* Geschäftsbericht. Die Besserung in den Geschäften erhält
sich allen Berichten nach. Der deutsche Submissions = Anzeiger
meldet, daß sich das Eisengeschäft in den letzten Wochen etwas leb-
hafter gestaltet hat, doch seien die Preise immer noch so niedrig,
daß an einen Gewinn nicht im Entferntesten zu denken sei.
Die Freihandels=Corresp., wohl veranlaßt durch den Protest
der Leinen=Ztg., gibt eine Zusammenstellung der Ein= und Aus-
fuhr aus der hervorgeht, daß im ersten Halbjahr 1875 an roher
Wolle, Flachs u. s. w. eingeführt wurden 3,400,000 Ctr., i. J.
1876 3,428,000 Ctr. und i. J. 1877 4,135,000 Ctr., was ent-
schieden auf eine Zunahme der Thätigkeit hinweist. Die Ausfuhr
ist von 1,231,000 Ctr. auf 1,674,000 gestiegen, die von Ge-
spinnsten von 138,000 auf 154,000 und 159,000 Ctr. Von
Geweben ist etwas weniger ausgeführt worden 327,000, 370,000
und 321,000, dafür ist aber auch die Einfuhr von 257,000 auf
241,000 und 204,000 gesunken, was man ja so sehr wünscht. --
Die Hauptsache: die Vermehrung der Einfuhr von Rohstoff um
fast 25$%$ deutet nicht auf eine Verminderung der Jndustrie hin.
Die Essener Zeitung berichtet als ein erfreuliches Zeichen der
Anfänge der Besserung, daß von der Gesellschaft Phönix seit einigen
Wochen täglich 20--25 Ladungen Roheisen versandt werden. --
Auf den Kohlenzechen geht es auch lebhafter und es sind ganz be-
sonders die Magerkohlenzechen seit 14 Tagen förmlich mit Auf-
trägen überhäuft, so daß von einigen höhere Preise verlangt
werden. -- Den Beweis, daß eine Wendung eingetreten ist, liefert
der Versandtnachweis der Station, wonach fast ebensoviel Wag-
gons gestellt werden müssen, wie in den besten Jahren.
Ebenso berichtet die Westf. Ztg. aus Dortmund, daß seit
einigen Wochen im Kohlengeschäft „außerordentlich reges Leben“
herrsche. Der Herbst bringt zwar immer einen Aufschwung, allein
es beginnt derselbe heuer sehr früh und umfangreich. Die Preise
der Kohlen sind um 3 M. für 100 Ctr. in die Höhe gegangen.
Eine Lieferung von 60,000 Ctr. Stahlschienen für die Pfälzer
Bahnen ist einem belgischen Werke zugewiesen worden. Umgekehrt
ist eine solche von 57,300 Ctr. für die belgische Staatsbahn einem
deutschen Werke zuerkannt worden. Die belgischen Blätter erklären
dies damit, daß die deutschen Werke bei Bewerbungen im Auslande
stets niedrigere Preise ansetzten als in Deutschland selbst. Ebenso
hat ein Cölner Haus bei einer Lieferung von 81 Eisenbahnwagen
die Belgier im eigenen Lande unterboten.
Das Frankf. Journal schreibt über die Besserung der Geschäfte,
daß sich in neuester Zeit die Berichte über eine Besserung der
Productions= und Absatzverhältnisse mehren. Vorangegangen ist
in dieser Beziehung die österreichische Manufacturbranche, in welcher
die Zwischenhändler in der Erwartung eines guten Herbst= und
Wintergeschäfts größere Einkäufe gemacht haben. Es folgten aus-
ländische Jndustriezweige, wie die Lederfabrikation, die Manufac-
turen in Deutschland, die Stoffindustrie in England und neuer-
dings auch einige Zweige der Eisenindustrie daselbst, und die Kohlen-
industrie in Westfalen. So lange indessen das Jncasso ein so
schlechtes bleibe und der Zinsfuß ein so hoher sei, könne von einer
Rückkehr gesunder Verhältnisse nicht die Rede sein. -- ( Natürlich!
der Zinsfuß wird so lange noch ein hoher bleiben, bis das im
Krieg zerstörte Kapital wieder ersetzt ist. A. d. R. ) . Die Reichs-
bank hat ihren Zinsfuß auf5 1 / 2 $%$ erhöht, Lombard auf6 1 / 2 $%$.
Die Zuckerfabrikation scheint trotz des französischen Wettbe-
werbes gut zu gehen. Die Actiengesellschaft in Trachenberg ver-
theilt nach sehr reichlichen Abschreibungen noch 23$%$.
Der Schweizer „Manufacturist“ empfiehlt, bei Besprechung
des jüngsten Beschlusses der süddeutschen Baumwollindustriellen
auf Einschränkung der Fabrication, den Seidenindustriellen eine
ähnliche Vereinigung, um die Uebel der Ueberproduction zu be-
kämpfen. Die fragliche Vereinigung ist aber wegen des Nicht-
anschlusses der Elsässer nicht zu Stand gekommen.
Jn Jtalien ist die Weizenernte beinahe allgemein befrie-
digend ausgefallen, und zwar waren die nördlichen Provinzen mehr
als alle übrigen begünstigt.
Dem Schw. M. wird aus dem Remsthale geschrieben, daß
der Schaden, welchen der Frost angerichtet hat, auf nicht mehr als
ein Sechstel angeschlagen sei.
Jn Frankreich nehmen im Augenblick die Wahlen alle
Thätigkeit in Anspruch. Le Fer berichtet, daß keine Veränderung
zu melden sei: große Aufträge kommen nicht, man führt die aus,
welche Tag für Tag kommen. -- Jn Creusot ist kürzlich der
große Dampfhammer fertig geworden, welcher 1500 Ctr. wiegt
und -- wie die Franzosen meinen -- der größte auf der Erde ist.
Wenn wir nicht irren, so wiegt Krupp's II. Hammer 2000 Ctr.
Frau H. Schneider setzte den Hammer in Bewegung.
England gibt sich große Mühe, seine Absatzgebiete zu ver-
mehren und dem fremden Wettbewerb im eigenen Lande die Stange
zu halten. Die belgischen Eisenwerke machen ziemlich Geschäfte
nach England, nur im Stahl stehen sie hinter ihm zurück.
* Der Arbeitmarkt ist in manchen Gewerben ein wesentlich
besserer: es taucht doch wenigstens die Nachfrage wieder auf.
Wenn dieselbe auch vielfach mit der Jahreszeit zusammenhängt
( Ofensetzer und Zuckerbäcker sind gesucht ) , so zeigt doch auch die
Art des Gewerbes, daß die Nachfrage nicht blos auf den dringendsten
Bedarf und das Nothwendigste sich beschränkt. Von England
melden Lab. N., daß der Arbeitmarkt auch dort Zeichen der Besse-
rung aufweise, obwohl die bekannten Hauptgeschäfte, namentlich die
Eisenindustrie noch danieder liegen; nur die Stahlarbeiter haben
zu thun. Die Kohlenknappen ebenfalls, wie auch bei uns; es regt
sich deshalb auch schon das Streben nach höherem Lohn. Jn
Dean geht es auch besser. Bauhandwerker sind etwas weniger
gesucht, haben aber noch immer zu thun. Am Clyde ist es ruhig,
nur Kesselschmiede und Schiffbauer haben 10$%$ mehr Lohn ver-
langt. Jn London dauert der Aufstand der Maurer fort; die
Einfuhr Fremder scheint mißlungen zu sein. Aus Amerika sind
Zimmerleute und Schreiner angekommen.
Die Gebauer' sche Fabrik in Charlottenburg, in welcher
auch viele in Moabit und Berlin wohnhafte Arbeiter beschäftigt
waren, ist Ende September in Folge von Arbeitmangel geschlossen
worden.
Jn Kiel herrscht zur Zeit eine sehr rege Thätigkeit, und so
viele Schiffe wie noch niemals früher werden zu weiteren Fahrten
ausgerüstet.
* Wahl des Berufes. Das Studium der Theologie scheint
ganz in Mißcredit gekommen zu sein. Jährlich nimmt die Zahl
der Kandidaten ab. Jn Baden hat sich zu der letzten Vorprüfung
am 26. September kein einziger Examinand gemeldet und ebenso
wird für die demnächstige Staatsprüfung keiner vorhanden sein.
Man will nun die Pfarreien zusammenlegen, offenbar das Ver-
nünftigste: die Arbeit bei denselben ist ja doch nur eine geringe.
* Patentwesen. Es scheint selbst von unsern Lesern der
Werth unserer Patentliste nicht völlig richtig gewürdigt zu werden
oder man ist im Unklaren darüber, wie dieselbe benützt werden soll.
Während einzelne Jndustrielle -- ihre Zahl ist noch eine kleine --
sich regelmäßig darüber orientiren, was Neues in ihrem Fache
vorkommt und dies für ein nothwendiges zum ganzen Betrieb ge-
höriges Geschäft betrachten, lassen Andere die neuen Erfindungen
ganz unbeachtet. Nun wird aber ein sorgfältiges Beachten der
Patente immer mehr ein dringendes Bedürfniß, will man nicht
hinter Andern zurückbleiben und sich empfindlichen Differenzen mit
den Erfindern oder Patentinhabern aussetzen. Wie die Erfahrung
lehrt, läßt man sich jetzt auch in Deutschland Alles patentiren, was
früher der allgemeinen Benutzung preisgegeben war. Man kann
deshalb nicht mehr Alles, was einem vorkommt, sofort benützen,
sondern muß sich genau erkundigen, ob es patentirt ist oder nicht.
Dazu dient aber unsere Patentliste. Beschreibung und Zeichnung
aller Erfindungen zu veröffentlichen, wie kürzlich ein naiver Abon-
nent meinte, ist natürlich nicht möglich; wir besorgen aber einzelne
Exemplare derselben. Wenn also einer unserer Leser ein Patent
findet, welches in sein Fach einschlägt, so hat er weiter nichts zu
thun, als uns die betreffende Nummer und etwa den Titel mitzu-
theilen, und wir besorgen ihm dann die Beschreibung und Zeichnung
der fraglichen Erfindung. Von Berlin erhalten wir die erste Probe-
Nummer der neuen Patentzeitung, welche wir bereits erwähnt haben.
Der Zweck des Blattes ist nicht recht klar, da es nichts als ein
Verzeichniß der deutschen und österreichischen Patente bringt, die
man in fast allen technischen Zeitungen findet. Die angefügten
technischen Notizen unterscheiden sich auch nicht von denen anderer
Blätter.
-- Wir erhalten soeben den Bericht des amerikanischen Pa-
tentamtes über den Brand in letzterem. Abgesehen von der am
Gebäude selbst angerichteten Verheerung ist der pecuniäre Schaden
ein geringer. Von Patentgesuchen, Patenturkunden und
noch schwebenden Entscheidungen ist nichts verbrannt, außer einigen
wenigen Zeichnungen von den Patenten, die am 4. September er-
theilt worden waren. Da dieselben aber bereits photolithographirt
sind, so wird kein Nachtheil daraus entstehen. Von den gedruckten
Zeichnungen und Beschreibungen ist eine große Anzahl verbrannt,
es sind aber von allen Copien vorhanden. -- Die Bibliothek blieb
unversehrt und es ist auch das Archiv mit den Sammlungen der
Beschreibungen nicht in Unordnung gerathen. Einige Zimmer der
Examinatoren wurden durch Wasser beschädigt und durch das Weg-
räumen der Papiere in Unordnung gebracht, die Herren sind aber
bereits alle wieder an der Arbeit, ebenso die übrigen Beamten mit
Ausnahme einiger Schreiber, deren Zimmer durch das Wasser be-
schädigt worden. -- Der Geschäftsgang erleidet keine Un-
terbrechung. -- Die Prüfung der Erfindungen geht wie gewöhnlich
vor sich und es werden die Patente ohne Verzug ausgefertigt.
Practisch hat demnach der Brand nur wenig Störung verursacht.
Man ist bemüht die Modelle wieder herzustellen, welche vom Feuer
nur theilweise beschädigt wurden.
Das „Patentblatt“ theilt mit, daß in den ersten drei Mo-
naten des Bestehens des Reichs=Patentamtes 1852 Gesuche ein-
gelaufen seien, offenbar ein Jrrthum, da die Nr. 2 vom 24. Sept.
bereits das Gesuch Nr. 2255 veröffentlicht. Es sind also wohl
nur die neuen Gesuche gemeint. Zurückgewiesen wurden 85, zur
Veröffentlichung zugelassen 676 und 1091 sind noch in der Be-
handlung. Beschwerde ist bereits in 34 Fällen erhoben, Arbeit
also genug vorhanden. Viele Gesuche sind wegen formeller An-
stände noch nicht erledigt.
Der französische Kassationshof hat einen künftig auch in
Deutschland wohl zu beachtenden Punkt, die Versäumniß von Tax-
zahlungen betreffend, dahin entschieden, daß wenn in einem Kauf-
vertrag bestimmt ist, daß der Käufer die jährlichen Patentgebühren
zu zahlen habe, er auch dafür verantwortlich ist, gleichviel ob das
Patent auf seinen Namen übertragen worden ist oder nicht.
Einige Zeitungen haben schon begonnen, nach Art der eng-
lischen und amerikanischen Blätter Beschreibungen patentirter Er-
findung auf dem Patentamt zu holen und zu veröffentlichen. Die
Erfinder mögen sich also vorsehen.
* Markenschutz. Das Leipziger Handelsgericht hat im Früh-
jahr den Kaufmann Ad. Täubrich zu 300 M. Strafe verurtheilt,
weil er ähnliche Etiquetten, wie die der französischen Regierung,
welche gesetzlich eingetragen sind, gebraucht hat. Das Urtheil hob
hervor, daß er die Etiquetten zwar schon vor dem Eintrag der-
selben angewendet, daß sich aber ein ordentlicher Kaufmann von
dem Ursprung der von ihm benützten Fabrikzeichen Rechenschaft
geben müsse, und der sei nicht zu verkennen.
* Münzwesen. Man glaubt, daß der Bundesrath bald die
Thalerstücke außer Umlauf setzen, d. h. zu Scheidemünze erklären
werde, worauf sie Niemand mehr für Wechselzahlungen u. s. w. ver-
wenden kann, weil man nicht mehr als 20 M. Silber anzunehmen
braucht. Einen Monat nach Veröffentlichung einer solchen Bestim-
mung tritt sie in Kraft.
* Eisenbahnwesen. Am 15. d. tritt bei den meisten Bahnen
ein neuer Fahrtenplan in Kraft. Zweckmäßig wäre es, wenn alle
Bahnen das Beispiel der Badischen, Braunschweigischen u. a.
Bahnen nachahmten, die eine kleine Karte des Netzes beifügen.
Die Verzweigungen der verschiedenen Linien sind nachgerade so
verwickelt, daß man sich ohne Karte nicht zurecht findet.
* Die Weltausstellung in Paris wird 34,500 Aussteller
zählen ( 15,000 mehr als i. J. 1867 ) . Man hat deshalb wie-
derholt die Gebäude vergrößern und die bewilligten Plätze verklei-
nern müssen. Die Stadt Paris hat sich das Recht vorbehalten
das Ausstellungsgebäude um 3 Millionen Fr. zu behalten.
* Das geodätische Jnstitut Preußen. Der preußische Staats-
Anzeiger veröffentlicht in der No. 228 das Statut des geodätischen
Jnstituts, dasselbe hat den preußischen Antheil an der europäischen
Gradmessung und als Centralbureau derselben den internationalen
Verkehr zu besorgen, es muß sich im Laufenden erhalten über alle
neuen Entdeckungen und Forschungen, Versuche anstellen und ge-
druckte Berichte über seine Thätigkeit veröffentlichen.
* Gesundheitspflege. Das Polizeipräsidium zu Berlin hat
gestoßenen Zimmt und Pfeffer chemisch untersuchen lassen, wo-
bei man 16--20$%$ Eisenocker und Maismehl beigemischt fand. --
Der Pfeffer enthielt auch Sand, Knochenmehl und Sägespähne. --
Jn Potsdam sind mehrere Personen durch Genuß mit Fuchsin
verfälschten Himbeersaftes erkrankt. Gerichtliche Untersuchung ist
eingeleitet.
Jn Mainz sind abermals vier Metzger wegen Beimischung
von Kartoffelmehl zu den Würsten um je 100 M. gestraft worden.
Badanstalten werden in neuerer Zeit mehr gebaut als
früher der Fall war; neuerdings ist auch in Bremen eine solche
unternommen worden, wozu die Stadt den Boden und die Spar-
kasse 300,000 M. stiftete.
-- Der deutsche Bierbrauerbund hat im vorigen Jahre öffent-
lich aufgefordert, ihm eine Brauerei namhaft zu machen, die an-
dere Stoffe als Malz und Hopfen verwende. Das Düsseldorfer
Appellationsgericht hat jetzt darauf Antwort gegeben, indem es den
Bierbrauer Wierichs aus Crefeld für überführt erklärte, mit
Umgehung der Steuer beim Brauen Traubenzucker verwendet zu
haben, und ihn in eine Geldstrafe von 3214 M., bezw. 6 Wochen
Gefängniß verurtheilte.
-- Das Landgericht Starnberg ( bei München ) hat den Brau-
meister des Grafen von Törring wegen Verleitgabe verdorbenen
Bieres zu 2100 M. Geldstrafe verurtheilt und auf Confiscation
von 990 Hektoliter Bier erkannt.
* Handel mit Spanien. Die spanische Regierung hat bez.
des Versandts von Waaren verordnet, daß solche von einem Ur-
sprungszeugnisse begleitet sein müssen, das von einem spanischen
Consul zu beglaubigen ist. Für Deutschland müssen diese Beschei-
nigungen von den Handelskammern oder Schifffahrtsbehörden aus-
gestellt und dann erst vom Consul beglaubigt werden.
* Versammlungen. Der Verein zur Wahrung der gemeinsamen
wirthschaftlichen Jnteressen in Rheinland und Westfalen wird am
7. November in Düsseldorf tagen. Zur Verhandlung kommt die
Gewerbefrage mit besonderer Rücksicht auf die Fabrikgesetzgebung.
-- Die „Statistische Correspondenz“ meldet, daß der Aus-
schuß des statistischen Congresses, der sich heuer in Rom ver-
sammeln sollte, um die zu Pest gefaßten Beschlüsse zu redigiren,
der politischen Zeitumstände wegen nicht tagen wird.
Der deutsche Weinbau=Congreß zu Freiburg i. B. tagte
vom 25.--28. September und verhandelte u. A. über die Bedeu-
tung der amerikanischen Reben in Deutschland, das Entrinden der
Rebensetzlinge, den Zusammhang der Laubarbeiten am Weinstock
mit dem Zuckergehalt des Mostes, die Einführung der Weinbergs-
pflüge, die Phylloxerafrage, den Grind der Reben, das Erfrieren
der Rebe und die Schutzmittel dagegen, die Bereitung des Roth-
weins, das Lüften beim Moste, Verwendung der Hefe beim Gähren
des Traubenmostes, Cementfässer, Nachgährung, Einrichtung von
Weinmärkten, Herbstzwang oder Herbstfreiheit und die Verwendung
bestimmter Traubensorten bei Neuanlagen von Weinbergen, je nach
der Lage und den Bodenverhältnissen.
-- Der 5. Delegirtentag des Centralvereins der Wollwaaren-
Fabrikanten tagt am 15. in Krimmitschau. Zur Besprechung
kommt der Zolltarif, ein Antrag an das Reichskanzleramt auf Ver-
theilung von silbernen und broncenen Medaillen für hervorragende
Leistungen, Erfindungen und Verbesserungen in der Wollenindustrie
ohne daß der Gegenstand selbst zur Patentertheilung gekommen wäre.
Die regelmäßige Ausstellungen in Verbindung mit den Delegirten-
tagen, Feuerversicherung, Unfallversicherung und das Ausrecken der
Tuche ec.
-- Der nach Gera berufene deutsche Arbeiter=Congreß wird
am 21. October zunächst die Satzungen berathen, dann die An-
forderungen an die Gesetzgebung und Verwaltung, am 22. die
Reform der Gewerbeordnung, der Schule, die Gliederung des Con-
gresses, die Anbahnung einer Statistik der Arbeit und Herausgabe
einer Zeitschrift. Hauptzweck des Congresses ist, alle freisinnigen
Arbeitervereine und Einzelkräfte ohne Rücksicht auf politische An-
sichten zusammen zu schließen.
-- Der Verein für Socialpolitik hat nach langer De-
batte folgenden Antrag angenommen: 1 ) Es ist durch Staatsgesetz
zu bestimmen, welche Arten von Abgaben in den verschiedenen Ge-
meinden zu erheben sind. 2 ) Jn den Städten und Landgemeinden
sollen hauptsächlich erhoben werden: besondere Beiträge von den
nachweislichen Jnteressenten, Realsteuern, namentlich von Grund
und Boden und von Gebäuden, Personalsteuern von allen in der
Commune lebenden öconomisch selbstständigen physischen Personen.
3 ) Staatsgesetzlich soll das Verhältniß festgestellt werden, in welchem
die verschiedenen Hauptabgabearten benutzt werden dürfen mit Rück-
sicht auf die Hauptzweige der Gemeindeverwaltung und die betreffen-
den Ausgabeposten, so daß der Ertrag der Realsteuern die Aus-
gaben der Gemeinde für wirthschaftliche Verwaltung ungefähr deckt.
Die Beiträge der Jnteressenten und die Realsteuern sollen unab-
hängig von ähnlichen Staatssteuern, hingegen die Gemeindepersonal=,
insbesondere die Einkommensteuern im Anschluß an die entsprechen-
den Staatssteuern eingeschätzt werden.
Ob dieses Eingreifen des Staates in die Verwaltung der
Gemeinden ein Fortschritt wäre, ist sehr zu bezweifeln. Nirgends
ist die Selbstverwaltung ungefährlicher als in der Gemeinde.
* 10. Frauentag. Der deutsche Frauen=Verein tagte vom
27.--29. September in Hannover und mit demselben großen Er-
folg, wie an allen früheren Versammlungsorten. Jn Hannover
war wie in Frankfurt noch wenig für die Sache geschehen. Man
fürchtete wie hier geringe Theilnahme, allein schon am ersten Tage
war der Versammlungssaal zu klein und man siedelte in die Aula
des Lyzeums über, die über 1000 Personen faßt, aber dennoch
gefüllt wurde. Die Reihe der höchst interessanten Vorträge eröff-
neten die bewährten Führerinnen des Vereins Frl. A. Schmidt, Fr.
Dr. Goldschmidt, Frau Dr. Peters, Frl. Aßmann, Frau L.
Morgenstern und Frl. Calm. Besonderes Jnteresse erregte
Frl. Dr. Tiburtius, die bekannte Aerztin in Berlin, welche dort
eine weibliche Polyklinik errichtet hat, die seit dem 1. Juni bereits
570 Patienten behandelt hat, zum Theil unentgeltlich.
* Genossenschaftswesen. Schulze=Delitzsch macht in der
neuesten Nummer des Bl. f. Gen. den Versuch, eine Verstän-
digung mit den Raiffeisen' schen Darlehenskassen herbeizuführen.
Nachdem die famosen Neuwieder Gründungen aufgegeben worden
und die „Rhein. Landw. Bank“ ( eine eingetragene Genossenschaft
ohne Geschäftsantheile ) sich aufgelöst hat, nähern sich die genannten
Kassen der Schulze' schen Grundlage und führen Geschäftsantheile
ein; sie werden bald sehen, daß sie so besser fahren.
-- Belgien hat nach dem auf dem letzten Genossenschaftstag
erstatteten Jahresbericht 19 Volksbanken mit 9342 Mitgliedern
und einem eigenen Vermögen von 1,673,000 Fr.
* Die pfälzische Gewerbe- und Handelskammer, die
nach mehrjähriger Pause wieder in Thätigkeit getreten ist und frü-
her freihändlerisch war, soll seit ihrem Erwachen aus langem
Schlaf entschieden schutzzöllnerische Gelüste zur Schau tragen, wie
dem Frankf. J. berichtet wird. Jn einer Eingabe an das Staats-
ministerium in München beantragt sie die Erhöhung des Eingangs-
zolles auf Tabak mit Argumenten, die weniger für eine einseitige
Zollerhöhung als für das Tabakmonopol sprechen.
Jn Berlin wird gegenwärtig für Errichtung einer regel-
rechten Handelskammer agitirt. Die Handelswelt dort ist jetzt
durch die sogenannte Corporation der Kaufmannschaft vertreten, welche
in Folge der betreffenden gesetzlichen Bestimmungen meist nur
Börsenleute enthält. Man wünscht nun, daß jeder Gewerbtrei-
bende einer gewissen Steuerstufe wählbar sei. Ein von dem Be-
zirksvereine der Stadtbezirke 102--106 niedergesetzter Ausschuß hat
soeben den über den Gegenstand mit den Behörden geführten Brief-
wechsel veröffentlicht, welcher auch für andere Städte von Jnteresse
sein dürfte.
* Sparkassen. Jn Preußen gab es im Jahre 1876 1020
Sparkassen, 16 mehr als im Jahre 1875. Guthaben waren
hinterlegt 1221 Mill. M., ( 100 mehr ) . Die Zunahme war in
den vorhergehenden Jahren größer: sie betrug 124, 150, 146,
110. Trotz Krisis ist also die Capitalzunahme noch immer eine
recht ansehnliche.
* Rechtswesen. Die schreiende Unbill, daß unschuldig Ver-
urtheilte nicht wenigstens materiell entschädigt werden, ist neuerdings
wieder durch einen in Göttingen vorgekommenen Fall illustrirt
worden. Ein Handelsmann wurde auf die Denunciation eines
Pfandverleihers mit seiner Frau verhaftet und 29 Tage lang fest-
gehalten, bis sich seine völlige Schuldlosigkeit herausstellte. Der
Herr Untersuchungrichter bescheinigte „den völligen Ungrund des
Verdachtes“ ( einen Diebstahl betr. ) und damit war die Sache ab-
gethan! -- Der Herr Richter hätte auch wohl etwas vorsichtiger
sein können.
△ Schwindel. Von Mainz aus wird gegenwärtig folgende
Anzeige verbreitet, die selbstverständlich auf die Menge und Leicht-
gläubigkeit arbeitloser Leute speculirt, welche es jetzt gibt. Selbst-
ständigkeit. Gegen Einsendung von 10 R.=M. geben wir die An-
leitung zu einem kaufmännischen Geschäft, das einen Jahresver-
dienst von 2000--3000 R.=M. ermöglicht. Branchenkenntniß und
Einrichtungen nicht erforderlich, ebensowenig Capitalaufwand, da
wir uns gleichzeitig zu vermitteln verpflichten, daß die zum Beginn
nöthigen Waaren creditirt werden Das Geschäft beruht wahr-
scheinlich in weiter nichts, als dem Kolportiren von Büchern und
Zeitungen.
* Gründungen. Ein auffallender Fall ist eben vor dem
Elbinger Kreisgericht verhandelt worden, in welchem auch der Prä-
sident des Reichstages, Oberbürgermeister v. Forckenbeck und Geh.
Commerzienrath Baare=Bochum als Zeugen figuriren. Angeklagt
waren die Gründer der Westpreußischen Eisenhütten=Actien=Gesell-
schaft, meistens Berliner und Königsberger Banken, darunter auch
der als Reorganisator der Preußischen Boden=Credit=Actien=Bank
bekannte Geh. Commerzienrath Stephan, der Erregung von Jrr-
thum durch Vorspiegelung falscher Thatsachen.
♁ Lehranstalt für Färberei, Druckerei, Bleicherei,
Appretur, Farbenfabrication und Handel. Dr. Reimann
in Berlin, Vorsitzender des Allgemeinen Färbervereines und Heraus-
geber der nach ihm benannten Färberzeitung ist im Begriff unter
Mitwirkung des genannten Vereines eine solche Anstalt zu errichten,
welche am 17. October c. eröffnet werden soll. Eine solche Fach-
schule ist für die Angehörigen der Farbentechnik ein Bedürfniß ge-
worden, da seit Aufhören der alten Jnnungen gar keine jungen
Kräfte mehr ausgebildet werden, und diese Gewerbe aus Mangel
an tüchtig vorgebildeten Leuten daher zurückzugehen drohen, wollen
sie nicht die benöthigten Kräfte aus dem Auslande beziehen, wie
die Stoffdruckerei dies bereits seit langer Zeit thut. Jn der neuen
Fachschule sollen während des laufenden Quartals ( bis Ende
December ) in den späten Nachmittags= und Abendstunden folgende
Curse abgehalten werden: 1 ) über Chemie in Anwendung auf Ge-
werbe mit besonderer Berücksichtigung der Farbenbranche; 2 ) über
Farbstoffprüfung; 3 ) practische Laboratoriumsarbeiten, selbstständige
Prüfung von Farbstoffen und Droguen, Versuche ec.
Jst das neue Unternehmen auch vornehmlich der Farbenbranche
gewidmet, so sollen doch Angehörige anderer Gewerbe, welche sich
binnen Kurzem die für sie nöthige Kenntniß einzelner Zweige der
angewandten Chemie aneignen wollen, ebenfalls Aufnahme finden
und die Zwecke derselben nach ihren besonderen Wünschen berück-
sichtigt werden. -- Meldungen sind an Dr. Reimann ( 34 a
Holzmarktstraße I. Treppe in Berlin ) zu richten.
-- Der Frankfurter Frauen=Bildungsverein hat am 8.
seine Fortbildungsschule wieder eröffnet, die trotz ziemlich hohen
Schulgeldes gut besucht ist. Gelehrt wird jetzt: Rechnen, Deutsch,
Französisch, Englisch, Zeichnen, Buchführung, Schönschreiben, Ste-
nographiren, Kleidermachen, Putzmachen, Weißnähen, Maschinen-
nähen, Zuschneiden und Frisiren.
* Bücherschau. Die Doppelte Buchhaltung von Gr.
Fischer ( München bei R. Oldenbourg ) , eine namentlich zum
Selbststudium sehr geeignete, faßliche und durch viele Beispiele er-
läuterte Anweisung, die sich nebenbei noch durch schöne Ausstattung
vortheilhaft auszeichnet.
-- Zwei Worte über Waarenfälschung von Dr. Jos.
Landgraf ( Stuttgart bei Grüninger ) .
-- Die Heizung unserer Wohnungen von O. Lenz
Nr. 37 der Sammlung gemeinnütziger Vorträge, herausgegeben
vom deutschen Verein zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in
Prag, ein Heft das würdig den früheren practischen Volksschriften
anschließt.
-- Die Kraftmaschinen des Kleingewerbs von Jos.
Winter ( Graz, Selbstverlag der Academie für Handel und Jn-
dustrie ) . Das Handwerk muß, um den Wettbewerb zu bestehen,
immer mehr zum Maschinenbetrieb übergehen. Die Auswahl einer
passenden Triebkraft dazu ist daher sehr wichtig, das vorstehende
Schriftchen wird deshalb Vielen sehr willkommen sein.
-- Die Zukunft, Socialistische Revue. Das 1. Heft enthält:
Socialismus und Wissenschaft, Dänischer Vorschlag zur Arbeiter-
frage, der 16. Mai und die französischen Socialisten, Zur Ge-
werbe=Hygiene ec.
* Zeitungen. Die „Rothe Fahne“ in Barmen, redigirt von
Hasselmann, ein Typus socialistischen Unsinnes, hat nach ein-
jährigem Bestehen zu erscheinen aufgehört.
Jn Wien ist als Organ des Vereins österreichischer Ge-
schäftsreisender die erste Nummer eines monatlich 2mal erschei-
nenden Blattes erschienen: „Der österreichisch=ungarische Geschäfts-
reisende.“