Leichpredigt
Bey der Begrebnis
des Weilandt Ehrnuesten / Erbarn vnd
Vorsichtigen Heinrich Lappen/Fürstlichen
Braunsch weigischen Rahts vnd
Ampt Secretarij/
Welcher den 31. Octobris dieses 94. Jars (war der
Donnerstag nach Simonis vnd Judae) in wahrer anruffung Gottes
selig vnd sanfft entschlaffen: Sein Leich aber den folgen-
den 3. Nouembris Christlich zur Erden
bestattet worden.
Gethan in der Heinrichstadt
Durch
M: PAVLVM MVSAEVM,
Pfarherrn vnd Superintendenten daselbst.
Heinrichstadt
Durch Conrad Horn / im Jar nach Christi Geburt
1595.
Der Erbarn vnd Ehrntugentsamen Frawen / Marien / des weilandt Ehrnuesten vnd Erbarn Heinrich Lappen / Fürstlichen Braunschweigischen Rahts / vnd Oberampt Secretarij hinterlassener Widwen / meiner günstigen Freundinnen.
ERbare vnd Tugentsame Fraw / Demnach GOtt der Allmechtig ewern nunmehr seligen lieben Haußwirt vnd Herrn / durch den leiblichen Todt / zu sich aus diesem Jammerthal abgefordert / vnd euch in den betrübten Widwen Standt gesetzt hat: Darin jhr verstehen könnet / was es fur einen zustandt vnd gelegenheit habe / vmb die gantze Kirche Christi auff Erden: Welche GOtt Esai. 54. auch vergleichet einem verlassenen vnd von Hertzen betrübten Weibe / einem Jungen Weibe / die jhres Mannes beraubet / vnd von menniglich verlassen vnd verstossen ist. Als habe ich diese einfeltige Leichpredigt / so ich bey der Begrebnis ewers seligen Herrn gethan / in Druck geben wollen: Damit nicht allein jhr / in ewerm Creutz vnd bekümmernis / daraus etwas trost schöpffen möchtet: Sondern auch / das sie dem Verstorbenen / ein öffentlich zeugnis were / seines Christseligen Endes / wieder die lesterung leichtfertiger Leute / die sich nicht schewen / seinen Ehrlichen guten Namen / vnd seliges Ruhestettlin mit allerley vnuerschempten öffentlichen Lügen zubeschmitzen / vnd verunruhigen. Denn ob wol solch vnnütz geplauder / dazu die jetzige vorwitzige Welt fast geneigt ist / keiner Wiederlegung bedarff / dieweil es bey Ehrlichen vnd verstendigen Leuten kein gehör findet: Dennoch habe ich mich schüldig erachtet / ewers Herrn seligen / als meines gewesenen Beichtkindes / vnd bey dessen End ich neben andern gewesen /
Christlichen Namen / mit dieser geringen Arbeit / etwas zuuertretten / Euch auch vnd andern vornehmen Ehrlichen Leuten / die jhn in seinem leben gekant / geehret vnd geliebet / vnd nunmehr vielleicht auch seines seligen Endes / gerne bericht hetten / damit zudienen / Damit sie sich solches guten vnd Christlichen Beschlusses seines vollendeten lauffs / mit jhm desto mehr zuerfrewen hetten / Auch sich selbst aus seinem Exempel zu gleicher seligen hinfarth desto besser bereiten lerneten / Wollet derowegen diesen meinen guten willen im besten auffnhemen. GOtt der Vater aller Gnaden vnd Trostes / der euch diß Creutz auffgelegt / wolle selbst durch seinen helligenheiligen Geist lebendigen Trost in ewerm Hertzen wircken / euch an Leib vnd Seele stercken / auch zeitlich vnd ewiglich erfrewen. Vnd vns allesampt als arme Widwen vnd Waysen auff Erden / in diesem betrübten Jammerthal in seinen gnedigen Schutz schliessen / schützen / leiten vnd trösten / biß wir ein mal zu jhm in das ewige Vaterlandt versetzt vnd gebracht werden mögen / da er selber alle Thränen von vnsern Augen abwaschen / vns wie eine Mutter jhr Kind trösten / vnd mit lieblichen wesen erfrewen vnd settigen wird jmmer vnd ewiglich / Amen.
E. W.
M. Paulus Musaeus.
Esaiae 56.
ABer der Gerechte kömpt vmb / vnd niemandt ist / der es zu Hertzen nehme / vnd heilige Leute werden ausgerafft / vnd niemandt achtet darauff / Denn die Gerechten werden weggerafft fur dem vnglück. Vnd die richtig fur sich gewandelt haben / komen zum friede / vnd ruhen in jhren Cammern.
Außlegung.
GEliebte im HERRN / Dieweil der liebe GOtt nach seinem weisen Rath / abermal ein furnhemes Glied / dieser Christlichen Communion / zu sich durch den zeitlichen Todt abgefordert hat / Welches Leichnam wir jetzo / nach altem löblichen gebrauch Ehrlich zur Erden bestatten: Ist es billich / das wir dem verstorbenen zu lieb vnd Ehren / seiner hinterlassenen bekümmerten Widwen vñ Freundschafft zu Trost / vnd vns allen zu nutzen vnterricht / bey solcher Begrebnis zusammen kommen /
vnd betrawren mit schmertzlichen seufftzen / nicht des Todten vnfall (denn dem ist nichts böses wiederfahren / dieweil er nunmehr allem vnglück aus dem wege kommen / vnd versetzt ist worden in ein besser leben / in das rechte ewige Capharsalma vnd frewden Land / da jhm ein Augenblick besser ist / denn allhter Tausent Ihar) Sondern wir sollen viel mehr bey diesem Fall beweinen vnser aller klegliches Elend / vnd erbermliches wesen. Das die Edle Creatur / der Mensch / der nach GOttes Bild / vnd zum Ewigen Leben erschaffen war / nunmehr mus so vielem Jammer vnd Elend / vnd endlich dem Todte vnterworffen sein / vnter die Erde gescharret / vnd entlich von den Würmen gefressen werden. Darwieder kan vns weder gewalt / noch Geld / noch Jugend / noch etwas anders / auff Erden schützen / Denn der Todt achtet der dinge keines / Sondern gehet gleich hindurch / vnd frisst auff / wer jhme furkömpt / er sey Reich oder Arm / Fromb oder Böse / Jung oder Alt / Man oder Weib / geschickt oder vngeschickt / es gilt jhm alles gleich. Das machet GOttes Zorn / das wir also vergehen / vnd sein grim̃ / das wir so plötzlich dahin müssen / Denn vnser Missethat stellet er fur sich / vnd vnser vnerkandte Sünde ins Liecht fur sein Angesicht. Darumb fahren alle vnser Tage / durch fei-
nen Zorn / plötzlich dahin / als flogen wir danon / saget der Man GOttes Moses im 90. Psalm.
Zu dem helt der Todt keine gewisse zeit noch Stunde / Sondern schleicht vns stets nach / Vnd wenn man am sichersten ist / vnd meinet / es habe kein noth / greifft er den Menschen plötzlich an / mit seinen Mordpfeilen / vnd würget jhn hin. Darumb saget Salomon in seinem Prediger cap. 9. Der Mensch weis seine zeit nicht / Sondern wie die Fische gefangen werden mit einem schedlichen Hamen / Vnd wie die Vogel mit einem Strick gefangen werden / so werden auch die Menschen berückt zur bösen zeit / wenn sie plötzlich vber sie fellt.
DAs ist je zubeklagen / vnd mit bittern Zehern zubeweinen: Wie auch die heilige Schrifft hierüber hin vnd wieder klaget. Der Mensch vom Weibe geboren (saget Job Cap. 14.) lebet kurtze zeit / vnd ist voll Vnruhe / Gehet auff wie ein Blume / vnd fellt abe / Fleucht wie ein Schatten / vnd bleibet nicht / Psalm. 103. saget Dauid. Ein Mensch ist in seinem leben wie Graß / Er blühet wie eine Blume auff dem Felde: Wenn der Windt darüber gehet / so ist sie nimmer da / vnnd jhre stedte kennet sie nicht mehr. Man weis nicht / wo der Mensch blieben / Oder / ob er jemals gelebt habe. Wie
ein Leinweber ein Faden zerreisset (saget Hiskia Esai 38.) Also reisset GOtt den Faden vnsers Lebens entzwey. Summa / Alles Fleisch ist wie Heuw / vnd alle seine Herrligkeit wie eine Blume auff dem Felde / Das Heuw verdorret / Die Blume verwelcket / denn des HERRN Geist blest darein / Esai. 40. Heute roth / Morgen Todt / Heute König / Morgen nichts / sagt Syrach Cap. 10. Vnd wenn der Mensch Todt ist / so fressen jhn die Würme: Sic transit gloria mundi, Das ist das ende alles Fleisches. Solches sollen wir nun bey dieser Leiche vns erstlich erinnern / damit wir vns auff diß vnbestendige vnd kurtze leben nicht trigen: Sondern viel mehr nach Syrachs Lehre / Cap. 7. ohn vnterlas vnser Ende bedencken: Die Busse nicht sparen biß in den Todt / Sondern zeitlich / bey guter Vernunfft / vnd gesundheit / durch wahre Busse / vns zum seligen Ende bereiten / vnsers Sterbstündleins warnemen / vnd warten mit den Fünff klugen Jungfrawen / auff die Zukunfft vnsers Breutgams / wenn er kömpt vnd anklopffet / das wir fertig sein mit jhm in die Ewige Hochzeit einzugehen / Wie er selber vermahnet / Matth. 25. Cap. Diese Lehre schencket dieser in GOtt verstorbene vnser guter Freundt aus besonderer Freundschafft / als die rechte selige Weisheit / dir vnd mir / vnd vns al-
len zur letzte / das wir sein dabey gedencken sollen.
Zum Andern / Sollen wir auch bey dieser Leiche vns erinnern / der grossen gefahr / so wir noch künfftig zu gewarten haben. Dieweil gemeiniglich frommer Leute Todt / ein gewisser Post vnd Vorbote ist / so der bösen Welt GOttes Zorn / Straff / gros Vnglück vnd verenderung pfleget anzukündigen. Dauon prediget der Prophet in den verlesenen Worten: Da er vns den Todt der Gerechten / Das ist / Gottseliger / woluerdienter / hoher vnd nützlicher Personen / heisst ansehen / als eine sonderliche gnad GOttes / gegen die / so er lieb hat / vnd aus Väterlichem Hertzen / durch einen sanfften Schlaff / fur dem nahenden Zorn vnd vnglück wegrafft: Gegen die Gottlosen aber / als ein gewiß Zeichen grausamer Straff / so aus GOttes gerechtem Gericht vber die sichere Welt ergehen sol. Zugleich aber beklaget er auch die Blindheit der Welt / die solche Zornzeichen verachtet / vnd in den Wind schlegt / schlefft vnd schlummert durch Fleischliche Sicherheit / mitten in der höchsten gefahr / da jhr das vnglück schon vber dem Nacken schwebet: Wie die erste Welt fur der Sündflut / vnd die verstockte Sodomiter auch thaten / biß so lange sie durch die Fluth Göttliches Zorns vbereilet vnd verderbt wurden. Das
sollen wir allhier auch bedencken / vnd dabey vns erinnern / vnserer vielfeltigen Sünd vnd vndanckbarkeit gegen GOtt / damit wir durch warhafftige Busse dem vorstehenden Vnglück bey zeiten wehren / vnd GOtt mit hertzlichen seufftzen bitten / das er seinen gefassten Zorn vber vns abwenden / oder miltern wolle / oder aber / do es je nicht anders sein kan / wolle er vns vnd die vnsern durch ein seliges End zu sich in sein Reich nehmen / damit wir das künfftige Vnglück / so vber die Welt ergehen wird / nicht ansehen vnd erfahren dürffen.
DAmit wir aber den verlesenen Spruch vns zu nutz machen / vnd daraus nütze Lehr / Trost vnd Vermahnung schöpffen mögen / wollen wir zwey nachfolgende stücklein handeln.
VND erstlich bedencken die vrsachen / worumb Gott fromme Christen / vnd sonst nütze wolverdiente Leute durch den Todt / bißweilen in grosser menge zeitlich aus diesem leben abfordert.
Zum Andern / gibt vns der Prophet schönen Trost / damit sich nicht allein die Sterbenden wieder des Todes furcht / Sondern auch die jenigen / welchen GOtt durch den Tödlichen abgang jhrer lieben Freunde / ins Hertze greifft / wieder alle bekümmernis vnd schwermuth schutzen vnd trösten sollen.
Der Erste Theil.
VOm Ersten Stück saget der Prophet also: Aber der Gerechte kömmet vmb / vnd niemand ist / der es zu Hertzen nehme / vnd heilige Leute werden auffgerafft / vnd niemandt achtet darauff.
In diesen Worten lehret er / das mans nicht sol geringe achten / wenn GOtt fromme / woluerdiente / hohe vnd nütze Personen (Denn solche werden vnter den Wörtlein Heilige / Fromme vnd die richtig gewandelt haben / begriffen / wie der Hebraischen Sprach erfahrne wissen) aus diesem leben abfordert / Sondern wir sollen wissen / das solches gar viel auff sich habe / vnd geschehe aus sonderlichen hohen vnd wichtigen vrsachen.
DEnn Erstlich ists eine anzeigung vnd straff vnserer vielfeltigen Sünde / bosheit vnd vndanckbarkeit / gegen GOTT vnd die jenige / so vns GOtt zu nutz vnd gut geschencket vnd verliehen hat. Denn wenn GOtt der Allmechtige einem Lande wil gutes thun / das es sol wachsen vnd auffkommen / so erwecket er nützliche / vnd Gottselige Leute / Viros justos & beneficos,
woluerdiente richtige Leute / die nicht jhren eigen nutz suchen / Sondern die richtig vnd gerade hindurch gehen / Christliche weise Regenten / eiferige trewe Prediger / vernünfftige Rhäte / erfahrne Kriegsleute / Künstler / vnd dergleichen nütze Personen / die mit jhrem Gebet / fleis / mühe / verstandt vnd weisheit / ein gantze Stadt / Land oder Königreich / fruchtbarlich erbawen können / Das es gehet nach der Lere Syrach. cap. 10. Ein weiser Regente ist gestrenge / vnd wo ein vernünfftige Obrigkeit ist / da gehets ördentlich zu. Wie der Regent ist / so seind auch seine Amptleute / Wie der Raht ist / so sind auch die Bürger. Ein wüster König verderbt Land vnd Leute. Wenn aber die Gewaltigen klug sein / so gedeiet die Stadt. Item / Die Regimente auff Erden stehen in GOttes Henden / der gibt jhnen zu zeiten einen tüchtigen Regenten. Es stehet in GOttes Henden / das einem Regenten gerathe / derselbige gibt jhm einen löblichen Cantzler. Cap. 16. saget er: Ein from Man kan einer Stadt aushelffen / Aber wenn der Gottlosen schon viel ist / so wird sie doch durch sie verwüstet. Daher werden solche Leute in der Schrifft genennet / Landsväter / Item Wechter vnd Seulen des Landes: Dieweil auff jhnen des gantzen Landes gedeyen / heil vnd wolfart beruhet / Wie aus nachfolgenden Exempeln zusehen ist.
Vmb Noah willen segnete GOtt den gantzen Erdboden wieder nach der Sündflut / Gen. 9. ca. Die Sodomiter genossen auch mit jhrem gantzen Lande / des großmühtigen Abrahams / da sie von den Vier Königen / Amraphel von Semoar / Arioch von Elassar / Kodorlaomor von Elam / vnd Thideal der Heiden König / vbefallen / geplündert vnd gefenglich weggeführet worden / Wie zusehen Gen. 14. Cap. Vmb Loths willen blieb das Stedlein Zoar / sonst Bala / sicher / da sonst die gantze gegenn vmbher / durchs Feuwr vom Himmel verderbet ward / Gen. Cap. 19. Der Abgöttische vnd vorteilische Laban genoß des frommen Jacobs sehr wol / die Zwantzig Jar / weil er jn in seinem Dienst hatte / wie er selber bekennet / Gen. 30. Ich spühre / das mich der HERR segnet vmb deinet willen. Also lesen wir von Joseph / Gen. 39. das GOtt vmb seinet willen / seinen Herrn den Potiphar / das Königes in AEgypten Kemmerer gesegnet habe: Vnd zwar / wenn dieser fleissige vnd weise Haushalter in AEgypten nicht kommen were / so hette das gantze Königreich / sampt den vmbliegenden Lendern in den tewren Sieben Jaren verderben müssen. Moses der getrewe Knecht GOttes / hat offtmals den Riß auffgehalten mit seinem eifferigen Gebet vnter dem Volck GOttes / vnd hat viel vnglückes
abgewendet / Wie zu lesen / Exod. 14. 15. 17. 26. vnd 32. Vnd Dauid rhümets auch Psalm. 106. Vnd er sprach / Er wolte sie vertilgen / wo nicht Moses sein Ausserwelter den Riß auffgehalten hette / seinen grim̃ abzuwenden / auff das er sie nicht gar verderbte. Durch Naeman / des Königs zu Syrien Feldheuptman gab GOtt heil in Syrien / 2. Reg. 5. Erhielt auch offt das Volck Israel durch den Propheten Elisaeum / 2. Reg. 6. cap. Sölche viri benefici seind auch gewesen / Josua / Gedeon / Dauid / Josias / Josaphat / die Propheten / die Maccabeer / vnd aus dem Weiblichen Geschlecht / die Debora / Jud. 4. Esther / Judith / vnd dergleichen hochgelobte Weiber / welche GOtt offtmals zur betrübten zeit / seinem geengstigten Volck zu trost vnd nutz erwecket / durch deren Gebet / muth vnd weisheit er seine Kirche getröstet / vnd aus schweren bedrengnussen vnd gefehrligkeiten offt wünderlich errettet hat.
Wenn nun die Welt fur solche gabe gegen Gott vndanckbar ist / wil nütze Leute nicht erkennen / noch gebürlich ehren / Sondern verachtet / hönet vnd schmehet sie / vnd belonet jre dienste vnd arbeit / mit vndanck vñ stanck: Wie es gemeiniglich pflegt zugeschehen / vnd viel tapffere Leute in allen Stenden erfahren / so nimpt sie GOtt wieder hinweg. vnd sendet andere an jre stadt / durch deren Sünde
vnd torheit ein gantzes Land verwüstet wird / vnd gehet / wie Esaias cap. 3. dem Jüdischen Volcke drewet: Der HErr Zebaoth wird von Jerusalem vnd Juda nehmen allerley vorrath / allen vorrath des Brots / vnd allen vorrat des Wassers / starcke vnd Kriegsleute / Propheten / Warsager vnd Eltesten / Heuptleute vber Funfftzigen / vnd Ehrliche Leute / Rhäte vnd Weise Werckleute vnd kluge Redener / vnd wil jhnen Jüngelinge zu Fürsten geben / vnd Kindische sollen vber sie herrschen / vnd das Volck wird Schinderey treiben / einer vber den andern / vnd ein jglicher vber seinen Nehesten / vnd der Jünger wird stoltz sein wieder den Alten / vnd ein loser Man wieder den Ehrlichen.
Also pflegt GOtt Vndanckbarkeit / durch entziehung seiner Gaben zustraffen / vnd achtet die Welt nicht werd / das sie nützer Leute / welche man so geringe helt / lenger geniessen sol. Wie auch die Epistel zu den Hebreern cap. 11. zeuget / Von den Propheten vnd Heiligen / welche GOtt in die Welt gesandt hatte / das sie durch jhre Predigten möchte zur Busse gebracht werden. Aber die Welt sey jrer nicht werd gewesen / hab auch solche theure Leute nichts geachtet / Sondern viel mehr jhnen allerley spott / hohn / Geissel / Gefengnis / vnd hertzeleid zugefüget / vnd sie in verachtung / frost /
kelte / hunger vnd vielfeltigem elend lassen vmbher ziehen. Derhalben habe sie Gott zu sich genommen / vnd jnen ein ewiges Vaterlandt eingeben.
Das ist eine vrsach / die wir wol bedencken sollen / vnd vns dabey erinnern / Wenn vns GOtt nütze Leute / heilsame getrewe Prediger / gute Obrigkeit / nütze Diener vnd Freunde bescheret / das wir dieselbe zu rath halten / ehren / lieben / GOtt dafur dancken / vnd nicht vrsach geben / das sie etwa durch vnzeitige sorge / eiffer vnd vngedult / jhnen selber das leben kürtzen. Wie aber solches in acht genommen werde / solches gibt die tegliche erfahrung.
Zum Andern / nimpt GOtt auch darumb die Gerechten vnd Frommen / durch den leiblichen Todt zeitlich hinweg / auff das er sie vor dem zukünfftigen vnglück errette. Wie der Prophet solches anzeiget in den Worten / Sie werden weggerafft fur dem vnglück / Das ist / Gleich wie ein Haußvater in der Erndte / wenn ein Vngewitter auffsteiget / seine Garben in der eil zusammen raspelt / vnd sihet / wie er sie möge fur dem Regen vnbeschediget ein kriegen: Oder / Wie eine Hausmutter / wenn ein Feuwr entstehet / jre liebe Kinder vnd beste Kleinot ergreiffet / vnd bringet sie aus dem Brandt / an sichere orth vnd gewarsam: Also thut der Himlische Vater auch gegen
seine liebe Kinder vnd selige Christen / die er in seine Hende gezeichnet / vnd als sein eigen Augapffel lieb vnd werd hat. Wenn etwa ein gros vnglück vorhanden ist / das er ein Stadt / Land oder Königreich / vmb der Sünde willen / wil heimsuchen / vnd zu boden gehen lassen / so raffet er zuuor die Gottselige Hertzen aus der gefahr hinweg / vnd bringet sie an geruhsame sichere ort / damit sie das vnglück nicht sampt dem Gottlosen hauffen treffe Gleich wie er vorzeiten den gerechten Loth / aus dem Brand vnd vntergang Sodoma / sampt seinen Töchtern vnd Weibe eilend ausführet / damit sie nicht sampt den Gottlosen / durch das Feuwer seines Grim̃s würden auffgerieben. Dahin sihet das Buch der Weisheit am 4. cap. Der Gerechte ob er gleich zu zeitlich stirbet / ist er doch in der ruge (denn das Alter ist ehrlich / nicht das lange lebet / oder viel Jar hat / Klugheit vnter den Menschen ist das rechte Grawe Haer / vnd ein vnbeflecket leben ist das rechte Alter) denn er gefellt GOtt wol / vnd ist jhme lieb / vnd wird weggenommen aus dem Leben / vnter den Sündern / vnd wird hingerücket / das die bosheit seinen verstandt nicht verkehre / noch falsche Lehre seine Seele betriege / Denn die bösen Exempel verderben einem das gute / vnd die reitzende lust verkehret vnschüldige Hertzen: Er ist bald volkom̃en
worden / vnd hat viel Jahr erfüllet: Denn seine Seele gefellt GOtt / darumb eilet er mit jhm aus dem bösen leben. Dauon sollet jhr nachfolgende wenig Exempel behalten.
Als GOtt die erste Welt vmb jhres Gottlosen wesens willen / verseuffen wolte / nam er kurtz zuuor die heilige Ertzväter / die sonsten in steter Succession / in zimblicher anzal beysammen gelebt / semptlichen hinweg / biß auff den eintzigen Noam / welchen er sampt seiner Hauskirchen / in dem Kasten fur dem vntergang erhielt. Dem frommen Könige Josiae / 2. Regum 22. lies Gott durch die Prophetin Hulda sagen: Darumb das dein Hertz erweichet ist vber den Worten / die du gehöret hast / vnd hast dich gedemütiget / wil ich dich samlen zu deinen Vätern / vnd mit friede zu deinem Grabe bringen / das du nicht sehen mögest alle das vbel / das ich vber diesen orth wil komen lassen. Ehe Jerusalem zum letzten mal durch die Römer ist zerstöret worden / hat GOtt die frommen Hertzen durch Simon Cleophe Son (wie Eusebius meldet libr. 3. cap. 5.) zuuor versamlen / vnd in ein Stetlein Pella genant / führen lassen / damit nicht der gute Weitze mit der Sprewe / durch die Flam̃ Göttliches Zorns verzehret würde.
Das ist nun des gütigen GOttes weise / das er seine lieben Kinder / so lange sie jhm allhier auff Erden nütze sein / wünderlich wie eine Gluckhenne vnter dem Schatten seiner Flügel bedecket / verbirget sie in seiner Hütten wieder jedermans trotz / vnd errettet sie aus mancher grossen gefahr.
Wenn aber die Bosheit der Welt vberhand nimpt / vnd jhn zur Straffe nötiget / nimpt er die seinen gantz vnd gar hinweg: Vnd seind die zeitliche erlösungen / die er den Christen bißweilen in diesem leben erzeiget / nichts anders / als ein Bilde der Geistlichen vnd entlichen Erlösung / do er nach der letzten Bitte des Vater vnsers / die so jhm gefallen / durch ein sanfftes vnd seliges Ende / aus den ruinis vnd vntergang dieser Welt / gnediglich ausführet: In welchen entlich alle Gottlosen werden ewiglich verderben müssen / laut des Spruchs 2. Petr. 2. Der HERR weis die Gottseligen aus der versuchung zuerlösen: Die Vngerechten aber zubehalten / zum Tage des Gerichtes / sie zu peinigen.
Darumb sollen wir gerne folgen / wenn vns GOtt von dieser Welt abfordert / vnd wol zu frieden sein / Denn es wird nicht besser / Sondern erger in der Welt: Wir leben in der letzten gefer-
lichen Grundsuppen / dauon S. Johannes in Apocalip. weissaget / cap. 12. Wehe denen / die auff Erden wohnen / Denn der Teuffel kömpt zu euch hinab / vnd hat einen grossen zorn / vnd weis / das er wenig zeit hat. Mögen mit Policarpo wol sagẽ: Ah Domine, in quae nos tempora reservasti? Falsche lere / sicherheit / Sünd vnd Schand / nimmet allenthalben vberhandt: Fromme Leute sind weg aus dem Lande / vnd die Gerechten sind nicht mehr vnter den Leuten: Sie lauren alle auffs Blut / Ein jglicher jagt dem andern nach / das er jhn verderbe / vnd meinen / sie thun wol daran / wenn sie böses thun. Die Gewaltigen rahten nach jhrem muthwillen schaden zu thun / vnd drehens / wie sie wollen: Der beste vnter jhnen ist wie ein Dorn / vnd der redlichste wie ein Hecke etc. Also hat der Prophet Micha schon zu seiner zeit geklaget / cap. 7. Was wollen wir von diesen vusernvnsern zeiten sagen / da es alles zehen mal erger ist? So ergeust sich auch Gottes Zorn vmb der Sünde willen / vber die Welt / durch allerhandt straffen vnd plagen / je lenger je mehr: Wem nun GOtt aus solchem jammer sanfft vnd seuberlich erlöset / der mag wol seine Hende auffheben / vnd jhme dancken.
Zum Dritten / Wenn nun Gott fromme Christen hat hinweg genommen / so ists ein gewiß
Zorn Zeichen der Gottlosen Welt / vnd ein anzeigung / das gefehrliche enderung / vnd schreckliche Straffen vorhanden sein. Dann die Diesteln vnd das Vnkraut / wenn der gute Weitzen dauon ist abgesondert / hat nichts anders zugewarten / als das es in den Ofen geworffen / vnd mit Fewr verbrandt werde. Vnd wenn die Stutzen vnd Grundseulen / darauff sich das Haus halten vnd steuren mus / hin weg sein / so mus das Haus fallen: Also müssen auch die Regimente vnnd Stende auff Erden sincken vnd eingehen / wenn derselben Stutzen vnd Seulen / hohe / nütze / vnd Gottselige Leute absterben.
Solches bezeugen abermal die Historien der Welt. So bald Noah in den Kasten gieng / welches die sichere Welt verachtet vnd verlachete / kam die Sündflut / vnd erseuffet sie alle / Gen. 7. Weil Elisa der Prophet lebte / hatte das Israelitische Königreich zimliche ruhe fur den Syriern / Denn GOtt gab durch seine Handt / vnd vmb seiner Furbitt willen / Sieg vnd Heil. So baldt er aber das Heupt legt / fallen die Feinde ins Land vnd verwüstens jemmerlich / 2. Reg. 13. Der König Hiskia / Es. 39. erlangte mit seiner Gottesfurcht vnd Gebet / das bey seinem lebzeiten / guter Fried im Lande blieb. Denn so stehet 2. Paralip. 32. Der Zorn GOttes kam nicht vber Juda / weil
Hiskia lebte. Do er aber das Haupt legte / vnd sein Gottloser Son Manasse an seine stadt tritt / schicket GOtt die Chaldeer ins Jüdische Land / die Jerusalem einnhamen / vnd hernach gentzlich schleiffeten.
So gar viel vnd hoch ist GOtt an frommen Leuten gelegen / das er vmb derselben etzliche willen eines gantzen Landes / voller Gottlosen schonet. Eben wie er auch Gene. 18. zu Abraham sagte / Das er vmb Zehen Gerechter willen / der gantzen Sodomitischen gegend / in welcher viel Tausent böser Buben gewesen / verschonen wolte.
Diß wil vns nun GOtt auch erinnern / durch den Tödtlichen abgang so vieler nützer vnd vornehmer Leute / so er ein zeit hero kurtz nach einander aus allen Stenden Deudscher Nation nicht in geringer anzal / hat zu sich genommen. Denn in wenig Jahren haben wir verloren / etliche viel Hohe Personen / vnnd vornehme Heupter oder Seulen des heiligen Römischen Reichs. Wir haben verloren viel treffliche alte Theologen / weise erfahrne Rhäte / Kriegsleute / vnd andere nütze Leute / vnd noch teglich nimpt GOTT fromme Leute hinweg / gros vnd klein / Das ist kein gut Zeichen / Sondern bedeutet vnd bringet mit sich grosse gefahr / vnglück vnd verenderung in
der Welt / welche albereit vor der Thür sein / vnd erzeigen sich / nicht allein durch Pestilentz / Thewrung / Auffruhr / vnd andere Plagen / damit Deudsche Nation hin vnd wieder geengstiget wird / Sondern auch zuforderst durch den grim̃ des Erbfeindes / welchen vnsere Sünde durch GOttes gerechten Zorn vber vns gezogen haben / das er seine vorlangst gedrewete vnd woluerdiente Straff an vns exequiren mus. In solcher grossen gefahr schlaffen wir noch / vnd niemandt nimpt es zu Hertzen / Wie der Prophet klaget. Allenthalben findet man grosse Sicherheit bey den Leuten / GOtt hat zwar ein zeitlang noch gnedig geschonet / vnd gesucht / ob sich jemandt ein Mauwr machte / vnd wieder den Riß stünde gegen jhm fur das Land / das ers nicht verderbte / Aber er findet keinen / Ezech. 22. Wie die Leute zu Noah zeiten assen vnd truncken / vnd waren sicher / biß die Sündflut kam / vnd erseuffte sie alle. Also gehets jtzt auch / Je neher vns GOtt mit seiner Ruthen rücket / je wüster vnd wilder es die wahnsinnige dolle Welt machet / mit Fressen / Sauffen / Stoltzieren / Huren / Geitzen / vnd andern schrecklichen Sünden / biß sie der Zorn Gottes gentzlich verschlingen wird.
Darumb ist es hohe zeit / das wir auffwachen. Vnd so wir die Boten des friedens / vnd lebendige
Bußprediger nicht hören wollen / sollen wir zum wenigsten die todten Propheten hören / die vns mit jhrem Todt GOttes Zorn verkündigen / vnd zur Busse vermahnen. Wo nicht / wird es vns Deudschen eben gehen / wie der ersten Welt / den Stedten Sodoma vnd Gomorrha / dem Jüdischen Volck / vnd andern Völckern / die mit jhrem vntergang bezeugen / das GOtt sich nicht spotten lesst / Denn er ist ein gerechter Richter (sagt der 7. Psalm) vnd ein GOtt / der teglich drewet. Wil man sich nicht bekeren / so hat er sein Schwert gewetzt / vnd seinen Bogen gespannen / vnd zielet / vnd hat darauff gelegt tödliche schoß / Seine Pfeile hat er zugericht zuuerderben.
Der Ander Teil.
IM andern Teil gibt vns der Prophet Esaias ein schöne Lehr / wie wir vns wieder die furcht des Todes / vnd allerley bekümmerniß vber den Tod vnserer lieben Freunde vnd verwandten / sollen schützen vnd trösten. Er fasset aber solche Lere in zweierley Trostwort. Das erste ist / das er saget: Die Gerechten werden weggerafft fur dem vnglück / Item / Sie kommen zum Frieden. Alhie heisst er vns bedencken / die vnruhe / vnfried vnd angst dieses lebens / dauon wir erlöset wer-
den / vnd dagegen die Ruhe vnd Fried / den vns der Tod schaffet.
Diß leben (wenn wirs eigentlich bedencken) ist freilich ein Jammerthal / Psalm. 84. mit so viel gefahr / angst / mühe / sorge / jammer vnd elend vberheuffet / das es kein Menschliche Zunge kan aussprechen. Denn wir finden solch elend nicht allein allenthalben in der Welt / Sondern bringens mehrentheils mit auff die Welt / vnd tragens im Busen: Das ist vnser Sündhafftes schwaches Fleisch / vnd schwache bawfellige Natur / welche des Teuffels Tyranney / vnzelichen Kranckhetten vnd gebrechligkeiten / endlich auch dem Todt vnterworffen ist. Das bezeugen nicht allein die Schrifften der Weisen Heiden / die vber solch vielfeltig elend einhelliglich klagen / vnd die Natur / als eine grawsame Stieffmutter / die vns zu solchem Jammer erschaffen / beschüldigen: Sondern es lehrets auch Gottes Wort an vielen örtern / vnd sonderlich klaget Syrach darüber ca. 40. Es ist ein elend jämmerlich ding vmb aller Menschen leben / von Mutter Leibe an / biß sie in die Erden begraben werden / die vnser aller Mutter ist / Da ist jmmer sorge / furcht / hoffnung / vnd zu letzt der Todt / so wol bey dem / der in hohen Ehren sitzet / als bey dem geringsten auff Erden / So wol bey dem / der Seiden vnd Kron tregt /
als bey dem / der einen groben Kittel an hat. Da ist jmmer Zorn / Eiffer / Wiederwertigkeit / Vnfriede vnd Todes gefahr / Neid vnd Zanck etc. Job Cap. 7. stimmet auch hiemit / vnd spricht: Mus nicht der Mensch jmmer im Streit sein auff Erden / vnd seine Tage sind wie eines Taglöhners. Freilich ists ein stetter Kampff / darinn wir ohn vnterlaß viel gefehrlicher / als die Kriegsleute in Vngern / die wieder den Türcken gebrauchet werden / in der Schlachtordnung gegen dem Teuffel müssen an der Spitzen stehen / der mit Tausenterley gefehrligkeiten auff vns zielet / vnd versuchet / wie er vns möge an Leih / Seele / Ehre vnd Gut beschedigen / Wie solches des heiligen Jobs Historia gnugsam ausweiset.
Aus dieser angst werden wir durch den Todt erlöset. Denn so baldt ein Christ die Augen zu thut / kompt er zur ruge / darff sich nicht mehr mit seinem schwachen Sündhafften Fleisch vnd bösen Gewissen nagen vnd plagen: Er darff nicht mit schmertzen / furcht vnd grausen ansehen vnd hören / die schreckliche / Sünde / Schand vnd Vnthaten / so in der Welt geschehen: Er darff sich nicht fürchten / das jhm der Teuffel den Schatz der Gnaden GOttes / so er in schwachen Gefeß bey sich tregt / verrücke vnd nehme: Auch darff er nicht sorgen / wie er seinen Ehrenstandt erhalte /
Wie er seinen elenden Madensack / vnd die seinen mit notdürfftiger Speise vnd Kleidung versorgen möge. Vnd in Summa / mit keiner gefahr / furcht oder schmertz darff er sich mehr plagen. Denn das alles ist jhm durch den Todt benommen vnd abgeschnitten. Ja GOtt selber schneidets den Christen abe / wenn er sie durch einen sanfften Todt aus dieser Mordgruben abfordert / vnd bedecket sie / gleich wie eine Mutter jr Kindlin in jhrem Schoes bedecket / damit sichs ob den scheußlichen Gesichtern oder Laruen nicht entsetze: Oder gleich wie ein Haußvater des Abends seine Kinder von der Gassen abmahnet / das sie nicht von bösen Buben geworffen / geergert oder verletzet werden. Also berufft GOtt seine Kinder aus dieser bösen Welt / vnd samlet sie in jhre Schlaffkemmerlein / vnd spricht Esai. 26. Gehe hin mein Volck in eine Kammer / vnd schleus die Thür nach dir zu: Verbirg dich ein klein Augenblick / biß der Zorn furüber gehe. Denn sihe / der HERR wird ausgehen von seinem orth heimzusuchen die Bosheit der Einwöhner des Landes vber sie. Dahin sihet Salomon cap. 3. Der Gerechten Seelen sind in GOttes Hand / vnd keine Qual rüret sie an. Fur den vnuerstendigen werden sie angesehen / als stürben sie / vnnd
jhr abscheidt wird fur eine Peine gerechnet / vnd jhre hinfarth fur ein verderben / Aber sie seind im Friede. Ob sie wol fur den Menschen viel Leidens haben / so seind sie doch gewisser hoffnung / das sie nimmermehr sterben werden.
Das ist der Erste Trost / den vns der Prophet allhier gibt. Vnd wenn wir schon nichts mehr im Tode zugewarten hetten / als diß einige / Das er vns zur ruhe vnd friede bringet / sol vns doch dasselbe gnugsam sein / alle furcht / zittern vnd kümmerniß vber vnsern / oder der vnsern Todt vnd abgang zubenehmen / so gar / das wir viel mehr vns gegen den Todt von Hertzen frewen sollen / nicht weniger als ein Dienstbote / oder Taglöhner sich frewet vnd sehnet gegen die Stunde / da er seines schweren Dienstes vnnd mühsamer Arbeit erlediget / vnd zur ruge gebracht wird. Vnd das suchet auch GOtt / wenn er vns diß leben durch vielfeltiges Creutz eben bitter vnd herbe machet / damit wirs desto ehe müde vnd vberdrüssig werden / vnd desto lieber vergessen vnd verlassen können.
Zum Andern / Haben wir allhier noch einen viel herrlichern Trost zu mercken / welchen der Prophet in den Wörtlein begreifft / do er saget: Sie rugen in jhren Kammern: Damit lehret
er / das der leibliche Tod nicht allein ein entschafft sey alles Vnglücks / Sondern sey auch den Gleubigen ein Weg / vnnd anfang aller Himlischen Frewde vnd wonne / Derhalben nennet er der Gerechten Gräber Schlaffkämmerlein vnd Rhubetlein / darein der Himlische Vater sie auff hoffnung niederleget: Daraus er sie auch auff dem frölichen Morgen des Jüngsten Tags wil auffwecken vnd herfur fnhren zum Ewigen Leben / Wie er selber Ezechiel. 37. gar tröstlich verheisset: Sihe / Ich wil ewre Greber auffthun / vnd wil euch / mein Volck / aus denselben heraus holen / vnd euch ins Land Israel bringen.
VNd also wird vns alhier bekrefftiget / der Articul von der Aufferstehung der Todten / Das wir nicht ewig in der verwesung vnd schande des Todtes bleiben / Sondern am Jüngsten Tage wieder aufferstehen sollen / Wie Job am 19. capittel sich hiemit tröstet: vnd leuchten in Himlischer Klarheit / Philip. 3. Da werden alle fromme Christen / vnd gute Freunde / die allhier durch den Todt mit schmertzen von einander gerissen sein / mit frewden wieder zusammen kommen / vnd sich wundern vber der grossen glückseligkeit / darinne sie wohnen werden: Da wird GOtt selber alles in allen sein / vnd die Gerech-
ten werden ewiglich wieder alles Vnglück triumphieren vnd singen aus der Ersten Corinth. 15. cap. Absorpta est mors in victoriam: Der Todt ist verschlungen in den Sieg? Helle wo ist dein Sieg? GOtt aber sey danck / der vns den Sieg gibt durch vnsern HERRN Ihesum Christum.
Das alles begreifft diß Wörtlein: Sie ruhen in jhren Kammern: nicht das sie ewig verloren sein / Sondern das sie zum bessern standt vnd leben sollen herfur kommen. Dahin sihet auch die Schrifft / Wenn sie den Todt der Heiligen einen Schlaff nennet / Johan. 11. 1. Thessal. 4. Item / ein friedliche heimfarth / Luc. 2. Vnd eine versamlung zu den Vetern: Do wir aus dieser Mordgrube in vnser rechtes ewiges Vaterland / darzu wir anfenglich erschaffen / vnd durch CHristum erlöset sein / gebracht werden: darinne wir GOtt / vnser höchstes Erbgut / ewiglich anschawen / vnd besitzen werden.
Wer wolte nun allhier nicht frölich sein / vnd so einen köstlichen Wechsel gern eingehen? Da wir eine Irrdische Hütten vnd Sterblichen Leib ablegen / vnd dagegen ein Himlisches Haus / vnd verklerten Leib wieder anziehen. Da wir ein Nachtlager vnd gefehrliche Speluncen verlassen / vnd
erlangen ein ewiges Schloß vnd Himlische Whonung. Solten wir doch gerne vnd lieber zehen mal durch den Todt lauffen / ehe wir sie entberen wolten.
So wir nun den Portum / vnd das Ende vnser Hoffnung / nemlich / das Ewige Leben / hoch achten / sollen wir auch den Weg darzu / den Todt nicht scheuwen: Auch die jenigen / so GOtt zu solchem herrlichen Wesen vnd Himlischen Frewden beruffet / nicht beweinen / Wie die Vngleubigen Heiden / die bey jhren Todten sagen:
Reviviscet nunquam: Soles oriri possunt atque occidere: at nobis semel cum brevis occidit Sol, nox est perpetuo una dormienda: Sondern wir sollen viel mehr jhnen solche Seligkeit gerne gönnen / vnd mit Dauid sagen 2. Samuel. 12. Wir werden zu jhnen kommen / Sie aber kom̃en nicht wieder. Non amisimus, sed praemisimus, saget Cyprianus / Wir haben vnser liebe Freunde nicht verloren / sondern vorhin geschickt / Vnd wir werden jhnen nachfolgen / wann es nun durch GOttes willen an vns kömpt. Gegen welches Stündlein wir vns / die gantze zeit vnsers lebens / vnd alle tage sehnen / frewen / vnd durch hülff des heiligen Geistes bereiten sollen / Amen.
SO viel nun diesen in GOtt verstorbenen vnsern Mitbruder belanget / ist derselbe ein Vornehmer Diener / vnd Fürstlicher Raht gewesen: Der an diesem Fürstlichen Hofe in die Dreissig Jar Dreyen Braunschweigischen Fürsten vnd Herrn löblich vnd trewlich gedienet hat. Was er in solchem Dienst fur nutz geschaffet / ist vnnötig weitleufftig zu rhümen / Alldieweil solches menniglich bewust ist.
Wir können vnd wollen zwar aus jhm keinen Engel machen / dieweil er ein Mensch vnd Sünder gewesen / wie andere Menschen / Hat auch seine Menschliche fehl vnd mengel an sich gehabt / die er in seinem leben / vnd kurtz fur seinem Ende erkant / vnd hertzlich beklagt hat: Vnd sonderlich / das er seiner vielfeltigen gescheffte halben die Kirchen so offt vnd vleissig / als er gerne gewolt / nicht besuchen können.
Jedoch müssen wir jhm den Rhum vnd das Zeugniß gönnen / vnd nachsagen / welches der heilige Geist in dem jtzt erklerten Spruch Esaiae / allen Bußfertigen gleubigen Christen (vngeachtet jhrer anhangenden Sünde vnd schwacheiten) gibet / wenn er sie Gerechte vnd Fromme / Das ist / Heilige vnd GOtt wolgefellige Leute / nennet /
Denn solche Gerechtigkeit hat er in der heiligen Tauff durch den Glauben angezogen. Ist von Jugent auff in der reinen Lehr Göttliches Worts vnterwiesen / vnd erzogen worden / daraus er den grundt seines Glaubens dermassen gefasset / das er sich in die jetzt streitende Religions streit zimlich richten können.
In seinem Ampt ist er fleissig vnd auffrichtig / vnd diesem gantzen Fürstenthumb ein guter Haushalter vnd nützer Diener gewesen / Wie die jenige wissen / die mit jhm vmbgangen. Hat aber auch sein Creutz vnd wiederwertigkeit gehabt / vnd daraus so viel gelernet / das man sich auff dieser Welt vnbestendige Güter / gunst / pracht / Ehr vnd Herrligkeit nicht / sondern nur allein auff GOtt den HERRN verlassen sol.
Vnd ob er wol nicht vermeinet / das jhme sein Ende so nahe sein solte: Jedoch hat er baldt im anfang seiner schwacheit / welche dann von tage zu tage hefftiger worden / sich mit ernst zu GOtt gewendet / Seine Sünde jhm hertzlichen abgebeten / Sein vertrawen auff den HERRN Jesum Christum gesetzt / Allen seinen wiederwertigen verziehen vnd vergeben / Auch seine Haußfraw vnd Kinder zum Gebet vnd gedult ermahnet / sich dem gnedigen willen GOttes
gentzlich vergeben / mit vielen schönen vnd ausserlesenen Sprüchen Göttliches Worts getröstet / vnd zur seligen hinfarth bereitet.
Vnd als er seine Bekantnus / ohn gefehr ein halbe Stunde vor seinem Ende / sitzend / vnd mit guter vernunfft / öffentlich vnd in beysein ettlicher vornehmen Personen / widerholet / Darauff auch alsbaldt mit dem heiligen Nachtmal des HERrn versehen worden / ist er baldt sanfft vnd stille in GOtt entschlaffen. Vnd ruhet demnach seine Seele nunmehr nach dem ausspruch des heiligen Geistes / Apoc. 14. in der Hand GOttes / vmbgeben mit Himlischer frewde: Der Leib aber schlefft in seinem Ruhbettlein biß auff den frölichen Jüngsten Tag / da jhn der Sohn GOttes durch seine herrliche Stimme aufferwecken / mit der Seel in Himlischer Klarheit wieder vereinigen / vnd zur ewigen frewde vnd herrligkeit verweisen wird.
SOlche ruhe sollen vnd wollen wir jhme gerne gönnen / vnd GOtt bitten / das er sich vnser / in diesem Jammerthale wolle erbarmen / vnd alle vnser Sünde durch Christum gnediglich vergeben / Bußfertige Hertzen verleihen / vnd seinen Zorn / den er vns durch den Todt frommer Leute ankündiget / miltern / Dem Erbfeind stewren /
Sein Wort vnd heilsamen Fried vnter vns erhalten / vnd vns zum seligen Ende bereiten. Vnd wenn vnser Stündlein kömpt / wolle er vns auch seuberlich hernach helffen / vnd ein vernünfftiges seliges Ende / entlich auch fröliche Aufferstehung zum Ewigen Leben bescheren: Do wir jhn mit diesen vnsern verstorbenen Mitbruder anschawen / vnd sampt den Engeln mit vnaussprechlichen frewden loben vnd preisen mögen jm̃er vnd ewiglich / Amen.