DIſce ferire Francum, lerne einen Frantzosen
treffen, war das allgemeine Waidsprüchelgen der al-
ten Engländer, wodurch sie unter Fortpflantzung des
unversöhnlichsten Hasses wider die Frantzösische Na-
tion, ihren Kindern Lust und Fertigkeit beybrachten,
den Bogen sicher und gewiß dereinsten gegen ihre Fein-
de führen zu können. Es kan seyn, daß die Lage der beyden Län-
der, oder auch andere natürliche Ursachen dergleichen antipatheti-
sche Creaturen hervor zu bringen im Stande sind, und daß die so
widrige Gemüths-Beschaffenheiten von der unterschiedenen Lufft
und deren Einfluß in ihre Cörper herrühren, und einen solchen Na-
tional-Haß verursachen. Wir dörffen uns aber hierbey nicht weit-
läufftig aufhalten; so viel ist gewiß, daß ein ernsthaffter Englän-
der die Aufführung eines volatilischen Frantzmanns allezeit bela-
chen wird, wenn er ihn seine Sorgen und Leid vertantzen, versingen
und verpfeiffen hört; er wird den grösten Eckel empfinden, wenn
er des Tages wohl hundertmahl von einem eintzigen Frantzosen das
verdrießliche Quelle heure eſt il? comment vous portez vous?
hören muß; und es geschicht gewiß nicht anders als mit dem grö-
sten Widerwillen, wenn er bisweilen das unaufhörliche votre tres
humble Serviteur! mit einer Verachtungs-vollen Mine zu beant-
worten sich genöthiget siehet. Dahingegen ein perfumirter Petit
Maitre von Paris den Englischen hohen Geist, das edelmüthige
Betragen, und das reinliche und prächtige Wesen dieser vortreffli-
chen Nation heimlich zwar bewundern muß, dennoch aber in denen
Gesellschafften seiner amoureuſen Freunde und Freundinnen vor ei-
ne angebohrne Schuldigkeit achtet, unter tausenderley Capriolen
und Badinagen mit vollem Halse solches alles vor die Folgen eines
schweren und gallsüchtigen Geblüts ausgiebt. ec. Man darff sich
aber nicht einbilden, daß dieser Gemüths- und Sitten-Unterschied
nur in denen Privat-Personen und deren Umgang eingeschrenckt
bleibe. O nein! wir haben schon oben gesagt, daß er sich über
beyde Nationen überhaupt erstrecke, und sich beynahe in allen poli-
tischen und Staats-Begebenheiten, sowohl vor Alters als noch jetzo,
mehr als zu deutlich mercken läßt. Polydorus Virgilius in seiner
Englischen Historie sagt schon von seinen Zeiten, es sey wohl eher
möglich, daß ein Mohr seine Haut verändere, als daß ein gebohr-
ner Engländer mit einem wahrhafften Frantzosen aufrichtige Freund-
schafft machen könte. Zu Eduardi III. Zeiten dorffte bey Leib-
und Lebens-Straffe kein Frantzose nur mit einem Fuß nach Eng-
land kommen. Henricus VIII. schickte Kayser Carl V. nebst vie-
len Hülffs-Völckern, 400. Englische Docken wider Franciſcum I.
zu Hülffe, man kan leicht mercken warum? Wie manchem guten
Frantzmann muß die Galle überlauffen, wenn er den jetzigen Groß-
Brittannischen Titul lieset: Georgius II. D. G. Magnæ Brit-
tanniæ, Franciæ & Hyberniæ Rex. Jst dieses nicht das aller-
känntlichste Merckmahl der in alten Zeiten dem Frantzösischen Reich
so übel bekommenen Englischen Tapfferkeit? wobey uns 2. sehr beis-
sende Müntzen des grossen Königs Wilhelmi III. von Groß-Brit-
tannien, beyfallen, deren eine den ertzenen Ochsen des Phalaris zu
Agrigent vorstellete, mit der Uberschrifft: Suis perit ignibus autor,
in dem Abschnitt aber: Portus Gratiæ ( Havre de Grace ) exuſtus
& everſus Bombardis Anglo-Batavis an. MDCXCIII. Die an-
dere aber præſentirte auf einer Seite Jovem mit Donner-Keulen,
nebst denen Beyworten: Jovi tonanti, und der Unterschrifft: Gui-
lielmi III. M. Britt. Regis. Der Revers zeigete die durch die
Englische Flotte angezündete Frantzösische See-Städte, mit einer
darüber stehenden Sonne, als der Frantzösischen Deviſe: cum
lemmate. Aſpicit accenſas nec tantos ſuſtinet æſtus, darunter
steht: Vibrata in Maritimas Galliæ urbes fulmina, nebst der Un-
terschrifft: Vangionum Nemetumque urbes ulciſcitur Anglus,
diſce timere graves nunc Ludovice vices. Und wiewohl thäte
man in Franckreich, wenn man nicht allezeit die Helden-Thaten des
grossen Ludwigs in Händen hätte, und nur nicht immer die Un-
sterblichkeit des Frantzösischen Lorbers glaubte; worzu man gar
leicht kommen könte, wenn die Helden-Thaten ihres berühmten
Königs von Bourges wieder neu aufgelegt würden, da denn die
Herren Frantzosen, statt dem Englischen diſce ferire Francum, gantz
wohl ihren Kindern das bekandte cornu gerit ille, caveto fein zei-
tig beybringen, und mit vielen Exempeln erzehlen könten.
Neuigkeiten von Teutschland.
Von Zeit zu Zeit kommen an den Kayserl. Hof kleine Tonnen
mit güldener Baarschafft aus Franckreich an, und da seit
kurtzem auch grosse Wechsel über Genua eingelauffen, so glaubt
man, daß solche auf Rechnung der Crone Spanien geschickt wor-
den.
Das Kayserl. ertheilte Majorennitäts-Diploma vor den jun-
gen Hertzog zu Würtemberg, hat in der Reichs-Cantzley 2204. fl.
auszulösen gekostet.
Es verlautet, daß zwischen diesem nunmehro regierenden Hrn.
Hertzog von Würtemberg-Stuttgard, und einer Bareuthischen
Printzeßin, eine Mariage auf dem Tapet sey.
Von dem Gasthof in Franckfurth am Mayn zum König in
England ist nun auch bekandt worden, daß er das Quartier der
ansehnlichen Freymäuer-Zunfft gewesen, welche nunmehr auch ein
ander Logis suchen muß.
Wenn man einigen Nachrichten von Franckfurth glauben soll,
so wird die sogenannte künfftige neutrale Reichs-Armee in Kay-
serl. Preußischen, Pfältzischen, Würtembergischen, Anhaltischen und
Bareuthischen Trouppen bestehen. Das Haupt-Absehen dieser we-
nigstens auf 100000. Mann starck angegebenen Armee soll dahin
reichen, daß keine NB. fremde und barbarische Völcker, weder
einen Einbruch ins Reich vornehmen, noch sonst unter allerhand
Prætext Einquartirungen machen möchten.
Mit der neuen Heßischen Chur-Würde mag es abseiten des
Kaysers, welcher 13000. Trouppen, so lang der Krieg dauert, da-
vor bekommt, sowohl, als bey denen Königl. Königl. Pohlnischen
und Preußischen, reſp. Chur-Sächsischen und Chur-Brandenbur-
gischen Höfen seine gute Richtigkeit haben; wenn nicht ein und an-
dere Obmotiones vorkommen, daß etwa der Pabst und die andern
Catholischen Stände ihre Einwendungen haben, indem auf diese
Art ein neuer Protestantischer Churfürst gemacht wird; überdieß
leben auch der würckliche Landgraf in der Person Jhro Königl.
Majest. von Schweden noch, wiewohl man auch muthmassen darff,
daß eben deshalber dieser König nach Cassel kommen dörffte, und
gar leicht solche Ehre seinem Hrn. Bruder, als ohnedem gewissen
Erbfolger, überlassen werde.
Können auch wohl von einer Sache in wenig Tagen so diffe-
rente Nachrichten kommen, als sie schon von vielen Wochen her
in der Bottaischen Sache gelauffen! nun heißt es aus Wien aber-
mahl, die Sache würde immer in verwirrter, und dörffte der un-
schuldige Hr. Marquis doch wohl noch ein Staats-Opffer werden.
Zu Franckfurth ist gantz kürtzlich eine in 5. Bogen bestehende
Schrifft ans Licht gekommen, welche den Titul führt: Versuch
einer Gesetz und Schrifft-mäßigen Prüfung, derer gegen Se.
jetztregierenden Kayserl. Majest. Wahl und den zu Franck-
furth ſubſiſti renden Reichs-Tag zum Vorschein gekommenen,
ad dictaturam & Acta publica ingeri rt werden sollenden soge-
nannten Böhmischen, Oesterreichischen Proteſtations- Urkun-
den.
Das Gerüchte von Arretirung des Obristen Mentzels ist
grundfalsch, und ohne Zweifel von denen Neidern dieses braven
Officiers ausgesprengt gewesen, denn man hat nun sichere Nach-
richten aus München, daß sich derselbe auf völlig freyen, doch lah-
men Füssen befinde, und sein Quartier zu Rosenchamb, ohnweit
München habe, in welcher Gegend 800. seiner Husaren liegen.
Wie Briefe von Schlesien melden, haben Jhro Königl.
Preußis. Maj. einen Kriegs-Rath nach Breßlau verschrieben, wel-
chem, nebst der gantzen Schlesischen Generalität, Jhro Königliche
Majestät in hoher Person beywohnen werden.
Man fängt allbereits an, auf Ordre der Königin von Un-
garn, die Magazins am Rhein zu füllen; der General Damnitz
hat die Aufsicht hierüber, und von denen Oertern sind allschon Alt-
Breysach, Neuburg, Stauffen, Baadenweiler, Kandern und Ro-
teln bekandt.
Ein Ungar aus Modern hat auf seine Königin einen artigen
Syllogiſmum Poeticum gemacht, den wir also zu Gesichte be-
kommen:
Fertur ad orandum P. quinque tenere Maritam,
Si Pia, ſi Prudens, Pulchra, Pudica, Potens.
Si qua tenet, Regina tenet P. quinque Maria.
Sic tamen ut minimum, quod ſit in orbe potens;
Si qua Marita ergo eſt toto venerabilis orbi
Rex mea Maria eſt, non habet illa parem.
Franckreich.
Es ist schon einige Zeit, daß in Franckreich auf Erbsen, Linsen ec.
eine Auflage gemacht worden. Der gemeine Mann wird da-
durch sehr belästiget, und der Ober-Präsident hat deshalber kurtz
und gut beym König Vorstellung gethan. Er sagte: Allergnä-
digster König und Herr! die Erbsen, Bohnen, Linsen und
andere Körner-Gemüse, sind der armen Leute in Ew. Maj.
guten Stadt Paris ihre vornehmste Speise und Nahrung.
Die Unterthänigkeit, womit er diese Worte vorbrachte, bewegten
das ohnedem gegen seine Unterthanen mitleidige Hertz, daß es sich
also heraus liesse: Jhr könt versichert seyn, daß ich eine zärt-
liche Liebe zu meinen Volck trage; Jch werde euch alle die
Erleichterungen gönnen, welche die gegenwärtige Beschaf-
fenheit der Sache möglich seyn läßt. Jch bin mit meinem
Parlament wohl zufrieden; Jch traue stets auf seine Treue,
werde auch ehestens eine Declaration abfassen lassen, die hier-
inne Erläuterung geben soll. Es ist auch erfolgt.
Mit denen Briefen von Toulon vernimmt man, daß der Rit-
ter von Court mit etlichen seiner Schiffe die Englische Höfflichkeit
experimentiren wollen, da sich denn beyderseits Schiffe so sreund-
lich gegen einander bezeigt, daß sie nichts, als die gewöhnliche Eh-
ren-Schüsse gegen einander gethan. Hierbey muß der Glaube das
meiste, so wie die Wahrheit das wenigste thun.
Der Englische Minister, Hr. Thompson, hat sich expreſſe
bey dem Hrn. Amelot erkundigen müssen: Ob es Krafft einer
Reſolution des Staats - Conſeils geschehen, daß Hr. Bussy
nicht wieder nach London gegangen? gedachter Minister setzte
hinzu: Es verursacht mir solche geschwinde Aenderung vie-
len Chagrin, um so mehr, weil ich vermeynt habe, die Ab-
reise würde gewiß erfolgen, ich habe die Versicherung davon
auch meinem Hof benachrichtiget, nunmehro aber muß ich
die Reproche von dorther bekommen, warum der Hr. von
Bussy seine Reise nicht proſequi rt. Herr Amelot aber ant-
wortete sehr hefftig: Es ist gantz vergeblich, den Herrn von
Bussy nach England abzusenden, wenn nicht der Englische
Hof vor allen Dingen aus einem andern Thon redet, seine
bisherige Aufführung ändert, und die gewisse Reſolution
fasset, dem allerchristl. König eine hinlängliche Satisfaction
zu accordi ren. Die Unruhe, die man wegen des Aussen-
bleibens des Hrn. von Bussy blicken läßt, scheint wenig re-
elles zu führen, destomehr affecti rtes aber zu zeigen; und
wenn auch dieses alles nicht wäre, so müsten die empfind-
lichsten Ausdrückungen in dem Groß-Brittannischen Schrei-
ben an Kayserl. Maj. den 7. paſſato Ursache genug seyn,
wenn gedachter Hr. Marquis auch schon in London wäre,
denselben wieder zu rappelli ren. So muß ein ächter Staats-
Minister zu reden wissen, wenn er die Hoheit seines Hofs behau-
pten, und das Verschulden seines Principals auf fremde Schultern
weltzen will. Jn England wird man sich wegen des Herrn von
Bussy keine graue Haare wachsen lassen, und schon vorher wissen,
wie man die Frantzösischen leeren Worte mit Englischer Realitæt
belohnen könne.
Unterdessen gestehet man es in Franckreich doch, sowohl bey
Hof, als in der Stadt Paris, ein, daß der Krieg und Frieden
gleichsam von Englischen Händen müsse erwartet werden. Und die
Herren Frantzosen wollen wider ihre sonstige, allen vorzugehen ge-
neigte Art, von denen Engländern sehen, mit was vor Höfflichkeit
sie die Entree machen werden, und ob sie den Trouppen-Transport
nach Jtalien ohnangefochten und ruhig gehen lassen werden, darzu
gehört ein starcker Glaube, und wäre etwas belachens-würdiges,
wenn man den Neptunum so gering tractiren, und ihm kein Opfer
bringen wolte, es schickt sich auch nicht wegen der Verbindun-
gen mit Ungarn und Sardinien; obgleich nicht zu läugnen, daß
hierbey die Erfindungs-reichen Herren Frantzosen ihre Force in de-
nen entibus rationis und qualitatibus occultis bey sich selbst voll-
kommen gut zeigen.
Jtalien.
Das neueste von Rom ist, daß der Prätendent den 19. Januar.
dem Pabst förmlich ( id eſt pro forma ) notifici rt, daß sein
ältester Hr. Sohn, ein vielleicht Hoffnungs-voller König, auf beson-
ders Verlangen seiner allerchristl. Maj. nacher Franckreich gegan-
gen, um, wie es heißt, der künfftigen Campagne beyzuwohnen,
( Novus ergo aderit Hercules! ) oder vielleicht zu andern geheimen
Absichten gebraucht zu werden; aber alsdenn dörffte man Engli-
scher Seits die Exceptionem habilitatis & legitimationis vor-
schützen, da es ohnedem eine gewisse Wahrheit bleibt, quod ex quo-
vis ligno non fieri poſſit Mercurius.
Auch will man so gut als vor gewiß sagen, daß Jhro Königl.
Majest. in Ungarn dasjenige, was sie an den König von Sardi-
nien aus dem Mayländischen weggeben, hinwiederum mit dem ü-
brigen Theil von Piacenza und dem Fürstenthum Mantua wieder
ergäntzen, und sie zum Mayländischen Staat schlagen wollen.
Rußland.
Medio Martii wird die Kayserl. Reise nach Moscau gewiß vor
sich gehen, wohin auch Lord Tirawley folgen wird. Sonst
soll es in Persien sehr windig aussehen, indem man Nachricht hat,
daß viele Bassas gute Ohren haben, die Türckische Offerten mit
dem recommendirten Cron-Prätendenten anzunehmen. Es mag
aber auch ein und ander fatales, ausser dem im letzten Stücke ge-
meldeten Ambassadeurs-Duell, in Petersburg vorgefallen seyn, wel-
ches wir, weil durch öffentliche Nachrichten der Vorhang nicht auf-
gezogen, auch ohnberichtet und ohne Glauben dahin gestellt seyn
lassen.
Pohlen.
Nunmehro ist der Termin nicht weit mehr entfernt, an welchem
nach Ausspruch des Tribunals, der Graf Tarlo die Sobies-
kyschen Güther, welche der verstorbenen Hertzogin von Bouillon
gehört, an den Fürst Radzivill abtreten muß. Man wird also se-
hen, ob der bisherige Tarloische Feder-Krieg in einen ernsthafftern
verwandelt, denn die Verbitterung beyder Häuser ist sehr groß, und
scheint es überhaupt, als hätte der Graf Tarlo wenig gute Freunde.
Warum? weil er es vielleicht darnach macht.