Und dennoch ſehen wir jetzt in den europaͤiſchen Staa-
ten Sperrungen und Handelsbeſchraͤnkungen uͤberall an-
gewandt!
Man hat es aufgegeben, die Kultur der Gewaͤchſe,
die dem Suͤden angehoͤren, im Norden erzwingen zu wol-
len; man verſtattet den Austauſch der Produkte verſchie-
dener Klimate, und glaubt daß dies dem Nationalwohl
vortheilhaft ſey; man hat es aber leider in unſern Tagen
verkannt, daß der Austauſch von Produkten zwiſchen Voͤl-
kern, die unter einem Himmelsſtrich wohnen, aber auf
verſchiedenen Stuffen der Kultur ſtehen, eben ſo wohl
von der Natur geboten und eben ſo vortheilhaft fuͤr die
Nationen ſey, als wenn die Verſchiedenheit der Erzeugniſſe
durch die Verſchiedenheit des Klimas herbeigefuͤhrt wird.
Es verdient noch der Erwaͤhnung, daß der Landwirth
des iſolirten Staats, der ſeinen Standpunkt richtig er-
kennt, damit auch zugleich die Erkenntniß deſſen, was er
zu thun hat, beſitzt.
Wir haben um die Bildung und Geſtaltung des iſo-
lirten Staats zu entwickeln, keines andern Prinzips als
der Annahme, daß Jeder ſein eigenes Intereſſe richtig er-
kennen und darnach handle, bedurft. So wie nun aus
dem Zuſammenwirken Aller, Jeder ſeinen eigenen richtig
verſtandenen Vortheil erſtrebend, die Geſetze, wornach die
Geſammtheit handelt, hervorgehen, ſo muß wiederum in
der Befolgung dieſer Geſetze der Vortheil des Einzelnen
enthalten ſeyn.
Waͤhrend der Menſch nur ſeinen eigenen Vortheil zu
verfolgen waͤhnt, iſt er das Werkzeug in der Hand einer
hoͤhern Macht, und arbeitet, ihm ſelbſt oft unbewußt, an
dem großen und kuͤnſtlichen Bau des Staats und der buͤr-
gerlichen Geſellſchaft — und die Werke die die Menſchen,
als Geſammtheit betrachtet, hervorbringen und ſchaffen,
ſo wie die Geſetze wornach ſie dabei verfahren, ſind ge-
wiß nicht weniger der Aufmerkſamkeit und Bewunderung
wuͤrdig, als die Erſcheinungen und Geſetze der phyſiſchen
Welt.