M an sollte sich zwar nicht wundern , wenn der Satan , der ohnehin sonst wenig oder nichts zu thun hat , sich Tag und Nacht bemühet , hier und da den Kindern der Kirche Netze und Schlingen zu legen , am allerwenigsten , wenn er diejenigen zu verfolgen sucht , die er schon einmal in seinen höllischen Pfoten hatte , die ihm aber durch Uns wieder abgejagt worden sind . Man sollte vielmehr den Fürsten der Finsterniß toben lassen und mit jenem Liede gelassen sprechen oder singen :
Laßt den Teufel brummen ,
Er muß doch verstummen .
Allein , wenn seine satanischen Kniffe ein ganzes Publikum verblenden ; wenn er nicht blos ein paar Christen kränkt , sondern sich hierzu selbst tausend anderer bedienet , ja wenn dieses verblendete Publikum auf einer ansehnlichen Universität lebt : Welcher natürlichehrliche Mann , von den künstlichen will ich gar nicht einmal reden , wird da stille zu sitzen können ?
Man bedenke nur selbst : Auf den meisten deutschen Universitäten sind , wie man sicher annehmen kann , gewiß täglich an die zwey hundert Federkiele , die Bleystifte nicht einmal gerechnet , beschäftigt , das Wort so rein als möglich zu halten , ja man hat daselbst durch die sinnreichsten und tiefsinnigsten sowol aus den Schätzen , als dem Schutt des Morgenlandes hergeholten Erklärungen , schweren und feinen Rettungen , schweren und feinen Muthmassungen und gleichsam durch eine Art von exegetischen Selbstschüssen , Pallisaden , spanischen Reutern und Kartetschen , die Religion so verrammelt und verschanzt , daß man glauben sollte , dem Satan
selbst müsse endlich einmal der Kützel vergehen , die Leute anzuzapfen , die innerhalb des Walles wohnen , und dennoch thut er es . Nun denke man einmal : Wenn es in der Vestung so zugeht , was will aus dem platten Lande werden ?
Doch ich wende mich so früh zur Sache als möglich , Es haben sich diesen Sommer in und bey G. .... zwey ehrliche Israeliten zum wahren Glauben bekehrt und die Taufe glücklich empfangen . Konnte das kleine Häuflein der lutherischen Kirche wol eine grössere Conquete machen , als dadurch , daß es über die Hartnäckigkeit zweyer Beschnittenen gesiegt hat ? Es hätte die Ueberläufer mit Sanftmuth und Milde aufnehmen sollen , um ihnen recht zu zeigen , was sie für einen Dienst verlassen und was für einen sie angenommen haben , daß sie aus dem Nassen in das Trockene , aus der Tiefe in die Höhe , aus der Dämmerung in das Licht gekommen wären ; bisher hätten sie mit den Falschen Gemeinschaft gehabt , jetzt aber mit den Guten und Ehrlichen . Aber pfuy !
was thaten die Bürger ? Kaum waren sie getauft , kaum waren ihnen , so zu reden , die Köpfe trocken geworden , so schrie man : Man hätte die Betrüger und Landstreicher nicht annehmen sollen ; sie wären nicht durch Beweisgründe , sondern durch Mettwürste bekehrt worden ; ein ehrlicher Mann ändere seine Religion niemals mit so grossen Umständen , und was dergleichen zum Theil recht freygeisterische Reden mehr gewesen sind . Aber ist das christlich gesprochen , sagt ? Wie muß das den beyden ehrlichen Männern durch die Seele gehn ? Kein Wunder fürwahr , wenn sie gerade unsere Heerde verließen , in ein anderes Land giengen und entweder wieder Juden würden , oder wenigstens durch ein zweytes Bad der Wiedergeburt sich in andere Hürden eintreiben ließen , wie man denn dergleichen traurige Exempel leider mehr als zu viele hat . Aber wer will es ihnen verdenken ? Ich will gar nicht einmal erwähnen , was die andern Juden von uns denken müssen ? Werden sich die wol bekehren lassen ? Werden sich die Vögel fangen lassen , wenn ihr so mit Prügeln
darunter werft ? Ich höre zwar , daß sich dem ohngeachtet wieder einige gemeldet haben , die sich wollen annehmen lassen , allein glaubt mir nur auf mein Wort , das sind gewiß arme Tröpfe oder Betrüger , die bey diesen nassen Jahren nicht mehr wissen , wo sie hin sollen . Die rechten fetten kommen euch gewiß nicht , wenn ihr ihnen solche feine Titel gebt , so bald ihr sie drinnen habt . Stellt euch nur selbst einmal an ihre Stelle . Welcher ehrliche Jude , der sein gutes Auskommen hat , wird sich , seinem Handel und Wandel zum Nachtheil , hinsetzen , unsere an sich heut zu Tage schwer zu prüfende Religion zu untersuchen – zu was Ende ? um sich Betrüger und Landstreicher schelten zu lassen . Die Ehre haben sie ja so schon , wir halten ja die meisten schon für Galgenvögel , was haben sie nöthig , deswegen erst Christen zu werden . Das wäre ja lächerlich . Also seht , ihr , ihr selbst mit euren losen Mäulern seyd schuld daran , daß die meisten Juden , die wir zu taufen kriegen , hungrige Schlucker oder Betrüger sind . Wer Phasanen schießen will muß sich stille halten ,
der Sperlinge kommen ohnehin genung in allen Fällen .
Ich sage hiermit gar nicht , daß unsere beyden Unbekehrten Schelmen wären . Das sey ferne von mir . Gegentheils habe ich mir vorgenommen , sie mit Gründen , und wenn das nicht helfen will , mit Eifer gegen die ruchlosen Beschimpfungen unserer Mitbürger zu vertheidigen . Ueberall , wo man nemlich hin kommt , sagen die Leute einmüthig : der Jude , der in W. ... getauft worden wäre , sey einer der größten Spitzbuben , der nur lebendig gedacht werden könne , und doch , wenn man nach einem Beweis des Behaupteten fragt , so halten sie am Berge und wissen nichts vorzubringen . Es fehlt ihnen zwar nicht an Scheingründen , womit sie ihre boshaften Verläumdungen wahrscheinlich zu machen suchen , als z. E. sie sagen , er habe gestohlen , habe zu B. ... lange im Stockhause gesessen , sey des Landes verwiesen worden , und was dergleichen Sophismata mehr sind . Ich läugne zwar nicht , daß dieses alles
wahr sey , denn es ist gerichtlich bestätiget , aber kann der Jude nicht deswegen ein ehrlicher Kerl seyn ? Hierauf allein kommt es an . Denn ob er gestohlen oder nicht gestohlen , im Stockhaus gesessen oder nicht gesessen habe , ob er verwiesen oder nicht verwiesen worden sey , mit einem Wort , das wollen wir nicht wissen . Die ganze Frage lauft darauf hinaus : ist der Kerl ehrlich , und konnte er zur Taufe gelassen werden ? Können wir dieses beweisen , so giebt es sich mit dem einfältigen Stehlen , Stockhaussitzen und Landesverweisen von selbst .
Aber nun hört einmal , was ihr mit euren vermeintlichen Beweisen hiergegen ausrichtet . Nichts , gar nichts . Denn erstlich wollen wir einmal euer verwiesen worden und euer Landstreicher seyn , beleuchten . Ich denke noch immer nicht , daß ihr dieses im Ernste anführt , den Mitbruder verdächtig zu machen ; thut ihr es aber , so verrathet ihr dadurch eure grobe Unwissenheit in der Gelehrten- Kirchen- und politischen Geschichte . Denn wem ist unbekannt als
euch , daß man die grösten Gelehrten , die frömmsten Männer , und die erfahrensten Staatsleute öfters des Landes verwiesen ? Ihr leßt nicht einmal die Zeitung mit Aufmerksamkeit , sonst müstet ihr wissen , daß vor kurzem der Duc de Choiseul und das ganze Parlement von Frankreich verwiesen worden ist , und zwar , wohl gemerkt , gerade deswegen , weil sie ehrliche und patriotische Leute waren . Ja einige heilige Leute des neuen Testaments haben sich dieses aus eben dem Grunde müssen gefallen lassen . Ihr müßt mir nicht mit dem schalen Einwurfe kommen , und sprechen : jene Leute seyen nur auf ihre Güter gegangen , wo hatte der Jude Güter ? Er hatte keine , und , fürwahr , wenn ich nirgends etwas habe , welches der Fall unsers Mitbruders ist , so will ich gewiß nicht in dem Lande bleiben , aus dem ich bin verwiesen worden . Mit einem Wort , die Historie ist so reich an Beyspielen von ehrlichen Leuten , die verwiesen worden sind , hingegen so arm an welchen von verwiesenen Betrügern , daß wir Menschen , die wir in den wenigsten
Dingen zu einer mathematischen Gewißheit kommen können , es recht als ein Criterium von der Ehrlichkeit eines Mannes anzusehen haben , wenn er des Landes verwiesen worden ist . Was ich hier von dem Lande überhaupt sage , behauptet ein großer Gelehrter von den Pallästen der Großen , die doch als der Sitz der Seele eines Landes angesehen werden müssen , ein Mann , dessen Buch die Ehre gehabt hat , die sonst nur allein der Bibel zu widerfahren pflegt , daß der Tod zwey der grösten Männer , den Cardinal Richelieu und den Hrn. von Leibnitz darüber angetroffen . Barclajus sagt nemlich in seiner Argenide Lib. I. Cap. X. Nunc fortuna instituit , ut in multis gentibus prope sit egregii animi indicium arceri a regiis , aut in illis jacere , welches man im Deutschen so geben könnte : Nun ist es einmal nicht anders , wenn ihr seht , daß ein Mann entweder vom Hofe gejagt worden ist , oder es an demselben nicht über die Bratenwenderstelle zu bringen weiß , so denkt nur sicherlich , es ist ein ganzer Mann .
Ferner sagt ihr , er sey ein Landstreicher . Aber , ums Himmels willen , sagt , was ist unehrliches in einem Landstreicher . Ich weiß es wohl ( und es ist eine unmittelbare Folge unsers natürlichen Verderbens ) daß die Erfinder der Sprachen gewöhnlich einen geringen Grad von einer sonst guten Eigenschaft mit einem besondern Worte bezeichnen , auf welches sie gleichsam den Accent der Unehrlichkeit gelegt haben . So nennen wir einen kleinen Poeten einen Reimschmidt , einen Poetaster oder einen Schmierer , ein Name , der in meinen Ohren fast klingt wie Ketzer , Bastard oder Comödiant ; einen geringen Grad von Reinlichkeit nennen sie Schweinerey , von Advocatie Zungendrescherey , von Mahlerkunst Weißbinderey . Ein Mensch , der nur eine geringe Courage besitzt , heißt gleich eine alte Hure , ein kleines Werkchen , ein Wisch u. s. w. Ja in unsern Zeiten machen wir es nicht besser , ein kleiner Journalist wird gleich ein Ziegra , ein kleiner Grad von Süßigkeit Iacobismus genennt . Also wenn ein Armer seinem angebohrnen Trieb zu reisen zu Fuß ein Gnüge thun will ,
so heißt er ein Landstreicher . Aber ist dieses philosophisch und christlich gedacht und gesprochen . Alle honetten deutschen Gesellschaften sollten alle ihre Macht , und wenn es nicht anders seyn könnte , wenigstens ihre Ohnmacht anwenden , einem solchen Uebel zu steuren , und entweder das Wort von dem Begrif durch Gelindigkeit scheiden , oder wenn die Scheidung nicht angehen sollte , den ganzen Plunder mit einem mal wegwerfen . Denn wenn dieses noch 200 Jahre so fort geht , so weiß ich nicht , was wir mittelmässigen Köpfe endlich anfangen wollen . Die güldne Mittelstraße und alle , die darauf wandeln , werden mit solchen Wörtern belegt werden , daß man sich lieber auf dem Wege zum Galgen als auf demselben wird antreffen lassen . Alle können wir doch fürwahr nicht immer mit sechsen fahren , oder mit vieren im Meßcatalogus stehen . Die Manns- und Weibsstühle im Tempel der Ewigkeit sind heut zu Tage alle besetzt , was will man denn anfangen ? Man muß sich nach der Decke strecken . Und am Ende , was hat denn ein Landstreicher besonderes , ist denn
unser zu Hause sitzen verdienstlicher ? Ja die Seele des sogenannten Landstreichers hat gemeiniglich ein gewisses allgemeines , in alles passendes Wesen , das der beynahe thierischen , eingeschränkten Seele des Genies weit vorzuziehen ist . Den erstern kann man überall nutzen , hier zum Ausfüllen , dort zum Zuschmieren und überhaupt da , wo nichts anders dient , hingegen das letztere , wenn es nicht gerade dahin kommt , wo es Eckstein oder Schlußstein werden kann , das ist mit Quadratwurzeln und Reihen spielen , von Planeten fabeln , unter halbverfaulten Muskeln kramen , oder Gesetze geben kann , ist ein so sperrigtes , unbrauchbares , ärgerliches Ding , als ein Kachelofen im Sommer . Ich kann nicht läugnen , daß ich fast wünschte , es möchte einmal ein Landstreicher , der ein grosser Mann wäre und die Gabe hätte , aufstehen und auf unser zu Hause sitzen einen ähnlichen Accent legen , wie würden wir da schwärmen , und eben dadurch unsern Vätern , den alten Deutschen , ähnlicher werden , bey denen solche Stadthöcker , wie ihr und eures Gelichters , eben so unehrlich gewesen
wären , als ihr die Landstreicher jetzt gehalten wissen wollt . Was ich oben von der Gemeinnützigkeit der Landstreicher gesagt habe , will ich noch mit dem Zeugnisse zweyer der größten Kenner des menschlichen Herzens in diesem Jahrhundert , ich meyne des Grafen von Zinzendorf und des General Fischers , belegen . Der letztere hat nemlich versichert , daß die tapfersten Leute in seinem Corps , jederzeit die sogenannten Landstreicher , Vagabunden und Verwiesenen gewesen wären , und der erstere soll ebenfalls gefunden haben , daß niemand der Fahne des Lammes treuer folge , als eben diese Leute , zumal wenn sie zu gesetzten Jahren gekommen sind , und sich unter derselben einmal recht eingedient haben . Wem ist ferner unbekannt , daß das weise England seinen Colonien täglich solche Leute zuschickt , um jene immer mehr und mehr in den Flor zu bringen . Also seht ihr , drey Cardinaltugenden , Tapferkeit , Religion und Industrie findet sich nach dem Zeugniß der grösten Männer und der weisesten Nation in dem Corpore der Vagabunden , und ihr wollt sie verdammen ,
ihr , die ihr vielleicht – seht zu solchen Eröffnungen bringt ihr mich – die ihr vielleicht keine von allen dreyen besitzt . Euch zu Liebe breite ich mich über diesen Artikel nicht weiter aus , sondern lasse euch mit Fleiß diesen Dorn in eurem Gewissen und gehe weiter .
Er hat aber gestohlen , sagt ihr . Nun , gestohlen , gut – was ist denn ? Seyd ihr etwa gar noch Stoiker und läugnet die Grade der Moralität ? Ich weiß es so gut als ihr , daß es Diebstähle giebt , auf denen der Strang steht , und die ihn verdienen , aber ich weiß auch , daß es Diebstähle giebt , wobey man der ehrlichste Mann von der Welt seyn kann . Denkt nur selbst nach , was heist stehlen ? Wenn ich nicht sehr irre , so heißt es so viel , als seinem Nächsten das Seine wider seinen Willen , ohne Gewalt entwenden . Ohne Gewalt , merkt es wohl , da sitzt der Knoten , der euch Blöde so bedüstert hat . Aber macht das unehrlich ? Nichtsweniger . Denn sagt mir einmal , wie könnten so viele honette Leute bey Hofe
und in der Stadt , die den reichen Kaufleuten ihren Ueberfluß abnehmen , borgen und nicht bezahlen , so viele ehrliche Vormünder , die ihren Pupillen das Ihrige entwenden , wie könnten das ehrliche Leute seyn ? Es wird sich niemand unterstehen , auch sich nur im mindesten merken zu lassen , daß er es nicht glaubte , und man thut wohl . Warum schimpft man denn bey diesem armen Teufel von einem Juden von Morgen bis in die Nacht , und dort regt sich niemand ? Deswegen , weil diese Personen nicht allein Belesenheit genung besitzen , allenfalls einen Beweiß zu führen , sondern auch Macht , einer solchen müßigen Verläumdung mit Nachdruck zu begegnen . Ich , der ich Gott Lob auch einen Beweiß zu führen gelernet habe , trete also hiermit öffentlich für den Juden auf , und erkläre : Wer da sagt , daß der Jude ein Schelm sey , weil er gestohlen habe , der ist ein Lügner . Warum haben die Leute ihre Effekten nicht besser in Acht genommen . Hätte der Jude gefehlt , das ich aber nicht zugebe , so hat er weiter nichts als eine Pflicht gegen seinen Nächsten verabsäumt ,
das ist alles , aber der andere , der nicht beständig auf seiner Hut ist , verabsäumt eine weit heiligere Pflicht , die Pflicht gegen sich selbst , von welcher heut zu Tage die Welt und unsere besten Systeme der Moral so gerade abhängen , daß es ausgemacht ist : sollten diese Pflichten nicht mehr beobachtet werden , so gienge nicht allein alles in der Welt zu Grunde , sondern alle unsere braven Philosophen hätten auch Unrecht . Ich für meine Person hielte es also gar nicht für ungereimt , wenn man ein Gesetz gäbe , vermöge dessen der Dieb zwar eine Strafe geben , z. E. 60 Procent des Gestohlenen in die Schatzkammer , aber der Bestohlene , ohne weiteren Proceß , aufgeknüpft werden müßte . Ich habe auch bereits vernommen , daß das Licht dieses Gesetzes schon in einigen Provinzen unsers deutschen Vaterlandes dämmern soll , wo nemlich der Staubbesen und Verlust des Vermögens demjenigen drohen , von dem es stadtkundig wird , daß er von einem bekannten angesehenen Manne ist bestohlen worden , und man hat Hofnung , dieses Gesetz
auch auf die Spitzbuben vom Bauernstande ausgedehnt zu sehen .
Noch unüberlegter räsonniren diejenigen , welche da sagen : es könne deswegen mit dem Juden nicht so ganz richtig seyn , weil er etlichemal im Stockhause gesessen . Nun wahrlich , wenn dieses Argument nicht vom Zaune gebrochen ist , so verstehe ich es nicht . Meynt ihr denn , jeder der im Stockhause säße , wäre ein Mörder , ein Comödiant , ein Gotteslästerer , ein Possenreißer oder ein Strasenräuber ? O glaubt nur sicherlich , das sind zuweilen die ehrlichsten Leute , deren es innerhalb des Stockhauses eben eine solche Menge giebt , als Spitzbuben ausserhalb . Die Geschichte des Ursprungs der Stockhäuser bekräftiget dieses selbst , wie ich einmal in dem höchst raren Werke : Vom Ursprung der Lybes- und Lebensstrofen und deren tidigen Gebruk und Mod , so auf der Göttingischen Bibliothek befindlich , gelesen habe . Die Stelle ist naiv und wegen des eigenen Dialekts merkwürdig , daher ich sie hier ganz einrücke . Es heißt nemlich daselbst Seite 17 :
„ In de olle Tiden , do weren alle de Gewissen der Lüe ( Leute ) veel genuer examineeret und de Schelmen und de Galgenschwengels veel scharper stroft ; man ded nit onseen de Persohn , ob he was en gemeen Kerl or ob he was en förnehmb Kerl , dat was alle like veel . Do wurden aps lest de Karzers so full , dat en Rechtsman den Vorschlag ded , ob es nit better was , de ehrliken Lüe von de Galgenschwengels aftosundern as de Galgenschwengels von de ehrliken Lüe , sint der Galgenschwengels veel mehr weren als der ehrliken Lüe . Dese Vorschlag ded Byfall finden und man ded höie ( hohe ) Muren med hoie Thören upföhren und de Städt und alle Städt wurden Karzers för de Galgenschwengels . Wann de Prediger or de Rechtslüe ( denn de weren de ontige ( einzige ) ehrliken Lüe in en Stadt ) saen ( sahen ) dat en Man hed en Beassung ( vermuthlich kommt das englische byass Hang , Neigung daher ) to en ehrlik Kerl , so sette se hem ut den Dore , und let hem fry . Dodurch seynd nach und nach Dörpers entstanden und erbuet worden ,
wo de ehrliken Lüe wohnten , de den Galgenschwengels in de Stadt ups leßt nit Eten und Drinken to toföhren vermögten , do ded en heel kunning ( recht durchtriebener ) Rechts Man , der selber en von den Galgenschwengels ma west syn , en ander Vorschlag , dat wyl der ehrliken Lüe veel to wenig weren , de ander to underhollen , so möte ( müste de mögte ) man es med de Galgenschwengeley nit so gnu nehmen , damit der ehrliken Lüe mehr wörden , und es ward resolveert , dat keen Kerl för en Galgenschwengel passeren sulde , wenn he nit en arm Düvl were , er nit kunning ( schlau ) nugh syne Museryen to bergen , und diß wird trülig gehollen bis up den hütigen Dag . Do fand sich es denn sann ( bald ) dat en enselt Thorm grot nugh wer för de Conventions-Schelme , de armen Düvls etc . “ So weit unser Autor , woraus sattsam erhellet , daß es blos von einem Zufall herrühret , daß diese Unglücklichen eingesperret werden . Würde einmal ( und man kann nicht wissen , ob sich dieses nicht einmal noch ereignen wird ) ihre Anzahl größer als der
Unsrigen , so müßten wir in die Gefängnisse , wovor uns aber doch der Himmel bewahren wolle .
Aber nun gesetzt auch , der Jude habe sich so aufgeführet , daß man ihn wirklich für einen Schelmen erkennen , und als einen solchen hätte einsperren müssen , glaubt ihr denn , daß er ohne so etwas zu uns übergetreten wäre . Bedenkt nur , wie kann ein armer Jude , der mit Kopf und Händen den ganzen Tag zu arbeiten hat , um nur Nahrung für heute zu finden , wie kann sich der hinsetzen , seine Religion und die unsrige prüfen , und Argumente abwägen ? Er könnte zehnmal verhungern , ehe er eine einzige unsrer Vertheidigungen oder Beweise der Wahrheit der christlichen Religion durchstudiret hätte und zu einem Entschluß kommen könnte . Allein die dunkeln Zellen eines Stockhauses , wo Tod , Jammer und Verwesung uns aus jedem Winkel anfletschen ; wo die Sorgen der Nahrung uns nicht quälen ; wo beständiges Wasser und Brod zwischen Geist und Fleisch Friede machen , und der Wage
des Urtheils die erwünschte Richtigkeit geben , da ist der Ort , die Religion mit Muse zu prüfen ; da konnte der Jude Gründe gegen Gründe , System gegen System abwägen , da konnte er untersuchen , welches am besten gerändet sey , die Aeßgen zählen , um welche jenes zu leicht und dieses zu schwer war ; im Stockhause konnte er dieses thun , nicht in seiner Hütte , nicht auf der Landstrase , nicht in der Synagoge und nicht auf der Wechselbank . Ja es ist mir , indem ich dieses schreibe , als wenn mir innerlich etwas sagte : Der Jude hat mit Fleiß gestohlen und sich greifen lassen , um Muse zu bekommen , das Werk anzufangen . Widersprechendes hat es nichts in sich . O der Durst nach der wahren Lehre ist bey manchem sehr brennend , unddie und die Art und Weise , es mit dessen Löschung anzufangen , ist bey einem Menschen nicht wie bey dem andern . Beherzigt einmal dieses , betrachtet einmal den Juden in diesem Licht und sagt , ob ihr , um des Evangelii willen , das wagen würdet , was er gewagt hat ? Wie man eine Hand umwendet , so hätte er können aufgeknüpft werden . Bedenkt ,
aufgeknüpft , und nicht der Religion wegen , sondern als Spitzbube , als Schelm aufgeknüpft , ohne daß nur eine Zunge oder eine Feder je gesagt hätte : da hängt der Märtyrer .
Wenn ich dieses alles zusammen nehme , so werde ich immer mehr und mehr in einem Gedanken bestärkt , auf den ich einmal bey Durchlesung des vortreflichen Büchleins des Hrn. Beccaria von Verbrechen und Strafen , gekommen bin , ein Gedanke , der diesem Kopf von weit geringerer Polhöhe , als der meinige , ( ich meyne eben diesen scharfsinnigen Italiäner ) entwischt ist . Daß nemlich Spitzbuben , Räuber und Beutelschneider , oder die nachherigen Karregefangenen , Galeerensklaven und Arrestanten bey weitem die niedrigen , verwerflichen Glieder der Gesellschaft nicht sind , die man aus ihnen zu machen überall sich befleißiget . Sie sind zwar nicht das Salz der Gesellschaft , so nothwendig sind sie freylich nicht , aber unter dem Pfeffer dünkt mich , kann man ihnen einen Platz nicht wohl versagen . Denn man
beliebe nur zu bedenken , wenn es keine Menschen mehr gäbe , die ihr Genie antriebe , sich der Karre oder der Galeere zu widmen , so müsten wir sogenannten ehrlichen Leute am Ende fürs Geld selbst hinein . Ich lebe auch in Wahrheit der Hofnung , daß , so wie wir die Bastarde und die Schäfer jetzt unter die ehrlichen Leute rechnen , die unsere Vorfahren nicht dafür erkennen wollten , wir mit der Zeit auch dem bedrängten Orden der Spitzbuben eine ähnliche Gerechtigkeit werden angedeihen lassen . Ja sie sind schon so gut als gesichert , wenn sich die mit Recht beliebte mitleidige Empfindsamkeit unter Richtern und Advocaten immer weiter ausbreitet , die für jeden Armen ein Dreygroschenstück , und für jeden Eingekerkerten eine Thräne hat . O , Freunde , ich sehe schon mit Entzücken die Morgenröthe einer empfindsamen peinlichen Halsgerichtsordnung über dem Horizont von 1800 heraufdämmern , da niemand mehr im Gefängnisse lebendig modern , oder kein Unschuldiger mehr den Raben zu Theil werden wird . Freylich werden alsdann unsere Gassen und unsere
Landstrasen nicht mehr , ich möchte fast sagen , so schrecklich sicher seyn als jetzt , allein wie Noth um das ? Wir schaffen unsere , ohnehin unbrauchbare Taschenuhren nur ab , und tragen an deren Stelle ein paar weit nützlichere Taschenbuffer , die bey hundert andern kleinen Vorfällen noch zu gebrauchen sind .
Dieses könnte für mich und den Juden schon hinlänglich seyn hier aufzuhören , wenn es mir blos um den Ruhm eines guten Logici oder Advocaten zu thun wäre , aber höhere Pflichten fordern von mir , weiter zu gehen , und zu zeigen , wie viel natürliche Bosheit , modischer Leichtsinn , ja sogar , wenn ich es recht genau nehme , Gotteslästerung in euren schändlichen Aeußerungen verborgen liegt . Vor allen Dingen sagt mir einmal , glaubt ihr , daß ein Jude , als Jude selig werden könne , oder nicht ? Doch ich will nicht hoffen , daß ihr glauben werdet , daß wir dereinst im Paradieß wieder mit Juden umgehen sollen . Ihr gebt also zu , daß jeder Jude , der als Jude stirbt , im höllischen
Feuer mit dem Teufel und seinen Engeln ewig glühen muß , und so weit , Freunde , denkt ihr anständig und billig . Allein nun frage ich euch : kann wol ein Jude , der nun einmal ein Opfer der ewigen Flamme werden soll , und zu dessen Verdammung Gott seine weisen Ursachen gehabt haben muß , seine Sache dadurch schlimmer machen , daß er hingeht und ein paar Gänse stiehlt , wofür er eingesteckt wird . Merkt ihr wohl , wo ich hinaus will ? Gott hat sie verstoßen , und wir dulten sie dennoch , bis sie uns erst ein paar Groschen stehlen , alsdann verstoßen wir sie auch . Ey wer sind wir denn ? wir Würmer , wir Staub ? daß wir Geschöpfe , die vom höchsten Richter verworfen sind , gleichsam noch auf die Probe annehmen , um zu sehen , ob sich auch jener Richter nicht vielleicht geirret habe . Ich will es euch selbst überlassen , die schrecklichen Consequenzen hieraus zu ziehen und nur noch im Vorbeygehen die kleine Anmerkung machen : daß ich es gar nicht tadle , wenn ihr diese Verworfenen verfolgt , ja ich glaube ihr könnt den Himmel verdienen wenn ihr – –
O ! Er dort oben weiß es , daß meine Absichten gerecht sind – – – mit der Schärfe des Schwerdts – doch ihr versteht mich , lieben Brüder , – ich tadelte euch nur deswegen , daß ihr den Geist der erlaubten Verfolgung erst durch ein nichtswürdiges , weltliches Vergehen habt in euch erwecken lassen . Nun rechnet einmal zusammen und zieht eine Summe , was heißt dann nun euer ganzes elendes Geschwätz : Wir wundern uns , daß man einen Betrüger und Spitzbuben zur Taufe läßt . Heißt es nur eine Sylbe mehr , als : wir wundern uns , daß man einen Juden zur Taufe läßt , oder daß man einen Febricitanten zum Arzt weißt . Seht , so schaal , elend , neidisch und Gottesvergessen sind eure Reden , daß man es mir nicht verdenken könnte , wenn ich einmal die Ruthe gegen euch gebrauchte , aber ich will mich diesesmal damit begnügen , sie euch über den verstockten Köpfen geschüttelt zu haben und weiter gehen .
Was sagt ihr denn von dem andern Juden , der in G. ... selbst getauft worden ist ? Ist der etwa auch ein Betrüger ? Wie ? Nein ! Selbst unter euern fertigen Lästerzungen zählt man kaum zwo oder drey , die ihm etwas anzuhängen getrachtet haben . Ja ihr wißt so wenig von ihm , daß ihr nicht einmal sagen könnt , wo er her ist , ein Glück für den armen Mann , sonst würden gleich zwanzig aufstehen und sprechen : ich habe einen Brief bekommen , worinn steht : oder ich habe einen Durchreisenden gesprochen , der hat mir gesagt : er sey ein unruhiger , sich verstellender Landstreicher ; wir sollten uns durch seine Demuth nicht blenden lassen , maßen das ja bekanntlich die Tugend aller Schelmen sey ; dort würde ein anderer schreyen : Recht , das ist er , ich habe ihn in einer Zeitung beschrieben gelesen ; er ist aus einem Gefängniß entsprungen . Aber so kann man mit Recht von ihm sagen , was ein sonst gottesvergessener Zweydeutigkeitenreißer , sehr schön von einem Unschuldigen sagt : Die scharfsichtigste Verläumdung kann nicht das kleinste Häckgen an
ihm entdecken , um auch nur den geringsten Verdacht daran zu hängen . Denn ich will um aller Welt willen nicht hoffen , daß ihr ihm als ein Vergehen anrechnet , daß er neulich , als er einen seiner ehmaligen Glaubensgenossen besucht , etwas mitgenommen hat . Mitgenommen , sprechen die Leute , das ist die wahre Sprache der kriechenden , ängstlichen , raunenden Verläumdung , die , wenn sie sonst nichts , sich im Fall der Noth zu decken , finden kann , sich im Worte selbst noch einen Schlupfwinkel baut . Warum sagt ihr nicht gleich gerade heraus , gestohlen . Aber ich habe Materie genung , ich will dieses ungebraucht liegen lassen und lieber gleich fragen , um kurz von Sache zu kommen : wem hat er es gestohlen ? Einem Juden oder einem Christen ? Einem Juden , sagt ihr . Also gut . Zeigt aber dieses nicht eine edelmüthige Verachtung seiner ehmaligen Glaubensgenossen an ? und daß eine wahre Sinnesänderung bey ihm vorgegangen ist ? Wer nicht recht bis auf den Boden bekehrt ist , wird immer heimlich seinem alten Glauben anhangen und
heimlich seine ehmaligen Brüder lieben . Aber wie edel ist dieses nicht ! Nicht einmal so viel würdigt er sie , daß er seinen Fingern Einhalt thut , welches wir alte Christen doch noch selbst gegen die Ungläubigen thun . Sollte man die That auch nicht billigen , so ist doch nicht zu läugnen , daß der Anlaß dazu etwas verräth , was man mit den Herrnhutern ein gesalbtes Wesen nennen möchte . Alles übrige , was man von ihm weiß , gereicht ihm zur höchsten Ehre , daß er das Hebräische tief studirt hat ; daß er sich auf die Sterne versteht und im Stande ist , ein ehrliches Stück Brod mit Wahrsagen aus den Händen zu verdienen u. d. gl. Mir ist zwar nicht unbekannt , was die heutigen superklugen und namentlich die Professoren zu G. ... gegen sein Hebräisch einwenden : Er verstünde kein Arabisch . Gut , er versteht auch keines , aber dafür ist er ein gebohrner Jude , und das sind wir nicht . Im Englischen läßt sich vieles durch das Plattdeutsche erklären , lernen deswegen die Engländer Plattdeutsch ? Keinesweges . Und am Ende sagt mir , wessen Sprache ist das
Hebräische ? Des Volkes Gottes. Gut. Wessen Sprache ist das Arabische ? Des Volkes des Teufels . Richtig . Aber nun sagt mir ferner ums Himmels willen , muß man , um die Sprache des Volkes Gottes zu erlernen , beym Volk des Teufels in die Schule gehen ? Ich weiß wohl , daß wir es thun , aber wenn der Teufel hierunter keine Ränke hat , ( sagt nur ich hätte es gesagt ) so ist er der Teufel nicht mehr . Er sucht unsere besten Leute alle an diese Gränze zu locken , und auf der andern Seite , wo alles offen ist , auf der Fleisch- und Blutseite , fällt er ein , und fouragirt uns alles weg . Ich will zwar damit nicht in Abrede seyn , daß man dem Teufel manches herrliche Schlupfloch mit einer arabischen Etymologie mag verkleistert haben , aber daß es so gar nöthig sey , kann ich mir deswegen nicht vorstellen , weil einige Hauptmänner unsrer Kirche nicht einmal das Hebräische verstanden haben . O ich erinnere mich noch immer mit Vergnügen an meinen seligen Herrn Taufpathen , den Herrn Doktor und Consistorialrath W... . Sie waren der ansehnlichste , liebreichste Mann ,
hatten eine rechte Segensmine , eine rechte Gnade im Predigen , und verstunden , wie Sie sich zuweilen , wenn Sie aufgeräumt waren , merken ließen , kein Wörtchen Hebräisch . Ja ich darf kühn behaupten , hat jemals ein Mann die Kanzel und den Beichtstuhl mit Anstand gefüllt , so waren Sie es .
Wieder auf die Gelehrten zu kommen , wer unpartheyisch seyn will , der muß bekennen , daß sich in unsere Bibelerklärungen ein gewisser schädlicher Luxus eingeschlichen hat , so daß man wünschen möchte , Michaelis , Kennicot und Schultens hätten die Küsten von Arabien nie befahren . Sie haben uns allerley Leckerbißlein von dorther zugeführt , ohne die sich so gar die Weibsstühle in den Kirchen jetzt nicht mehr wollen abspeisen lassen . Wie viel bequemer und gesünder wäre es , wenn sie uns in unserer Einfalt , bey unserm Roggencaffee und Gerstenbier , ich meine bey Luthers Uebersetzung gelassen hätten , so könnte man sein Gedächtniß auf andere Dinge verwenden , womit dem Menschen mehr gedient wird ; die Prediger könnten
ihr Geld , das jezt für arabische Lexica , Reisebeschreibungen und neue Bibelübersetzungen weggehet , in der Haushaltung gebrauchen , ihre Besoldungen würden hinreichen und sie hätten nicht nöthig , den ganzen Tag die Arbeitsleute zu hüten oder auf der Zehntwache zu stehen .
Dem sey aber wie ihm wolle , so muß man keinem ehrlichen Menschen vorwerfen , er verstehe etwas gar nicht , wann er es nicht so versteht , wie andere Leute , von denen man weiß , daß sie es verstehen . Denn zwischen dem , ein Ding verstehen und ein Ding nicht verstehen , giebt es viele Classen , in denen sich 9/10 des menschlichen Geschlechts ganz commode aufhalten . Man könnte , wenn es nöthig wäre , aus allen Ständen viele Beyspiele von Leuten anführen , die ihr Amt mit Anstand geführt und doch nicht verstanden haben , was dazu nöthig ist ; also kann es einem keine Schande machen , etwas nicht zu verstehen , das man sich zu verstehen ausgiebt , und ist Bosheit , jemanden ein solches menschliches Gebrechen vorzurücken .
Aber , höre ich euch sprechen , sind die Astrologie und Chiromantie nicht herrliche und einem Christen höchst anständige Wissenschaften ? O ihr Schälke , ich sehe es wohl , daß ihr dieses nur aus Spott sagt , aber höchst alberner Spott ist es . Warum einem Christen unanständig ? Glaubt ihr etwa noch , der Teufel mische sich drein ? ihr Einfältigen . Der Teufel weiß es so gut als ihr , daß man mit dergleichen Wissenschaften nicht mehr weit kommt , es müßte denn unter den Blöden seyn . Nein , wenn er Menschen verführen will , so weiß er es besser anzufangen , er bringt sie zu Mord , Hurerey , zweydeutigen Einfällen , Straßenraub , verliebte Comödien , Trauerspielschreiberey , Mordbrennerey oder Verläumdung getaufter Juden ; das thut der Teufel , er macht einen Käsebier Ein deutscher Strasenräuber . oder Schakespear Ein englischer Tragödienschreiber . aus euch , läßt euch euren Nächsten um das Seine bringen , oder gar lachen machen , wenn er beten könnte , da geht er sicherer . Mit
Stern- und Händegucken hat Fleisch und Blut nichts zu schaffen , und ihr könnt mir glauben , wo der Teufel nicht eines von diesen beyden wenigstens zur Decke nehmen kann , da bleibt er gewislich weg . Nein , wenn ihr denn doch etwas sagen wollt , so sagt lieber , es verräth eine Schwachheit des Verstandes bey dem Juden , und da will ich gerne schweigen , nicht als wann ich euch recht gäbe ; gar nicht . Sondern weil mich dieses nichts angeht , hier will ich nur beweisen , daß er ein guter Bekehrter sey und bey Bekehrungen haben wir ja mit dem Verstande nichts zu thun . Ein Lahmer am Verstande kann so gut selig werden , als ein Lahmer am Leibe . Ja man hat durch vielfältige Erfahrung befunden , daß ein etwas stumpfer Verstand , oder die Art Leute , von denen man zu sagen pflegt , sie hätten das Pulver nicht erfunden , zur Bekehrung und geistlichen Behandlung die fähigsten sind . Der Wurm des Zweifels nagt sie nicht und der Geist des Widerspruchs plagt sie nicht .
Uebrigens wer hat euch denn gesagt , daß die Chiromantie eine so gar nichtswürdige Lust sey ? Daß man aus dem Gesichte wahrsagen könne , ist ausgemacht , und ihr selbst habt manches , was ihr von diesen Neubekehrten sagt , aus ihren Gesichtern geschlossen . Ich war selbst einmal in einer Gesellschaft , wo einer sagte : Sieht der hiesige Jude nicht aus wie Oliver Cromwell und nickte mit prophezeyhendem Stillschweigen ; wie Richard Cromwell , sagte ein Zweyter , und lächelte sicher ; wie Sancho Pansa , sagte ein Dritter , und lachte ganz laut . Geht aber dieses bey dem Kopfe an , so geht es auch bey den Händen an Der Aufschub , den der Abdruck gegenwärtiger Vertheidigung erlitten , sezt mich nunmehr in den Stand , dem Leser sagen zu können , daß ich meine , vor zwey Jahren im Text geäußerte Muthmaßungen und Gedanken , durch den Beyfall eines jungen Gelehrten vom ersten Rang , ich meyne des Hrn. Diaconi Lavaters bestätigt sehe . Es sagt nemlich derselbe in dem 2ten Theil seiner vortreflichen Physiognomik , daß man , da bey ganz andern
Leuten , als wir sind , die HändeKopfsdienste Hände Kopfsdienste thun müssen . Daher ließt man häufig von Gespenstern , die ihre Köpfe in den Händen , aber nie von welchen , die ihre Hände im Maule herumgetragen hätten . Unsere Vorfahren , aus den Händen den ganzen Mann erkennen könne . Wohlverstanden , er meynt nicht blos , daß man dadurch einen Grobschmidt von einem Accoucheur , einen Matrosen von einem Lautenisten , oder einen Blaufärber und Hutmacher von einem Beckerknecht unterscheiden könne , sondern daß man sehen könne , ob jemand ein Christ oder Antichrist , ein Genie oder Non-Genie , eine Jungfer oder Non-Jungfer , ein Spizbube oder ehrlicher Kerl sey , das ist , finden , ob einer mit Strichen oder mit Fluxionen rechnet , ob die Hand , die ich fühle , mir etwas in den Hut werfen oder aus der Ficke ziehen will etc . Es ist demnach jener Gebrauch der sich Schämenden , daß sie die Hand für das Gesicht halten , höchst ungereimt , denn die Hände , und nicht das Gesicht , sind die Fenster in der Brust . Es kommt mir dieser Gebrauch eben so thöricht vor , als wenn jemand , den man im Hemde überraschte , aus Schaam sein Gesicht mit dem Zipfel desselben zudecken wollte .
die wahrscheinlicher Weise diese Historien aus weisen Absichten erfunden haben , um in diesen vehiculis schon in der zarten Kindheit durch die Ammen den Kindern allgemeine Wahrheiten beyzubringen , haben vermuthlich damit sagen wollen , was andere anders bewiesen haben : ohne Hände sey nichts anzufangen , aber der Kopf sey nur eine Art von Hut , den man zwar zuweilen trage , der aber bey den eigentlichen Galabegebenheiten unsers Lebens abgenommen werden müsse . Daher auch die gütige Natur dem Menschen zwo Hände aber nur einen Kopf gegeben hat . Eben so viel und weit mehr noch könnte ich für die göttliche Astrologie anführen , wenn es nicht eine unerlaubte Verschwendung wäre , Zeit und Papier in Vertheidigung des Verstandes eines Subjekts gleichsam wegzuwerfen , die man besser zur Vertheidigung des Herzens desselben anwenden kann .
Ich hoffe es nunmehr so weit gebracht zu haben , daß wohl nicht leicht jemand unter euch mehr aufstehen und den abgenutzten alten
Gemeinort aller Verläumder , womit sie ihren Nächsten anzuschwärzen pflegen , ich meyne die höchst zweydeutigen und schwankenden Stichelreden von Stehlen , Betrügen , Landstreichen u. s. w. gegen meine Freunde gebrauchen werde . Da also dieser Schlupfwinkel abgeschnitten , so hoffe ich euch nun mit Hülfe der Philosophie noch aus dem letzten herauszutreiben . Ihr sagt , es könne nicht geläugnet werden , daß nicht die Beweißgründe , sondern die Mettwürste das beste bey der Sache gethan hätten . Einfältig . Als wenn Mettwürste nicht auch Beweißgründe wären . Wenn ihr Logik gehört hättet , so würde ich gerade sagen , ihr wäret Tröpfe , und euch sofort in die Schule schicken ; da ihr aber Leute seyd , die nicht einmal wissen , wie Leib und Seele aufeinander würken , ja die zum Theil das Wort Psychologie nicht einmal buchstabiren können , so muß ich euch nur diese Kleinigkeiten erklären .
Daß man Krankheiten der Seele , worunter bekanntlich der ansteckende Papismus und der bößartige Judaismus die fürchterlichsten
sind , und wodurch mehr Seelen an einem Sonntage oder an einem Sonnabend hingeraffet werden , als an den schrecklichen Abenden zu Drurylane Eine Gegend in London , wo ein Gebäude befindlich ist , in welchem unter der Anführung eines berüchtigten Bösewichts , Namens Garrick , dem Teufel sechsmal die Woche , göttliche Ehre erwiesen wird . in einer Comödie oder in einem Ballet ; daß man , sage ich , solche Krankheiten nur durch moralische Mittel heilen könne , ist ein Vorurtheil , welches unsere alten Seelenquacksalber von einem ähnlichen der gemeinen Quacksalber und Marktschreyer hergenommen haben . Diese letzteren haben nemlich lange geglaubt , Krankheiten des Körpers ließen sich nur durch physische Mittel heilen . Wie unsere guten Alten aber in diesem Punkt so lange haben im Finstern herumtappen können , verstehe ich nicht so ganz recht . Denn laßt sie Influxionisten , laßt sie Occasionalisten , laßt sie Harmonisten gewesen seyn , ja laßt sie mein
bekanntes Pulversystem Hiervon wird unten geredet werden . gekannt haben , welches zwischen das erste und zweyte der oben erwähnten fällt , so hätten sie allemal auf diese Entdeckung gerathen müssen . Man hat aber freylich den Grund dieser und mancher andern Oscitanz unserer Väter in der besondern Einfalt und dem guten Herzen derselben zu suchen , wovon ihnen der Himmel , zum äußersten Nachtheil ihres Verstandes und Witzes , doppelte Portion zugemessen hatte . Mit der Entdeckung ist es ohngefehr so zugegangen . Die Aerzte hatten nemlich schon lange bemerkt , daß man , um gewisse Krankheiten zu heilen , die Arzeneyen auf die den kranken Gliedern gerade entgegengesetzte Theile den Leibes appliciren müsse . Wenn jemand z. E. ein Brausen in den Ohren verspürte , so steckte man ihm die Füsse in laulichtes Regenwasser ; hatte der Schlag jemanden auf der rechten Seite gelähmet , so öfneten sie eine Ader auf der linken ; hatte jemand die Krätze auswendig auf der Haut , so schmierten sie den Patienten nicht auswendig ,
sondern inwendig ; saß endlich die Seele jemanden auf der Zunge ; gut , so legten sie Blasenpflaster auf die Waden . Ja einige giengen so weit , daß sie glaubten , unheilbare Krankheiten könnten ihren Sitz nur in solchen Theilen des Leibes haben , die keine entgegengesetzten hätten , und daß der Tod diejenige Krankheit sey , die den Aerzten seit jeher am meisten zu schaffen gemacht , rühre einzig und allein daher , daß er alle Theile auf einmal so angreife , daß gar keine entgegengesetzten mehr übrig blieben . Dieses war auch die Zeit , da man , wenn die Frau in Kindesnöthen war , den Mann in einen Topf blasen ließ , oder daß sich der letztere gar in das Bette legte , wenn die erstere durch eine Niederkunft geschwächt worden war . Nun war nur noch ein kleiner Schritt zu thun , so leicht , daß , so bald er gethan war , jederman gleich sah , daß er ihn auch hätte thun können . Der ihn aber gethan hat , ist vergessen , so wie es allen denjenigen braven Männern geht , die ihre Entdeckungen auf der geraden Heerstrase , und nicht auf absichtsloß angestellten Streifereyen ,
und von ohngefähr machen . Der Schritt war folgender : Die Seele ist ein dem Körper gerade entgegengesetzter Theil des Menschen , wie also , wenn man alle Krankheiten , namentlich die , deren Sitz in der Fläche liegt , durch welche der Mensch in zwo gleiche und ähnliche Hälften getheilt wird , durch eine auf die Seele applicirte Cur zu heilen suchte ? Und umgekehrt , Krankheiten der Seele durch Mittel am Leibe . Seht dieses ist die ganze , simple Theorie der Heilart , von der ich jetzo etwas mehreres gedenken werde . Einen recht herrlichen , gründlichen und dabey faßlichen Beweiß von der Richtigkeit der Heilart selbst , bey Krankheiten des Leibes so wohl , als deren gehörigen Uebertragung auf die Krankheiten der Seele , giebt das Beyspiel von den beyden zusammengewachsenen Mädchen , wovon man in zween , sonst unter uns Geistlichen unbekannten Büchern , ich meyne in den Transactionibus philosophicis und in Hrn. Reimari , eines Weltlichen , Buch von der natürlichen Religion , Nachricht findet . Die Sprüchwörter , oder die Philosophie der Thoren , spricht zwar den Gleichnissen
die Stärke eines Beweises ab , omne simile claudicat , sagen sie , ferner similia illustrant non probant , welches einer von uns , aber ein Scandalum ecclesiae , der Präbendarius Sterne zu Yorck νῦν ἐν γεέννα τοῦ πυρός nach seiner skurrilen Unart durch : Brillenwischen ist noch kein Syllogismus , übersetzt . Aber was hat man sich um solche Possen zu bekümmern , man muß ihnen nicht einmal die Ehre anthun , sie wegzuräumen , wenn sie über den Weg hinliegen , sondern gelassen und frisch zu marschiren . Diese Mädchen waren das vollkommenste Ebenbild von Leib und Seele , das man seit der Schöpfung gesehen hat . Durch diese Erscheinung hat gleichsam die Seele den Weltweisen nach einer Bloquade von ein paar tausend Jahren , die Schlüssel zu ihren Geheimnissen präsentiren müssen . Diese Mädchen waren von Jugend an zusammengewachsen , wie Leib und Seele ; eine war munterer , geistiger Natur und stellte die Seele , die andere träg und schläfrig und stellte den Körper vor . Sie halfen sich wechselsweise , wie Leib und Seele , und lagen
sich zuweilen einander in den Haaren wie , mut. mut. Leib und Seele auch . Zuweilen wollte die eine dahinaus , wenn die andere dorthinaus wollte , da denn die stärkste die andere auf den Buckel nahm und hingieng , wo sie hin wollte , so wie wir an Leib und Seele sehen . War Helena lustig , flugs war es Judith ( so hießen sie ) auch ; hingegen ließ Lenchen den Kopf hängen , so hielt ihn Jüdchen auch nicht mehr . Doch hatten beyde auch eigene Krankheiten , und da hat man denn folgendes befunden . Wenn Jüdchen sich den Magen überladen hatte , so wurde Lenchen purgirt , hingegen schlug man Jüdchen eine Ader , wenn Lenchen über Wallung klagte . Verfuhr man anders , so wurde der einen nicht allein nicht geholfen , sondern die andere wurde auch krank . Die Ursache davon liegt am Tage , denn daß Curen Krankheiten sind , kann man ausser den schönen Beweisen , die Hr. Unzer in seinem Arzt für diesen Satz anführt , allein schon daraus sehen , daß man daran sterben kann . Hatte nun eine von beiden schon eine Krankheit , und man kam mit noch einer angezogen , so
muste allerdings die Verwirrung so groß werden , daß sie sich auf die andere erstreckte . Aus diesem allem gehörig zusammen genommen , erhellet nun sonnenklar , daß man bey Seelenkrankheiten die Mittel auf den Leib appliciren müsse . Ja wenn man die Alten nachschlägt , so findet man , so wie überhaupt von allen unsern leidigen Entdeckungen , schon Spuren dieser Heilart , die schon ihren blos natürlich guten Köpfen nicht entwischt ist . Die Ruthe ist nemlich schon seit jeher als das kräftigste Mittel gegen einige Krankheiten des inneren Kopfs bekannt gewesen . Freylich hat diese ihre besondere Wirksamkeit auch dem doppelten Gegensatz zu danken , der bey ihrem Gebrauche statt findet . Denn erstlich wird sie nicht blos auf den Leib , als das Entgegengesetzte der Seele , sondern auch auf einen solchen Theil des Leibes applicirt , der dem Kopf , als dem Sitze derselben , gerade entgegen gesetzt ist , zumal wenn der Mensch im natürlichen Zustand ist , und auf allen Vieren geht . Vom Irrthum abbringen heißt aber bekehren , also bekehrte man schon lange durch körperliche Mittel . Ja in dem
klugen England sind daher täglich an die 1000 Hände beschäftigt , selbst erwachsene Hezoge Herzoge und Lords auf diese Art zur Wahrheit zu führen und von der angebohrnen Unart abzubringen . So wie man aber nicht alle Krankheiten mit Rhabarber und China heilt , sondern auch zuweilen wahre Leckerbißlein , Zunge- Magen- und Herzstärkende Tropfen , warme , kräftige Brühen und wohlriechende Aufschläge gebrauchen muß , so eben auch hier . So versprechen die gelehrten Gesellschaften 50 Ducaten demjenigen Körper , dessen Seele die beste Abhandlung über eine gewisse Materie liefert , und heilen dadurch oft die Schlafsucht , in welche die Seelen eines ganzen Distrikts verfallen waren ; die Gefäße eröfnen sich , die Ideen sammlen sich und die Schlüsse ergießen sich . So könnte ich mit leichter Mühe hundert Beyspiele anführen , allein was dem Schriftsteller gar zu leicht wird , muß er dem Leser überlassen . Ich fahre also in der Hauptsache nunmehr wieder fort .
Ich habe nemlich die Antwort auf die Frage : ob die Bekehrung , die durch Mettwürste geschicht billig und rechtmäßig , ob solche Christen für ächte zu erkennen , oder ob sie , wie die Prinzen vom Berge Libanon , oder wie die Greifswaldischen Magister zu Upsal , nicht für voll , anzusehen seyen , dahin gebracht , daß nur ein Unmündiger oder Verstockter noch an der Gültigkeit solcher Christen zweifeln kann . Denn ich will nicht hoffen , daß ihr euch an dem Worte Mettwurst stoßet , alsdann könnte ich euch wiederum eure kindische und recht läppische Art zu denken vorrücken , denn während als ihr andre verlacht , die sich durch Mettwürste haben bekehren lassen , laßt ihr euch selbst durch den Schall des Worts Mettwurst verleiten , die Schwere eines überwiegenden Arguments nicht zu fühlen . Welches ist ärger ? Sprecht ihr Kurzsichtigen , wenn ihr anders gefaßt habt , was ich euch gepredigt habe . Doch aus Liebe zu euch , aus Mitleiden mit eurer Blödsinnigkeit und weil ihr von dem Commercio animae et corporis gänzlich nichts wißt , nehme ich mir die Mühe , euch etwas
in die Seelenlehre zu führen , ob ich gleich weiß , daß solche Sachen selten haften , wenn sie nicht zur Zeit des leidenden Studirens erlernet werden , so lange sich nemlich der Probierstein , auf den im Alter alles gestrichen werden soll , noch selbst ein wenig nach den Sachen bequemt . Wenn ich sage , daß jemand durch eine Mettwurst auf eine bessere Meynung verleitet werden könne , so verbinde ich damit keinen so rohen Begrif , als ihr vielleicht denkt . Ich meyne nicht , daß ein Geruchtheilgen , das sich von der Wurst losreißt , durch einen Stoß die Seele auf andere Gedanken bringen könne . Dieses sind rohe , sündliche Ideen , die von Anfang zwar der Einbildungskraft etwas schmeicheln , aber ehe man sich es versieht , so steht man in der Mitte zwischen La Mettrie und dem Teufel . Ein körperlicher Stoß ist noch kein geistischer Bewegungsgrund . Wenn Geruchtheile durch ihren Stoß den Gedanken hervorbringen könnten , oder der Gedanke die Bewegung wäre , so müßte umgekehrt , der Gedanke die Geruchtheilgen wieder stoßen können ; mit einem Wort , man würde in
den meisten Fällen riechen können , was die Menschen denken , und so mit andern Sinnen . So ist es nicht . Es sind zwar von der Nase bis an die Seele , vorausgesetzt daß sie zu Hause ist , etwa drittehalb Pariser Zolle , wenn man zwischen allen Meynungen ein arithmethisches Mittel nimmt . Aber , wohlverstanden , jenes bleibt immer die erste , und dieses die letzte Instanz , und nichts kann doch weiter von einander seyn , als das erste und das letzte . Ich stelle mir die Sache so vor ( und dieses ist mein oben erwähntes System , welches ich , wegen des Anlasses zur Erfindung , das Pulversystem genennet habe . ) Alle Entschlüsse , von dem sich selbst zu ermorden , angerechnet , bis zur Selbstvergötterung und allen unendlich dazwischen fallenden , liegen in der Seele , so wie der aër fixus im Schießpulver , und so wie diesen ein einziges Fünkgen lösen und die fürchterlichsten Würkungen hervorbringen kann , so eben auch da . Ihr berührt mit einem kleinen Finger den Drücker einer Flinte und ein Schwein sinkt in den Staub . Eine Wurstpartikel trift den Geruchnerven eines Juden ,
und der Jude wird bekehrt . So glaube ich liegt in allen Juden der Entschluß , sich taufen zu lassen , nur das Fleckgen , wo das lösende Fünkgen auffallen muß , ist uns verborgen . Bald ist es hier , bald dort , ja bey diesem Menschen anders als beym andern , der geräth in Flammen durch leibliche , der durch geistische Zündmaterialien . Ich verbitte mir alle Einwürfe , und versichere , daß ich sie alle heben kann , aber es erfordert mehr Zeit , als ich darauf zu verwenden verbunden bin , da überhaupt diese ganze Ausschweifung ein Leckkuchen ist , den ich euch aus väterlicher Liebe vor eure lose Mäuler halte , und den ich ganz hätte können stecken lassen . Weil ich aber aus vielfältiger Erfahrung weiß , daß der Ungläubige einen Beweiß in geistlichen Dingen nicht glaubt , wo er nicht die Sache auch im Weltlichen wahr findet , so will ich noch ein Beyspiel anhängen von einer sonderbaren Seelenwürkung , welcher durch einen physischen Stoß , nach meinem Pulversystem , Luft gemacht worden ist , woraus ihr zugleich sehen könnt , wie wunderbar zuweilen die Natur bey einem Menschen , das zu
einem Entschluß gehörige Zündloch angebracht hat , so daß ich glaube , daß eine vollständige Theorie dieser Zündlöcher der höchste Flug des theorisirenden Menschen wäre , wogegen des albernen , oberwähnten Präbendarii Sterne , mit so vielem pralerischen Wörterkram versprochene Theorie von den Knopflöchern , wahres Kehricht und Sentinisches Gewäsch seyn müßte . Die Geschichte ist die : Warum der Mond ohne Nagel und Strick dort oben hängt , ohne uns auf die Köpfe zu fallen , wenn wir drunter weggehen , hat ein alter Inspektor bey der Münze zu London errathen , als ihm einmal ein Apfel , der nicht grösser als eine Faust war , von einem Baume auf die Nase fiel . Nun haben die Philosophen über diese Materie seit jeher schon in ihren Nasen gegrübelt , auswendig dran gegrübelt , den Zeigefinger daran gerieben , die ganze Nase in ein Buch gesteckt , sie wieder herausgezogen , in die ganze Hand genommen , Brillen darauf gesetzt , sie an die Tubos angestoßen , ja gar , wie Thales und Bianchini , bey der Nacht gestolpert und drauf gefallen , und doch haben
sie das Fleckgen nicht getroffen , vermuthlich weil es bey allen diesen Leuten nicht auf der Nase gelegen hat . Hier bey diesem Manne war die Entdeckung gemacht , so wie der Apfel die Nase berührte . Fühlt ihr nun die Stärke der Demonstration . Ob ich aber gleich gezeigt habe , wie eine solche Bekehrung als gültig ohne weitere Probe zu erkennen sey , so müßt ihr wissen , daß es doch theils noch feiner mit der Bekehrung zugegangen seyn kann , und wie ich aus gewissen Umständen schliessen kann , würklich zugegangen ist , theils auch die Leute keine Vorwürfe verdienen würden , wenn es auch noch gröber und körperlicher zugegangen wäre . Nun habe ich euch zwischen zwey Feuern und ausserdem könnte ich euch noch in die Luft sprengen . Ich sage es euch voraus , entgehen könnt ihr mir nicht mehr , ihr mögt gelindere Saiten aufspannen oder gröbere , oder auf den alten fort fiddeln . Laßt einmal sehen , was ihr anführen könnt , zu beweisen , daß die Würste nicht die Veranlassung , sondern die Hauptursache gewesen wären . Der eine Jude , sagt ihr , und meynet den hiesigen ,
habe sich gar nicht halten können , und lange vor der Wiedergeburt Wurst gegessen , damit habe sich der Betrüger verrathen . Schweigt mit den satyrischen Beynamen stille , sage ich euch , könnt ihr denn keinen Menschen anklagen , ohne solche schielende Ausdrücke zu gebrauchen ? Ich sage , die Handlung ist edel . Wurst essen ist eine christliche Handlung , wozu ein neubekehrter Jude am ersten Gelegenheit , zumal in G. .... findet , wo man in allen Häusern welche antrift . Hingegen zur Ausübung anderer Pflichten eines Christen , als z. E. der allgemeinen Menschenliebe , Verträglichkeit , und zur Erfüllung des Alles was ihr wollet , dazu sitzen die Gelegenheiten nicht so dick , ja es hat wohl eher graubärtige Christen , und selbst welche unter uns Geistlichen gegeben , die in ihrem ganzen Leben nicht ein einziges mal dazu haben Gelegenheit finden können . Ich glaube noch immer , die Würste waren eine Nebensache , denn haben sie nicht alle beyde ihr Glaubensbekenntniß mit dem gehörigen Gesicht abgelegt ? oder sie sind just der unendlich
kleine Ausschlag gewesen , der noch nöthig war , die schon bereits sinken wollende Schaale nieder zu drücken , und da ist eine Wurst allemal etwas , so lange man nicht beweisen kann , daß sie gar nichts ist . Ich stelle mir vor , der Jude fand eine Gleichheit der Gründe für beyde Religionen , ich schliesse dieses aus dem Gesicht , das er einmal machte , als er mir auf einem einsamen Spatziergange begegnete , und nun hieng er zwischen zwo Religionen wie Buridans Esel zwischen zwey Heubüscheln , hier kamen die Würste auf unsrer Seite dazu , nun drehten sich erst die Augen , dann der Kopf und so war es geschehen . Ohne diesen Umstand hätte er zwischen zwo Religionen unschlüssig hängen können , bis ihn der Teufel abgeschnitten hätte .
Gesetzt aber auch , das wäre alles nicht gewesen , die Würste sollen ihnen einmal weder die Augen zum Beweis geöfnet , noch auch zum Anlaß gedient haben , ihr Licht leuchten zu lassen , sondern sie sollen schlechtweg
dadurch bewogen worden seyn , Christen zu werden , ist denn das so etwas gar Entsetzliches ? Ich sehe es nicht ab .
Denn für das erste , so heißt Bekehren so viel als Werben . Daher auch der berühmte St. Whitfield in England einmal einen Tambour , der die Werbetrommel in der Gegend schlug , wo Er selbst , mit Butlero zu reden , die Werbecanzel rührte , einstmalen so anredete : Höre , guter Freund , wir werben beyde , du für deinen König , ich für meinen Erlöser , laß uns , uns einander nicht um unsre Recruten bringen . Selbst der Tambour fühlte die ganze Schwere dieser Aehnlichkeit , und gieng so weit weg , daß weder St . Whitfield seine , noch Er St. Whitfields Trommel hören konnte . Wenn aber nun Bekehren Werben heißt , so bedenkt einmal selbst , wie viel Recruten würde der König von Preußen in den Schlesischen Kriegen bekommen haben , wenn er sie durch lauter deutliche Vorstellungen seiner gerechten Ansprüche auf Schlesien hätte anwerben
wollen ? Antwort : Vielleicht gar keine . Gründe sind nicht für jeden Magen . Aber so wurde der eine mit Gewalt , der andere mit List , ein dritter mit Geld , ein vierter mit Brantewein , der fünfte mit Versprechungen zur Erkenntniß des Systems der Ansprüche geführet . Die Ueberzeugung war da , und wenn der Kerl hieb , so sah man dem Säbel nicht an , ob die Kraft , die ihn führte , aus dem Kopf oder aus dem Magen kam . Ja , unter uns Protestanten gesprochen , wenn wir nicht , wie andere Christen , anfangen , besseres Handgeld zu geben , und weniger Vernunftschlüsse gebrauchen , so werden wir nicht allein keine Recruten mehr machen , sondern unsere Leute werden uns durchgehen wie die Holländer .
Für das zweyte heißt Bekehren so viel als Umkehren , das ist , das Ende A hinbringen , wo vorher das Ende B gewesen war . Von der Art , wie solches zugegangen , kommt und gehört nichts in die Definition , und es verräth Unverstand , wenn man es hineinbringen
will , oder müßige Neugierde , wenn man von einem Dinge , das man umgekehrt haben wollte , das man einem auch umgekehrt hat , noch wissen will , auf was Art man es umgekehrt habe .
O wollte nunmehro der Himmel , daß dieses eure Einwürfe alle gewesen wären ! daß ich jetzo abtreten könnte , da ich euch euren Unverstand , müßiggängerische Bosheit , philosophische Kleinmeisterey , Unerfahrenheit und Schalkheit genugsam vor die Augen und die Nase gelegt habe ! Aber noch darf ich nicht schweigen . Bisher habe ich den sanften Pflichten einen Advocaten obgelegen , nun beobachte ich die strengeren und herberen eines Richters . Bisher hat Gottes Langmuth aus meinen Vernunftschlüssen gelächelt , nun , Würmer , höret seinen Donner . O ! die Stunde eurer Geburt wollte ich segnen und den Tag eures Todes in der Asche begehen , wäret ihr blos dumm und unverständig , vielleicht wäret ihr doch fromme Bürger . Aber so merke ich , daß die Seuche
der Freydenkerey und des Leichtsinns , ja daß der sogenannte schlichte Menschenverstand , und sogar die satanische Unterscheidung der Begriffe Theologe und Gesandter Gottes , die doch einerley , in eure Werkstätte eingedrungen sind . Aber der Geruch eurer Bosheit ist zu uns und zum Himmel gestiegen , dessen Boten wir sind – wartet – der Zorn wird über euch kommen . Haben gleich unsre protestantischen theologischen Facultäten keine Schwerdter und keine Flammen , wie die theologischen Facultäten zu Mexico und Japan , so sind wir dennoch schrecklich , unser gelähmter weltlicher Arm ist noch immer stark genug , solche Insekten zu zerknirschen , und solchen Mücken zu wehren . Wißt ihr wie ? Ein Federstrich macht euer Vergehen zu Strasenraub und Gotteslästerung ; ein Fältgen im Gesicht zur Stunde gezogen , eine Achsel im Audienzsaal gehörig gezuckt , ein Seufzer mit Bedacht eingeschaltet , fällt eurer steigenden Beförderung in die Flügel und macht euch zu ewigen Hofmeistern , ewigen Advocaten oder
ewigen Musketiern . Zittert hierbey und denket nach .
Ich werde warm . Dem Himmel sey es tausendmal gedankt , daß ich es noch werden kann . Welcher rechtschaffne Candidat wird es nicht werden , wenn er eine Rotte blinder Lottersünder sprechen hört : ( Mit Abscheu wiederhole ich die Blasphemien ) Man solle gar keine Proselyten mehr machen ; ein rechtschafner Mann bleibe bey seiner Religion , oder ändere sie vor Gott allein , heimlich und ohne Pomp ; Lavater habe seinen Unverstand und Mangel an philosophischer Welt verrathen , daß er mit Mendelsohns philosophischer Ruhe , als mit seinem Eigenthum ungebeten gespielt , und diesen Weisen habe bekehren wollen ; Er habe sich durch sein langes Gucken in die Ewigkeit die Augen ganz für den zeitlichen Horizont verdorben ; Er solle , statt solche Dinge zu unternehmen , lieber zu seiner eignen höchstnöthigen und nicht lange mehr aufzuschiebenden Cur , ein weltliches
Buch lesen , z. E. den Apollonius von Kegelschnitten , und was dergleichen unverschämte , minute , zotenartige Tiraden mehr sind .
Was ? keine Proselyten mehr machen ? Keine Seelen mehr retten ? Wißt ihr , was die Folgen seyn würden ? der Teufel würde Proselyten zu tausenden machen . Atheisterey , Toleranz , geistliche Anarchie , allgemeiner Umgang mit Juden , Heyden und Heydamacken , würde daraus entspringen . Einen Juden , der ein natürlich ehrlicher Mann wäre , würde man für seinen Nebenmenschen ansehen , ja gar vielleicht manchem Christen vorziehen . Es ist ohne Schauder nicht daran zu gedenken . Aber lieb ist es mir doch in gewissem Betracht . Ich habe schon ein decennium vorausgesehen . Das sind die Folgen von eurem verfluchten Studium des Alterthums , von euren geheimen Geschichten des Herzens , von eurer Seelenanatomie und Physiologie , von euren feinen Pädagogiken , euren mathemathischen Naturlehren
und populären Art euch auszudrücken , daß wir nun eine Nordwestliche Durchfahrt zum Teufel entdeckt haben , worauf sich jetzt jeder Schaafskopf in seinem Schlafrock selbst hinfinden kann . Zeigt mir , wo haben unsere Vorfahren solche Reden geführt , sie haben sich um ihrer Hände Arbeit bekümmert , aber wenn sie an uns und an die Religion gedachten , da war ihr Wahlspruch : zittere und bete an , und nicht wie jetzt : denke und untersuche , und ich möchte fast hinzusetzen : und fahre zum Teufel .
Ein rechtschaffener Mann ändere seine Religion gar nicht , oder doch nicht mit Pomp . Ist das nicht schändlich ? Wißt ihr auch , Leute , daß die Hölle auf solchen Reden steht ? Antworten auf solche Blasphemien gehören nicht für die Kanzel und den Katheder , sondern für das Rad und den Block , welche die Lauigkeit unsrer Vorfahren , leider ! zu weit von der Kanzel abgerückt haben . Nicht mit Pomp . Pomp ! Was war denn für Pomp bey der Judentaufe ?
Nicht mehr als bey einer Magisterpromotion , und kaum so viel . Aber Opponenten hatten sie genug , höre ich einige sprechen . O ihr Wölfe in Schaafskleidern , meynt ihr , ich sähe nicht , daß dieses ein witziger Einfall seyn soll ? Aber auf Witz lasse ich mich nicht ein ; wenn ihr kämpfen wollt , so nehmet Waffen wie ich , und kommt herauf , damit man Ehre davon hat , wenn man euch in den Staub legt .
Und du guter Lavater , wie haben sie dir mitgespielt . Ich weiß es wohl , was dich antrieb , deine Briefe und deine Vorreden zu schreiben . Es schmerzte dich längst , so gut wie mich , daß es Christen giebt , die noch jüdische Bücher über die Unsterblichkeit der Seele lesen können . Der Schande ! Als wenn man von einer Judenseele auf die unsrige schließen könnte . Ich weiß es wohl , daß du dich schon im Geiste die Stütze der christlichen Kirche und den unsterblichen Bekehrer Mendelsohns wirst haben nennen hören . Ich sehe gar zu deutlich , wie sehr es
dich schmerzen muß , da dir nun alles mißlungen ist , ja da du , wiewol unschuldiger Weise , die Sache schlimmer gemacht hast , als sie vorher gewesen war , indem mancher Jude , der uns noch wohl einmal gekommen wäre , es jetzt brav wird bleiben lassen . Denn wie viel Nachdenken ist jetzt den andern Juden durch diese Standhaftigkeit des weisesten unter ihnen , erspart worden , ja eine rechte Stütze ihrer Hartnäckigkeit , die gegen alle unsere Exempel von Judenbekehrungen aushält , haben sie jetzt dadurch erhalten , denn sagt , welcher Jude kennt seine und unsere Religion besser , als Mendelsohn ( unsere Proselyten nehme ich der Erleuchtung wegen aus ) . Welcher Jude unter den lebendigen , führt eine so feine Wage , Gründe abzuwägen , als er ? Wo ein Kopf voll bon sens ganze Herzen voll Wärme , voll frommer Glut und voll redlicher Absichten , aufwiegt ? Ja es muß dich , theurer Freund , um so mehr betrüben , da dir deine schöpferische Einbildungskraft noch alle jene Vorstellungen mit Farben der Engel ausgemahlt haben wird ; ich
kann mir vorstellen , daß du selbst da Götterspürche Göttersprüche in der Hofsprache des Himmels zu reden geglaubt haben wirst , wo Mendelsohn nur gutes schweizerisches Deutsch und gute warme Absichten sahe . Desto mehr , theurer Märtyrer , schmerzt es mich , da du von vielen für einen ohnmächtigen Enthusiasten gehalten wirst , daß du dich so betrogen findest . Habe aber Dank von mir , du wirst dereinst , wenn du in penetrabelm Licht wandeln , und durch Crystallinsen , deren Brennpunkt du selbst berechnet hast , in die Ewigkeit hinausschauen kannst , reichlich dafür belohnt werden . Dann wirst du das Vergnügen , das du jetzt oft zwischen Wachen und Schlafen empfindest , ganz wachend , mit starken Nerven durch alle Poren einsaugen , daß nicht so viel verlohren geht , als in der Hölle oder in dem Cabinet eines Meßkünstlers anzutreffen ist . Es ist aber unstreitig eine Schande unsers Zeitalters , daß man so viel warme Religion in einem so jungen Manne verkennt . Bey dem geringsten Spruch aus der Bibel verfällt er in geistliche
Zuckungen , scheint im Meer der ewigen Wonne zu schwimmen , und in nie gefühlte Empfindung aufgelößt , spricht er , und mit dem Unaussprechlichen schwanger , wallt sein sterblicher Ausdruck daher , so daß man leicht , an einem schönen Abend , die Schwingungen fängt und in einer andächtigen und unaussprechlich heiligen Entzückung wegdämmert . Ihr Philosophen solltet es nicht einmal dulten , daß man ihn verkennt , sagt , wo findet ihr , daß ich eure Sprache rede , mehr psychologischen Stoff , als in des frommen Mannes Aussichten in die Ewigkeit . Mir graute zuweilen , wenn ich ihm nachsah ; auf der dünnen Scheidewand , zwischen Wahnwitz und Vernunft , läuft er euch hin , wie wir auf der gleichen Erde , und kommt selten ohne eine Ladung des Unsäglichen wieder zurück . Ich sage , er ist und bleibt ein ausserordentlicher Mann .
Daß unsere Proselyten seinen Beweisen vieles zu danken haben , habe ich auf dem Titel allein anzuzeigen für nöthig erachtet ,
indem dieses den Juden niemand zur Last leget , und ich habe lieber das Publikum , das es glaubt , so gerade dabey lassen , als durch Beweise , daß es würklich andem sey , der leidigen Zweifelsucht einen Plan in die Hände spielen wollen , nach welchem sie auch von dieser Seite uns zu weitläuftigern Außerungen bringen würden , als die ganze Sache werth ist , da wir einmal , wie ich hoffe , die Rechtmäßigkeit , Aufrichtigkeit , das ungeheuchelte Wesen und die Sinnesänderung unserer Neugebohrnen in das klärste Licht gesetzt haben .
Ich wende mich nunmehr noch zuletzt zu euch , meine Freunde und Brüder . Glaubt nicht , daß ich durch den Timorus etwas von euch oder euren Bekehrern zu erhalten trachte . Meine Absichten sind rein , völlig frey von allem Eigennutz und finden ihre Belohnung in eurer künftigen Sicherheit vor allen müßigen Verläumdungen . Sowohl die feinere , die um den
Caffeetisch lebt , als ihre grobe Schwester , die an den Ecken der Gassen steht , wird die Hand auf den Mund legen . Wäre ich bey euch geblieben , so hätte ich meinen Namen gewiß verschwiegen , um euch die allezeit erniedrigende Mühe der Danksagung zu ersparen , da ich aber gewiß weiß , daß ich vor Bekanntmachung dieser Schrift nicht mehr bey euch seyn werde , so habe ich es nicht unterlassen wollen . Ehret mich aber ja nicht mehr als andere Christen , oder schlieset mich nicht allein in euer Gebet ein . Denn der beste Theil der Stadt denkt so von euch wie ich , der ich nur ein schwaches Werkzeug abgegeben habe , ihre Gesinnungen der schlimmeren Hälfte mit Ernst und Nachdruck bekannt zu machen . Nachdruck in dem Verstande genommen , worinn wir es nehmen , nemlich da wir , wenn die Widerlegung mit Gründen geschehen ist , noch hinten nach mit Eifer drücken .
Zum Zeichen , daß ich es gut mit euch meyne , und um selbst einige eurer Feinde zu nöthigen , euch Gutes zu thun , so habe ich die Veranstaltung getroffen , daß das für diese Vertheidigung einkommende Geld euch unverzüglich zugestellt werde . Wachset im Glauben . Geschrieben zu G. ... im August 1771 .