Meine liebe, gute theure Freundin,
Daß wir hier Ihrer liebevoll oft und viel gedenken, brauche ich
es Ihnen erst besonders zu versichern? Gewiß nicht. Mit ganz besonderer
Lebhaftigkeit aber macht sich dies Gedenken in diesen Tagen des Märzmonds
in mir geltend. Da war es zunächst der heilige 18te, mit welchem
– was man auch im̃er dagegen gesagt haben mag und noch jetzt sagen
möge – die neue feinere Zeit unseres Volks anhebt, der Beginn
jener Tage, von denen unser Adolf vorahnend gesungen:
Die Geister und die Herzen glühen
Und Frühling, Frühling muß es werden
Und unsre Rosen müssen blühn!
Insonderheit ich erblicke in den an jenem heiligen Märztage ins all-
gemeine Bewusstsein hervortretenden Gedanken den Keim, aus dem
auch der Freundschaftsbund der „Glaßbrennerei“ ensproßt ist. Hatten
doch Glaßbreñer und ich schon geraume Zeit neben einander gelebt, Je-
der für sich schaffend und wirkend, und erst das Jahr 48 hat uns
und die Unseren zusam̃engeführt, so daß wir von da ab, treu
verbunden, obgleich später räumlich getreñt, nicht im̃er unter, aber
doch im̃er mit einander gelebt, gewirkt und geschafft. Dessen lassen
Sie
Sie mich nicht bloß für mich gedenken, sondern es auch Ihnen in diesem
Brief aussprechen, der Ihnen an dem Geburtstag unseres Adolf zugehen
wird. Ich habe diesen Tag niemals vorübergehen lassen, ohne ihm, wenn
auch nur mit wenigen Zeilen, ein Lebens- und Liebeszeichen aus der
Ferne zu geben; ich richte eben so heute diese meine Zeilen an Sie, sein
andres Ich, überzeugt, daß wir in dem Gedanken an unsern Adolf
an diesem Tage aufs iñigste verbunden sind.
Was wirklich dein gewesen, bleibt dein für alle Zeit.
Du fühlst es dein, wie heute, in alle Ewigkeit!
Sie haben mich zweifelnd gefragt, ob wir auch nach dem Tode noch fort
leben werden. Das Wort ist so vielseitig; aber, weñ leben – wirken heißt,
so dürfen Sie sicher und gewiß sein (und erleben dafür ja freudige Zeug-
nisse), daß Glaßbreñer fortlebt und fortleben wird, und nicht minder dür-
fen Sie überzeugt sein, daß die, welche mit ihm in einem Geist
gelebt, dh.daß heißt gewirkt und geschafft, auch mit und in ihm verbunden
fortwirken, dh.daß heißt fortleben werden.
Weiteres will ich heute nicht sagen, nur die treusten
und herzlichste Grüße von uns Allen beifügen und die Hoffnung,
Ihnen bald, weñ durch die im Mai fertig werdene Eisenbahn unsere
Wohnorte näher zusam̃engerückt sind, hier mündlich unserer
unveränderten Freundesgesiñung aussprechen zu köñen.
In dauernder Freundschaft
treu verbunden der Ihrige
Dan. Sanders
Altstrelitz d 25.3.77