Erſter Auftritt.
Weinberl, Chriſtoph (beide treten im geſchmack-
loſen Sonntagsſtatt von links auf).
Chriſtoph.
Das wär’n Abenteuer? ich dank —
Weinberl.
Ja lieber Freund ich kann Jhnen die Abenteuer
nicht herzaubern. Glauben Sie, mir is das an-
g’nehm, da herum z’gehn wie a Waſerl, mir, dem
obendrein noch jedes offne Gwürzg’wölb einen heim-
lichen Gewiſſensbiß macht.
Chriſtoph.
Den ganzen Vormittag is uns nix unter kom-
men, nix aufgeſtoßen.
Weinberl.
Wir wollen die Hoffnung nicht ſinken laſſen, —
vielleicht ſtoßt uns jetzt Nachmittag was auf. Arg
wär das, wenn wir vier Stund weit herfahreten,
einen ganzen Tag in der Reſidenz zubrächten; ohne
einen Jux ’s Geld verjuxt —
Chriſtoph.
Das wär a Jux! Vor allen Andern müſſen wir
doch wieder unter die Leut geh’n, in den öden Gaſſel
da wer’n wir nix erleb’n.
Weinberl.
O Freund in die öden Gaſſeln erlebt man aller-
hand, das is ja grad das Abenteuerliche. Wie oft
hab ich geleſen in die Bücher: „Er befand ſich ohne
zu wiſſen wie, in einem engen abgelegenen Gäßchen,
plötzlich gewahrt er an der Ecke einen Mann in einen
Mantel, ihm war’s als ob er ihm gewunken — an
der andern Ecke ſieht er auch einen Mann, ihm
däucht als hätt’ er ihm gewinkt, unentſchloſſen ſteht
er da, er weiß nicht, ſoll er dem folgen, der ihm
gewinkt, oder dem, der ihm gewunken — da öffnen
ſich plötzlich die Fenſter —“
Philippine
(oͤffnet a tempo das Fenſter im Hauſe der Madame Knorr
im Proſpekt).
Weinberl
(ohne dieſes zu bemerken, faͤhrt fort).
„Und eine zarte weibliche Hand —“
Philippine
(hat eilig am Fenſter ein Glas mit Waſſer ausgeſpuͤhlt,
und ſchuͤttet es, ohne herab zu ſehen, auf die Straße und
ſchlaͤgt ſogleich wieder das Fenſter zu).
Weinberl
(den es beinahe getroffen, erſchrocken zur Seite ſpringend).
No, ſein’s ſo gut —
Chriſtoph.
Das ging mir grad noch ab —
Weinberl.
Wenn ich jetzt einen halben Schritt weiter links
g’ſtanden wär’, ſo könnt ich ſagen, daß ich in der
Reſidenz überſchüttet worden bin.
Chriſtoph.
Was logirt denn für ein Völkel da droben? —
6
Weinberl (liest den Schild).
„Anna Knorr’s Modewaaren-Verlag“ —
Chriſtoph.
Das is eine ſchöne Mod, daß man d’Leut
anſchütt.
Weinberl
(nach rechts in die Scene ſehend).
Sieh, dort ſteht ein Mann.
Chriſtoph.
Winkt uns aber nicht. —
Weinberl.
Er kommt näher — er bleibt wieder ſteh’n —
das is ja —
Chriſtoph.
Meiner Seel —
Weinberl.
Das is der Herr von Brunninger.
Chriſtoph.
Der öfters zu unſern Principal kommt.
Weinberl.
Der kennet uns glei —
Chriſtoph.
Fahr’n wir ab. —
(Beide wollen links ab.)
Weinberl.
Halt! —
(Bleibt wie vom Donner geruͤhrt ſtehen.)
Das is Blendwerk, das kann nicht ſein —
(Zeigt
erſtarrt mit der Hand in die Scene links.)
Chriſtoph (erſchrocken).
Der Herr Zangler! —
Weinberl.
Der Principal! —
Chriſtoph.
G’ſchwind da in’s Haus herein —
Weinberl.
Dem Abenteuer weichen wir aus! —
(Beide eilen in das off’ne Hausthor, Mitten im Pro-
ſpekt und bleiben unter der Einfahrt, ſich links druͤckend,
ſtehen.)
Chriſtoph.
Er wird gleich vorbei ſeyn.
Weinberl.
Nur ruhig! —
Zweiter Auftritt.
Hausmeiſter. Die Vorigen.
Hausmeiſter
(aus ſeiner Thuͤr unter dem Thorweg tretend).
Was gibts da?! —
Chriſtoph.
Nix, gar nix! —
Weinberl.
Wir wollen —
Chriſtoph.
Nix, gar nix! —
Hausmeiſter.
Wieder paſſen auf d’Weibsbilder? — Weiter
um a Haus! —
Chriſtoph.
Nit um a G’ſchloß! —
Weinberl.
Wir müſſen da hinauf —
Hausmeiſter.
Zu wem? —
Weinberl
(im Zweifel was er ſagen ſoll).
Zu — zu — No, was da draußt auf der Tafel
ſteht. —
Chriſtoph.
Madame Knorr, Modewaarenverlagsniederlag-
verſchleißhändlerin —
Hausmeiſter.
Die logirt im erſten Stock und nit unter der
Einfahrt.
Chriſtoph.
Eben deßtwegen gehn wir ja hinauf —
Weinberl (zum Hausmeiſter).
Ja, haben Sie glaubt, daß wir nit hinauf
geh’n? —
Hausmeiſter.
Erſten Stock, rechts die Thür! —
Weinberl.
Dank Jhnen.
(Geht zoͤgernd die Stiege hinauf.)
Chriſtoph.
Alſo gehn wir.
(Jndem er Weinberln folgt.) Wir
können nit fehl’n, rechts die Thür!
(Man ſieht Beide
die Stiege hinauf gehen.)
Hausmeiſter
(nach einer kleinen Pauſe).
Denen geh’ ich nach, i muß ſehn, ob’s mi nit
anglogen haben.
(Geht ebenfalls die Stiege hinauf.)Dritter Auftritt.
Zangler, dann Brunninger.
Zangler (von links kommend).
Das wär gethan — das auch — zur Schwä-
gerin hab ich hing’ſchickt alſo —
(Geht in das Haus
wo Chriſtoph und Weinberl hineingegangen ſind.)
Brunninger
(eilig von rechts kommend).
Herr von Zangler! Herr von Zangler!
Zangler
(bereits unter dem Thorweg ſich wieder umwendend).
Wer ruft denn? —
Brunninger (auf ihn zueilend).
So hab’ ich halt doch recht g’ſeh’n! —
Zangler.
Herr von Brunninger!? Freut mich! —
Brunninger.
Seit wann in der Stadt? Kommen wie geru-
fen, müſſen gleich jetzt mit mir zum Advokaten, es
is wegen der Krügliſchen Sache.
Zangler.
Freund, das laſſen wir bis ſpäter, — jetzt
muß ich —
Brunninger.
Nein, Freund ich laſſ’ Jhnen nicht aus, die
Krügliſche Sache —
Zangler.
Liegt mir bei weiten nicht ſo am Herzen, als
wie —
Brunninger.
Hat ſich aufs vortheilhafteſte geſtaltet, wir
kommen alle zwei zu unſerm Geld. —
Zangler.
Jch weiß —
Brunninger.
Die Krügliſche Sache —
Zangler.
Muß jetzt, aufrichtig g’ſagt, einer Herzensſache
nachſteh’n.
Brunninger.
Was?! —
Zangler.
Jch heirath!
Brunninger.
Wem? —
Zangler.
Noch weiß es kein Menſch, und doch ſteht’s
mit großmächtigen Buchſtaben ang’ſchrieben auf der
Gaſſen. —
Brunninger.
Wo? —
Zangler
(auf die Tafel ober dem Hausthor deutend).
Da — „Madam Knorr.“ —
Brunninger.
Js das die Erwählte? gratulir, aber —
Zangler (eilig).
Jch muß jetzt zu ihr —
Brunninger.
Da vergeſſens mir ganz auf die Krügliſche
Sache — nix da, ich laſſ’ Jhnen nicht aus —
Zangler.
Aber Freund —
Brunninger.
Jn 10 Minuten is es abgethan.
Zangler.
Aber gewiß nit länger?
Brunninger
(ihn unter den Arm nehmend).
Nein, ſag ich, kommens nur g’ſchwind.
Zangler.
Meinetwegen, aber —
Brunninger
(mit Zangler abgehend).
Sie werden ſich wundern, Freund, ich ſag’ Jhnen,
die Krügliſche Sache —
Zangler.
Länger als 10 Minuten kann ich nicht —
(Beide ab.)Fünfter Auftritt.
Madame Knorr, Philippine. Die Vorigen.
Philippine
(mit Mad. Knorr aus der Seitenthuͤre rechts kommend).
Da ſind die Herrn! —
(Geht zur Mitte ab.)
Weinberl und Chriſtoph
(machen Madame Knorr ſtumme Komplimente).
Chriſtoph
(zu Weinberl leiſe).
Wenn Sie nit zum Reden anfangen, ich fang’
nit an. —
Weinberl.
Nur Geduld! —
Mad. Knorr.
Was ſteht zu Dienſten, meine Herren?
Weinberl.
Hab’ ich die Ehre, Madame Knorr —?
Mad. Knorr.
O ich bitte, die Ehr’ iſt meinerſeits! —
Chriſtoph (bei Seite).
Der Anfang iſt ſehr ehrenvoll.
Mad. Knorr.
Wünſchen die Herren vielleicht draußen
(nach
der Mittelthuͤre zeigend.) in meinem Waarenlager eine
kleine Auswahl zu treffen? —
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Sie, das thut’s nit, ’s könnt uns ’s Geld z’we-
nig wer’n.
Weinberl.
Wir kommen eigentlich weniger um zu kaufen —
Chriſtoph.
Noch eigentlicher um gar Nichts zu kaufen.
Weinberl.
Sondern vielmehr gekaufte Sachen zu be-
zahlen.
Mad. Knorr (ſehr freundlich).
O, ich bitte! —
Chriſtoph.
Das heißt eigentlich nicht zu bezahlen —
Weinberl.
Sondern eigentlich nur um uns über eine Rech-
nung zu informir’n, wie viel ſie betragt, und dieſe
Tage dann zu bezahlen.
Mad. Knorr.
Wie es gefällig iſt, aber was für eine Rech-
nung meinen Sie denn eigentlich?
Weinberl.
Die Rechnung von —
(Bei Seite zu Chriſtoph.)
Sie wird doch eine Kundſchaft haben, die Schmidt
heißt.
(Laut.) Die Rechnung nämlich von der Frau
von Schmidt. —
Mad. Knorr.
Das muß ein Jrrthum ſein, ich habe keine
Kundſchaft, die Frau von Schmidt heißt. —
Weinberl (fuͤr ſich).
Jetzt is recht.
(Laut.) Jch habe mich nur ver-
ſprochen, Frau von Müller hab’ ich ſagen wollen. —
(Bei Seite.) — Da wirds doch Eine haben. —
Mad. Knorr.
Verzeih’n Sie, ich hab’ auch keine Frau von
Müller zu bedienen.
Weinberl (bei Seite).
Da ſoll doch der Teufel —
(Laut.) Jch bin aber
heut ſo zerſtreut, Frau von Fiſcher heißt Diejenige —
Mad. Knorr.
Ah, Frau von Fiſcher, ja das iſt was anders,
ja, die Frau von Fiſcher meinen Sie? —
Weinberl
(leiſe zu Chriſtoph).
Seh’ns, jetzt hab’ ich’s halt doch troffen.
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Es is aber unbegreiflich, wie man nicht gleich
Frau von Fiſcher ſagen kann, das gibt doch die
Vernunft.
Mad. Knorr.
Aber wie kommt das? Frau von Fiſcher iſt mehr
meine Freundin als blos Kundſchaft —
Weinberl.
Bitte, wenn die Freundin was kauft, iſt ſie
Kundſchaft und muß zahlen; wenn das nicht wär’, ſo
hätten die Kaufleut’ lauter Freund’ und gar keine
Kundſchaften. —
Mad. Knorr.
Aber es preſſirt ja nicht, Frau von Fiſcher ver-
rechnet ſich alle Jahr mit mir, — und jetzt muß
ich mir ſchon die Freiheit nehmen, zu fragen, wer
Dieſelben ſind und wie Sie dazu kommen, für die
Frau von Fiſcher bezahlen zu wollen? —
Weinberl.
Sie iſt alſo Jhre Freundin? —
Mad. Knorr.
Das glaub’ ich, noch wie ihr ſeliger Mann ge-
lebt hat, und gar jetzt, die drei Jahr, als ſie
Witwe iſt. —
Weinberl
(leiſe zu Chriſtoph).
Jetzt geben Sie Acht, was ich der Sach für eine
Wendung geb’ —
(Laut.) Drei Jahr war ſie Witwe,
ganz recht, aber ſeit drei Tag iſt ſie’s nicht mehr.
Mad. Knorr (erſtaunt).
Wie ſo?
Weinberl.
Jch bin ihr Gemahl! —
Mad. Knorr
(aufs Aeußerſte uͤberraſcht).
Was!? —
Chriſtoph (fuͤr ſich).
Ah, das is ein kecker Ding! —
Mad. Knorr.
Wär’s möglich! Meine Freundin Fiſcher hat
vor 3 Tagen geheirath!? —
Weinberl.
Jch bin der Glückliche von drei Täg —
(Leiſe
zu Chriſtoph triumphirend.) Seh’n Sie, das heißt halt
Geiſt. —
Mad. Knorr
(hat etwas von dieſen Worten gehoͤrt).
Wer heißt Geiſt? —
Weinberl.
Geiſt? — Jch heiße Geiſt.
(Fuͤr ſich.) ’s is
all’s eins, ich kann heißen wie ich will.
Mad. Knorr.
Jch bin ſo überraſcht, Herr von Geiſt —
Chriſtoph (fuͤr ſich).
Man ſähet ihm’s nicht an. —
Mad. Knorr.
Und dieſer junge Herr?
(Auf Chriſtoph zeigend.)
Weinberl.
Ein meiniger Verwandter. —
Mad. Knorr.
Aber warum hat man ſo eine wichtige Sach’ vor
einer intimen Freundin verheimlicht? —
Weinberl.
Sie ſollen Alles erfahren. Aber wollen Sie jetzt
nur wegen der Rechnung nachſchau’n.
Mad. Knorr
(will zur Seitenthuͤre rechts ab, zoͤgert jedoch).
Weinberl
(leiſe zu Chriſtoph).
Derweil fahrn wir ab! —
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Recht, der Alten begegnen wir jetzt nicht mehr.
Mad. Knorr.
Nein, ich kann mich noch gar nicht erholen von
dem Erſtaunen und der Ueberraſchung.
Sechster Auftritt.
Philippine. Vorige.
Philippine
(zur Mitte eintretend).
Madam, die Frau von Fiſcher is da, ſie will
aber nicht herein, weil Herrn da ſind.
Chriſtoph (fuͤr ſich).
Jetzt gehts z’ſam! —
Weinberl (ganz verbluͤfft).
Wer is da? —
Mad. Knorr.
Jhre liebe Frau.
(Zu Philippine.) Sie ſoll nur
hereinkommen, es is ja ihr Gemahl —
Weinberl (verlegen).
Nein, ſagen Sie ihr —
Mad. Knorr.
Zu was dieſe Sachen.
(Zu Philippine.) Sie ſoll
kommen, ihr Gemahl, ihr lieber Geiſt is da. —
Philippine (geht zur Mitte ab).
Weinberl
(in großer Verlegenheit, fuͤr ſich).
Jch wollt’, ich wär ein Geiſt, daß ich verſchwin-
den könnt.
Mad. Knorr.
Jch begreif’ nicht — wozu dieſe Zurückhaltung,
dieſes geheimnißvolle Weſen? —
Weinberl.
Meine Frau die hat das, Sie werden ſehn, ſie
wird jetzt noch thun, als ob ich ihr ein fremder
Menſch wär.
Chriſtoph (fuͤr ſich).
Ja, ſie wird ſo dergleichen thun.
Mad. Knorr.
Am End’ is ſie obſtinat und bleibt draußten.
Weinberl (fuͤr ſich).
Das wär’ a Glück! —
Mad. Knorr.
Da muß ich gleich — wär nicht übel —!
(Geht zur Mittelthuͤre.)
Weinberl (zu Chriſtoph).
Jch bin ſehr geſpannt auf meine Frau.
Mad. Knorr.
(Frau v. Fiſcher unter der Thuͤre empfangend).
Nur her da, komm in meinen offene Arme, Du
Verſchloſſene.
Siebenter Auftritt.
Frau v. Fiſcher. Die Vorigen.
Frau v. Fiſcher
(tritt befremdet zur Mitte ein).
Philippine
(zu Frau v. Fiſcher).
Jetzt ſehen Sie, daß ich keinen Spaß hab’
g’macht.
Mad. Knorr.
Nein, es is Ernſt, da ſteht er, Dein Gemahl,
der Herr von Geiſt. —
Frau v. Fiſcher.
Mein Gemahl —? Und er hat Dir ſelbſt ge-
ſagt? —
Mad. Knorr.
Daß Du ſeit 3 Tägen die Seinige biſt, — jetzt
nutzt keine Verſtellung mehr. —
(Zu Philippine.) Phi-
lippine, laſſen Sie geſchwind Kaffee machen und dann
ſoll —
(Gibt ihr leiſe mehrere Auftraͤge.)
Fr. v. Fiſcher
(betrachtet Weinberl ſcharf).
Weinberl
(zieht ſich verlegen immer mehr links zur Seite).
Frau v. Fiſcher.
(nach einer Pauſe vortretend, fuͤr ſich).
Das iſt entweder eine excentriſche Art den An-
bether machen zu wollen, oder der Menſch erlaubt
ſich einen Scherz mit mir, — im erſten Fall verdient
die Sache nähere Erwägung, im zweiten Fall ver-
dient die Keckheit Strafe; in jedem Fall aber muß
ich in’s Klare kommen, und das kann ich am beſten,
wenn ich in ſeine Jdee einzugehen ſcheine, vor mei-
ner Freundin ſeine Frau ſpiele und Gelegenheit ab-
warte, ihn in die Enge zu treiben.
Philippine
(zu Madame Knorr).
Schon recht, Madam! —
(Geht zur Mitte ab.)
Mad. Knorr
(zu Frau v. Fiſcher).
Und jetzt zu Dir, Du garſtige Freundin —
Weinberl
(leiſe zu Chriſtoph).
Die garſtige Freundin iſt eigentlich ſehr ſauber.
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Was nützt das, wir kommen doch in eine wilde
G’ſchicht. —
Mad. Knorr
(zu Frau v. Fiſcher).
Wie haſt Du das übers Herz bringen können,
zu heirathen, ohne daß ich was weiß? —
Fr. v. Fiſcher.
Es war ein Grund — den Dir mein lieber
Mann ſagen wird.
Weinberl (verbluͤfft fuͤr ſich).
Sie ſagt lieber Mann — ſie thut richtig ſo. —
Mad. Knorr.
Nun, Herr von Geiſt?
Weinberl (verlegen).
O den Grund, den kann Jhnen meine liebe
Frau eben ſo gut ſagen.
Fr. v. Fiſcher.
Nein, lieber Mann, ſag Du es nur.
Weinberl (wie oben).
Ah, geh’, liebe Frau, ſag Du’s. —
Fr. v. Fiſcher.
Es war eine Laune von meinem lieben Mann —
Weinberl
(ſich mehr und mehr faſſend).
Und zugleich auch eine Laune von meiner lieben
Frau. —
Mad. Knorr.
Es is aber unerklärbar.
Weinberl.
Daß zwei Leut’, wie wir, bei Laune ſind, das is
gar nicht unerklärbar. —
Mad. Knorr.
Die Bekanntſchaft muß aber doch ſchon viel
länger —
Fr. v. Fiſcher.
Ach das nicht, wir kennen uns erſt ſehr kurze Zeit.
Weinberl.
Unglaublich kurz. Die G’ſchicht war ſo über
Hals und Kopf. —
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Ja wohl is’s uns übern Hals kommen, den Kopf
aber heißt’s jetzt aus der Schlinge ziehen.
Mad. Knorr.
Da kann man ſehen, die Ehen werden im Him-
mel geſchloſſen.
Weinberl.
Richtig bemerkt, im Himmel wern’s g’ſchloſſen,
darum erfordert dieſer Stand auch eine ſo überir-
diſche Geduld.
Fr. v. Fiſcher.
Sehr unrichtig bemerkt, denn Du haſt Dich
hoffentlich nicht über mich zu beklagen.
Weinberl.
O nein! —
Fr. v. Fiſcher.
Hab’ ich Dir ſchon ein einziges Mal wider-
ſprochen?
Weinberl.
Nein, das is wahr.
Fr. v. Fiſcher (mit Beziehung).
Suche ich nicht in Deine Jdeen einzugehen, —
ſelbſt wenn ich keinen grundhältigen Grund heraus-
finde? —
Weinberl.
Das is ſehr wahr! —
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Das is a feine Kundſchaft, fahr’n wir ab.
Weinberl
(zu Frau v. Fiſcher).
Weil Du mir nie widerſprichſt, ſo wirſt Du auch
nix dagegen haben, wenn ich Dich jetzt bei Deiner
Freundin laſſ’ und meinen Geſchäften nachgehe.
Fr. v. Fiſcher.
O, da würd’ ich ſehr viel dagegen haben. —
Du haſt für heute kein Geſchäft mehr, als für unſer
Vergnügen zu ſorgen, zum erſten Male muß es jetzt
nach meinem Willen gehen.
Weinberl.
Aber ich muß —
Fr. v. Fiſcher (ihm inponirend).
Für dießmal unbedingt den Befehlen der Frau
gehorchen.
Weinberl (verbluͤfft).
Ja, ja, gehorchen, ſag nur, was Du eigentlich
ſchaffſt? —
Chriſtoph
(leiſe zu Weinberl).
Aber was treibens denn? —
Weinberl
(leiſe zu Chriſtoph).
Jch trau mich nicht zu widerſprechen.
Chriſtoph
(wie vor).
Zwei Minuten ſtell’ns jetzt ein Eh’mann vor
und ſein ſchon Simand’l, Sie hab’n eine großartige
Anlag.
Mad. Knorr
(welche indeſſen leiſe mit Fr. v. Fiſcher geſprochen).
Charmant, dort fahr’n wir hin, der Garten is
prächtig, die Bedienung iſt einzig. —
Fr. v. Fiſcher
(ohne daß Weinberl darauf Acht hat).
Mein Mann ſoll uns dort traktiren.
Mad. Knorr.
Da hinaus eine Partie zu machen, das is eine
Jdee von Dir, die wirklich einen Kuß verdient, den
Dir Dein Mann auch allſogleich. —
Weinberl
(zu Madam Knorr).
Glauben Sie? Ja ich bin der Mann, der Nie-
manden ſein Verdienſt abſtreiten will, wenn Sie alſo
der Meinung ſind, daß ſie ein Kuß verdient —
Mad. Knorr.
Ohne weiters.
(Zu Frau v. Fiſcher.) Nur keine
Umſtänd g’macht vor einer Freundin. —
Weinberl.
So geh’, Gemahlin!
(Kuͤßt Frau v. Fiſcher, welche
verlegen zoͤgert.)
Mad. Knorr.
So ſeh’ ich’s gern von junge Ehleut.
8
Weinberl (fuͤr ſich).
Das is ein Götterweib.
(Zu Frau v. Fiſcher.)
Gemahlin, wenn Du nicht recht bald wieder eine Jdee
haſt, die einen Kuß verdient, ſo gib ich Dir gleich ein
Paar als Vorſchuß auf Deine nächſten Jdeen.
Mad. Knorr.
Eine Taſſe Kaffee müſſen wir aber noch trin-
ken, eh’ wir ausfahren, der Herr Cousin kann gleich
um einen Wagen geh’n, und Sie
(zu Weinberl) ſpa-
zieren indeſſen
(nach rechts zeigend) in mein Zimmer
hinein, ich muß Jhrer Frau im Atelier draußen
eine neue Form von Hauberln zeig’n, von Hau-
berln —! wir werden Jhnen nicht zu lang warten
laſſen, Sie verliebter Gemahl Sie.
(Geht mit Frau
v. Fiſcher und Chriſtoph zur Mitte ab.)Neunter Auftritt.
Zangler, Melchior.
Zangler
(erzuͤrnt in den Salon mit Melchior eintretend).
Das alſo hier is der Ort? —
Melchior.
Wenn Ew. Gnaden recht verſtanden hab’n, was
der Herr dem Kutſcher zug’ruft hat.
Zangler.
Ob ich ihn verſtanden hab. Es war grad in
dem Moment, wie er’s Wagenthürl zug’ſchlagen hat,
ich ſchrei: halt! —
Melchior.
Aber man war nicht ſo dumm, Jhnen zu ge-
horchen.
Zangler.
Jch ſtürz’ in mein Gaſthaus —
Melchior.
Jch ſtürz Jhnen entgegen und nach kurzer Er-
klärung ſtürzen wir alle Zwei fort, ſtürzen in einen
Wagen und wenn der Wag’n auch g’ſtürzt wär,
wär’n wir noch nicht da. Jetzt denken Ew. Gnaden,
wenn Sie mich nicht hätten. —
Zangler.
So wär ein Anderer mit mir heraus.
Melchior.
Es iſt ein wahres Glück, daß Ew. Gnaden
mich haben.
Zangler.
Das Frauenzimmer war offenbar ſie. —
Melchior.
Und der Mann war offenbar er. —
Zangler.
Während meiner Abweſenheit durchgehen! —
Melchior.
Das iſt klaſſiſch! —
Zangler.
Schändlich is es, aber ich will ihr zeigen —
Melchior.
Wenn eine Mündel ſo den Mündelgehorſam
verletzt, wenn eine Nichte ſo die Nichtigen Pflichten
vergißt, da muß man —
Zangler.
Da muß man nicht viel reden, ſondern ſchau’n,
daß man ſie kriegt.
Melchior.
Nur kein Aufſeh’n! Es is ein wahres Glück,
daß Ew. Gnad’n mich haben.
Zangler.
Meine Mündel will ich haben, Tölpel! —
Melchior.
Gut, aber was thäten Ew. Gnaden, wenn Sie
mich nicht hätten?
Zangler.
Einen G’ſcheidtern thät ich ſchicken, daß er
augenblicklich jeden Saal, jedes Salettel, jeden
Salon, jeden Salatärain durchſucht, und mir die
Ueberzeugung bringt, daß ſie da ſind.
Melchior
Aber nur kein Aufſehen! Wir müſſen zuerſt —
Zangler
(den Wagen vor dem Salon-Fenſter erblickend).
Ha, das iſt der Wagen — jetzt haben wir’s,
ſie ſind da! —
Melchior.
Das is klaſſiſch! ’s iſt ein wahres Glück, daß
Ew. Gnaden mich haben.
Zangler (ruft).
He Kutſcher! He!
(Will ab.)
Melchior
(ihn zuruͤckhaltend).
Schrein’s nit ſo, — bleib’n Sie. —
Zangler.
Laß Er mich, oder ich ſchlag’ mein ſpaniſches
Rohr an ihm ab! —
Melchior.
Vermeiden Sie das Aufſehen. — Sie entkom-
men uns ja nicht, — die Pferd nehmen hier Er-
friſchungen zu ſich, das dauert a Weil. —
Zangler
(ruft noch lauter).
He Kutſcher! He!
Kutſcher (von Außen).
Was ſchaffens?
Melchior.
Na ſehns, er kommt ſchon, es is ein wahres
Glück, daß Ew. Gnaden mich —
Zangler (grimmig).
Halt Er’s Maul, oder —
Melchior.
Kein Aufſehen! —
Zehnter Auftritt.
Kutſcher. Die Vorigen.
Kutſcher (tritt ein).
Euer Gnad’n.
Zangler.
Geh Er her.
Kutſcher.
Jch hab’ ſchon a Fuhr.
Zangler.
Eben Deine Fuhr will ich —
Kutſcher.
Sein denn Ew. Gnaden a Kutſcher? —
Zangler.
Er verſteht mich nicht —
Melchior (zu Zangler).
So red’ns ordentlich mit ihm. Jch ſeh’ ſchon,
da hab’n Ew. Gnad’n keinen Begriff —
Zangler.
Du haſt einen Herrn und ein Frauenzimmer
g’führt?
Kutſcher.
Ja, ſie ſitzen im Garten.
Zangler.
Und weißt Du, in welcher Abſicht dieſer Herr
und dieſes —?
Kutſcher.
Was geht denn das mich an —
Melchior.
Wenn ein Kutſcher in das eingehen wollt’. Ah
da haben Ew. Gnaden keine Begriff’ —
Zangler (zum Kutſcher).
Weißt Du, Helfershelfer, daß Du Criminaliſch
biſt? —
Kutſcher.
Laſſens Jhnen nit auslachen —
Melchior (zu Zangler).
Seh’ns, jetzt lacht er Jhnen aus, Ew. Gnad’n
hab’n keinen Begriff —
Zangler (zum Kutſcher).
Hier hat Er 10 Gulden.
Melchior.
Der Kutſcher wird jetzt gleich ein Begriff
krieg’n.
Kutſcher.
Ew. Excellenz!
Zangler (zum Kutſcher).
Er führt die zwei Leut, wenn Sie wieder ein-
ſteigen, nicht wohin ſie wollen, ſondern wohin ich
ihm ſagen werde.
Kutſcher.
Wenn’s mich aber nachher verklag’n?
Zangler
(ihm einen Zettel gebend).
Da is die Adreß von meiner Schwägerin, da
fahrſt Du hin, und um Dir zu zeigen, daß die
Sache im Wege Rechtens vor ſich geht, geh’ ich jetzt
zum Wachter, der muß hint aufſtehen und Gewalt
brauchen, wenn ſie nicht gutwillig in das Haus wol-
len, wo ich ſie hinbringen laß’. Dem Wachter werd’
ich ſchon erklären —
Melchior
(mit Beziehung auf das Trinkgeld).
O, der Wachter begreift eben ſo wie der
Kutſcher.
Zangler (zum Kutſcher).
Bleib Er jetzt beim Wagen. Er muß jeden
Augenblick in Bereitſchaft ſein.
Kutſcher.
Ew. Gnaden können ſich verlaſſen.
(Ab.)
Zangler (grimmig).
Jch fahr dann nach, und hab ich den kecken Bur-
ſchen im Haus meiner Schwägerin, dann laß ich ihn
durch einen Herrn Commissarius ohne Aufſehen —
Melchior.
Das is ja das, was ich immer ſag, ohne Auf-
ſehen. Seh’n Ew. Gnad’n jetzt ein, was das für ein
Glück iſt, daß Sie mich haben. —
Zangler (wie vor).
Unerträglicher Kerl, ich zerreiß’ ihn. —
Melchior.
Geh’ns, Sie machen ſchon wieder ein Aufſehen.
Zangler.
Schad’, daß ich mich ärg’re, denn Er is ſo
dumm, ſo —
Melchior.
Da haben Sie gar keinen Begriff, wenn Sie
ſagen —
Zangler.
Daß Er ein Stockfiſch iſt, den ich zum Teufel
jag’, wie wir nach Haus kommen, das ſag ich.
(Geht
wuͤthend ab.)Eilfter Auftritt.
Melchior, dann Sonders und Marie.
Melchior (allein).
Der wird es nie einſehen, mit dem Mann plag’
ich mich umſonſt. Er halt mich partut für einen
Stockfiſch, und man glaubt gar nicht was das is,
wenn man einmal auf ein Menſchen einen Verdacht
hat. — Jch könnt’ mich aber doch durch was in
Reſpekt ſetzen bei ihm, — wenn ich die Liebenden,
die ich in meinem Leben nicht geſehen hab, entdecket,
ihre Geſpräche und Pläne belauſchet, und ſo — da
kommen Zwei —
(Jn den Garten hinausſehend.) Er
redt in ſie hinein, ſie ſeufzt aus ſich heraus — das
ſind Liebende, jetzt fragts ſich nur, ob es die unſri-
gen ſind, obs die ſind, die wir ſuchen. —
(Zieht ſich
rechts gegen das Fenſter zuruͤck.)
Sonders
(mit Marien eintretend).
Sei doch nicht ſo ängſtlich, liebe Marie.
Marie
(traͤgt einen Burnus und Hut mit Schleier).
Ach Gott, die vielen Leut. —
Sonders.
Kennen uns nicht; wir ſind hier Beide fremd.
Marie.
Jch glaub, jeder Menſch ſieht mir’s im G’ſicht an.
Melchior (fuͤr ſich).
Das iſt klaſſiſch.
Marie.
Und bei jedem Schritt glaub’ ich, der Vormund
ſteht vor mir.
Melchior (fuͤr ſich).
Sie hat einen Vormund, die ſind’s ſchon. —
Sonders.
Hier iſt der Sammelplatz der eleganten Welt,
gerade hier ſind wir am ſicherſten, ſo einem Spießbür-
ger, wie er iſt, nicht zu begegnen.
Marie.
Ach Auguſt, wozu haſt Du mich verleitet?!
Und ich hab’ Dir doch immer geſagt, es ſchickt ſich
nicht.
Melchior (fuͤr ſich).
Das is klaſſiſch! —
Sonders.
Mache Dir deshalb keine Vorwürfe, Dein Vor-
mund iſt ein Tyrann.
Melchior (fuͤr ſich).
Was? Auf die Art ſind die’s doch nicht. — Un-
ſerer ihr Vormund is a G’würzkramer und der ihrer
is a Tyrann, das ſind Liebende, die uns gar nix
angeh’n.
Sonders.
Er ſelbſt hat uns gezwungen zu dieſen Schritt.
Melchior (fuͤr ſich).
Die ſind dazu gezwungen word’n und die unſ’ri-
gen ſein freiwillig fort, ja das ſind ja ganz andere
Verhältniſſe. —
Marie.
Du wirſt ſehen, Auguſt, mir geht’s im Geiſt
vor —
Sonders.
Beruhige Dich, liebes Mädchen, wir haben nichts
zu befürchten.
Melchior (fuͤr ſich).
Die haben nichts zu befürchten, und die unſri-
gen haben ſehr viel zu befürchten — wie geſagt, das
ſind hier ganz andere Verhältniſſe.
Marie.
Daß ich aber mit Dir in der Welt herumlauf’,
das ſchickt ſich nicht.
Melchior (fuͤr ſich).
Das is klaſſiſch.
Sonders.
Dafür iſt geſorgt, ich erwarte hier nur die Ant-
wort von einem Freunde, deſſen Schloß 2 Stunden
von hier gelegen; bei ſeiner Gattin findeſt Du ein
freundliches Aſyl, bis ich, nach Beſeitigung aller Hin-
derniſſe, Dich als mein Weib in die Arme meiner
Tante führe.
Melchior (fuͤr ſich).
Die geh’n zu einer Tant, und die unſrigen kom-
men von ein Onkel, — no ja, total andere Ver-
hältniſſe.
Sonders (Melchior bemerkend).
Wer ſpricht hier?
Melchior.
Nein, nein, ſein Sie ruhig — Jhnen thun
wir nichts.
Sonders.
Er hat uns behorcht.
Melchior.
Kein Gedanken.
Sonders.
Was will Er alſo hier?
Melchior.
Sie müſſen wiſſen, ſowohl Sie als die Fräulein
müſſen wiſſen, ich bin da mit mein Herrn!
Sonders.
Was geht das uns an? —
Melchior.
Na ja, wenn Sie Die wär’n, Die — dann
gings Jhnen wohl ſehr viel an, aber wie geſagt, bei
Jhnen ſind es ganz andere Verhältniſſe. —
Sonders.
Jch glaube, Er iſt betrunken.
Vierzehnter Auftritt.
Mad. Knorr, Fr. v. Fiſcher, Weinberl,
Chriſtoph.
(Weinberl fuͤhrt Fr. v. Fiſcher, Chriſtoph Mad. Knorr,
Frau v. Fiſcher traͤgt einen Burnus mit Hut und Schleier
in Farbe und Façon ganz jenen von Marien aͤhnlich.)
Fr. v. Fiſcher (zu Weinberl).
Jch begreife nicht, mein Lieber, was Dir einge-
fallen iſt, daß Du den Wag’n fortfahren ließeſt? —
Mad. Knorr.
Hier bekommen wir ja wieder Wägen ſo viel
wir wollen.
Chriſtoph.
O ja, wenn man kein Geld anſchaut.
Weinberl
(leiſe zu Chriſtoph).
Jch werd’ ſehr bald kein Geld anſchauen, denn
ich werd’ gleich kein’s mehr haben.
(Laut zu Fr. v. Fi-
ſcher.) Weißt Du, Liebe, ich hab’ geglaubt, es is an-
genehmer, wenn wir zu Fuß nach Hauſe gehen.
Fr. v. Fiſcher.
Zu Fuß? —
Mad. Knorr.
Aha, im Mondſchein mit Dir dahin ſchlendern
und ſchwärmen hat er wollen.
Weinberl.
Ja, ſchlendern und ſchwärmen.
Chriſtoph
(zu Mad. Knorr).
Und wir hätten auch das unſrige geſchwärmt.
Mad. Knorr.
O Sie ſchlimmer Cousin!
Weinberl.
Ja ja, geh’n wir zu Fuß, das is ſo ſchwärme-
riſch
(Bei Seite.) und ſo billig.
Fr. v. Fiſcher.
Warum nicht gar, der Abend iſt kühl, willſt
Du mich morgen krank wiſſen?
Mad. Knorr.
Jn dieſer Hinſicht ſoll man wohl nicht ſparen. —
Eine Krankheit kommt höher als zehn Fiaker.
Weinberl (fuͤr ſich).
Mich kommt wieder Ein Fiaker höher, als
wenns morgen zehn Krankheiten kriegt.
Fr. v. Fiſcher (zu Weinberl).
Ohne Widerrede, wir fahren.
Mad. Knorr
(zu Frau v. Fiſcher).
War das aber ein guter Rath von mir, daß ich
g’ſagt hab um den Mantel nach Haus ſchicken.
Fr. v. Fiſcher.
Ja wohl, aber hier will ich doch ablegen.
(Geht
zu einem am Fenſter ſtehenden Stuhl und legt den Burnus
ab, wobei ihr Madam Knorr behuͤlflich iſt.)
Weinberl
(im Vordergrund zu Chriſtoph).
Chriſtoph! Sie haben doch etwas Geld bei ſich?
Chriſtoph.
Nein, gar keins.
Weinberl.
Sie ſind ein — auf Ehr, wenn Sie nicht ſchon
Commis wär’n, jetzt beutlet’ ich Jhnen, daß —
Chriſtoph.
Und wenns mich noch ſo beuteln, ſo fallt kein
Kreuzer heraus, ich hab mich auf Jhnen verlaſſen,
wie viel habens denn?
Weinberl.
Jch hab mir von z’Haus 10 Gulden mit-
g’nommen.
Chriſtoph.
Und mit 10 fl. hab’n Sie wollen ein verfluchter
Kerl ſein?
Weinberl.
Hab ich das ahnen können, wie ich in der Fruh
ſo ledig ausgangen bin, daß ich gegen Abend eine
Frau hab? Sonſt ſagt man: ’s Unglück kommt über
Nacht, mir is es über Mittag kommen. — Und daß
ich Alles zahlen muß, hab’ ich mir auch nicht denkt,
jetzt hab ich grad noch zwei Gulden.
Chriſtoph.
Und jetzt brauchen wir a Jauſen auf vier Per-
ſon, Wagen nach Haus, und unſer Rukreiſ’ —
Weinberl.
Das is das klare Bild einer Crida.
Fr. v. Fiſcher
(mit Mad. Knorr vorkommend).
Nun, lieber Mann, Du vergißt ja den Kellner zu
rufen? —
Weinberl.
Nein, ich hab grad d’rauf denkt
(Zoͤgernd.) Du
glaubſt alſo wirklich, daß wir hier Jauſen ſollen? —
Fr. v. Fiſcher.
Was ſonſt?
Weinberl (verlegen).
Nein, nein, ſonſt nix —
(Bei Seite.) mir is
das z’viel.
Fr. v. Fiſcher.
So rufe doch —
Weinberl (mit unſicherer Stimme).
He Kellner!
Fr. v. Fiſcher.
So wird Dich Niemand hören.
Weinberl.
Jch hab ſo was Erſchöpftes in mir — gar nicht
das rechte Organ einen Kellner zu rufen.
(Ruft wie
fruͤher.) He Kellner!
Chriſtoph (laut).
Kellner! —
Fr. v. Fiſcher (zu Mad. Knorr.)
Mein Mann macht ſich öfter den Spaß, den
Knick’rigen zu ſpielen, die Jauſe ſoll Dich vom Ge-
gentheil überzeugen.
(Fuͤr ſich.) Jch glaube, der Menſch
wollte mich zum Beſten halten, das ſoll er mir büßen.
Fünfzehnter Auftritt.
Kellner. Die Vorigen.
Kellner.
Was ſchaffen Ew. Gnaden?
Weinberl.
Sie ſind der Kellner? — Haben Sie die Ge-
wogenheit, nehmen Sie es nicht ungütig, daß wir
Sie hieher bemühen. —
Kellner.
Ew. Gnad’n ſcherzen.
Weinberl.
O nein, warum ſoll ich Jhnen nicht mit Ach-
tung behandeln?
Chriſtoph (leiſe zu Weinberl).
Was treibens denn?
Kellner (zu Weinberl).
Bitte, Ew. Gnaden, ſo zart geht kein Gaſt mit
einem Kellner um.
Weinberl.
O ich bitte —
(Leiſe zu Chriſtoph.) ſo hab’ ich
doch Hoffnung, daß er mit mir auch zart umgehen
wird, wenn es zum Aeußerſten kommt.
Fr. v. Fiſcher
(welche indeſſen mit Mad. Knorr geſprochen).
Nun, was iſt denn angeſchafft worden? —
Kellner.
Bis jetzt noch nichts.
Weinberl.
Wir deliberiren grad, ich glaub 2 Schalen
Kaffee —
Fr. v. Fiſcher.
Kaffee haben wir ja ſchon bei meiner Freundin
getrunken, Du mußt eine Jauſe beſtellen, die gleich
als Souper dienen kann.
Weinberl.
Aha! —
(Zum Kellner.) ſo bringen Sie uns
Butter und Rettig und drei Seitel Bier, zwei für
10
uns und eins für die Damen.
(Fuͤr ſich.) Das kommt
billig.
Fr. v. Fiſcher.
Was wär das, Du willſt uns ſo ordinär?
Mad. Knorr.
Jch trinke nie Bier —
Weinberl (zum Kellner).
Alſo nur für uns Bier, für die Damen Waſſer.
(Fuͤr ſich.) Das is noch billiger.
Fr. v. Fiſcher.
Aber Mann!? —
Mad. Knorr.
Jch darf nicht kalt ſoupir’n.
Weinberl.
Alſo was Warmes.
(Zum Kellner). Haben Sie
kein Beuſchl? —
Chriſtoph.
Oder eine halbe Gollaſch? —
Kellner.
Das möcht’ ich nicht rathen, es iſt ſchlecht.
Weinberl (fuͤr ſich).
Das wär eigentlich gut, da eſſetens nicht viel. —
Fr. v. Fiſcher (ernſt zu Weinberl).
Mann, jetzt ſag ich Dir zum Letztenmal —
Weinberl
(mit Reſignation zum Kellner).
Alſo bringen Sie 2 Schnitzel, für uns Bier und
für die Damen ein Seitel Achter.
(Fuͤr ſich.) Die
2 Gulden ſind überſchritten — die Crida geht an. —
Fr. v. Fiſcher (zu Mad. Knorr).
Heut hat mein Mann wieder ſeinen närriſchen
Tag.
(Zu Weinberl.) Herr Gemahl, jetzt hab ich’s
ſatt! —
Weinberl (fuͤr ſich).
Das wär ein Glück! —
Fr. v. Fiſcher.
So ſchafft man nicht an, wenn man Damen
ausführt. — Kellner, Sie beſtellen uns einen Faſan —
Kellner.
Den Augenblick kommt Einer vom Spieß.
Fr. v. Fiſcher.
Dazu Compot, dann Torte und ſonſtiges Deſſert,
zuerſt Rheinwein, am Schluß Champagner. —
Kellner.
Sehr wohl, Ew. Gnaden.
(Ruft indem er abgeht.)
Anton, 4 Gedeck im Salon.
(Ab.)Sechzehnter Auftritt.
Die Vorigen, ohne Kellner.
Fr. v. Fiſcher (zu Mad. Knorr).
Nun, hab’ ich Deinen Guſto getroffen?
Mad. Knorr.
’s iſt aber zu viel. —
Chriſtoph (zu Weinberl).
Wie g’ſchieht Jhnen denn?
Weinberl.
Mir g’ſchieht gar nicht mehr, ich bin ſtumpf —
Chriſtoph.
Und ich bin ſcharf auf’s Abfahr’n bedacht.
Weinberl
(von dieſer Jdee ergriffen).
Abfahr’n?! — Sie hab’n Recht, Crida iſt da,
alſo verſchwinden, das kommt im Merkantiliſchen
häufig vor. —
Chriſtoph.
Der Kellner ſoll ſich dann mit der Zech an die
Frauen halten.
Weinberl.
Recht ſo, wir laſſen Alles auf die Frauen ſchrei-
ben, das is wieder Merkantiliſch. —
Chriſtoph.
Warum ſtürzens uns ſo in Depancen, dieſe
Weiber.
Weinberl.
Das ſind ja Verſchwenderinnen, reine Gour-
maninen.
Chriſtoph.
Aber nur kein’ Verlegenheit g’ſpürn laſſen und
Cour gemacht aus Leibskräften.
(Zweiter Kellner kommt und deckt den Tiſch rechts, ruͤckt
ihn aber vorher etwas gegen die Mitte der Buͤhne.)
Weinberl
(zu Fr. v. Fiſcher).
Du glaubſt nicht, meine Liebe, wie wohl mir jetzt
iſt, es iſt ein Vorgefühl in mir —
Mad. Knorr.
Daß Sie noch viele ſolche frohe Tage an der
Seite Jhrer Frau — das nenn’ ich eine Lieb’ —
Chriſtoph
(zaͤrtlich zu Mad. Knorr).
Können Sie bei dieſem Anblick gefühllos bleiben?
Mad. Knorr.
Junger Menſch, ich hab’ Jhnen ſchon geſagt, daß
ich eine Braut bin, ich lebe nur für dieſen einen Mann.
Chriſtoph.
Daß Sie für einen Mann leben, gibt Jhnen
das das Recht einen Jüngling zu tödten? —
Mad. Knorr.
Hören Sie auf, Sie ſind ein ſchlimmer
Cousin. —
Siebenzehnter Auftritt.
Kellner, die Vorigen, dann Melchior.
Kellner
(Faſan und Rheinwein bringend).
Wenn es Ew. Gnaden gefällig iſt.
(Stellt alles
auf den Tiſch.)
Fr. v. Fiſcher.
O ja —
(Zu Mad. Knorr.) Komm, liebe Freun-
din! —
Weinberl (zum Kellner).
Sie können jetzt auch einen wälliſchen Salgt
bringen.
Chriſtoph.
Ueberhaupt, was gut und theuer iſt —
Weinberl.
Uns is das egal was es koſt, Sie wer’n ſeh’n,
wir binden uns an gar keinen Preis,
(Fuͤr ſich.) Warts,
Gourmaninen! —
Kellner.
Sehr wohl, Ew. Gnaden.
(Geht ab.)
(Melchior tritt mit dem zweiten Kellner, welcher ein Gedeck
traͤgt, ein.)
Melchior.
Was is denn das? Jch will da für mein Herrn
aufdecken laſſen, und jetzt ſetzen ſich Andere herein —
Weinberl.
Jch glaub, in einem öffentlichen Ort hat jeder
das Recht. —
Melchior.
Ah, das is indiscret.
Zweiter Kellner.
Jn dem Salon haben ja 20 Perſonen Platz.
Melchior.
Mein Herr will aber allein ſein.
Chriſtoph.
Dann ſoll er an keinen öffentlichen Ort gehen.
Melchior.
Ah, das is indiscret. — Sie können ſich ja
hinaus in Garten ſetzen.
Fr. v. Fiſcher.
Das kann ſein Herr auch thun. —
Melchior.
Mein Herr muß von hieraus Jemand beobach-
ten und mit einem Wort, mein Herr wird ſich nicht
wegen Jhnen Vieren geniren.
Weinberl.
Und wir Viere wer’n uns noch weniger wegen
ſein Herrn geniren.
Melchior.
Ah, das is aber indiscret, da muß mein Herr
ſitzen, wegen der Ausſicht auf die Thür. —
(Ruͤckt
den Tiſch, welchen der Kellner deckte, von links gegen die
Mitte, ziemlich nahe an den Tiſch der Geſellſchaft.)
Mad. Knorr.
Das gilt uns gleich.
Melchior.
Wenn der dumme Salon nur in der Mitte eine
Abtheilung hätt’ —
Weinberl.
Na ja, ſein Herr ſoll halt gleich eine Mauer
aufführen laſſen, wenn er wo einkehrt.
Zweiter Kellner.
Man könnte allenfalls — es zieht manchmal
den Gäſten zu ſtark, da wird dann
(auf die zwiſchen
Fenſter und Thuͤr lehnende zuſammengelegte ſpaniſche Wand
zeigend.) — die ſpaniſche Wand gebraucht, wenn man
die in der Mitte aufſtellt, ſo wäre ja die gewünſchte
Abſonderung geſchehen.
Fr. v. Fiſcher.
Machen Sie das wie Sie wollen.
(Zu Mad.
Knorr.) Legen wir unſre Hüte ab und ſetzen wir uns.
(Geht mit Mad. Knorr zu einem Stuhle rechts, wo ſie
waͤhrend dem Folgenden ihrer Huͤte ablegen.)
Chriſtoph (zu Weinberl).
Das ſieht kurios aus, das können wir uns vor
den Frauen nicht anthun laſſen.
Weinberl
(zu Melchior, welcher die ſpaniſche Wand aufſtellen will).
Wenn Er mit der ſpaniſchen Wand nicht wei-
ter geht, ſo werf ich Jhn an die wirkliche! —
Melchior.
Ah, das is klaſſiſch —
Weinberl.
Wir werden uns da wie die wilden Thiere in
einer Menagerie abſperren laſſen.
Melchior.
Na wartens, das ſag ich mein Herrn.
11
Chriſtoph.
Was kümmert uns ſein Herr?
Weinberl.
Er ſoll nur kommen, wir werden ihm zeigen —
Melchior.
Da kommt er grad die Allee herauf.
(Drohend
zu Weinberl und Chriſtoph.) Wartens!
Weinberl
(hinſehend und heftig erſchreckend).
Continent thu’ dich auf! —
Chriſtoph
(der ebenfalls hingeſehen).
Auweh’ und verſchling uns! —
Weinberl und Chriſtoph (zugleich).
Der Principal!
Weinberl (zu Melchior).
Lieber Freund, Sie haben erſt Recht mit der
ſpaniſchen Wand —
Chriſtoph.
Ja ’s is beſſer, ſtell’n wirs auf.
Weinberl.
Aber nur g’ſchwind, Kellner, helfens!
(Der Kellner, Chriſtoph, Weinberl und Melchior ſtellen
mit vieler Eile, wobei Einer dem Andern hinderlich iſt, die
Wand auf.)
Melchior.
Jetzt ſehens Sie’s ein und eher ſo G’ſchichten —
Nein, wie Sie indiscret ſein!
Mad. Knorr (zu Fr. v. Fiſcher).
Aber ſchau nur her, was ſie da für Umſtänd
machen.
Weinberl (zu den Frauen).
Es iſt, wiſſen Sie — es zieht hier ſo ſtark
nach der Luft —
Fr. v. Fiſcher.
Jch ſpüre nichts.
Mad. Knorr.
Wir ſind ja nicht rheumatiſch. —
Weinberl (zu Chriſtoph).
Aber uns reißt’s ungeheuer.
Chriſtoph.
Setzen wir uns.
(Alle 4 ſetzen ſich zum Tiſch, die ſpaniſche Wand iſt auf-
geſtellt und theilt die Buͤhne in der Mitte ab. Der Tiſch
der Geſellſchaft und der fuͤr Zangler beſtimmte Tiſch ſind
ſich ziemlich nahe und nur durch die Wand getrennt.)Achtzehnter Auftritt.
Zangler. Die Vorigen.
Zangler (eintretend).
Alles is in Ordnung. Melchior!
Melchior.
Ew. Gnad’n.
Zangler.
Der Wachter ſteht ſchon draußen auf der Paſſ’,
wie meine Mündel mit ihrem Entführer in den Wa-
gen ſteigt, ſteigt der Kutſcher auf den Bock und der
Wachter hint’ auf.
Melchior.
Das is klaſſiſch! —
Mad. Knorr.
Sehr ein gutes Compot.
Weinberl (mit gedaͤmpfter Stimme).
Jch werd’ den Faſan tranſchiren.
Chriſtoph
(ebenfalls mit gedaͤmpfter Stimme).
Und ich werd ſchau’n, ob der wälliſche Salat
noch nicht bald kommt. —
Mad. Knorr.
Ach, ja! —
Zangler.
Was is denn das mit der ſpaniſchen Wand?
Melchior.
Da derneben ſind indiskrete Leut’, zwei Weibs-
bilder mit ihre Liebhaber, damit Ew. Gnad’n nicht
genirt ſind.
Zangler.
Gut!
Zweiter Kellner
(bringt Wein und Aufgeſchnittenes, ſtellt es auf den Tiſch).
(Zangler ſetzt ſich.)
Melchior.
Das hab’ ich für Ew. Gnaden ang’ſchafft.
Zangler.
Gut! —
Melchior
Gott! was wären Ew. Gnad’n ohne mich —
Zangler.
Die Zeitung.
(Fuͤr ſich.) Wer weiß, wie lang
das noch dauert. —
(Kellner bringt Zangler die Zeitung und geht ab.)
Melchior.
Jch werd’ patroulliren.
(Geht in den Garten
hinaus.)
Fr. v. Fiſcher.
Der Faſan ſcheint ſehr gut zu ſeyn. —
Weinberl
(mit gedaͤmpfter Stimme).
Die Zähigkeit abgerechnet, delikat —
Mad. Knorr.
Kommt der Kellner noch nicht?
Chriſtoph
(mit gedaͤmpfter Stimme).
Nein, das iſt ein langſamer Kerl.
Mad. Knorr.
Warum reden denn die Herren ſo ſtill, ſo heiſer?
Weinberl (wie oben).
Die Zugluft hat das gemacht.
Chriſtoph (wie oben).
Es iſt ein wahres Glück, daß die Wand aufge-
ſtellt iſt.
Weinberl (wie oben).
Ja, ſonſt hätt’s uns die Sprach gänzlich ver-
ſchlagen.
Mad. Knorr.
Nein, wie die Herren jetzt haiklich ſind —
Melchior (hereinlaufend).
Ew. Gnad’n! Ew. Gnad’n!
Zangler.
Was iſt’s? —
Melchior.
Jch ſeh’ noch nichts —
Zangler.
Dummkopf!
Melchior.
Fruͤher waren Zwei da herin, das waren aber
Andere.
Zangler.
Die ich ſuch, ſitzen draußen, ich hab ſie von
weiten geſehen, geh hinaus, ſtell Dich in einige Ent-
fernung vom Wagen und wie ſie fortfahren, ſagſt
Du mir’s, wir fahren dann gleich nach. —
Melchior.
Das wird klaſſiſch!
(Geht ab in den Garten.)
Chriſtoph
(hat waͤhrend den letzten Reden ſchnell den Burnus der
Fr. v. Fiſcher umgenommen und ihren Hut aufgeſetzt).
So kann ich neben unſerm Alten vorbei paſſirn.
Frau v. Fiſcher
(zu Weinberl).
Du ſchenkſt ja unſerer Freundin gar nichts ein?
Weinberl
(welcher bemerkt hat, wie Chriſtoph ſich ankleidet, zu
Fr. v. Fiſcher).
Aber Liebe, ich kann ja nicht tranſchiren und
einſchenken zugleich.
Chriſtoph
(hat den hintern Theil der ſpaniſchen Wand geoͤffnet und
ſchluͤpft ſo in die andere Hälfte der Buͤhne hinuͤber, wo
Zangler ſitzt, welcher in die Zeitung vertieft, ihn nicht
bemerkt).
Zangler
(in der Zeitung leſend).
„Verwegner Kleiderdiebſtahl durch einen jungen
Menſchen.“
(Spricht.) Nein, was man jetzt alles
lest, die Hallunken werden immer pfiffiger.
Chriſtoph
(hat ſich an der Ruͤckwand zur Glasthuͤr hin und in den
Garten hinausgeſchlichen).
Mad. Knorr.
Wo is denn der Cousin hinkommen?
Weinberl
(Mad. Knorr den Faſan offerirend).
Bitte ſich zu bedienen.
(Laͤßt, indem er nach dem
Fenſter ſieht, eine Gabel von der Schuͤſſel und Frau v. Fi-
ſcher auf das Kleid fallen.)
Fr. v. Fiſcher.
Himmel, mein neues Kleid!
Weinberl.
Pardon! Es wird nichts machen, als einen fet-
ten Fleck. —
Fr. v. Fiſcher.
Der nie mehr herausgeht.
Mad. Knorr.
Nur gleich mit dem Serviet reiben.
(Jſt Frau
v. Fiſcher dabei behuͤlflich.)
Chriſtoph
(ſteigt außerhalb dem Glasfenſter in Sonders Wagen).
Weinberl
(dieß bemerkend ſteht auf und ſagt fuͤr ſich, indem er ſich
dem Fenſter naͤhert).
Der ſteigt in den Wagen, das is ein g’ſcheidter
Einfall, der Kutſcher muß uns führen bis aufs Feld
hinaus, dann geb’ ich ihm Einen Gulden und laß ihn
umkehren. — Wie komm ich aber hinaus, dort der
Principal, da die Frauen. — Gott ſei Dank, der
Fleck is ſo fett, daß die mich nicht bemerken. —
Fr. v. Fiſcher.
Das geht nie mehr heraus. —
Weinberl
(einen raſchen Entſchluß faſſend).
Aber was Anders geht aus! —
(Oeffnet ſchnell
das Fenſter und ſteigt hinaus.)
Mad. Knorr
(Weinberl bemerkend).
Freundin, da ſchau her was Dein Mann —
Fr. v. Fiſcher
(betroffen).
Er iſt aus dem Fenſter geſtiegen!?
Mad. Knorr.
Und ſteigt in den Wagen ein.
(Man ſieht Weinberl in den Wagen ſteigen).
Fr. v. Fiſcher (will hinausrufen).
Mein Herr —!
(Man ſieht den Wachter in Uniform hinten auf den Wagen
ſteigen.)
Mad. Knorr.
Was iſt das, der Ortswachter —?! — Er
ſtellt ſich hinten auf —
Fr. v. Fiſcher.
Eine Arretirung —!
(Man hoͤrt ſchnalzen, der Wagen faͤhrt ab.)
Mad. Knorr.
Fort iſt er!
(Beide Frauen bleiben erſchrocken an ihren Stuͤhlen ſtehen,
indem ſie ſtarr dem abgefahrenen Wagen nachblicken.)
Melchior
(zur Glasthuͤre eintretend).
Das is klaſſiſch! Wir habens ſchon, der Kutſcher
und der Wachter laſſens nimmer aus.
Zangler.
Wir fahren gleich nach, Kellner zahlen!