§ Aus der Zeit.
Immer und immer wieder ertönt uns Konſervativen aus
dem Lager derjenigen, die ſich ſtolz die volltönenden Namen
„Freiſinnige“ und „Liberale“ beilegen, der Ruf entgegen: „Ihr
könnt euch nicht in den Geiſt der heutigen Zeit einleben; ihr
ſeid Fortſchrittsfeinde“. Wenn unſereiner bedächtig die Achſeln
zuckt und etwelche Zweifel äußert, ob denn alle Errungenſchaften
der Neuzeit auch wahre Fortſchritte ſeien, ruft man uns von
allen Seiten zu: „Seht dort jenen Draht, der als Träger einer
geheimnißvollen Kraft die Gedanken des Menſchen mit Blitzes-
ſchnelle von einem Ende der Erde zum andern vermittelt. Denkt
an das weitverzweigte Netz der Eiſenbahnen, die mit Hülfe des
Dampfes die Produkte des Menſchen in alle Länder ſpediren.
Und ihr „Dunkelmänner“, reist dorthin, wo der menſchliche
Gewerbefleiß blüht, in die großen Städte. Dort ſeht ihr die
rauchenden Schlote der Fabriken, ſie verkünden euch, daß da durch
die Kraft der Maſchinen alles im Großen hergeſtellt wird. Und
denkt einmal an die Elektrizität! Bereits ſteht ſie im Begriffe,
das früher für unübertrefflich gehaltene Gas in den „Schatten“
zu ſtellen; das Telephon wirft den Telegraphen in die Rumpel-
kammer. Nicht in bloßen Strichen und Punkten kann man ver-
mittelſt desſelben verkehren, von Mund zu Mund ſpricht man
mit ihm.“ — Kein normaler Menſch mit fünf geſunden Sinnen
wird ſich nur träumen laſſen, dieſe gewaltigen Errungenſchaften
der Neuzeit nicht voll und ganz zu würdigen. Staunen wird
er vielmehr über die Schärfe des Menſchengeiſtes, welcher der
rohen Erde dieſe geheimnißvollen Kräfte zu entlocken und für ſich
nutzbar zu machen wußte.
Doch fragen wir auf der andern Seite: „Wie kommt es,
daß die menſchliche Geſellſchaft ſich der errungenen materiel-
len Güter nicht ruhig und dankbar erfreut und daß ſie im
Grunde ihres Herzens doch nicht glücklich iſt?“ Du guter
Himmel! Wie viele Urſachen dieſer täglich zu beobachtenden
Erſcheinungen ſind nicht ſchon angegeben worden! Bald mußten
die wirthſchaftlichen Fehljahre hieran Schuld ſein, dann wieder
die Sozialdemokratie u. ſ. w. Wir können dieſe Anſichten nicht
theilen, denn Wirren und Kämpfe auf ſozialem Gebiete ſind kei-
nem Volke und keiner Zeit erſpart geblieben; der Grund liegt
tiefer. Jener großartige Kampf zwiſchen Chriſtenthum und
Atheismus, der Kampf zwiſchen Glaube und Nichtglaube,
der ganzen Jahrhunderten ein charakteriſtiſches Gepräge aufdrückte,
läßt die Völker niemals zur Ruhe kommen. Dieſes Ringen,
welches der freigeiſtige Göthe „das eigentlichſte und tiefſte Problem
der Menſchheit“ nannte, kann wohl zeitweiſe auf die Seite ge-
drängt werden, doch vergeſſen wird es nie. Die Stimme des
Glaubens, der hehre Gottesfunke vom gütigen Schöpfer in jede
Menſchenbruſt geſenkt, läßt ſich nie vollends aus derſelben ver-
bannen. Es war für uns eine Luſt, als vor einigen Wochen
die Runde durch die Blätter ging, daß in Zürich ein Reform-
paſter den dortigen Sozialiſten ihre Irrthümer in religiöſer Be-
ziehung vorhielt und das Chriſtenthum vertheidigte. Iſt das
nicht ein Fortſchritt? Noch vor wenigen Jahren wurden unſere
Geiſtlichen als „Pfaffen“ ärgſter Färbung bezeichnet, wenn ſie
in Predigten oder Vorträgen ein Gleiches thaten. „Hie
Chriſtenthum“, „hie modernes Heidenthum“, unter
dieſen beiden Deviſen wird ſich der große Kampf einſt ausfech-
ten. Welchem von denſelben der Sieg winken wird, iſt für den
Katholiken keine Frage.
Aber auch in ſozialer und politiſcher Beziehung drän-
gen neue Ideen, neue Aufgaben, neue Kämpfe an das Licht.
Die alten politiſchen Parteien und ihre Schlagwörter haben nicht
mehr die ihnen früher beigemeſſene Bedeutung. Wir können es
alle Tage ſehen, daß der Liberalismus von ehedem ſeine Blü-
thenzeit hinter ſich hat. Mit krampfhaften Händen wehrt er ſich
heute noch gegen die ſogenannten ſozialiſtiſchen Ideen, denn die
ſozialen Strebungen ſind es, das muß jeder vorurtheilsloſe Bür-
ger zugeben, welche unſerer Zeit Zeichen und Stempel aufdrücken,
mögen ſie nun als ſozialdemokratiſche, ſozialpolitiſche und chriſt-
lichſoziale auftreten. Dieſe Lage der Dinge zwingt auch jene
Partei, die wir mit Stolz und aus voller Ueberzeugung die
unſrige nennen, ihre frühern Geſichtspunkte zu erweitern und
ſich mehr mit ſozialen Beſtrebungen zu befaſſen als früher. Wir
verhehlen nicht, daß noch nicht alle unſerer Geſinnungsgenoſſen
hievon vollſtändig überzeugt ſind. Glaube man aber ja nicht,
daß die ſoziale Frage nur in den Städten exiſtire, nein, die
letzte Generalverſammlung der kath. Männer- und Arbeitervereine,
dieſe ſchöne Inſtitution, welcher eine ſchöne Anzahl hervorragen-
der Katholiken ihre Kräfte in uneigennütziger Weiſe leihen, hat
uns gezeigt, daß dieſe auch auf dem Lande zu finden iſt. Hand
auf’s Herz! Wo finden wir in unſerm lb. Dürrwäldlerlande
noch jene wackere, behäbige Bauernſame, die es zu den Zeiten
gab, da „der Großvater die Großmutter nuhm“; wo jenem ſo-
liden Handwerkerſtand, da das Sprichwort „das Handwerk hat
einen goldenen Boden“ ſeine volle Berechtigung hatte! Auf-
richtig geſtanden: Was gewinnen wir mit dem bloßen Verwerfen
und dem ewigen „Nein“ ſagen? Muthig wollen wir die Bahn
beſchreiten, die uns ein Leo XIII. in ſeinen ſozialen Encheliken
vorgezeichnet hat, auf der ein Decurtins, ein Dr. Beck, ein Burt-
ſcher u. a. die Fahne vorantragen und nicht mit verſchränkten
Armen das Feld den Sozialdemokraten, mit ihren kalten, ver-
giftenden Ideen, allein überlaſſen. Sicher iſt, daß wir dennoch
gute, überzeugungstreue Kinder unſerer hl. Kirche ſein können.
Dieſe religiöſen und politiſchen und ſozialen
Kämpfe ſind es alſo, die trotz der gewaltigen, eingangs erwähn-
ten materiellen Fortſchritte, die Menſchheit zu keinem ruhigen
Genuſſe des erworbenen Gutes gelangen laſſen. Aber ſo dunkel
auch die Zukunft vor uns liegt, — das eine iſt gewiß, daß in
dieſem Ringen und Kämpfen die Wahrheit doch endlich Sie-
gerin bleiben wird, denn das Antlitz der Menſchheit iſt dem
Himmel, dem Lichte zugewendet!
St. Galliſches.
— Regierungsrathsverhandlungen vom 7. u. 8. Septbr.
An Stelle des verſtorbenen Herrn Adolf Eberli in Wyl wird zum
Mitgliede des Erziehungsrathes gewählt: Herr Pfarrer Joh. Brüllmann
von Amrisweil in Ebnat.
Die von der kath. Kirchgemeinde Schmerikon getroffene Wahl des
Herrn Joſef Büßer von Amden derzeit Pfarrer in Bollingen zu ihrem
künftigen Kaplan erhält die hoheitliche Anerkennung.
Die am 3. September ds. I. ſtattgefundene Wahl eines Erſatzrichters
für das Bezirksgericht Wyl, die auf Herrn Gemeindeammann Lenz in
Niederbüren gefallen iſt, wird validiert.
Dem Gemeinderath der Stadt St. Gallen wird zur Ausführung der
Waſſerverſorgung aus dem Bodenſee, unter Vorbehalt der Genehmigung
der Detailpläne, die Konzeſſion zum Waſſerbezug aus dem Bodenſee und
zur Erſtellung einer elektriſchen Starkſtromleitung vom Turbinenhaus an
der Goldach bis zur Pumpſtation am Bodenſee und gleichzeitig die Be-
willigung ertheilt, die Hauptwaſſerleitung in die Staatsſtraße St. Gallen-
Chur einzulegen. Das zur Erſtellung der geſammten Anlage nothwendige
Expropriationsrecht iſt dem Gemeinderathe grundſätzlich und definitiv ſchon
im Jahre 1892 ertheilt worden.
Der Regierungsrath tritt in die Berathung des von der Sanitäts-
kommiſſion vorgelegten Geſetzesentwurfes betr. das Sanitätsweſen ein.
Von der Thur. Der Herbſt iſt in’s Land gezogen
und die Rechnungsgemeinden nehmen ihren Anfang. Letzten
Sonntag verſammelten ſich die Bürger der Kirchgemeinde Wyl
zur Entgegennahme des Berichtes der Rechnungskommiſſion.
Herr Kürſchner Alois Moſer, Konkursbeamter des Bezirkes
Wyl, gab in ſehr ſchöner und exakter Weiſe Aufſchluß über
Rechnungsweſen und Amtsverwaltung. Wir entnehmen der
Rechnung und dem Berichte folgende auch weitere Kreiſe in-
tereſſirende Einzelheiten. Der Geſammtwerth ſämmtlicher Ge-
bäude und Liegenſchaften beträgt Fr. 403200. Von den
Gebäulichkeiten iſt die Pfarrkirche zu St. Nikolaus mit 120 000,
die neue St. Peterskirche mit 146 000, die Liebfrauenkapelle
mit 16 000, die Kapelle zu Dreibrunnen, dem bekannten viel-
beſuchten Wallfahrtsorte mit 30 000, und die zur Zeit des
ſchwarzen Todes von der Bürgerſchaft Wyls gegründete Kapelle
auf Gärtensberg mit 3000 Fr. verſichert. Das im Jahre 1691
erbaute Meßnerhaus zu St. Peter, das dem ſchönen Bau der
neuen Kirche nicht mehr entſpricht, und mit Fr. 4500 verſichert
iſt, ſoll laut Beſchluß der heutigen Kirchgemeindeverſammlung
im Laufe des nächſten Rechnungsjahres auf Abbruch verſteigert
werden. Der Geſammtwerth der Paramente und Geräthe be-
läuft ſich auf Fr. 608100. Von dieſer Summe entfallen
Fr. 139 300 auf die Pfarrkirche zu St. Nikolaus, deren ſchöner
und reicher Kirchenſchatz von Kunſtkennern ſehr bewundert wird.
Bis jetzt war es hie und da vorgekommen, daß man an andere
Pfarrgemeinden auf feſtliche Anläſſe hin Paramente lieh. In
Zukunft wird dieſes grundſätzlich nicht mehr geſchehen. Die
Jahreseinnahmen betrugen Fr. 54127. 05 Cts., die Ausgaben
Fr. 54 014. 35 Cts. Unter den Einnahmen figuriren Fr.
1511. 10 Cts. Nachſteuern. Etwas gering erſcheint uns der
Opferſtockertrag von Dreibrunnen. Fr. 121. 95 Cts. ſind im
Vergleich mit der großen Anzahl der Beſucher und Wallfahrer
ein winziges Sümmchen. An Steuern giengen ein 17 113. 45.
davon entfallen Fr. 14 628. 75 auf die Stadtgemeinde und der
Reſt von Fr. 2478 auf die Landgemeinden. Die Stadtgemeinde
verfügt über ein Steuerkapital von Fr. 4 628 900; die Land-
gemeinden verſteuern Fr. 721 400. Für ein zu erſtellendes
Chorbogengemälde im St. Peter wurden Fr. 500 vergabt. Der
Betrag von Fr. 3500, den dasſelbe koſten ſoll, iſt nun beiſammen.
Der Name unſeres ſt. galliſchen Künſtlers, Herrn Vettiger
in Uznach, bürgt dafür, daß etwas Schönes und Werthvolles
geſchaffen werden wird. An Gehalten an die hochw. Herren
Geiſtlichen wurden Fr. 8368. 90 ausbezahlt. Der Gehalt des
Organiſten beträgt Fr. 1600, der des Obermeßners Fr. 1000,
des Untermeßners Fr. 900, des Orgeltreters Fr. 320. Für
Aushülfe im Organiſtendienſt wurden Fr. 100 verausgabt.
Das reine Vermögen pro 1893 beträgt Fr. 765 554. 50. Das
abgelaufene Rechnungsjahr erzeigt einen Vermögenszuwachs von
Fr. 7496. 33. Die Orgel zu St. Nikolaus bedarf einer größeren
Reparatur, die vorausſichtlich den Betrag von Fr. 1000 über-
ſteigen wird. Die Kirchgemeinde ertheilt der Verwaltung die
Vollmacht, dieſelbe ausführen zu laſſen. Unter den Separat-
fonden finden wir einen Betrag von Fr. 1438 zur Erſtellung
einer Kreuzigungsgruppe für den Hochaltar der Pfarrkirche.
Weil eine ſolche Gruppe nicht anders als mit koſtſpieligen bau-
lichen Veränderungen am Hochaltare vorgenommen werden könnte
und zudem zum Styl der Kirche nicht paſſen würde, ſo wird
der Kirchenverwaltungsrath mit dem noch lebenden Donator in’s
Einvernehmen treten und um die Bewilligung nachſuchen, den
genannten Betrag für eine Kreuzigungsgruppe auf der Weſtſeite
der St. Peterskirche, außen, zu verwenden.
Prächtig iſt jetzt ein Spaziergang durch unſere Reben.
Der Weinertrag ſcheint wirklich ein erfreulicher werden zu wollen.
Sonderbar iſt die Erſcheinung, daß die Trauben ſo ungleich
reifen; ſelbſt die Beeren an einer und derſelben Traube weiſen
einen großen Unterſchied auf. Man findet vollſtändig ausgereifte,
geröthete, und noch ganz grüne Beeren dicht neben einander.
Soll man da zweimal leſen, wie es im Rheinthal beſchloſſen
wurde? Dieſe Ungleichheit ſoll in frühern Zeiten in guten
Jahrgängen immer auch vorgekommen ſein; denn ein alter
Spruch unſerer Weinbauern lautet: Ueberreife, reife und unreife
Beeren durcheinander liefern den beſten Wein. Die Freude
über den in Ausſicht ſtehenden guten Sauſer iſt eine allgemeine.
Möchte dieſe gute Gabe Gottes überall im rechten Sinn und
Geiſte gewürdigt werden! —
Fröhliche Geſichter ſind auch bei unſern Imkern an der
Tagesordnung; denn die Bienenvölker liefern reichlichen Ertrag
an Honig. Ein Bienenvater in der Nähe der fürſtäbtiſchen
Reſidenz hatte dem Männerchor Concordia einen großen Hafen
voll Honig in Ausſicht geſtellt, falls der genannte Verein am
eidgenöſſiſchen Sängerfeſt in Baſel den erſten Preis erhalte.
Unſere Sänger errangen den erſten Lorbeer, und dieſer Tage
langte nun das ſüße Bene des Sängerfreundes vom Lande in
Geſtalt eines mächtigen mit dem köſtlichſten Honig gefüllten
Topfes an. Was nun thun? Wäre es ein Fäßchen Rheinwein
oder Veltliner geweſen, die Sache hätte ſchnell ihre Erledigung
gefunden. Man rieth hin und her. Sollte man den Honig
unter die einzelnen Mitglieder vertheilen oder mit Frauen und
Kindern einen gemüthlichen Ausflug nach dem Nollen machen
und ihnen dort die ſüße Labe zum Kaffee ſervieren? Beides
hörte ſich etwas proſaiſch an. Endlich fand die Angelegenheit
eine ebenſo poetiſche wie praktiſch befriedigende Löſung. Der
volle Topf wandert laut einſtimmigem Beſchluſſe nach der
Waiſenanſtalt St. Iddazell zu Fiſchingen, um den mehr als
200 armen Kindern in geſunden und kranken Tagen hie und
da ein freudiges Stündchen zu bereiten und auf manches ſo
bleiche, abgehärmte Geſichtchen Freude und Sonnenſchein zu
zaubern.
— St. Gallen.
(Corr.) Nach den in jüngſter Zeit
aufgetauchten Kirchenbauprojekten in unſerer Gallusſtadt zu
ſchlıeßen, müßte man zur Anſicht kommen, die St. Galler wären
auf einmal ein recht religiöſes Völklein geworden. Bekanntlich
laboriren die Katholiken ſchon einige Zeit an einem Kirchen-
bau im Leonhardsquartier, für den ein prachtvoller Platz ſchon
in Ausſicht genommen iſt. Nach einer jüngſten Publikation be-
trägt der Baufond ſchon 100,000 Fr. Wenn man bedenkt,
daß dieſe ſchöne Summe zu einem beträchtlichen Theile von den
hieſigen, meiſtens aus Arbeitern beſtehenden Katholiken zuſammen-
gelegt wurde, muß man dieſem kirchlichen Opferſinn gewiß auch
auf dem Lande alle Anerkennung zollen. — Den Reformir-
ten iſt das alte Kirchlein in Linſenbühl zu eng geworden und
dringen nun darauf, daß in nächſter Zeit im Oſtquartier der
Stadt ein neuer, reformirter Tempel errichtet werde. —
Selbſt unſere Altkatholiken, von denen man doch weiß, daß
die Männerwelt wenig Kirchenluft ſchluckt, machen ſich nun
allen Ernſtes an einen Kirchenbau à la Chriſtuskirche in Luzern.
Es mag vielleicht die Gaſterländer intereſſiren, daß auch einer
der ihrigen als eifriger Altkatholik einen bezügl. Aufruf unter-
zeichnete, nämlich Hr. Lehrer Zweifel-Weber von Schänis.
Unter großer Betheiligung von Seite der ſtädtiſchen Katho-
liken wurde letzten Sonntag ein armer Appreturarbeiter Joh.
Baptiſt Krucker zur letzten Ruheſtätte im Feldle begleitet.
Was war es denn, was die Spitzen unſerer politiſchen Geſin-
nungsgenoſſen bewog, dieſem einfachen Arbeiter ſo große Aner-
kennung und Hochachtung zu zollen? Eine begeiſterte Hingabe
zur konſervativen Sache! Selbſt kämpfend, um ſeine Familie
in Ehren durchzuſchwingen, ſtellte er ſein ganzes Sein in den
Dienſt der kath. Stadtvereine. Unabläſſig war der brave Papa
Krucker thätig in der Sammlung für kath. Zwecke und in der
Förderung des kath. Vereinsweſens hauptſächlich in dem aus
Arbeitern beſtehenden Katholikenverein. Gott habe dieſen wackern
und originellen Mann ſelig! —
Letzten Samſtag Abend hatten wir das Vergnügen, den
berühmten (?) Arbeiterſekretär Dr. Waſſilieff aus Bern hier in
St. Gallen ſprechen zu hören. Wir haben uns im Urtheil über
denſelben, das wir aus den Zeitungen bildeten, nicht getäuſcht.
Der Hr. Dr., wie er ſich mit ſichtlichem Vergnügen hin und
wieder in ſeiner Rede ſelbſt nannte, iſt ein extremer Verfechter
der Sozialdemokratie. Der erſte Theil ſeines Vortrages war
eine Glorifizirung der letztern. Die ſchweiz. Sozialdemokratie
iſt ein Feind des gewaltſamen Umſturzes. Die Bourgoiſie ſchafft
die Verhältniſſe ſelbſt, welche die alten Inſtitutionen zerſtören.
Dem alles zerſtörenden Kapitalismus muß die organiſirte Arbei-
terſchaft gegenübergeſtellt werden, damit der erſte mit dieſer Macht
zu rechnen hat. Die Diener und Prieſter des Mammons ſind
erzürnt, ob der über alle Länder ſich verbreitenden Arbeiterbewegung.
Einen großen Gewinn für die Zwecke der Sozialdemokratie
verſpricht ſich der Rednert vom Anſchluß der engliſchen Arbeiter-
verbindung „Trait Union“. Bemerkenswerth wäre ein Citat
aus Laſalle’s Schrift, worin es heißt: „Die Arbeiterſchaft iſt
der Fels, auf welchem die Kirche der Zukunft gebaut wird.“
Nun ſtellt der Redner die Arbeiterunion Bern als das Ideal
einer ſozialiſtiſchen Arbeiterverbindung dar u. ſ. w. Den
Arbeiteraufſtand in Bern, das eigentliche Thema. ſtreifte er
nur kurz am Schluſſe. Die Quinteſſenz dieſer Erörterungen
war natürlich, daß der Herr Doktor und die berniſche Arbeiter-
ſchaft am ganzen Krawalle nicht den geringſten Schuldantheil
hatten. Das Vorgehen gegen ſeine Perſon von Seite der
liberalen und „frommen“ Blätter in Bern nennt er ein lügen-
haftes und verleumderiſches. Eigenthümlich kam es uns vor,
daß er, der einige Zeit Inhaftirte, Abſchriften der Akten des
noch nicht erledigten Krawalls beſaß. Gar ſo gefährlich iſt
ſeine Krankheit jedenfalls nicht geweſen, denn ſeine korpulente
Figur läßt keinen Mangel verrathen und würde jedem —
Bourgois alle Ehre machen. Dem 3ſtündigen Vortrage wohnten
500 Perſonen aus allen Parteien bei.
— Eine intereſſante Erſcheinung. Jüngſt gingen
durch die Zeitungen Schilderungen über eine ungewöhnlich ſtarke
Entladung von Elektrizität am Breithorn im Wallis, die einige
zürcheriſche Sekundarlehrer, freilich nıcht ohne Gefahr für ſie,
zeitweiſe in flammenſtrahlende Weſen verwandelte. Ein ähn-
liches Schauſpiel, wenn auch in bedeutend milderem Grade, hatte
man, wie dem „Toggenburger Anzeiger“ geſchrieben wird, letzten
Mittwoch nachts in der Nähe von Ricken. In ſüdöſtlicher und
weſtlicher Richtung ſah man häufig von der Erde ausgehende,
bald da, bald dort auftauchende kleine elektriſche Erhellungen,
als ob plötzlich Feuer aus der Erde aufſteigen wollte. Man
hatte das Gefühl, die ganze Rickenpaßſattelhöhe ſei ganz elektriſch
geworden; erſt in ſpäter Stunde verſchwanden dieſe Erſcheinun-
gen, als die Tageshitze zurücktrat und friſchen Herbſtlüften das
Gebiet räumte.
— Kirchberg. Die Produkten-Ausſtellung in Kirchberg
wird definitiv Ende September oder anfangs Oktober abgehalten.
— Freitag Abend zwiſchen 4 und 7 Uhr brannte in
Schalkhauſen bei Kirchberg das große Doppelhaus der HH.
Holenſtein und Scherrer-Moſer vollſtändig nieder. Es konnte
ganz wenig Mobilior gerettet werden. Sieben vollſtändig neue
Stickmaſchinen wurden zerſtört. Glücklicherweiſe wehte ein ſtarker
Weſtwind; ber entgegengeſetzter Windſtrömung wäre die ganze
Ortſchaft in größter Gefahr geweſen.
— Wyl.
(Eingeſ.) In der Nocht vom letzten Sonntag
auf den Montag verſchied in, Hier nach längerem Leiden Herr
Erziehungsrath Adolf Eberle zum Lerchenfeld. Der Verſtor-
bene, bürgerlich von Wallenſtadt, wirkte zuerſt als Profeſſor der
hieſigen Realſchule, wandte ſich aber ſchon nach einigen Jahren
dem Kaufmannsſtande zu.
— Der neuerſtandene Gewerbeverein Wyl entfaltet
unter dem Präſidium des Herrn Architekt Grüebler-Baumann,
eine rege Thätigkeit, ſo daß zu erwarten ſteht, es werde dieſe
Vereinigung aller Handwerker und Gewerbetreibenden Manches
ſchaffen, was der Ortſchaft zum Nutzen und zum Segen gereicht.
Eine an der Hauptverſammlung vom letzten Sonntag geſtellte
Motion, es ſollte mit allen Kräften und ſogar mit vorläufigen
finanziellen Opfern dahin gearbeitet werden, Wyl mehr Induſtrie
zuzuwenden, wurde zum Beſchluſſe erhoben. Nächſten Donners-
tag werden die Schüler der gewerblichen Fortbildungsſchule der
thurg. kantonalen Gewerbeausſtellung in Frauenfeld in corpore
unter Begleitung des Comites des hieſigen Gewerbevereins einen
Beſuch abſtatten. Gewiß wird das zur beruflichen Fortbildung
der jungen Leute ein kräftiger Anſporn ſein.
— Wyl-Goßau. In ihrer jüngſten Verſammlung im
Hotel Uzwil beſchloſſen die Cäcilienvereine Wyl-Goßau die Ab-
haltung einer gemeinſamen Produktion im Jahre 1894 in Goßau.
— Goßau. In hier geht die elektriſche Beleuchtung der
Verwirklichung entgegen. Der Gemeinderath hat mit Unterneh-
mer Klingler bereits einen Vertrag entworfen, der nächſtens
unterzeichnet wird. Derſelbe wird der nächſten Bürgerverſamm-
lung zur Sanktion vorgelegt.
— Auf Maria Bildſtein werden von Hochw. Hrn.
Prof. P. Albert Weiß vom 2. Oktober Abends bis 6. Okt.
Morgens Conferenzen für gebildete Laien gehalten. Ebendaſelbſt
finden vom 16. Oktober Abends bis 20. Oktober Morgens geiſt-
liche Exerzitien für Männer und Jünglinge ſtatt. Möglichſt
frühzeitige Anmeldung iſt erwünſcht.
— Gaſter.
(Eingeſandt.) Nachdem erſt am 30. April
letzthin das V. gaſterländiſche Sektionswettſchießen in Kaltbrunn
ſtattgefunden, ſah der allzeit vielbeſchäftigte Stationsvorſtand in
Benken am letzten Sonntag neue Schaaren mit klingendem
Spiel an ſeiner Bude vorbeimarſchiren, galt der freundlichen
Einladung des Feldſchützenvereins Benken Folge zu leiſten, den
„berühmten“ Schießſtand einzuweihen mit Pulverdampf und
hölliſchem Geknatter.
In Anbetracht der allzuraſchen Aufeinanderfolge der beiden
Schießtage war es allerdings ein kühnes Unterfangen, ein Wett-
ſchießen zu arrangiren. Doch ſcheint die ſchützenbrüderliche
Freundſchaft der Gaſterländer dermal einen ſehr hohen Baro-
meterſtand zu behaupten, indem die Große Mehrzahl der
Sektionen einwilligte. Dazu kam dann noch zum erſten Mal
Zuzug aus der Herrſchaft Uznach und aus den Urkantonen.
Die Benkner hatten ſich diesmal prima Qualität Züribieter
Feſtwetter und drei holde Feſtjungfrauen verſchafft, deren be-
ſtrickendes Lächeln ein mächtiger Anſporn für die ſchießluſtigen
Kämpfer bildete, wenn möglich einen Kranz aus ihrer zarten
Hand zu erringen, und es wurde denn auch bedeutend beſſer
geſchoſſen als an der Steinerbrugg. Alle Vereine weiſen eine
höhere Durchſchnittsziffer auf, mit Ausnahme von Rieden,
welches mit ſchwächerer Betheiligung einrückte, aber immer noch
verhältnißmäßig am ſtärkſten von allen Gemeinden vertreten
war. Der Ausgang des Kampfes iſt folgender:
1. Uznach, Militärſchützenverein 21 M. 30.35 Pkt. Lorbeerkranz
2. Schänis, Feldſchützenverein 11 „ 29.18 „ „
3. Schmerikon, Militärſchützenverrin 11 „ 29.18 „ Eichenkranz
4. Benken, Feldſchützenverein 20 „ 28.87 „ verzichtet
5. Kaltbrunn, Militärſchützenverein 15 „ 26.7 „ Eichenkranz
6. Weeſen, „ 18 „ 25.99 „ „
7. Reichenburg, „ 10 „ 25.1 „
8. Rieden, Feldſchützenverein 14 „ 24.3 „
9. Benken, Militärſchützenverein 21 „ 21.1 „
Zuſammen 141 Mann.
Unter den 15 beſten Schützen gelangten Kränze und Geld-
prämien im Betrage von Fr. 45 zur Vertheilung, der 16. ver-
ſüßte ſich ſeine Heimreiſe mit einer Büchſe vom diesjährigen
Bienenhonig:
1. Thrier Johann, Maler, Weeſen 10 Treffer 40 Punkte
2. Wild. Färber, Schmerikon 10 „ 39 „
3. Mettler Matthä, Reichenburg 10 „ 38 „
4. Kuſter-Oehninger, Uznach 10 „ 37 „
5. Küng Johann Sohn, Benken 10 „ 37 „
6. Tremp, Gemeindeammann, Schänis 10 „ 37 „
7. Glaus Alois, Hornkünſtler, Benken 10 „ 36,75 „
8. Eichmann Guſt., Kaltbrunn 10 „ 36 „
9. Bochsler Johann, Uznach 10 „ 36 „
10. Schubiger Hermann, Uznach 10 „ 36 „
11. Jud Johann, Benken 10 „ 36 „
12. Meier Jak., Präſ. d. Feldſch. Benken 10 „ 36 „
13. Albrecht, Gmderathsſchreiber., Weeſen 10 „ 36 „
14. Müller Albert, Uznach 10 „ 36 „
15. Egli I., Schloſſer, Uznach 10 „ 36 „
16. Zimmermann Pius, Weeſen 10 „ 35,7 „
— Gaſter. Die Theilersbirne, welche dieſe Woche reif
und gemoſtet wird, iſt im Preis doch noch etwas geſtiegen; man
verlangt jetzt Fr. 2. 50 bis Fr. 2. 80 per Centner. Bei dieſem
herrlichen Herbſtwetter wird fleißig geemdet und kann der Land-
wirth ſchmackhaftes, gutes Futter machen. Streu gibt auch einen
begehrten Artikel für den Winter und gilt ziemlich mehr, als
letztes Jahr.
— Weeſen.
(Eingeſ.) Am 8. Sept. abhin ſchlug der Blitz in den
Stall des Stephan Jöhl im Sattel und äſcherte denſelben vollſtändig
ein. Das Gebäude war für 300 Fr. brandverſichert. Da dasſelbe in
Folge herabrollender Steine ſchon mehrfach beſchädigt worden und eine
Benützung desſelben gefährlich war, ſtand es ſchon längere Zeit leer.
— Weeſen.
(Korreſp.) Letzten Freitag ca. 8 Uhr Abends er-
ſchreckte ein Feuerſignal die Bewohner der Ortſchaft. Alles ſtürzte aus
den Häuſern mit der Frage: „wo brennt’s?“ Die Einten eilten zur
Hilfe, die andern aus Neugier und unter ihnen auch der Schreiber dieſer
Zeilen, der Brandſtätte zu. Ein Gaden im ſog. Thal, iſt das Opfer der
Flammen geworden. Wie es heißt, war der Blitz der Urheber dieſes
Feuerwerkes. Mit Aufführung ſeiner Kunſt brachte er den ahnungsloſen
Eigenthümer des Gadens in Schrecken, gerade als er beim Abendeſſen
ſeinem Appetit alle Ehre erwies. Die Löſchmannſchaf erſchien auf dem
Brandplatze, aber der gänzliche Waſſermangel lähmte ihre Thätigkeit.
Sie mußte der Verwüſtung zuſchauen und ſich darauf beſchränken, das
benachbarte Haus vor gleichem Looſe zu ſchützen, was ihr auch voll-
ſtändig gelang. Der Schaden iſt nicht von Belang.
— Rapperswil. Am Samstag wurde beim hieſigen
Damme der Leichnam des 45jährigen Schiffmanns Krieg von
Lachen aus dem See gezogen. Derſelbe trug ſchwere Verwun-
dungen, doch iſt ein Verbrechen ausgeſchloſſen. Wahrſcheinlich
iſt der Verunglückte am Freitag Abend beim Paſſieren der
Brücke in der Dunkelheit über das Geländer gefallen und ſo
in den unfreiwilligen Tod gegangen.
— ** Uznach. Herr Kelhofer, Lehrer an der landw.
Schule in Wädensweil, referirte in der ſchwachbeſuchten Ver-
ſammlung vom letzten Sonntag in der „Krone“ über das ſehr
zeitgemäße Thema: Ueber Moſtbereitung.
Der ganze Vortrag war praktiſch und populär gehalten.
Referent betonte einleitend die Wichtigkeit des Apfelweines oder
Moſtes als Haustrunk, wie als Handelsartikel. Der Moſt iſt
bei Herren und Knechten, bei Meiſtern und Arbeitern, ein durſt-
ſtillendes, kühles, kräftiges, beliebtes und allgemein im Gebrauche
ſtehendes Getränk. Den Moſtproduzenten nun fällt die Aufgabe
zu, ein Getränk zu bereiten, das die erforderlichen Eigenſchaften
in Güte, Klarheit, Haltbarkeit, Geſchmack ꝛc. beſitze. Dies kann
aber nur geſchehen durch ſorgfältige Auswahl der Obſtſorten,
durch möglichſte Reinlichkeit beim Moſten, durch die Entfernung
des angefaulten oder faulen Obſtes, durch gute Mühlen und
Preſſen, durch reinliche Fäſſer, geeignete Kellerbehandlung, Lei-
tung einer geordneten Gährung u. ſ. w.
Vom erſten Punkte, Wahl der Moſtobſtſorten, hängt weſent-
lich die Qualität und Haltbarkeit des Moſtes ab. Das richtige
Verhältniß von Zucker und Säure im gemoſteten Obſt bedingt
eine gute Moſtbereitung. Die Miſchungen des Obſtes beim
Moſten ſind oft geradezu nothwendig, z. B. weichteige, ſüße
Birnen müſſen mit herben, rauhen Birnen oder ſauren Aepfeln
gemiſcht werden. Das zu früh geerntete Obſt hat ſeinen völli-
gen Reifegrad nicht erreicht, namentlich iſt der Zuckergehalt des-
ſelben nicht ausgebildet und erhält Moſt aus ſolchem Obſt nicht
die geiſtige Stärke und den Wohlgeſchmack, der demjenigen aus
reifem Obſt eigen iſt. Hiebei kommt alſo neben der geringen
Qualität auch deſſen Haltbarkeit in Frage.
Referent warnt ım weitern vor dem „Teigwerdenlaſſen“
ſpeziell unſerer Theilersbirne. Das Teigwerden iſt eine Zer-
ſetzungserſcheinung, die das Verſchwinden der in der Frucht ent-
haltenen Pflanzenſtoffe zur Folge hat. Es iſt alſo ein überreifer
Zuſtand. Für das Spätobſt iſt jedoch zu empfehlen, daß nach
dem Ernten von den Bäumen dasſelbe noch einige Tage liegen
bleibe, um deſſen Nachreife zu befördern.
Reinlichkeit bei der Moſtbereitung iſt eine weſentliche
Bedingung eines guten, haltbaren Getränks. Nicht nur ſoll das
zum Moſten beſtimmte Obſt rein und frei von aller fauligen
und ſchmutzigen Beſtandtheilen ſein, ſondern auch die zum Moſten
benützten Maſchinen und Geſchirre. Die in den Maſchinen zu-
rückbleibenden Rückſtände werden durch den Zutritt der Luft
ſauer. Nun theilt ſich dieſe gebildete Säure dem Getränke mit
und öfters iſt es der Fall, daß dasſelbe einen Eſſigſtich hat,
ohne daß man ſich die Urfache erklären kann. Viele Landwirthe
haben immer noch die Anſicht, der Saft müſſe etwas Wafferzu-
ſatz enthalten, um ihn haltbar zu machen. Referent weist die-
ſelbe entſchieden zurück und betont, in jedem Falle den Waſſer-
zuſatz einzuſchränken. Derſelbe wird zwar meiſtens abhängig ge-
macht vom Obſtertrag und Obſtpreis. Je theurer das Obſt iſt,
deſto mehr Wäſſer wird in der Regel genommen.
Große Aufmerkſamkeit iſt den Fäſſern zu widmen. Die
Moſtfäſſer tragen dazu bei, daß der Moſt entweder angenehm
und friſch und ohne Beigeſchmack iſt, während nicht reinlich ge-
haltene Fäſſer demſelben einen unangenehmen Geſchmack geben
oder ganz verderben. Herr Kelhofer gibt nun an, wie leer ge-
wordene Fäſſer aufbewahrt werden ſollen; ferner ganz neue, eſſig-
ſtichige, graue oder ſchimmlige Fäſſer wieder brauchbar gemacht
werden können. Von großer Wichtigkeit iſt auch die Gährung
des Moſtes. Durch aufgeſetzte Gährtrichter oder Gährſpunten
wird dem allzuraſchen Entweichen der Kohlenſäure ein Wider-
ſtand bereitet, der aber doch nicht ſo ſtark iſt, daß er das Zer-
reißen des Faſſes befürchten ließe. Auf dieſe Weiſe geht die
Gährung nicht ſo raſch vor ſich; ſie wickelt ſich ruhiger ab und
die weingeiſtigen Theile bleiben dem Getränk erhalten.
Zur Erhaltung des Moſtes iſt ein kühler, luftiger Keller
nothwendig. Faulende Subſtanzen, ſtark riechende Stoffe, leicht
verweſende Gemüſe ꝛc. ſind entfernt zu halten, wenn der Moſt
nicht leiden ſoll.
Noch viele lehrreiche und praktiſche Winke, deren Wieder-
gabe der Raum nicht erlaubt, gewährte der Vortrag. Die fol-
gende Diskuſſion wurde eifrig und lebhaft benützt, indem es
jedem Zuhörer geſtattet war, vom Herrn Referenten jede ge-
wünſchte Auskunft zu bitten.
— Uznach. Nach dem ſchönen Verlauf der Fahnenweihe
des hieſigen katholiſchen Geſellenvereins erfüllen wir die ange-
nehme Pflicht, allen denjenigen unſern verbindlichſten Dank aus-
zuſprechen, die zum Gelingen des Feſtes etwas beigetragen haben.
Herzlichen Dank vorab allen jenen, die in gaſtfreundlicher Weiſe
den Söhnen des ehrſamen Handwerks Freiquartiere zur Ver-
fügung ſtellten, allen jenen, die durch Beflaggung ihrer Häuſer
unſerm freundlichen Städtchen das Feſtkleid verliehen, die Kirche
mit dem prächtigen Blumenſchmuck zierten und überhaupt irgend-
wie ihre Sympathie dem Vereine gegenüber an den Tag legten.
Namens des katholiſchen Geſellenvereins:
Der Vorſtand. ** Vom Truppenzuſammenzug.
Baſel, den 9. September 1893. Nachdem die Vorkurſe
ſämmtlicher Truppen am 4. September ihren Abſchluß gefunden
haben, fanden am 5. und 6. September die Brigadeübungen
(Regiment gegen Regiment ſtatt, und zwar für die V. Diviſion
in der Gegend von Reigoldswyl, Titterten, Breitenbach, Nunnin-
gen. Am 7. und 8. September wurden von der V. Diviſion
in der gleichen Gegend die Diviſionsmanöver (kombinirte Brigaden
gegeneinander) ausgeführt.
Leider ereignete ſich am 7. September ein bedauernswerther
Vorfall, indem nämlich der Führer der V. Diviſion, Oberſt-Divi-
ſionär Rudolf, während der Kritik in Reigoldswyl ohnmächtig um-
ſank, infolge Ueberanſtrengung. Obwohl er ſich ziemlich bald
wieder einigermaßen erholte, konnte doch die Kritik nicht mehr
fortgeſetzt werden und es iſt ſein Zuſtand, wenn auch nicht ge-
fährlich, ſo doch dermaßen, daß er von der weitern Führung ſei-
ner Truppen während den Manövern enthoben werden muß.
An ſeiner Stelle hat Oberſt de Crouſaz, der Kreisinſtruk-
tor der V. Diviſion, die Oberleitung der Truppen der V. Diviſion
übernommen. Heute, den 9. September beginnen, weiter gegen
Delsberg zu, die Operationen der 9400 Mann ſtarken III. Divi-
ſion (Berner) gegen die V. Diviſion (Baſelſtadt, Baſelland, Solo-
thurn, Aargau), welche 9600 Mann ſtark iſt, beidſeitig ohne die
Artilleriebrigaden in der Geſammtſtärke von 1700 Mann und
die beiden Kavallerieregimenter III und V. Alles in Allem er-
gibt ſich eine Truppenzahl von ca. 24,000 Mann.
Die Armeekorpsmanöver werden am 11. und 12. Septbr.
fortgeſetzt, und werden zu denſelben noch die gegenwärtig abge-
haltenen Rekrutenſchulen von Colombier, Bern und Zürich, nebſt
der Sappeurrekrutenſchule und der Poſitionsabtheilung III beige-
zogen. Die letztern bilden dann am 13. September die feindli-
chen Truppen, welche die von den Pionnierbataillonen errichteten
Verſchanzungen und befeſtigten Stellungen am Bruderholz gegen
das ganze II. Armeekorps vertheidigen werden; dieſe Truppen
haben zuſammen eine Stärke von gegen 4000 Mann.
Am 13. September wird die in der Schweizergeſchichte rühm-
lichſt bekannte Schlacht am Bruderholz (1. Std. von Baſel) eine
unblutige Erneuerung finden.
Bei der impoſanten Truppenanzahl von 28,000 Mann mit
100 Geſchützen iſt dieſer „Krieg im Frieden“ oder ſogenannte
„Truppenzuſammenzug“ wohl der größte der bis jetzt abgehalte-
nen. Anno 1870/1871 ſtanden an der deutſchen und franzöſi-
ſchen Grenze unter General Herzog 35,000 Mann, wovon in
Baſel ca. 5000 Mann. Seit den Kriegszeiten Napoleon I., im
Anfange unſeres Jahrhunderts hat deshalb Baſel wohl keine ſolche
bedeutende Truppenanzahl mehr geſehen. Das Ereigniß wird aber
auch gehörig gewürdigt und haben die Schulen für die große In-
ſpektion am 14. September Ferien.
Die Behörden haben, um der ſonſt kaum zu bewältigenden
möglichſt nahen Andrang zur „Schützenmatte“ zu vermindern, zu
einem Radikal-Mittel gegriffen, das wohl beſſer helfen wird, als
100 Poliziſten. Es werden nämlich Tribünen errichtet mit num-
merirten Plätzen zu 5 Fr.! — Da das Terrain gegenüber der
„Schützenmatte“ hügelig iſt, werden jedoch die meiſten Neugieri-
gen auf die wackern Vaterlandsvertheidiger herunterblicken können,
denen manchem bei dieſer Inſpektion „heißer“ werden wird, als
während den angeſtrengteſten Märſchen bei ziemlich brennender
Sonne. Die Witterung iſt im Allgemeinen günſtig und meiſtens
trocken.
Für die Truppen, welche abwechſelnd auf freiem Felde kam-
piren müſſen, ſind die kühlen und hie und da regneriſchen Nächte
dagegen ſchon weniger angenehm.
Die Korpsverwaltungs-Anſtalt, welche ſich, 300 Mann ſtark,
in Biel eingerichtet hat, kommt ihrer Aufgabe, die geſammte Ver-
pflegung des II. Armeekorps während der ganzen Dauer des
Truppenzuſammenzuges zu beſorgen, gut nach. Das Lager in
Biel ſoll mit den zahlreichen Bäckereien und Schlächtereien be-
ſonders bei Fackelbeleuchtung zur Nachtzeit einen intereſſanten,
romantiſchen Anblick bieten, und es ſind bereits auch tagsüber
photographiſche Aufnahmen von demſelben gemacht worden.
Die Herren Rud. Weiß (Baſel) und Prof. Clottu (Biel)
werden ſpäter ein Album herausgeben, über den Truppenzuſam-
menzug im Jura, das jedem Theilnehmer eine angenehme Erin-
nerung daran ſein ſoll.
An ausländiſchen Offizieren ſind aus Frankreich General de
Roincé, nebſt einem Oberſt und einem Major, aus Deutſchland
General Keller (der Begleiter des deutſchen Kaiſers nach Italien
und durch die Schweiz) mit 3 Offizieren, aus Rußland Oberſt
Baron von Roſen, vom Garde-Regiment und Capitän von Hey-
mann anweſend. Auch aus Oeſterreich und Italien ſind höhere
Offiziere eingetroffen; ſelbſt die Republik Chile in Südamerika
(ca. 2,000,000 Einwohner) iſt durch einen ſchmucken, eigenartig
uniſormirten Offizier vertreten. Den Uebungen folgen überdies
in Zivil eine große Anzahl ſchweize. iſcher Offiziere; wie verlau-
tet, ſollen über 500 Legitimationskarten zur Ausgabe gelangt
ſein, welche zur Eiſenbahnfahrt mit halber Taxe und zur Theil-
nahme an der Kritik berechtigen.
Der ſanitariſche Zuſtand der Truppen iſt ein günſtiger,
„Verwundete“ werden natürlich alle Tage abgeſchoben, deren Pro-
zentſatz aber ein geringer iſt.
Die Bevölkerung der von den Truppen belegten Gegenden
kommen dieſen ſehr ſympathiſch und freundlich entgegen, was nicht
wenig zur guten Haltung derſelben beiträgt.
Volkswirthſchaftliches.
Auszug aus dem Amtsberichte
des Volkswirthſchaftsdepartementes pro 1892.
(Fortſetzung.)
Obſt-, Wein- und Gartenbauſchule in Wädens-
weil. Dieſes unter trefflicher Leitung ſtehende Inſtitut ent-
ſpricht allen Anforderungen in hohem Maaße und iſt ein viel-
begrüßter und gern geſehener Rathgeber der Obſt- und Wein-
bauern geworden.
Durch den Beitritt des Kantons Aargau in das Konkordat
wurde der Kanton St. Gallen in ſeiner Beitragsleiſtung etwas
entlaſtet; der im Büdget eingeräumte Kredit wurde indeſſen voll
aufgebraucht infolge der Unterſtützungen, welche wir an die Be-
ſucher der verſchiedenen Kurſe ausrichteten.
Es hängt mit dem unter der Rubrik Obſtbau Angeführten
zuſammen, daß wir uns alle Mühe geben, möglichſt viele
Kantonsangehörige nach Wädensweil zu ſchicken, um es dann im
Laufe der Jahre dabin zu bringen, daß in jeder obſt- und wein-
bautreibenden Gemeinde des Kantons eine fachlich gebildete
Perſönlichkeit vorhanden iſt, die den Leuten durch Rath und
That, durch Belehrung und gutes Beiſpiel an die Hand geht,
Der Kanton St. Gallen war denn auch in den Kurſen in
Wädensweil verhältnißmäßig äußerſt zahlreich vertreten, was aus
folgender Zuſammenſtellung erhellt:
Milchwirthſchaft. Wenn das Berichtsjahr für die Milch-
induſtrie auch wıeder etwas beſſere Zeiten brachte, ſo ſind dieſe
doch noch derart, daß dieſelbe alle Kräfte zuſammenhalten muß,
um beſtehen zu können. Die Konkurrenz des Auslandes, welcher
der Großbetrieb mit ſeinen vorzüglichen maſchinellen Einrichtungen
zur Verfügung ſteht, zeigt ihre verderblichen Einflüſſe allerorts
und geſtaltet im Vereine mit den ſtets läſtiger werdenden Zoll-
ſchranken die Abſatzverhältniſſe immer ſchwieriger. Es iſt daher
leicht einzuſehen, daß mit allem Nachdruck auf die Verfeinerung
der Qualität und auf die Verminderung der mittelguten Produkte,
die als Ausſchußwaare doch nur ſchlechte Käufer finden, hin-
gearbeitet werden muß. Leider iſt zu konſtatiren, daß ſich unſere
Landwirthe und Sennen zu vereinzelt und zu langſam den neuen
Verhältniſſen und Anforderungen anzupaſſen wiſſen. Die ſo noth-
wendige Belehrung wird daher auf dieſem Gebiet andere Wege
einzuſchlagen haben, wenn die Milchinduſtrie nicht noch tiefer
fallen ſoll; ſie wird ihre Ziele vielleicht eher finden, wenn ſie,
begleitet von einer unnachſichtlichen Kontrolle, bei den Lehrlingen
anſetzt und hier eine Organiſation anſtrebt, welche ähnlich wirkt
wie die Lehrlingsprüfungen im Gewerbeſtande.
Käſereiinſpektion. Von den bisherigen Experten bei
unverändertem Programm durchgeführt, fand dieſe wiederum in
zwei Malen in den Monaten Auguſt und Oktober ſtatt. Beſucht
wurden 63 Käſereien der Bezirke Werdenberg, Sargans, Gaſter,
See, Ober-, Neu-, und Alttoggenburg. Die Kommiſſion konnte
eine relative Verbeſſerung, ſowohl im Betriebe wie im Fabrikate
konſtatieren, ſah ſich aber nach wie vor veranlaßt, Klagen über
ungenügende Reinlichkeit, mangelndes Sachverſtändniß und durch-
aus unzureichende kaufmänniſche Befähigung der Käſer laut werden
zu laſſen.
Von den
2 Emmenthaler Doppelmulchen,
21 „ Einfachmulchen,
2 Dreiviertelfettkäſereien,
20 Halbfettkäſereien,
13 Magerſennereien und
5 Centrifugenbetrieben
konnte wiederum keine Hütte in I. Klaſſe prämiert werden, wohl
aber wurden 3 Käſereien mit je Fr. 50 und 9 Käſereien mit
je Fr. 30 ausgezeichnet.
Molkereiſchule Sornthal. Der Verlauf des Berichts-
jahres war in der Hauptſache ein normaler. Die gutbeſuchten
Kurſe nahmen den üblichen Gang und weiſen befriedigende
Reſultate auf.
Aus der Frequenztabelle entnehmen wir das Zunehmen der
St. Galliſchen Beſuchsziffer, was aus nachſtehenden Zahlen er-
hellt:
Neben dieſen ordentlichen Zöglingen war die Anſtalt von
ſechs Hoſpitanten beſucht, die gewöhnlich 2—3 Monate in Sorn-
thal zubrachten.
Die Bureauaushülfe des Direktors haben wir in eine eigent-
liche Aſſiſtentenſtelle umgewandelt, in der Abſicht, neben der
Entlaſtung der Anſtaltsleitung auch eine alle Gewähr bietende
Vertretung derſelben zu erzielen. An die Stelle wählten wir
Herrn Dr. Gebhard Heeb von Lienz.
Die Inanſpruchnahme der Schule und des Lehrperſonals
nach außen hin war wieder eine bedeutende, indem von dem
Inſtitute 505 Milchproben unterſucht und eine Anzahl von
Stallinſpektionen vorgenommen wurden. Die Leitung der Käſerei-
inſpektion übertrugen wir wie üblich der Direktion von Sorn-
thal, die zudem auch bei der Kleinviehſchau mitwirkte. Herr
Dr. Heeb ſtand, von uns berufen, dem kant. landwirthſchaftlichen
Winterkurs in Eſchenbach als Leiter vor.
Sornthal genießt jetzt eines ſehr guten Rufes unter den
Milchwirthen der Oſtſchweiz.
Die mit der Schule verbundene Landwirthſchaft iſt einfach,
aber zweckmäßig eingerichtet; ſie gibt zu Bemerkungen nicht
Veranlaſſung.
Die Molkerei verarbeitete 513574 kg. Milch, wovon ca.
294 231 kg. zu fettem Emmenthaler, 338 kg. zu Holländer
dreiviertelfett und 93649 kg. zu halbfettem Emmenthaler ver-
käst wurden. Zur Centrifugierung kamen 125 356 kg. Die
Ausbeute an Käſe und Butter war eine beträchtliche. Sie be-
trug an Fettkäſe 8,98 $%$, an Holländerkäſe 10,6 $%$, an Halbfett-
käſe 8,95 $%$, und an Magerkäſe 5,97 $%$. Der Bruttoertrag
ſtellte ſich auf 1,32 $%$.
Unter den Schweinen war im Herbſt der Rothlauf in
einer Weiſe aufgetreten, daß 13 über 50 kg. ſchwere Thiere
und 32 Ferkel abgeſchlachtet werden mußten. Die Seuche hatte
ihren Weg aus einer thurgauiſchen Käſerei in die Anſtalt ge-
funden. Gegen Ende des Jahres war indeſſen der Geſundheits-
zuſtand der Thiere, dank der energiſch durchgeführten Gegen-
maßregeln, neuerdings ein normaler, ſo daß ungeachtet der durch
die Krankheit entſtandenen Verluſte, die ſich in der Jahresbilanz
bemerkbar machen, die Schweinehaltung ſich günſtig geſtaltete.
Die Anſtalt züchtet zur Zeit nicht nur für den eigenen
Maſtbedarf, ſondern betreibt auch Raſſenzucht, deren Produkte
guten Abſatz finden.