Die deutsche Gesinnung der Gothaer.
Jn den Zeiten höchster Bedrängniß und Ge-
fahr für das Vaterland bewährt sich der ächte,
der wahre Patriotismus, in solchen Krisen ist es
der Patriot, der Vaterlandsfreund im wahren
Sinn des Wortes, der mit aufrichtiger Freude
und unbedingter Hingebung Alles, Gut und Blut,
seine ganze Habe, sein Leben dem Vaterlande
weihet, der ihm selbst das größte Opfer -- das
seiner Ueberzeugung bringt, wenn er erkennt, daß
ihre Verwirklichung nur durch das Verderben des
Vaterlandes erreicht werden kann. Nicht so die
Deutschesten der Deutschen -- unsere Gothaer!
Sie, die unaufhörlich von dem Glücke, der Macht,
der Wohlfahrt, der Einigung des deutschen Va-
terlandes schwätzen, bedenken sie nicht, jetzt, wo
die fürchterlichste Gefahr -- wie seit zwei Jahr-
hunderten nicht -- das Vaterland bedroht -- wo
der unselige Bruderkrieg an die Pforten pocht --
wo Deutsche bereits gegen Deutsche das Schwert
gezückt -- mit der vollen Wuth der Raserei den
unheilvollen Brand anzufachen, der -- einmal
entzündet, unaufhaltsam das ganze Vaterland er-
greifen wird -- die Glut zu schüren, die leider
nur zu sehr schon unter den deutschen Bruder-
stämmen um sich gegriffen -- den unseligen Haß,
der sie seit Jahrhunderten gegeneinander waffnete,
aufs Neue aufzustacheln, den Norden Deutschlands
gegen den Süden zu hetzen, alle Schrecknisse des
Bürgerkrieges über das arme Vaterland herauf-
zuschwören! Mit unseligen Emsigkeit schüren, he-
tzen, wühlen sie an allen Ecken und Enden; mit
teuflischer Lust ziehen sie das dem Moder längst
vergangener, längst vergessener Zeiten Alles her-
vor, was den Haß der deutschen Bruderstämme
zu entflammen vermag; taub gegen alle Lehren
und Warnungen der Geschichte beuten sie diese
aus, um alle Schmach und Schande, mit der un-
seligen Verblendung früherer Jahrhunderte den
deutschen Namen befleckt, auf's Neue in's Leben
zurückzurufen! Jhr Fanatismus kennt kein Maaß,
kein Ziel, keine Grenze: sie lechzen nach Bürger-
blut, ihr Ungestüm, ihre Ungeduld vermag kaum
den Augenblick abzuwarten der das Signal an-
geben soll zum Bürgerkriege, der Tod und Ver-
berben, Jammer und Trauer über alle deutschen
Lander verbreiten soll! Und dieß Alles, um, wie
die Gothaer sagen, das deutsche Vaterland glück-
lich, stark, einig zu machen! Die späte Nach-
welt wird solch' grenzenlosen Wahnsinn unerklär-
lich finden, der des Vaterlandes Glück dadurch
schaffen will, daß er es in das unabsehbarste Un-
glück stürzt, der es dadurch stark machen will, daß
er den Bruderkrieg heraufbeschwört, in dem die
edelsten Kräfte der Nation sich aufreiben, sich er-
schöpfen müssen, der es dadurch zur Einigkeit füh-
ren will, daß er den Haß, den Unfrieden, den
Kampf der deutschen Bruderstämme gegen einan-
der entflammt! Nein, wer solch' wahnsinnige,
verbrecherische Gedanken zu fassen, zu ihrer Aus-
sührung aufzufordern vermag, der ist kein Freund
des Vaterlandes, kein Patriot, kein Deutscher!
Jhm ist es nicht um das Glück, die Wohlfahrt,
Macht und Ehre Deutschlands zu thun; für ihn
gibt es nur ein Ziel, nur ein Streben, -- jenes,
seinen Meinungen und Jdeen um je-
den Preis, selbst um jenen des Ver-
derbens der deutschen Nation, den
Sieg zu verschaffen! Mag der wuthendste
Bürgerkrieg das deutsche Vaterland zerfleischen,
mag das namenloseste Unglück alle deutsche Gauen
verheeren, mögen Ströme des edelsten Blutes den
deutschen Boden röthen, Tausende und abermal
Tausende von Leichen auf den Schlachtfeldern
Deutscher gegen Deutsche sich aufthürmen, mögen
unsere blühenden Städte in Trümmer versinken,
unser Wohlstand, unsere Bildung, die Segnungen
dreißigjährigen Friedens unrettbar vernichtet wer-
den, mag Deutschland, der Spielball fremder
Eroberer, nach Erschöpfung seiner letzten Kräfte
in jene Schwäche und Auflösung zurückversinken,
-- in der es gerade vor zwei Jahrhunderten nach
dem Ende eines dreißigjährigen Kampfes darnie-
derlag! -- Was kümmert das Elend alle jene
Verblendeten, wenn nur bereinst -- und
sei es über den Trümmern des deut-
schen Gemeinwesens -- der Bundes-
staat nach der Jdee der Gother sich
erhebt! Deutschland mag im bruder-
mörderischen Kampf verbluten, mag
zu Grunde gehen, wenn nur ihre Bun-
desstaatsidee triumphirt? Dies ist
der Patriotismus, dies ist die Auf-
opferungsfähigkeit, die Vaterlands-
liebe, die deutsche Gesinnung der
Deutschesten der Deutschen, der Go-
thaer! So erprobt sich in der ernsten
Prüfungsstunde ihre Gesinnungstüch-
tigkeit, ihr vielgepriesenes Deutsch-
thum!
( N. M. Z. ) Die Ereignisse in Kurhessen.
Aus Kurhessen, 18. Nov. Mit jedem Tage
tritt es schlagender ins Licht, in welche schlimme
Lage Preußen mit seinem Sonderbunde, der kei-
nen andern Zweck hatte, als ihm die Herrschaft
in Deutschland zu verschaffen, Deutschland in
Preußen aufgehen zu lassen, nicht blos das deut-
sche Vaterland überhaupt, sondern dieses Land,
Kurhessen, insbesondere versetzt hat. Galt es
Preußen wirklich um Deutschlands Wohl, um des
gemeinsamen Vaterlandes Macht und Größe, so
mußte es von Anfang der Märzrevolution an
Oesterreich aufrichtig die Hand reichen und ge-
meinschaftlich mit der ersten deutschen Großmacht,
als welche sie der König selbst anerkannte und in
Uebereinstimmung mit den deutschen Fürsten des
Vaterlandes Geschicke zu ordnen, das bisher Ver-
säumte nachzuholen, die Bundesverfassung ange-
messen zu reformiren, den Jnteressen der deutschen
Nation und ihren gerechten Forderungen Rechnung
zu tragen suchen. Ohne Oesterreich ist kein gro-
ßes, mächtiges, blühendes Deutschland denkbar,
sondern nur ein verstümmeltes, seiner Hauptlebens-
quelle beraubtes, ohnmächtiges, zwischen Rußland
und Frankreich und Oesterreich selbst eingepreßtes.
Nur im innigsten Bunde mit einander können
Oesterreich, Preußen und das übrige Deutschland
gedeihen, ein großes, mächtiges, geachtetes Ganze
bilden, und der deutsche Bund, die deutsche Na-
tion, so inmitten der europäischen Staaten die
ehrenvolle Stelle einnehmen, die ihnen gebührt.
Die ganze deutsche Geschichte weist uns darauf
hin, und König Friedrich Wilhelm III., durch die
bittersten Erfahrungen belehrt, hatte dies so wohl
erkannt, daß ihm sein Sohn und Nachfolger auf
dem Todtenbette versprechen mußte, am innigen
Bunde mit Oesterreich festzuhalten, nie mit Oe-
sterreich zu brechen. Und Friedrich Wilhelms IV.
Mutter, die Königin Luise, eine der herrlichsten
deutschen Frauen, hatte dieselben Ansichten gehegt.
Dennoch ließ sich Preußen verleiten, auf den un-
glückseligen Plan der Jdeologen einzugehen, welche
ein preußisches Erbkaiserthum gründen, mithin,
während sie sophistisch die Einheit und Größe
Deutschlands beständig im Munde führten, das
Vaterland zertheilen, zerfleischen und von neuem
in alle die traurigen, ja noch größeren Wirren
stürzen wollten, als die waren, welchen es durch
die Befreiungskriege von 1813 und 1814 kaum
erst glücklich entgangen war. So schnell vergißt
man auch die blutigsten Lehren der Geschichte!
Preußen, statt als redlicher deutscher Bundesge-
nosse Oesterreich um so aufrichtiger die Hand zu
reichen, je ärger die Stürme der Revolution tob-
ten und mit ihm für kräftige Aufrichtung des zer-
rütteten Vaterlandes zu wirken, benutzte die mo-
mentane Verlegenheiten Oesterreichs, und liebäu-
gelte mit jenem Plane der Jdeologen nnd Revo-
lutionäre, ohne den Muth zu haben, entschieden
darauf einzugehen, wohl fühlend, daß er jeden
praktischen Bodens entbehre, nicht ausführbar sei,
ohne den Schlund der Revolution erst recht zu
öffnen, Deutschland in unabsehbare innere und
äußere Kriege zu stürzen. Es schlug den unglück-
lichen Mittelweg der Union ein, den schon mehr
von ihm mit gleich wenig Glück versuchten des
Separatismus, des Fürstenbundes von 1785,
der Demarkationslinie von 1795, des „ norddeut-
schen Kaiserreichs“ von 1806. Derselbe Weg
mußte zu denselben traurigen Resultaten führen:
zur Zerspaltung des Vaterlandes und mithin zu
dessen Ohnmacht dem Ausland gegenüber, zur in-
nern Schwäche und Anarchie, zur Lähmung des
Handels und der Jndustrie, zur gänzlichen Zer-
rissenheit. Wie mächtig und geachtet stand Deutsch-
land, trotz aller Schwächen und Fehler des alten
Bundes, im Jahr 1840 dem Ausland gegenüber
da, und wohin haben es die preußischen Sonder-
bestrebungen nun gebracht? Mit tiefem Schmerz
kann jeder sein Vaterland liebende Deutsche dies
nur betrachten. Erst in den neuesten Tagen,
nachdem Oesterreich im Verein mit dem größten
Theil Deutschlands -- die bundestreuen Staaten
bilden zwei Drittel, die unionistischen nur ein
Drittel des Bundes -- die Herstellung des Bun-
des mit zeitgemäßen Reformen kräftig in die Hand
genommen hat, haben wir Hoffnung ein deutsches
Vaterland zu behalten. Freilich ist dazu nöthig,
daß Preußen seine separatistischen Bestrebungen
aufgibt, und sich dem gemeinsamen Vaterland,
dem deutschen Bund, wieder anschließt, von dem
es sich nie hätte trennen sollen, daß es also die
den Bund zerreißende preußische Union offen und
ehrlich aufgibt. Es hätte dies besser schon längst
thun sollen, nachdem euch der Blinde einsah, daß
von keinem „deutschen Bundesstaate“ mehr die
Rede kein konnte, und der Verblendetste begriff,
daß es sich nun blos noch um ein vergrößertes
Preußen, um die Spaltung, die Vernichtung
Deutschlands handle. Wie konnte man bei die-
sen reinen Partikularinteressen immer noch in der
Maske der Einheit Deutschlands, das man zer-
riß, zerfleischte, zu täuschen hoffen? Aber auch
jetzt, wenn auch spät, und nachdem viel Uebeles,
schwer wieder gut zu machendes angerichtet, ist es
noch Zeit, sich dem Bunde wieder zuzuwenden und
die dem Vaterland geschlagenen Wunden wieder
zu heilen. Es kann dies wahrlich nicht die Ehre
verletzen, sondern ist nur der Ehre gemäß. Man
spricht so viel von der preußischen Ehre, von Ver-
letzung der preußischen Ehre! Uns ist die Ehre
eines jeden deutschen Bruderstammes und nament-
lich die des mächtigen, ruhmreichen preußischen
heilig. Aber eben weil dieser Bruderstamm mäch-
tig und ruhmreich ist, braucht er nicht so empfind-
lich zu sein. Es gibt eine wahre und eine falsche
Ehre. Die wahre Ehre verlangt, das Unrecht
aufzugeben, sich dem Rechte zuzuwenden. Jm
Unrechte aber ist jeder Sonderbund, der das ge-
meinsame Vaterland zerreißt; im Unrechte und
zwar im stärksten Unrechte ist ein unberufenes ge-
waltsames Einmischen in die Angelegenheiten eines
andern Bundesstaates, wie die Jnvasion Preußens
in Kurhessen, die so großes Unglück über dieses
Land gebracht hat. Das Unrecht aufgeben, sich
dem Rechte zuwenden, ist ehrenvoll, ist wahrer
Ehre gemäß. Falsche Ehre wäre es aber, bei
einer dem deutschen Vaterlande, dessen Wohl man
doch immer im Munde führt, verderblichen Politik
verharren zu wollen, bei der von der Geschichte
bereits gerichteten preußischen Partikularpolitik
von 1785, 1795 und 1806.
( F. O.=Z. )
Aus Kurhessen, 20. Nov. Eine Verfügung
des Civilcommissärs des deutschen Bundes in Kur-
hessen an die Gerichte, den gesetzmäßigen Stempel
wieder zu erheben, ist theilweise auf Widerspruch
gestoßen und hat in öffentlichen Blättern mehrfach
Mißdeutungen und falschen Auslegungen unterle-
gen. Sie ist, namentlich nachdem bei den Reni-
tenten Zwangsmaßregeln zu deren Vollstreckung
eingetreten sind, als eine Beeinträchtigung des
richterlichen Gewissens und der Rechtsprechung
selbst angesehen worden. Davon handelt es sich
aber durchaus nicht, sondern um eine reine Admi-
nistrativmaßregel, was die Erhebung des Stem-
pels lediglich ist, und nicht um eine Urtheilsspre-
chung, wie fälschlich hat dargestellt werden wollen.
Daß die Erhebung des Stempels eine rein admi-
nistrative Sache ist, ergibt sich nicht blos aus
den deßfallsigen Verhältnissen in andern Staaten,
sondern auch aus dem Verhalten vieler Gerichts-
behörden in diesem Lande selbst, welche keinen An-
stand nehmen, die Sache so anzunehmen, und den
Stempel der Verfügung des Bundescommissärs
gemäß zu erheben.
( F. O.=Z. )
Fulda, 20. Nov. Heute fanden einige Dis-
lokationsveränderungen statt. Das 2. Bataillon
des 15. Regiments marschirte aufs Land und 1
Bataillon des 14. Regiments rückte dafür ein.
Das 2. Kürassierregiment bezog Cantonnements in
der Nähe der Stadt. Die beiden schönen Küras-
sierregimenter bilden mit einem Cheveaurlegersre-
giment eine Brigade unter General v. Flotow,
der sich hier befindet. Es herrscht noch immer die
größte Ruhe in den Cantonnements. ( F.=O.Z. )
Kassel, 20. Nov. So sind es denn schon 20
Tage, daß Kassel, wenigstens dessen Oberneustadt,
preußische Soldaten beherbergen muß. Aus wil-
ligem Gehorsam gegen den preußischen Comman-
direnden hat nämlich der Stadtrath die hier lie-
genden Preußen, etwa 1200 Mann, seit dem 9.
sämmtlich in die Oberneustadt einquartirt, weil
es dem Herrn Commandirenden so bequemer ist.
Die Klage der Hausbesitzer jenes Stadttheils
über diese Ungerechtigkeit haben bis zum Augen-
blick nichts gefruchtet. Selbst dort, so wird mehr-
seitig behauptet, sollen verschiedene, natürlich ganz
besonders gesinnungstüchtige Hausbesitzer nicht ei-
nen Mann im Quartier haben, während andere
übermäßig damit belastet sein sollen. -- Der Dienst-
eifer der hiesigen Bürgergarde ist jetzt so groß,
daß kaum der dritte Theil von den zum Wacht-
dienst Commandirten sich einfindet. Gewiß der
größere Theil der Bürgergarde sehnt sich darnach,
die Gewehre auf gute Manier los zu werden.
Nicht so die Offiziere.
K. Z.
Hanau, 20. Nov. Außer den Obergerichts-
räthen von Bischofshausen und Hünersdorf hat
nun auch Obergerichtsrath von Maibom sein Ent-
lassungsgesuch eingereicht und Obergerichtsrath
von Carlshausen ist um seine Pensionirung einge-
kommen. Mit diesen Mitgliedern sind zugleich
die wesentlich Gothaischen und Neuhessischen Be-
standtheile des Obergerichts ausgeschieden, und es
steht deshalb zu erwarten, daß die übrig geblie-
benen einem versöhnlicheren Geiste huldigen.
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten .
Altona, 19. Nov. Die Landesversammlung
von Lauenburg hat folgende Erklärung an die
dortige Statthalterschaft übergeben: „1 ) Die Lan-
desversammlung hegt den Wunsch, daß es dem
Landesherrn möge vergönnt sein, baldigst seine
Rechte wieder selbst auszuüben, und ist bereit, zu
diesem Ziele für die Wohlfahrt des Landes im
Verein mit der hohen Statthalterschaft hinzuwir-
ken. 2 ) Die Landesversammlung kann Heil und
Segen für dieses Land in der Herstellung der
Beziehungen zum Landesherrn nur dann erblicken,
wenn denselben Bestand durch gleichzeitige Her-
stellung des Friedens zwischen dem Königreich Dä-
nemark und den Herzogthümern Schleswig=Hol-
stein gesichert ist. 3 ) Sie erklärt bis dahin die
Fortdauer der gegenwärtigen Landesverwaltung
für das durch das Jnteresse des Landesherrn so-
wohl als des Landes unabweislich Gebotene und
vertraut, daß diese Wahrheit auch von dem Lan-
desherrn werde erkannt werden. 4 ) Sie ertheilt
der hohen Statthalterschaft ihre Zustimmung zu
allen Schritten, welche geeignet sind, die vorzei-
tige Einsetzung einer landesherrlichen Regierung
abzuwenden, und hegt die Erwartung, daß die
hohe Statthalterschaft, wenn durch einen Abgeord-
neten die Herstellung der landesherrlichen Gewalt
versucht werden sollte, in ihrer Stellung fest ver-
harren und nur nach stattgehabter gemeinschaft-
licher Beschlußnahme mit der Landesversammlung
verfahren werde. Ratzeburg, 12. Nov. 1850. Die
Landesversammlung des Herzogthums Lauenburg.
Levetzow. Bärens.“
Rendsburg, 17. Nov. Die „Börsenhalle“
enthält eine Mittheilung aus Kiel, 15. Nov.,
über eine dem Vernehmen nach daselbst eingetrof-
fene Weisung aus Berlin, daß, wenn unsere Armee
bis zum 15. December nicht entwaffnet sei, die
Execution vollzogen werden solle. Wir können
aus zuverlässiger Quelle diese Nachricht für gänz-
lich unbegründet erklären. Eine derartige Mit-
theilung ist von Seiten der preuß. Regierung an
die Statthalterschaft nicht gemacht, welche daher selbst-
verständlich auch keine Veranlassung gehabt hat,
eine Antwort darauf zu ertheilen.
( H. N. )
Frankfurt, 20. Nov. Man fragt nicht sel-
ten, welche Aenderung in der Politik Preußens
eingetreten sei, da Herr v. Manteuffel zwei Tage
nach dem Austritt des Herrn v. Radowitz aus
dem Ministerium, die von letzterm in Antrag ge-
brachte Mobilisirung der preußischen Armee, mit-
hin die entschiedenste Maßregel, zur Ausführung
gebracht habe. Man sagt, daß in dem Fall auch
Herr v. Radowitz hätte im Ministerium bleiben
können. Dabei übersieht man aber, daß der Zweck
dieser Maßregel in den Augen des Hrn. v. Ra-
dowitz ein ganz verschiedener, als in denen des
Hrn. v. Manteuffel ist. Ersterer Minister wollte
mittelst einer Nationalerhebung des preußischen
Volks die Unionsidee zur Ausführung bringen und
diese nöthigenfalls erzwingen; sein Ziel war die
Ausschließung Oesterreichs aus dem Bunde und
die Suprematie Preußens über Deutschland mit-
telst der Unionsverfassung; der letztere Minister
hingegen will die volle Parität Preußens mit
Oesterreich, mithin nicht den Ausschluß der letz-
tern Macht aus Deutschland, sondern die Thei-
lung des überwiegenden Einflusses über Deutsch-
land mit derselben. Hr. v. Radowitz verfocht das
Jnteresse der gothaischen Partei, so sehr er dieses
auch verhüllen mochte; Hr. v. Manteuffel stützt
sich auf das spezifische Preußenthum. Der letzt-
gedachte Minister beantragte die Mobilisirung der
preußischen Armee, weil er die Besorgniß hegen
mochte, daß Oesterreich, nachdem es Preußen zum
Aufgeben der Unionsidee vermocht hatte, nun auch
die von ihm angestrebte Parität bestreiten werde,
mithin das spezifische Preußenthum im Herzen an-
greifen wolle. Sein Schritt war darauf berech-
net, daß Oesterreich durch einen ersten Succeß
nicht zu dem Glauben verleitet werde, es könne
auch den zweiten mit Hülfe derselben Minister
erringen, die ihm bei Bekämpfung der Unions-
idee zur Seite gestanden. Hierin liegt wohl
auch der Grund, weshalb die specifisch preußi-
schen Blätter so plötzlich einen kriegerischen Ton
gegen Oesterreich anstimmen. So wie aber von
der österreichischen Regierung der preußischen die
Gewißheit gegeben worden ist, es werde von
ihr die Parität der beiden deutschen Großmächte,
so weit sie ausführbar scheine, nicht beanstandet
werden, so mußte diese auf Berechnung beruhende
Feindschaft schwinden. Die neuesten Nachrichten
aus Wien und Berlin lassen nun keinen Zweifel
mehr übrig, daß Oesterreich von Preußen die ver-
langten Garantien, daß es ihm mit dem Aufge-
ben der Union voller Ernst sei, erhalten habe, und
vielleicht ist die Entfernung des Hrn. v. Radowitz
aus Preußen eine dieser Garantien gewesen, und
eben so auch, daß Preußen von Oesterreich die
geforderte Sicherheit erhalten hat, daß es mit der
Gewährung der Parität vollkommen aufrichtig ge-
meint sei. Von diesem Augenblick müssen sich die
specifischen Preußen wieder zu dem österreichischen
System hingezogen fühlen, nur um so gewisser
aber werden sie genöthigt sein, im Jnlande den
Kampf mit der gothaischen Partei aufzunehmen.
Jn diesem Kampf dürfte das Hauptmoment des zu
eröffnenden preuß. Landtags bestehen und schon
die Eröffnungsrede darauf hinweisen. Wir sind
der Ansicht, daß in demselben Verhältniß, als die
preußische Regierung in der Lage sein wird, den
Angriffen der Gothaer und Unionisten zu wider-
stehen, auch ihre Jntimität mit Oesterreich zuneh-
men werde. Eben daraus wird auch die zuneh-
mende Annäherung an das alte Bundessystem her-
vorgehen, und hierauf bauen wir unsere vorzüg-
lichste Hoffnung einer baldigen Verständigung zwi-
schen Oesterreich und Preußen über die deutschen
Verfassungsfragen. Jst einmal die Jdentität der
Jnteressen wieder hergestellt, so muß sich das ge-
meinschaftliche Handeln von selbst ergeben. Jn-
sofern betrachten wir die Mobilisirung der preu-
ßischen Armee als die bittere Frucht der Rado-
witz'schen Unionspolitik. Durch diese Politik war
das Mißtrauen zur gegenseitigen Staatsmaxime
erhoben worden, und begreiflich ist es, daß dieses
so lange genährte und durch so viele Handlungen
gerechtfertigte Mißtrauen nicht auf einmal schwin-
den konnte. Gelingt es nun, dieses Mißtrauen
von Grund aus zu heben und in Deutschland
naturgemäße Verhältnisse herzustellen, so werden
wir selbst die ungeheuern Opfer, die gebracht wer-
den mußten, nicht allzusehr zu beklagen haben. --
Sollten die blinden, auch jetzt noch nicht
belehrten Anhänger der Gothaer und
der Radowitzschen Politik noch fernere Opfer
zu bringen haben, so werden wir uns auch hier-
über nicht beschweren, vielmehr als höhere Fügung
anerkennen, daß die Schöpfer so großen Unheils
sich ihrer Erfolge weder rühmen noch erfreuen
mögen. Die Genugthuung wird aber uns wer-
den, daß es sich bewahrheiten wird, daß Preußen
dasjenige, was es zu erstreben berechtigt ist, auf
dem nun eingeschlagenen Wege mit Sicherheit er-
reichen wird, während die Verfolgung des frühe-
ren Weges es täglich vom Ziele weiter entfernen
und am Ende ins Verderben führen müßte. Diese
Wahrheit, die wir so oft und eindringlich geltend
gemacht haben, ist uns so vielfach und mit
so großer Erbitterung verargt worden, daß
wir an uns selbst hätten irre werden kön-
nen. Bald aber, so Gott will, wird die Zeit
kommen, wo man uns keine Preußenfeindlichkeit,
von der wir nichts in uns empfanden, vorwerfen,
vielmehr erkennen wird, auf welcher Seite die
wahren Freunde Preußens und Deutschlands zu
finden sind.
( F.=O.=Z. )
△ Aus Baden, 19. Nov. Es war früher
bestimmt, daß die durch die Ereignisse vom vori-
gen Jahre etwas verspätet zur Ziehung gekommene
Mannschaft, welche 1850 militärpflichtig, erst mit
der 1851 pflichtigen ausgehoben werden sollte.
Ein neuester Befehl ordnet jedoch an, daß diese
Aushebung sofort vorzunehmen, und findet die-
selbe am 16. Dez. statt. -- Man wird sich
wohl noch der im Februar vorgekommenen Ge-
schichte von dem Verschwinden der jungen Gattin
eines königl. preuß. Stabsoffiziers erinnern. Die-
selbe machte damals sehr großes Aufsehen, weil
es hieß, die junge Frau sei auf dem Wege von
Köln nach Karlsruhe ermordert worden. Jetzt
hat sich durch die gerichtliche Untersuchung erge-
ben, daß dieselbe nicht ermordet wurde, sondern
mit einem jungen Engländer nach London ent-
flohen ist. -- Die vor einiger Zeit eingestürzte
Eisenbahnbrücke auf der Strecke von Freiburg
nach Efringen ist jetzt wieder vollkommen herge-
stellt. -- Das Gerücht vom Abbruch der Eisen-
bahnverhandlungen zwischen der grosh. badischen
und der Basler Regierung ist bis jetzt ganz un-
begründet.
Karlsruhe, 20. Nov. Mit den Antrag des
Hrn. v. Hirscher auf Befreiung der Kirche von
bürokratischer Bevormundung wird eine neue Epoche
in der Entwickelung der badischen Zustände be-
ginnen. -- Es muß anerkannt werden, daß seit
einiger Zeit Alles, was für das Land Gutes ge-
schah, von der ersten Kammer ausgegangen ist,
aber man darf auch nicht verschweigen, daß die
Erfolge derselben noch viel größer sein würden,
wenn alle Mitglieder ihre Sitze auch wirklich ein-
nähmen. Daß sie dazu früher keine Lust hatten,
finden wir sehr begreiflich, jetzt aber fordern die
höchsten Jnteressen, daß Keiner fehle. Das preuß.
Hauptquartier wird den 28. d. M., die letzte Ab-
theilung des Besatzungkorps den 3. Dez. aus dem
Großherzogthume abgehen. Rastatt wird von ba-
dischen Truppen, nämlich dem 3., 5. und 9. Ba-
taillon, 1 Schwadron und der Artillerie besetzt.
-- Hoffen wir, daß der Bundestag dieser für
die schwebenden Verhältnisse so unzureichenden An-
ordnung bald ein Ende machen werde. -- Vor-
gestern ging Hr. v. Meysenbug als außerordent-
licher Minister nach Berlin, gestern Frhr. v. And-
law nach Wien ab. Es ist eine gute Vorbedeu-
tung, daß man den Letzteren wieder verwendet.
( K. Z. )
Stuttgart, 19. Nov. Die radikale Presse
hat offenbar zu früh ein Triumphgeschrei darüber
erhoben, daß ein großer Theil der Mitglieder
des ständischen Ausschusses vom 10. August 1849
wieder einzutreten sich geweigert haben soll, denn
das Ministerium hat nach dem jetzigen Stand
der Dinge nicht nur keine Schlappe erlitten, son-
dern vielmehr Das vollkommen erreicht, um was
es ihm allein zu thun sein konnte. Es wird sich
eine Kommission aus der Mitte jenes Ausschus-
ses als kontrolirende Behörde der Staatsschulden-
zahlungs- und Sustentationskasse bilden, ohne
alle weitere ständische Befugniß, und in diese
Kommission werden die meisten Mitglieder des
alten Ausschusses eintreten, die nicht, um der Re-
gierung Verlegenheiten zu bereiten, sondern nur
aus formellen Gründen abgelehnt hatten. Sie
gingen von dem Gesichtspunkte aus, daß ihr
Mandat erloschen sei und nicht durch §. 89 wie-
der belebt werden könne; dagegen machte sich die
Meinung bei ihnen geltend, daß das Ministerium
die Befugniß habe, eine Kommission zusammen
zu berufen, die eben so wohl aus Mitgliedern
des alten Ausschusses, wie aus andern Männern
bestehen könne.
Leipzig, 19. Nov. Jetzt ist es die Gothai-
sche Partei, die Partei der Unterwerfung unter
Preußen, welche in Sachsen der Regierung, wenn
nicht ernste Verlegenheiten bereitet, so doch ihr
das Bewußtsein des Daseins eines feindlichen
Prinzips im Jnnern einflößt. Unter dem Beam-
tenstande, der von jener Partei unterminirt ist,
gibt sich Sucht nach Opposition kund. Vergeblich
müht das Ministerium zu Dresden mit Gesetzen
und Verordnungen sich ab, es fehlt zu ihrer Voll-
ziehung an willigen Organen. Der Stadtrath
und das Stadtkollegium zu Leipzig werden von
bekannten Gothaern geleitet; die meisten Mitglie-
der dieser beiden Kollegien schwören nicht auf die
Selbständigkeit Sachsens, sondern schwärmen für
Preußen, in dessen Oberherrschaft sie das einige
Deutschland erblicken, im Grunde aber nur für
Jnteressen, deren Befriedigung sie von Preußen
erwarten.
Luxemburg, 16. Nov. Die Abgeordneten-
kammer hat heute nach vierstündiger Erörterung
in der deutschen Bundesangelegenheit eine moti-
virte Tagesordnung angenommen. Jn der Nach-
mittagssitzung wurde das Budget der öffentlichen
Arbeiten angenommen, worauf sich die Kammer
bis zum zweiten Dienstag im Februar 1851
vertagte, vorbehaltlich der Befugniß des Präsi-
denten, sie außerordentlich einzuberufen, wenn die
Umstände es erfordern sollten.
Berlin, 19. Nov. Se. Majestät der König
werden übermorgen Allerhöchst selbst die Kam-
mern im weißen Saale des Königlichen Schlosses
eröffnen.
-- Auch gestern Abend war der Ministerrath
und zwar von 5--9 Uhr versammelt. Heute
Vormittag trat derselbe wieder um 10 Uhr zu-
sammen. -- Gegenstände dieser sich schnell folgen-
den Berathungen sollen die Kammervorlagen sein.
-- Der Preßgesetzentwurf, wie er dem Staats-
ministerium nach den gemeinsamen Berathungen
Seitens der Ministerien des Jnnern und der Justiz
zugegangen, soll das Charakteristische haben, daß
er die bureaukratische Willkür zur Vorderthüre
hinauswirft, um dieselbe zur Hinterthüre wieder
hereinzulassen.
( N. Pr. Z. )
Berlin, 19. Nov. Die k. Botschaft, mit wel-
cher die Kammern übermorgen werden eröffnet
werden, bildete den Berathungsgegenstand eines
langen, heute früh stattgefundenen Ministerrathes.
Jch höre, daß der Text dieser Botschaft von dem
Könige persönlich entworfen sei, daß man aber in
Folge der heutigen Berathung zahlreiche Aender-
ungen darin vorgenommen hätte. Was den Haupt-
punkt der angenblicklichen Politik betrifft, so höre
ich schon jetzt, daß darin der Wunsch einer Er-
haltung des Friedens auf das Lebhafteste ausge-
sprochen, zugleich aber die bestimmte Versicherung
ertheilt wird, die Ehre und die Jnteressen Preu-
ßens zu wahren, indem man entschlossen sei,
wenn Dieß nicht anders möglich, es selbst mit
Waffengewalt zu thun. -- Jn Betreff
des völligen Aufgebens der Union wird die Höff-
nung ausgesprochen, daß Preußen auch fernerhin
noch mit seinen bisherigen Bundesgenossen eng
verbunden bleibe, wiewohl man bedauern müsse,
daß Dieß auf der bisherigen Basis, wie Preußen
sie durch die Verfassung vom 28. Mai geboten
habe, nicht möglich sei. Es wird mir schließlich
bemerkt, daß dieses gerade gegenwärtig so unend-
lich wichtige Aktenstück an einer großen Unbestimmt-
beit des Ausdruckes in seinen wesentlichsten Ab-
schnitten leide, so daß die Absichten der Regie-
rung nicht präzis genug hervortreten. -- Von
Seiten des englischen Kabinets ist hier eine neue
Note eingegangen, welche im Jnteresse der Er-
haltung des europäischen Friedens die dringend-
sten Vorstellungen macht.
( N. C. )
Berlin, 19. Nov. Die „Spenersche Zeitung“
enthält folgende, auch von der „Deutschen Re-
form “ aufgenommene Notizen: Die Stärke der
im Kurfürstenthum Hessen vereinigten bayerischen
und kaiserl. österreichischen Truppen beträgt jetzt
43,000 Mann, das Corps des Grafen von der
Gröben ist dagegen nur 17,000 Mann stark.
Wie wir hören, faßt die diesseitige Regierung
den Umstand, daß der Kurfürst in seinem Lande
eine solche Truppenzusammenziehung der österrei-
chischen Regierung gestattet hat, als einen unmit-
telbar gegen Preußen gerichteten feindseligen Act
auf, wegen dessen Preußen, sobald die Stunde der
Entscheidung gekommen ist, mit dem Kurfürsten
von Hessen abrechnen wird. Da es indeß nicht
in der Absicht liegen kann, die 17,000 Mann in
gegenwärtigen Augenblicke einer doppelt so starket
Uebermacht aufzuopfern, so soll Graf v. d. Gröben den
Befehl erhalten haben, sich, wenn er gedrängt
wird, weiter zurückzuziehen -- bis auf Weiteres!
England.
London, 14. Nov. Die heutigen „Times“
sprechen sich über die Stellung Englands so aus:
„Ein einiges Deutschland, d. h. ein durch das
Band eines Bundes zur Vertheidigung seines Ge-
biets vereinigtes Deutschland ist für uns die große
Schranke zwischen der Macht Rußlands auf der
einen und Frankreichs auf der anderen Seite.
Wenn die Hauptmächte Deutschlands uneinig sind,
so ist weder der Norden noch der Süden mächtig
genug, es mit den etwa gegen sie geschickten
Heeren aufzunehmen, und selbst die Neutralität
der einen Hälfte der Nation in einem solchen
Kampfe ist die Zerstörung der anderen. Aber
wenn diese Mächte nicht bloß getheilt, sondern
feindlich sind, so paralysiren sie einander und die
ganze Schranke zwischen Rußland und Frankreich
ist vernichtet. Wir können als Engländer also
in diesem unnatürlichen und beklagenswerthen Kampfe
keine Partei ergreifen: unser Feind ist der Krieg
selbst, nicht dieser oder jener kriegführende Theil.
Die Politik unseres Landes und die wahre Wohl-
fahrt Europa's wird in gleicher Weise leiden,
mag nun Oesterreich aus seiner alten Stellung
im deutschen Bunde verdrängt, oder Preußen durch
seine unsinnige Mißachtung der Bundesgesetze und
der europäischen Mächte gedemüthigt, niederge-
worfen und geschwächt werden. Beides wäre für
unsere continentalen Jnteressen ein Uebel von un-
berechenbarer Größe, beides die Zerstörung eines
Gebäudes, an welchem die englischen Staatsmän-
ner mitgebaut haben, als an dem stärksten Boll-
werk des Friedens von Europa.... Es war die
Pflicht und liegt noch jetzt in der Macht Eng-
lands, gemeinsam mit Rußland und Frankreich
die Autorität des Bundes in Europa auf der ein-
zigen bekannten und festen Grundlage, der der
Verträge von 1815, wiederherzustellen durch An-
erkennung der Frankfurter Bundesversammlung
als des gesetzlichen Organs des Bundes; denn
nichts kann frivoler sein, als die Vorwände, auf
welche hin man die Auctorität des Bundestags
läugnet, während die Existenz des Bundes zuge-
standen wird. Der ganze Bau muß zusammen
stehen oder fallen: die Verträge, welche den Bund
geschaffen haben, haben auch den Bundestag ge-
schaffen, und die nämlichen Verträge gaben Preu-
ßen die Rheinprovinzen und setzten die Grenzen
in ganz Europa fest. Die Bundes=Auctorität in
Deutschland vernichten, heißt den Schlußstein des
Gewölbes wegnehmen und den Continent der stärk-
sten oder kriegerischsten Macht zur Beute geben.
Aber England hat durch seine Unthätigkeit, um
keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen, diese große
Gefahr wachsen lassen, und wir fürchten sogar,
daß es die Verirrungen der Macht begünstigt hat,
die an diesem Unglück Schuld ist.“
London, 16. Nov. Folgende Adresse an die
Königin ( wie es heißt, ist sie von Card. Wise-
man verfaßt ) soll zum Unterzeichnen in den kath.
Kirchen aufgelegt werden und circuliren: „Die
Unterzeichneten in England wohnenden römisch-
katholischen Unterthanen Ew. Majestät wagen es,
Ew. Majestät Throne zu nahen, um die Gefühle
ihrer ungeschwächten und unveränderlichen Treue
gegen Ew. Majestät Königliche Person, Krone
und Würde auszusprechen. -- Jn einem Augen-
blicke, wo man versucht, unsere Loyalität zu be-
streiten, halten wir es für unsere Pflicht, diesen
unsern Gefühlen einen neuen Ausdruck zu geben.
-- Jahrhunderte lang von den Privilegien der
Verfassung und von den Rechten, welche ihre Mit-
unterthanen genossen, ausgeschlossen, blieben die
Katholiken ihrer Unterthanenpflicht gegen die Krone
dieses Reiches treu und ließen sich an Bereitwil-
ligkeit, die Rechte und Prärogativen derselben
gegen jeden Feind zu vertheidigen, von Niemand
übertreffen. Und jetzt, da wir unter Ew. Maje-
stät weisen Regierung gleichmäßig wie andere die
Wohlthaten der Verfassung genießen, sind wir
mehr als je von denselben Gefühlen der Treue
und Anhänglichkeit beseelt und gleicherweise bereit,
bei jeder Gelegenheit die Aufrichtigkeit der Ver-
sicherungen unserer Loyalität zu beweisen. -- Das
theuerste der Privilegien, zu welchen wir so durch
die Weisheit der britischen Gesetzgebung zugelassen
sind, ist dieses, daß wir die Religion unserer
Väter in Gemeinschaft mit dem römischen Stuhle
offen bekennen und ausüben dürfen. Durch sie
haben wir es als eine heilige Pflicht gelernt, dem
Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, wie wir
Gott geben, was Gottes ist. Was immer da-
rum unsere Kirche zu irgend einer Zeit zur Her-
stellung ihres regelmäßigen Regierungssystemes
unter ihren Mitgliedern auf dieser Jnsel gethan
hat, wir wünschen innigst und aufrichtig, Ew.
Majestät zu versichern, daß die uns bewilligte
Organisation eine rein kirchliche und ihre Aucto-
rität eine rein geistliche ist. Sie läßt jedes Pünkt-
chen von den Rechten der Auctorität, Gewalt,
Jurisdiktion und Prärogative Ew. Majestät als
unserer Souveränin und als der Souveränin die-
ser Reiche unberührt und vermindert und schwächt
nicht im Geringsten unsere tiefe Ehrfurcht, unsere
Loyalität, Treue und Anhänglichkeit an E. Maj.
erhabene Person und Thron; und wir versichern
Ew. Majestät unterthänigst, daß keiner unter Ew.
Majestät Unterthanen feierlicher, unablässiger und
inniger für die Festigkeit des Thrones Ew. Maj.
für die Erhaltung des Lebens Ew. Majestät und
für das Glück der Regierung Ew. Majestät be-
tet, als die englischen Katholiken, in deren Re-
ligion Loyalität eine heilige Pflicht und Gehorsam
eine christliche Tugend ist.“